Tag 597 – The value of a PhD.

Ich war heute bei einer Veranstaltung, die den oben genannten Titel trug. Kurz gesagt: es war totale Zeitverschwendung. Oder doch nicht, denn es ist mir bei all den Plattitüden („Know your value!“ „You have to leave your comfort zone!“ „Think outside the box!“ „Knowledge is the future! – YOU are the future!“) klar geworden, dass ich da fehl am Platze bin. Und das nicht nur, weil das alles sehr auf BauingenieurswesenStahlgussÖlförderung ausgerichtet war und null Menschen da waren, mit denen man sich über Jobs für Molekulare-Irgendwas-Menschen hätte unterhalten können. Nein, auch weil mir in den letzten zwei Monaten mein Wert sehr bewusst geworden ist. Unbewusst zwar, aber heute fielen ein paar zusätzliche Groschen:

  • Ich hab es aus dem Tal rausgeschafft. Letztlich alleine. Die Hilfe die ich dafür brauchte habe ich mir selbst organisiert. (Und ich habe unheimlich viel Zuspruch bekommen, hier und offline, aber vor allem hier und dafür bin ich sehr dankbar. Andere haben dafür vielleicht mehr Familie vor Ort oder einen größeren Freundeskreis, ich hab eben Sie alle.)
  • Ich kann total organisiert sein, wenn ich genug zu tun habe, das mir sinnvoll erscheint. Ich arbeite nicht 24/7 und im Gegensatz zu manchen Doktorand*Innen heute wäre ich da auch absolut nicht stolz drauf, wenn es so wäre. Im Gegenteil: Ich bin meist stolz, wenn ich die acht Stunden täglich sinnvoll fülle, aber nicht regelmäßig überziehe.
  • Ich habe den Mut entwickelt, anderenfalls einfach nach Hause zu gehen um andere/mehr/interessantere Aufgaben zu bitten. Ich sage Mut, weil mir das früher wie ein Eingeständnis der eigenen Nutzlosigkeit vorkam, das muss man erstmal überwinden.
  • Ich habe erkannt, dass das blöde Projekt nicht läuft. Und vor allem, dass ich da keine Ressourcen für habe, weder zeitlich noch nervlich.
  • Ich habe erkannt, dass das andere Projekt gut läuft, ich das aber nicht ganz alleine schaffen kann. Und ich hab den kompletten Schlachtplan fürs nächste, sagen wir mal, Jahr für dieses Projekt ausgearbeitet. Dazu habe ich recherchiert, gelernt, Ideen gehabt, Ideen verworfen, mit Menschen gesprochen und als ich ziemlich sicher war, gute Ideen präsentieren zu können, die genug outside the box sind um meinem Chef nicht schon gekommen zu sein, bin ich zu ihm hingegangen und hab den Rest mit ihm ausgefeilt. Aber es bleiben meine Ideen. Wenn die scheitern, blöd. Wenn nicht: meine Ideen. Eigenverantwortlichkeit, Eigeninitiative: Check.
  • Meine Güte, ich hab diese Konferenz selbst gefunden, hab da alles drum rum organisiert, das Stipendium besorgt, und ich bin da ganz alleine hingeflogen! ICH WAR DIE EINZIGE PhD-STUDENTIN DA, DIE OHNE ELTERN SUPERVISOR DA WAR! Und es ist mir egal, ich brauche meinen Chef nicht um Kontakte zu knüpfen oder um an die Hand genommen zu werden, welche Dinge ich mir wann angucken sollte. Und ich hab da wirklich wahnsinnig viel gelernt und habe jetzt nicht mehr ganz so große Angst vor einer Nucleinsäurebasenchemie-lastigen Verteidigung. (Eigentlich keine, aber das klingt arrogant und ich weiß außerdem genau, dass die Angst wiederkommt. Spätestens zwei Wochen vor der Defense werde ich ein Nervenwrack sein.)

Ich finde, insgesamt sieht es doch alles ganz gut aus. Ich muss jetzt den PhD „nur“ noch fertig kriegen, dann kann ich mich bewerben. Ich hab vier Jahre Industrieerfahrung, dann in weiteren vier Jahren zwei mal ganz andere (fachliche) Dinge gelernt, plus den ganzen Frustrationsmanagement-Kram und das Projektjonglieren und das Experimentendesign von da oben, ich habe auch keine Scheu mehr, das Menschen gegenüber auszusprechen, was ich gut kann und (da hab ich den anderen PhD-Studenten ganz offensichtlich was voraus): Ich habe keine Illusion, dass ich in meinem superspeziellen Minifeld, für das sich vielleicht 20 Leute weltweit interessieren, eine entsprechende Stelle in der Industrie finde. Ist aber auch egal, ich kann mich für vieles begeistern. Sogar eine hinreichende Anzahl Kinder hab ich schon und alt genug bin ich auch, man muss nicht mehr befürchten, dass ich direkt nach der Probezeit schwanger werde.

Ich werd schon nen Job finden.

Also, sobald ich aufgehört habe, meine Zeit auf Veranstaltungen wie der heutigen zu verschwenden.

5 Gedanken zu “Tag 597 – The value of a PhD.

Ich freue mich über jeden Kommentar, außer er ist blöd, dann nicht. Außerdem ist jetzt wohl der richtige Zeitpunkt, um Ihnen mitzuteilen, dass WordPress bei jedem Kommentar eine mail an mich schickt, in der die Mailadresse, die Sie angegeben haben und auch ihre IP-Adresse stehen. Müssen Sie halt selbst wissen, ob Sie mir vertrauen, dass ich diese mails von meinen Devices alle sofort lösche, und ob Sie damit leben können, dass WordPress diese Daten auch speichert (damit Sie nämlich beim nächsten Mal hier einfacher kommentieren können).