Tag 3079 – Autschn.

Den größten Teil des Tages habe ich mich mit einer sehr hartnäckigen Migräne herumgequält. Den ganzen Tag schon fühlen sich (Achtung TMI) meine Brüste an, als sollte ich mich von Nadeln und anderen spitzen Gegenständen lieber fern halten. Das beides zusammen ist schon nicht schön. Außerdem habe ich gestern beim Geige spielen übertrieben/eine schlechte Haltung gehabt/mir mit einem neuen Stück einen abgebrochen und deshalb komisch vorm Ständer gestanden, danach tat mir total der untere Rücken weh. Heute hab ich deshalb im Sitzen gespielt, das ist aber sehr ungewohnt und von der eh schon unnatürlichen Haltung auf einem Küchenstuhl tut mir jetzt, tadaaa, der ganze Rücken weh.

Ergo: ich fühle mich insgesamt heute als wäre ich ca. doppelt so alt, wie ich bin.

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Update zum Weihnachtslied: RIP meine YouTube Algorithmen, Jana (in den Kommentaren von gestern) hat recht und deilig er jorden ist exakt die Melodie von Schönster Herr Jesus. Das Lied was ich aber immer singen möchte, wenn deilig er jorden gesungen werden soll, ist Herrbei, oh ihr Gläubigen. Hat mehr Modulation, aber die Notenwerte/Silben sind nahezu gleich und die übergeordnete Melodie (also ohne die Schnörkel) auch. In den ersten zwei Zeilen, danach gar nicht mehr.

Achtung Frevel, Blasphemie und überhaupt: ich finde die meisten Kirchenlieder eh sehr austauschbar und man kann Melodien oft halbwegs raten. Die sind ja auch alle (selbstverständlich in tiefer Kontemplation) in einem sehr begrenzten Zeitraum, mit starren Regeln und in Den Kirchentonarten(TM) geschrieben worden. Denn nichts anderes gefällt dem christlichen Gott, mir scheint, der ist wenig flexibel in seinem Musikgeschmack. Hosianna.

Tag 3078 – Mehr Weihnachten!

Die Weihnachtsstimmung mag sich nicht so richtig einstellen. Daran ändert auch nichts, dass das Haus nach Keksen riecht (vielleicht schaffe ich es dieses Mal ja, Schokolade drauf zu machen, bevor sie aufgegessen sind) und dass Michel heute bei einem Baum anzünden* mit dem Korps gespielt hat. Mit Mitsingen, ich muss echt endlich mal diverse norwegische Weihnachtslieder auswendig lernen**. Weihnachtsfilme, Weihnachtsmusik, wir machen alles eigentlich richtig, ich möchte trotzdem eigentlich nur meinen Kopf in eine Kiste mit Weihnachtsschmuck stecken und so tun als wäre ich nicht da.

Noch zwei Tage Arbeit, ein Tag Wahnsinn*** und dann nach Deutschland fahren.

Klingelingeling.

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*Man zündet eigentlich nicht den Baum an, sondern nur die Lichter daran, und dabei läuft man im Kreis drum rum und singt Lieder. Aber es heißt nunmal Weihnachtsbaumanzünden.

**noch eine Anekdote von gestern: der Dirigent kündigte das letzte Stück der Gruppe an mit „also das letzte Stück, bevor das kommt, was immer kommt, ne? *zwinker zwinker*“ und alle lachten. Michel flüsterte mir zu „Mama, was kommt dann?“ und ich flüsterte zurück „Ich weiß auch nicht!“ Was kam war: alle singen „Deilig er jorden“. Was obendrein ein Lied ist, dessen Melodie ANFÄNGT wie ein deutsches Weihnachtslied (das mir grad nicht einfällt, aber in dem Moment aus dem Rückenmark kommt) aber dann nach den ersten zwei Zeilen ganz anders weitergeht. Quasi ein musikalischer false friend, dessen Text ich nicht kann. Irgendwas mit pilgern und Erlöser und insgesamt sehr christlich.

***Packen, Aufräumen, Dinge fixen (hab ich erwähnt dass mein Mantel kaputt ist? Mein Mantel ist kaputt, ich habe ein enormes Loch mitten in den Stoff gerissen weil ich wo hängen geblieben bin und muss jetzt einen anderen Mantel tragen, wo das Schnittmuster von der Marke ist, wo immer die Ärmel zu eng sind. Was ich noch nicht wusste als ich den Mantel nähte. Ich kann den kaputten Mantel reparieren, aber musste erst mal eine Weile überlegen, wie, weil der gewebte Stoff rund um den Riss irgendwie stabilisiert werden muss. Unsichtbar wird das eh nicht, also Scheiße mit Schwung in Kontrastfarbe, aber mir kam auch erst heute eine Idee wie ich das stabilisieren kann ohne den halben Mantel aufzutrennen. Da hab ich dann also Mittwoch Zeit für während ich packe und für Urlaub aufräume, haha.), Herr Rabe hat ein Weihnachtsdings, wir haben noch keine Weihnachtsgeschenke, beide Erwachsene haben Musikdinge, zeitgleich und abends. Toll, was könnte schon schief gehen.

Tag 3077 – Weihnachtlich.

Am ersten Tag mit Tauwetter seit ewig machten Michel und ich uns heute auf den Weg in die Hauptstadt, um das Weihnachtskonzert meines Lieblingskollegens anzugucken. Der spielt in einer Janitsjar, also sowas wie einem Korps, und zwar seit… mehreren Jahrzehnten in der selben Janitsjar. Die sind schon recht gut, aber noch nicht so unerreichbar gut wie die Garde zum Beispiel und außerdem mag ich den Lieblingskollegen. Der macht zwar aus seinem Privatleben immer ein großes Geheimnis, aber ich habe mich mal wieder aufgedrängt und der Lieblingskollege hat sich auch aufrichtig gefreut. Michel habe ich mitgeschleppt, damit der mal aus dem Haus kommt und weil er im Frühjahr auch schon mal mit war und das ganz gut fand. Das Konzert war dann auch wirklich gut, eine schöne Mischung aus traditionellen und moderneren Weihnachtsstücken und als Bonus ein recht abgefahrenes Saxophon-Quartett, das nichts mit Weihnachten zu tun hatte. Michel fand es auch gut und möchte beim nächsten Mal wieder mit kommen (dabei waren wir dieses Mal nicht mal hinterher Sushi essen).

Anekdote: vorher waren wir noch schnell ein Buch zurück geben, das ich versehentlich doppelt gekauft habe, und selbstverständlich ist es an einem Samstag eine Woche vor Weihnachten in Oslo unerträglich voll. Michel hatte zwar sein Auge auf Paradiesäpfel geworfen, die da wohl auf dem Weihnachtsmarkt verkauft wurden, und wir standen auch vor dem Eingang zum Weihnachtsmarkt (der ist da abgegrenzt und umzäunt, wahrscheinlich damit die besoffenen Büroangestellten sich post Weihnachtsfeier nicht zwischen den Buden verlaufen). Da fragte ich Michel aber, ob es total schlimm wäre, wenn wir das mit dem Paradiesapfel sein ließen, und er sagte, nein, gar nicht schlimm und da auch viel zu viele Leute. Es gab dann lieber ein HotDog vom Kiosk an der Bahnhaltestelle. Später beschwerte sich Michel noch darüber, dass alles komisch riecht und alles durcheinander riecht „Essen, Parfüm, Kamin, und die Bahn riecht nach nassem Dreck, das ist zusammen total eklig!“ und ich konnte dem nur beipflichten. Ich möchte noch „nasse Wollkleidung“ und „Füße die den ganzen Tag in dicken Stiefeln stecken“ auf der Gruselgeruchsliste hinzufügen. Im Winter riechen Leute einfach nicht gut.

Abends rätselten Herr Rabe und ich am gemeinsamen Adventskalender weiter, bis es sehr spät war und mein Kopf auch nicht mehr ganz dabei war.

Tag 3075 und 3076 – Emsig.

Alles muss fertig werden, eigentlich arbeite ich nur und falle abends irgendwann um. Zwischendurch irgendwann werden Bestellungen bei der Apotheke (hüben wie drüben) aufgegeben, Bücher bestellt, andere Bücher mit Click & Collect bestellt, weil Michel jetzt liest. Oder besser – ein Buch gelesen hat und man das ein bisschen pushen muss, solange er begeistert ist.

Irgendwie noch Sport (naja, ein wenig Bewegung) und Geige in den Tag gequetscht und heute Abend mit Herrn Rabe ein bisschen Fernsehen geguckt, auf unserem flecklosen Fernseher. Jetzt ist wirklich Zeit für erst Bett und dann Wochenende. Und generell ist langsam mal Zeit für Urlaub (zwei Arbeitstage noch).

Tag 3074 – Alle Jahre wieder.

Der Glögg oder der Lack oder beides scheint wieder mal ganz billig zu sein. Bei der Arbeit kann ich mir jedenfalls diverse… Phänomene nicht anders erklären, als dass Leute sich in den morgendlichen Kaffe schon mal ein Rümchen oder zwei kippen. (Disclaimer: Ich weiß, dass das manche Leute tatsächlich tun und dass das für diese Leute ein großes Problem ist. Ich will das nicht klein reden oder lächerlich machen. Es soll eine humoristisch-überspitzte Darstellung sein, was möglicherweise dazu führen könnte, dass Leute auf komplett Banane Ideen kommen, und warum sich das jetzt vor Weihnachten so häuft.)

Abgesehen davon alles wie immer. Weihnachtsstimmung wird vergeblich gesucht.

Tag 3073 – Fertig!

Das Semester ist zu Ende getanzt. Weiter geht’s im Januar. Meine rechte Wade fühlt sich an, als hätte ich auf den letzten Drücker noch was übertrieben. Das ist leider realistisch.

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Nach ordentlich viel Schnee am Wochenende kommt jetzt noch mal zwei Tage ordentlich kalt (grad noch mal geschaut: es sind jetzt nicht mehr -19 Grad angekündigt, sondern nur noch -15, Hurra!) und am Wochenende dann +5. Ich habe heute gelernt, dass das auf Norwegisch „kakelinna“ heißt, also, äh, „Kuchentauwetter“. Diese durchaus übliche Tauwetterperiode im Dezember hat man nämlich früher im Volksglauben auf das Backen von Plätzchen und co. zu Weihnachten zurückgeführt. Das muss gewesen sein, bevor Thermodynamik erfunden wurde.

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„Alle“ haben Covid. Ich möchte bitte weiterhin nicht Covid haben. Bisher bin ich ja recht glimpflich davon gekommen, das darf gerne weiter so bleiben.

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So. Augen zu.

Tag 3072 – Diesdasmüde.

Es ist mir nicht mehr möglich, wach zu bleiben. Montage schlauchen total, nach der Arbeit im Büro habe ich eigentlich immer Kopfschmerzen. Außerdem muss ALLES(TM) noch vor Weihnachten, genau genommen nächstem Mittwoch, fertig sein.

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Heute war bei Pippis Tanzen Vorführstunde und da sind wir alle brav aufgelaufen. Es war sehr süß. Wenn Pippi nervös ist, wird sie zum Clown. Aber einem süßen und sehr gelenkigen Clown.

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Nachdem einer Bekannten der Facebook-Account gesperrt wurde, weil jemand ein gegen Metas Communityregeln verstoßendes Instagram-Konto damit verknüpft hatte, habe ich meinen Instagram Account anfallsartig gelöscht. Ich war da eh schon nicht mehr und vielleicht kann man in so einem Fall dann damit argumentieren, dass man gar keinen Instagram-Account hat. Und weil ich das schon lange vor mir her schiebe und dann grad so drin war, habe ich Twitter auch gleich dicht gemacht. Auch da hab ich seit langem nicht mehr rein geguckt und diese Kapitalismusorgie, die Moskus da feiert, ist mir zutiefst zuwider. Irgendwie komisch, das war mal so wichtig für mich und jetzt ist es antiklimaktisch einfach, Puff, vorbei.

(P.S. ich brauche keine Tipps für Substitute, ich bin da ausreichend informiert. Aber ich möchte zur Zeit auch gar keine [Tipps und Substitute] haben.)

Tag 3070 und 3071 – Kulturelle Erziehung.

Das Wochenende plätscherte so dahin, zu meinem Glück und Frohlocken war ich gestern sogar gute vier Stunden alleine zu Hause und hab auch nur in der Hälfte davon Geige gespielt. Ähäm.

Heute bekamen wir leider einen übermüdeten Michel zurück, der keine Medikamente genommen hatte und wegen Müdigkeit extra Kotzbrockig drauf war. Diesen motzenden, unzufriedenen, überreizten, zappeligen Haufen Kind und seine kleine Schwester zerrten wir dann in ein klassisches Konzert, weil was könnte schon schief gehen.

Das Konzert war aber tatsächlich super. Ein Klassiker unter den Klassikern und leicht zugänglich auch für Kinder – Die 4 Jahreszeiten von Vivaldi. Die kompletten*. Der Solist und, hmm, das heißt sicher nicht Dirigent, Orchesterleiter? war Christian Li, ein „Wunderkind“ aus Australien, über den ich schon viel gutes gehört hatte. Und es war auch wirklich toll. Wenn ich überlege, was ich mit 16 so gemacht habe, und wie reif, vielseitig, präsent, bescheiden und geschmackvoll diese Aufführung heute war… ähm ja. Prodigy gonna prodigy. Aber wirklich faszinierend, wie sich dieser auch körperlich nicht große Typ mit 16 Jahren da hinstellt und ein komplettes Streichorchester (alle mindestens doppelt so alt wie er) anleitet, dabei selber spielt und das ganze so hinkriegt, dass man nicht das Gefühl hat, 300 Jahre alte Musik zu hören, die man (also zumindest ich) auch schon in 142 verschiedenen Aufnahmen gehört hat. Wirklich toll.

Michel verschlief einen großen Teil des Konzerts und so löste sich auch diese Herausforderung. Pippi fand das Konzert super gut und lief auch danach noch durch den Bahnhof und machte „DÄNN-döddeldöddeldöddel-DÄNN-döddeldöddeldöddel-DÄNN-döddeldöddeldöddel-DÄNN!“

Jetzt schlafen alle. Inklusive mir, jedenfalls fast. Gute Nacht!

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*Naaaa, wie viele Sätze haben die 4 Jahreszeiten? Wenn Sie mal angeben wollen: 12, denn jede Jahreszeit ist ein eigenes Konzert mit 3 Sätzen, jedes klassisch mit einem schnellen, einem langsamen und dann wieder einem schnellen Satz. „Man“ kennt halt aus jeder Jahreszeit nur einen, höchstens zwei Sätze, nämlich die schnellen.

Tag 3069 – Uff.

Es war ein gar nicht mal so schöner Tag, das zu erzählen würde aber ein bisschen viel aus Michels Privatsphäre breittreten, also lasse ich das.

Abends war ich mit Pippi alleine, weil Michel bei seinem Kumpel übernachtet und Herr Rabe bei der Weihnachtsfeier seiner Firma war (den habe ich eben vom Bahnhof abgeholt). Wir machten Mutter-Tochter-Abend mit Sushi essen und danach einen Film gucken. Pippi hatte einen Weihnachtsfilm ausgesucht, eine Komödie auf Netflix, die harmlos unterhaltsam war. Pippi macht trotzdem bei jedem Bussi Kotzgeräusche. Was ich an dem Film irgendwie blöd fand: alle kriegen am Ende doch noch wieder Erwarten ihre individuellen Träume erfüllt, nur der nerdige Sohn, der so gern nach Yale will, nicht. Der kriegt zwar nen „Kuss“ (Bussi auf die Lippen) von dem Mädchen, was er gut findet, aber nach Yale kommt er nicht. Sowas ärgert mich. Was ist falsch an nerdig sein und nach Yale wollen und warum ist ein Bussi wichtiger? Die Botschaft ist irgendwie „er muss erst reifen/leben/Spaß haben“ aber ich kaufe die nicht. Hollywood, ey.

Der Abend war aber sehr schön mit der kleinen Rübennase. Die habe ich dann nur noch ins Bett verfrachtet und es gab nur kurz Protest und dann noch kurz Gehampel im Bett und dann wurde auch schon geschnorchelt.

Tag 3067 und 3068 – Neu.

Ugh, die App sieht anders aus als vor dem letzten Update. Warum auch Sachen einfach mal so lassen, wie sie sind, solange sie so zufriedenstellend funktionieren.

Nicht neu: Michel hat wieder Fieber, ich weiß nicht, wie er das schafft, andererseits geht in der Schule zur Zeit alles rum, was rumgehen kann. An Arbeitsplätzen ja auch.

Der Lieblingskollege und die Lieblingskollegin riefen aus China an. Erstens war die Verbindung grausig, als führe man die ganze Zeit durch einen Tunnel. Wirklich seit vielen Jahren keine so schlechte Verbindung mehr gehabt. Es erforderte von meiner Seite viel Willenskraft, nicht einfach aufzulegen und das Gespräch per SMS (as if it’s 2003, nicht neu) weiterzuführen. Zweitens berichten sie, dass in China sehr viele verrotzte und herumhustende Menschen unterwegs sind und dabei gar nicht mal unbedingt Mundbinde tragen. Das ist neu oder zumindest unerwartet. Drittens frage ich mich, wann sie wohl ankommen und sehr lieb zu mir sind, weil irgendwer den Report, zumindest die Deficiencies, noch vor Weihnachten, in der Praxis vor Ende nächster Woche, qualitätssichern muss und ich eine von zwei Personen bin, die dafür in Frage kommt. Die andere ist unter einem Haufen Arbeit begraben. Nicht neu, vor Weihnachten ist immer schlimm.

Das war’s, mehr Neues und weniger Neues ist nicht passiert.