Tag 2392 – Der alltägliche…

Das Hamsterrad schlägt voll zu. Weiß nicht, was von den ganzen total dringlichen Dingen ich priorisieren soll. Zur Auswahl stehen:

  • IT-Projekt. Wenn ich das nicht diese Woche mache, ist dieser Sprint für uns gegessen, was ich bis dahin nicht abgeliefert hab, wird frühestens im übernächsten Sprint gefixt, und dann sind wir eigentlich schon, haha, fertig. Außer mir kann es niemand machen, wenn ich morgen vom Bus überfahren werde, macht es niemand. Davon geht dann die Welt nicht unter, das wird nur richtig teuer, oder meine armen Kolleginnen und Kollegen kriegen ein Produkt voller Fehler und gefährlicher Fallstricke.
  • Inspektion von nächster Woche vorbereiten. Unvorbereitet sein ist eine richtig beschissene Idee.
  • Report zur Inspektion vor anderthalb Wochen schreiben. Frist 30 Tage (inklusive diverser Durchgänge und Gedön, für das man gut nochmal ne Woche einkalkulieren kann), nächste Woche werd ich da nichts dran machen wegen nächster Inspektion, je später, desto schwieriger wird es.
  • Oppfølging (was das auch immer auf Deutsch heißt, vielleicht sowas wie Nachverfolgung?) einer Firma, die schon seit Weihnachten auf Antwort wartet und mich aber so mit Dokumentation bewirft, dass ich unter dem Haufen einfach ersaufe. Keine Hilfe möglich, der Kollege ersäuft auch unter seinem Kram und die Kollegin hat COVID. Mögliche Konsequenz, wenn ich nicht langsam mal zu Potte komme: mein Name und Worte wie faul, langsam, unverhältnismäßig, Paragraphenreiter in der Zeitung. Hmm.

Und das sind nur die großen Brocken. Dazu kommt der Kleinscheiß, Webseitenänderungen, Anfragen, Meetings… Ächz.

Und zu Hause (ok, Arbeit ist ja auch zu Hause) ein Kind, das ums Verrecken nicht schlafen kann. Es ist zum Haareraufen.

Heute gut: Pippi kriegt etwas andere Bücher zu lesen, als ihre Klassenkamerad*Innen, weil sie sich mit kleinen Buchstaben und langen Wörtern noch schwer tut. Das Buch der Woche hat sie heute aber nahezu ohne Theater mit Hilfe gelesen und sich auch sehr gefreut, als sie die Sätze dann nach dem Entziffern noch mal im ganzen „vorlesen“ konnte. Sie merkt sich die dann einfach, aber die Lehrerin sagt, das ist in Ordnung, solange sie dabei die Wörter anguckt. Die Lehrerin wird schon wissen, was sie tut, und ich bin froh, wenn Pippi Erfolgserlebnisse hat, statt täglich über den Hausaufgaben in Tränen auszubrechen, weil sie „nicht lesen kann“.

Tag 2391 – Total entspannt.

Was heute gut war: mit Pippi und Herrn Rabe Eislaufen (Pippi genießt so Exklusivzeit sehr und ist dann sehr sie selbst, erzählt also die ganze Zeit und macht aus allem eine Show) und ein Bad in Betäubungsmitteln.

Es riecht gut. Ansonsten hab ich das nur aus Witz gekauft.

Immerhin bin ich jetzt sehr sehr müde, ich glaube aber nicht, dass das am Badezusatz liegt.

Tag 2390 – Wochenendroutinen.

Essensplan, Wocheneinkauf, Kinder baden (Pippi hat auch Dienstag gebadet, weil sie sich mit einem Nilpferdstempel vollgestempelt hatte – unter anderem im Gesicht), Blumen gießen, Schweinchen sauber machen. Wäsche waschen, Geige spielen, Pokémon fangen. Ein bisschen was aufwändigeres kochen, heute war es Pilzrisotto.

Eigentlich wollte Michel Harry Potter 5 gucken, aber das hatte er dann wohl doch vergessen und so schlimm finde ich das nicht, die Filme werden ja nicht weniger gruselig. Jetzt liegt er bei uns im Bett, weil der Sturm draußen an seinen Fensterläden gerüttelt hat. Und der ist ja noch so klein! Ok, 1,40 m Mensch mit langen Gräten überall, aber im Gesicht sieht er aus wie ein Baby. Und da er wohl grad in einer Traumphase ist, schläft er wie ein kleiner Hund, mit zuckenden Gliedmaßen und Gesichtskirmes. Würde mich nicht wundern, wenn er gleich lacht oder spricht, das macht er auch häufig.

So sehr ich mir wünsche, zwei Kinder zu haben, die nachts einfach in ihren Betten bleiben, manchmal ist es ja doch niedlich. (Bis ich dann um fünf komplett nassgeschwitzt aufwache, weil Michel den Körperkontakt zu mir maximiert hat und mir einfach viel zu warm ist. Oder um drei, weil mir Arme ins Gesicht geklatscht werden. Oder um sechs, weil Michel versucht, seine Füße zwischen meine Beine zu schieben. Oder oder oder.)

Tag 2389 – Mag nicht.

Bin viel zu müde zum Schreiben. Apropos: die Kinder können buchstäblich um jeden Sch… streiten. Heute stritten sie darum, wer wohl müder sei. Natürlich waren beide am müdesten.

Paradoxe Intervention-Update: wir machen jetzt keine „Massen-“Tests mehr. Die Anführungszeichen, weil ich fünf mal in 17 Tagen bei Schulkindern nicht sonderlich massig finde. Jedenfalls fallen jetzt auch diese wenigen Tests weg, weil wir nicht genug Tests haben. Man soll nur noch bei Symptomen testen.

In zwei Wochen posaunen sie dann rum, dass die Infektionszahlen zurück gehen, um was wetten wir.

Tag 2388 – Die großen Fragen.

Soll das „Superfylke“ Viken aufgelöst werden? Willkommen in norwegischer Kommunalpolitik, da wird noch jedes Parteimitglied gefragt, wie seine Meinung ist. Viken ist, das muss man vielleicht dazu sagen, noch ganz jung, ein Baby unter den Fylke, grad mal zwei Jahre alt. Es entstand aus der Zusammenlegung von Akershus, Buskerud und Østfold (und zwei Kommunen aus Vestfold). Deshalb ist Viken riesig. Ein Riesenbaby. Wir sind der nördliche Zipfel, dann gehts quasi grade runter bis nach Halden, und im Westen bis ganz nach Geilo und Hemsedal. Oslo liegt zwar mittendrin, ist aber nicht dabei. Knapp 450 km (5 h Autofahrt) von West nach Süd-Ost, 200 km (2 h 45 min) nach Nord-Ost, von da zurück nach Westen 250 km (3,5 h). Kleine Kommunen haben da nicht viel Einfluss Blablabla und deshalb soll jetzt das wieder geteilt werden. Nur kostet sowas ja Geld. Viel Geld. Geld, das man grad erst für die Zusammenlegung der 3 vorherigen Fylke verballert hat.

Darüber müssen wir jetzt abstimmen.

Ich weiß nicht, ob ich echt politische Zustände haben will, bei der jede Entscheidung der vorherigen Regierung sofort um 180 Grad umgekehrt wird, wenn eine neue Regierung an die Macht kommt. Nicht bei sowas, das im Grunde nur Geld verbrennt und ein paar Dorfbürgermeistern das Gefühl gibt, nicht nur ein winziges Rädchen in einem großen Getriebe zu sein, sondern ein minimal größeres Rädchen in einem etwas kleineren Getriebe.

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P.S. Nein, ich weiß nicht viel über Getriebe und es ist durchaus möglich, dass da gar keine Rädchen drin sind.

Tag 2387 – Kopf in den Sand.

Heute im Büro lief es im Prinzip gut, nur förderte das, was wir taten – im IT-Projekt herumtesten – einige Seltsamkeiten zutage. Darum muss ich mich morgen kümmern, einiges lässt sich vermutlich aufklären, einiges ist halt einfach falsch, und einiges ist im System komisch, unpraktisch, schlecht zu finden, redundant und so weiter. Außerdem haben wir alle zwar brav mit verschiedenen Leveln an Rechten getestet, aber in egal welchem Level haben wir zu viele Rechte, was dann halt, weil ich mit irre lustigen Menschen zusammenarbeite, dazu führt, dass wir in der Testumgebung jetzt die Inspekteure Mickey Mouse und Donald Duck haben, die als „Inspekteurrolle“ (in der Realität sowas schnarchiges wie „Revisor GMP“) „DasHierDarfIchGarNichtAnlegen“ haben. Ich habe mal ausprobiert, was ich als „normaler“ Inspektionsadmin denn so alles löschen darf (in der Theorie nichts) und das Ergebnis war persönlich berauschend (ALLES kann ich! Hurrrhurrrhurrr so viel Macht!) aber leider nicht so, wie wir es in der Rechtematrize definiert hatten. Aber dafür testet man ja, um sowas zu finden, BEVOR man es tatsächlich umsetzt und so welche wie ich aus purer Neugierde mal gucken, was passiert, wenn man auf das Papierkorbsymbol klickt.

Jedenfalls kommt morgen der langweiligere Teil des Testens, nämlich das Erstellen diverser „Defects“, die passender Weise einen Käfer als Symbol haben. Heute war recht lustig eigentlich, aber morgen… hmm. Mal gucken wie das wird.

Derweil sind echt viele krank, arbeiten in Isolation nach positivem Test oder mit kranken Kindern zu Hause, oder arbeiten halt gar nicht, weil auch mancher „milde“ Verlauf ganz schön heftig sein kann. Wir schreiben weiter täglich Infektionsrekorde und sind inzwischen norwegenweit bei einer 7-Tages-Inzidenz von über 2000, aber das Gesundheitssystem ist noch alive and kicking also machen wir vermutlich nächste Woche weiter auf. Ist schon angekündigt.

Schlagzeilen bei NRK heute.

Was da steht: „Gesundheitsministerin: Große Erleichterungen in Norwegen nächste Woche

Dänemark hebt zum 1. Februar alle Restriktionen auf – Das ist der Übergang in eine neue Zeit

FHI: Besser heute angesteckt werden, als später“

May the odds be ever in our favor.

Tag 2386 – Kopfarbeit.

Heute war Ballett, wir waren wieder nur zu viert. Beim warm machen knackte was in meinem linken Fußgelenk und danach zwirbelte es bei unbedachter Belastung immer mal wieder, als wäre irgendwas verklemmt. Insofern ließ ich es ruhig angehen und konzentrierte mich lieber auf sehr bewusste Bewegungen, das ist sowieso gut, egal was man macht. Allerdings bin ich nicht gut genug, als dass sich bei großer Konzentration auf die Fußgelenke nicht sofort anderswo Seltsamkeiten einschleichen würden, wie hängende Hände oder ein Kopf, der sich ums Verrecken nicht mitdrehen will. Naja. Nächste Woche ziehe ich wieder die extra dicken Wollsocken an, damit die Fußgelenke auf jeden Fall nicht eiskalt sind, wenn wir anfangen. Oder ich hab Omicron. Wer weiß.

Morgen fahre ich ins Büro. Vielleicht denke ich ja dran, Fotos von der Trostlosigkeit des langsam leerer werdenden Großraumbüros zu machen. Unser free seating wird wohl bald beginnen und überall verschwinden die persönlichen Dinge. Ich selbst habe keine Dinge von zu Hause an meinem Arbeitsplatz, keine Kinderfotos, keine gemalten Bilder, keine Ü-Ei-Figurensammlung und keine Topfpflanze, aber es stört mich auch bei anderen nicht, die das haben, im Gegenteil. Aber weiße Tische mit grauen Trennwänden, weißen Schränken, schwarzen Bildschirmen und schwarzen Stühlen, Reihe an Reihe, erinnert an Galeere. Mein persönliches Grauen, nur getoppt von der Vorstellung, dass um mich rum dann auch noch vier Leute in drei verschiedenen Teams-Meetings sitzen und in ihre Headsetmikrofone labern.

Insofern muss ich mich noch darauf vorbereiten, morgen und vor allem in Zukunft in das immer unpersönlichere Büro zu fahren. Die physische Zusammenarbeit muss das wett machen, sonst lockt mich in Zukunft da nicht vieles hin.

Wir sind doch keine Ameisen.

Tag 2385 – Sinnvoll.

In einer Parallelwelt macht es bestimmt Sinn, bei eh schon hohen und steil ansteigenden Infektionszahlen weiter aufzumachen. In der Parallelwelt der Politik scheint das so zu sein. Jetzt fällt hier sogar die Quarantänepflicht für Haushaltsangehörige von akut an Corona erkrankten. Man kann sich jetzt täglich aufs Neue freitesten. Mit Schnelltests. Aber die werden ja nicht kontrolliert, geschweige denn irgendwo offiziell durchgeführt, nee, die kauft man irgendwo, macht sie irgendwie zu Hause (aber nicht von der Beschreibung abweichen, nicht dass man noch was findet, wenn man im Hals statt in der Nase abstreicht!) und dann schwört man hoch und heilig, dass man das getan hat und das Ergebnis negativ war, bevor man zur Arbeit, zum Sport oder auf ein Konzert mit 1200 Besuchenden* gegangen ist – alles ohne Masken, die brauchen wir ja nicht hier, schon mal gar keine FFP2 Masken, die sind nämlich laut FHI weniger dicht als OP-Masken**. Man kann aber auch Stoff tragen, oder halt den Meter Abstand halten, reicht auch, pisst einem auch keiner an den Karren für.

Yolo und wenn wir so weitermachen auch gar nicht mehr so lange.

Ehrlich, es fühlt sich so an, als wäre die Regierung Coronaratlos und würde jetzt paradoxe Intervention mit dem Virus machen. Sie wissen schon, dieses Erziehungsmittel, bei dem man irgendwas für das Kind völlig unerwartetes tut, damit es aus seinem festgefahrenen Modus herauskommt, wie zum Beispiel sich selbst auf den Boden schmeißen und ganz laut schreien und auf den Boden trommeln. Wird auch in der Psychotherapie eingesetzt. Aber, liebe Politik: ein Virus DENKT NICHT. Das hat keine Erwartungshaltung und kann deshalb auch nicht überrascht werden. Ein Virus, dem erlaubt wird, sich explosionsartig zu vermehren, wird dies tun. Das Virus, das ja nicht denken kann, wird wohl auch kaum nach einer Woche ungebremsten Wachstums feststellen, dass das ganze Angestecke voll anstrengend und ja auch echt doof für die angesteckten Menschen ist und es dann lassen. Nur so als Tipp.

Noch ein Tipp, den abzugeben ich im Gegensatz zu dem oben sogar fachlich überaus qualifiziert bin: je mehr Vermehrung, desto mehr Fehler (=Mutationen) passieren, und desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Varianten entstehen, die einen evolutionären Vorteil gegenüber anderen Varianten haben. Zum Beispiel einen noch stärkeren immune escape, noch höhere Infektiösität, längere Zeiträume, in denen man nichts bless ahnend durch die Gegend spaziert und schon stark ansteckend ist, längere Haltbarkeit in trockener Luft, stärkerer Widerstand gegen Wasser und Seife, verminderte Detektierbarkeit durch Schnelltests, you name it. Es ist ganz einfach: die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von irgendwas fiesem durch das Zulassen einer riesigen Anzahl an Möglichkeiten dafür nach oben zu treiben, ist unnötig und, pardon my French, hirnrissig.

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*On-site Inspektionen mit so 5-10 Teilnehmenden dürfen wir aber nicht machen, noch mindestens bis Ende März. Da wir uns gerne im Büro aneinander anstecken können, ohne dass irgendwas gemacht wird, um das zu verhindern, gehe ich leider davon aus, dass unsere Gesundheit bei dieser Entscheidung nicht die entscheidende Rolle gespielt hat.

**fragen Sie einfach nicht. Nicht wundern, nicht fragen, nicht schreien ist mein Mantra.

Tag 2383 und 2384 – Wochenende.

KW 3 ist zu Ende. Die Woche des Jahres, in der man wohl feststellt, dass es nicht so einfach wird, die guten Vorsätze durchzuhalten, und in der der Weihnachtsurlaubseffekt schon wieder verpufft ist. Das las ich jedenfalls irgendwo. Also falls Sie sich schlecht fühlen, weil sie auch nach drei Wochen Training noch keinen Marathon laufen können – grämen Sie sich nicht, Sie sind nicht allein damit.

Gestern Abend hatte ich einfach besseres zu tun als Bloggen und dann war es schon so spät und ich sehr müde und passiert war den Tag über eigentlich auch gar nichts. Außer dass Michel beim Friseur war (mit Herrn Rabe zusammen) und jetzt seine wuscheligen Locken los ist. Jetzt sieht er ganz anders aus und wir alle, inklusive ihm, müssen uns da erst noch dran gewöhnen. Was aber ein bisschen niedlich ist: jetzt kann man von hinten wieder seine lustige Ohrmuschelform erkennen.

Weil Michels Ohren ja auch ganz weich sind (das ist so ein Ding auf der männlichen Seite meiner Familie), will ich die immer gerne anfassen, aber das möchte er nicht (mehr).

Heute war auch nicht sonderlich viel mehr los. Pippi und ihre Freundin haben unerlaubter Weise mit Glitzer gespielt und jetzt glitzert das ganze Haus und alle seine Bewohner und Bewohnerinnen, wahrscheinlich inklusive Meerschweinchen, aber die haben sich im Heu in der frisch gesäuberten Kiste eingegraben. Das finden sie toll, deshalb stopfe ich ihnen an die Lieblingecken immer eine extra Handvoll lockeres Heu, da kriechen sie dann rein wie in einen Kokon und fressen um sich rum. Glitzer ist der Feind, nur getoppt von Slime. Dinge, auf die Kinder keinen Zugriff haben sollten, wenn überhaupt dann unter ununterbrochener Aufsicht. Die Schnecken glitzern nicht, die sind allesamt in Trockenruhe. Ich verstehe das sehr gut, ich würde auch lieber den ganzen Winter eingegraben verschlafen und erst wieder aufstehen, wenn es wärmer und vor allem heller wird.