Tag 844 – Schwuuuuups!

November rum.

Ich bin PhD-mäßig dem Zeitplan ziemlich hinterher, aber das ist ja nicht meine Schuld und deshalb ist mir das fast sogar ein kleines bisschen egal, ich kann’s ja nicht ändern und muss jetzt irgendwie damit zurechtkommen. Und dass die Kinder beide einfach mal ne gute Woche krank werden würden war halt so auch nicht ganz geplant.

Wie dem auch sei, immerhin habe ich es bisher geschafft, mir keine Fingernägel abzubrechen, es kann also morgen losgehen. Und Herr Rabes Adventskalenderzoll habe ich auch eben überwiesen*. Es ist vielleicht nicht so hübsch, wie letztes Jahr, aber doch schon ok.

Weihnachtlich ist mir noch gar nicht zumute, aber das kommt ja vielleicht noch.

Good news jedenfalls: die Firma in Schweden hat sich heute mit einem weiteren Bewerber getroffen und direkt danach wurde ich angerufen, dass ich im Bewerbungsprozess weiter gekommen bin und bitte Referenzen beibringen soll. Das läuft ja hier etwas anders, man hat ja keine Arbeitszeugnisse im deutschen Sinn, stattdessen werden die Personen, die man da angibt, direkt angerufen. Jetzt hoffe ich ganz stark, dass sich mein Chef noch dran erinnert, dass ich vor fast vier Jahren einen Structural-Biology-Kurs in Tromsø gemacht habe, bei dem auch einiges an Praxis bei war. Die anderen zwei Leute sind mein Ex-Chef, den ich, klug wie ich bin, heute Vormittag schon kontaktiert hatte, weil der HR-Mensch mir das am Dienstag schon gesagt hatte, dass das mit den Referenzen der nächste Schritt sei, und Mr. I-trust-you, dem ich da einfach mal truste, immerhin hab ich mit dem echt viel Zeit im Zelllabor verbracht, sehr viel über Demethylasen diskutiert und sogar mal auf einer Disputationsfeier getanzt. Die Lieblingskollegin ist leider im Urlaub und die andere Demethylasen-Kollegin war schon weg, die Bürokollegin fiel mir zu spät ein (ähhh ja, die saß ja auch nur neben mir bei dem Telefonat *hust*…) und die Massenspektrometriekollegin hat ja leider gar keine Zeit zum Telefonieren, sonst hätte ich sehr gerne auch ne Frau vorgeschlagen, aber tjanun. Jedenfalls sieht das alles recht vielversprechend aus. Ist ja auch mal was.

Auto-Lobhudelei: die Einleitung zum Manuskript ist stichpunktartig fertig (und vor allem sind die Referenzen alle drin**), das muss ich also nur noch zusammenhubschraubern. Außerdem habe ich drei Menschen um Hilfe gebeten, obwohl mir sowas unglaublich unangenehm ist. Und ich habe einen Haufen Daten in Prism geplottet und p-values ausgerechnet, nachdem ich endlich das erste Drittel der Massenspektrometriedaten bekommen habe*** und das geht inzwischen nahezu schon flott und sieht hinterher auch hübsch aus.

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*Da hat wer echt intolerant die Zollgebühren berechnet und deshalb… kriegt Herr Rabe am Heiligabend jetzt wohl eher eine klitzekleine Kleinigkeit. Mandarinen mag er nicht, aber vielleicht ein paar Nüsse.

**EndNote wird auch nicht mehr mein Freund.

***und die Daten sind leider nicht so richtig schön, aber man wird**** schon was rausquetschen können.

****ich werde. Meine Güte.

Tag 843 – Der Normale Wahnsinn.

Ich muss echt mal langsam mein Review über den The Ordinary-Kram, den ich ja inzwischen schon ein paar Wochen benutze, schreiben, es brennt mir auf der Haut unter den Nägeln.

Aber nicht heute, ich bin müde. Müde sein ist momentan eine gute Sache, die genutzt werden muss. Ich schlafe sensationell schlecht und komme morgens deshalb überhaupt nicht aus dem Quark und wenn ich so weiter mache, wiege ich bis Weihnachten noch 45 kg.

Deshalb und wegen überhaupt war ich heute morgen ziemlich spontan beim Hausarzt, um Blut abzuliefern um die Schilddrüsenwerte checken zu lassen. Mich würde nicht mal wundern, wenn da wieder was im Busch wäre. Mein Erwachsenen-Konto füllte ich auch noch gleich auf, indem ich drauf bestand, dass auch die Antikörper bestimmt werden. Das ist ja einerseits praktisch, wenn man einfach hingehen kann und sagt: Einmal Routinecheck Schilddrüse, Autoimmun! Und muss nicht jedes mal erst mit dem Arzt sprechen, andererseits überhören die Sprechstundenhilfen den Hinweis „Autoimmun“ halt wirklich jedes mal und dann darf man mit denen rumdiskutieren, dass es doch geschickt wär, gleich ein extra Röhrchen Blut abzunehmen, statt erst mit dem Arzt zu sprechen und mir dann ein weiteres Loch in meine einstmals wunderschöne Vene zu bohren.

Die Idee von Frau Brüllen der ihrer Firma der ihr Achtsamkeits- Selfbranding-Dings* finde ich übrigens, entgegen möglicher Vermutungen, total gut und übernehme das mal direkt, ich hab das Gefühl, ich kann’s brauchen, mich täglich selbst Lobzuhudeln. Grade jetzt wo ich mir oft richtig dumm vorkomme und vermutlich ein Bilderbuch-Beispiel von Impostor-Syndrom habe. Heutiges Auto-Schulterklopfen: Ich habe das mit der Antikörperprobe durchgesetzt, eine (die letzte für dieses Jahr!!!) Bewerbung abgeschickt, die sehr unbescheiden formuliert und trotzdem ehrlich ist und die ich wirklich gut finde und meinen inneren Impostor mit Kaffee ersäuft und angefangen, die Einleitung für das Manuskript zu schreiben.

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*Ich bin Westfale.

Tag 842 – Ok.

Schöne Zahl.

Bin auf dem Sofa eingeschlafen und erst wieder wach geworden, als sich meine Brille fies in meine Nase und mein iPad, das auf der Sofalehne lag, in meinen Hinterkopf bohrte. Wegen Abschminkenzähneputzen bin ich jetzt wieder unangenehm wach und kann ihnen wenigstens erzählen, dass heute ein Okay-er Tag war, ich habe zwar keine Resultate bekommen und das macht mich wahnsinnig, aber die Methods-section des Artikels kann ich ja trotzdem schreiben und die hab ich heute runtergetippert, die ist soweit fertig. Morgen werde ich die Einleitung anfangen. Des Weiteren hab ich heute in der Gegend rumtelefoniert: einmal, weil uns irgendein A*schloch den Außenspiegel am Auto angefahren hat und ich diese unbekannte Person gerne pro Forma anzeigen möchte, für die Statistik und damit meine Wut einen Kanal hat; und nach dem Mittagessen hab ich bei der Stelle aus Schweden mal nachgehakt, das macht mich ja dezent fertig, dass die sich nicht melden, das war ja beim letzten Mal nicht so ein gutes Zeichen. Diesmal ist aber alles gut, der Personalmensch rechnet mir sehr gute Chancen aus, es waren alle sehr zufrieden mit dem Interview, Donnerstag Nachmittag oder Freitag werde ich hören, wie es da weiter geht. Und gut, dass ich angerufen hätte, dann wüsste er ja, dass ich noch Interesse habe. Klar hab ich Interesse und um eventuell eine etwas bessere Basis zu haben, schickte ich danach noch eine Bewerbung ab, auf die zu bewerben mir der Chef-Recruiter der Firma nach Lesen meines CVs und einem gut halbstündigen Telefonat (am Donnerstag, ich berichtete nicht, weil ach…) empfohlen hat. Das wäre halt kein Labor mehr, also eigentlich… noch besser.

Es wird. Wenn ich jetzt noch etwas weniger trøtt og lei wäre…

Tag 841 – Endlich ein neues Fass!

Nein, Spaß.

Aber eigentlich hätte ich ein bisschen Lust drauf, wenn ich grad Nerven und Zeit übrig hätte, würde ich vielleicht nen Aufständchen machen, jetzt muss es eben reichen, dass ich hier mal drüber motze.

Ich habe ja letztes Jahr dem Herrn Rabe einen Whisky-Adventskalender geschenkt (und alle so moaaaa, macht die denn echt alles wie Frau Brüllen?!? Aber ich habe das erst nach dem Bestellen geschnallt, echt, und Herr Brüllen hat auch einen anderen als Herr Rabe). Das war ein spontaner Einfall, nachdem durch den Brexit das Pfund abstürzte und Herr Rabe ja sehr gerne Whisky mag und dann poppte so ne Werbung bei Amazon auf und dann hab ich im Endeffekt aber doch nicht da bestellt sondern in einem Britischen Onlineshop. Weil die nämlich eine recht problemarme Lieferung nach Norwegen versprachen. Und problemarm war es letztes Jahr auch, ich musste eine Bestätigung schicken, dass ich in jedem Fall anfallende Zollkosten übernehmen werde und daraufhin wurde das Paket abgeschickt, ein paar (überraschend wenige) Tage später rief der Postmann an, ich nahm das Paket in Empfang, die Zollrechnung kam wie immer per Post, das überwies ich und fertig.

Dieses Jahr hingegen habe ich das dumpfe Gefühl, dass ich irgendeine Janteloven-Regel übersehen hab: „Du sollst nicht meinen, dass du einfach Alkohol von sonstwo her bestellen kannst, trink gefälligst Karsk*, du blöde Kuh!“. Ich bestellte den Kalender vor ca. 2 Wochen und schickte die „Jaja, ich bezahl alles was die sich hier einfallen lassen“-Mail direkt hinterher. Dann passierte ein paar Tage nichts. Dann wurde ich vorletzte Woche Freitag um kurz vor halb vier von DHL angerufen: das Paket läge jetzt beim Zoll und die bräuchten eine Bestellbestätigung. Und, das müssten sie mir sagen, ab dem vierten Tag, dass es beim Zoll liegt, kostet es 35 NOK pro Tag. Also, weil beim Zoll Freitags ab halb vier keiner mehr arbeitet und das Wochenende den Norwegern ja heilig ist, ab Montag. Ich reagierte recht… ungehalten auf diese Information und motzte die Dame am Telefon an, ob sie das fair fände, dass ich also egal wie schnell ich jetzt diese Mail mit der Bestellbestätigung schicke in jedem Fall 35 Kronen bezahlen müsste. Nee, fand sie auch nicht richtig, aber den Boten hängen ist ja auch nicht grad die feine Art und den Rest vom Groll schluckte ich herunter, 35 Kronen sind ja nun auch nicht sooooo viel Geld. (ABER AUS PRINZIP! schreit da mein Gerechtigkeitsempfinden und ich habe Mühe, es wieder zu beruhigen.) Und natürlich schickte ich auch sofort die Bestellbestätigung an die DHL-Frau, die mir noch am Telefon den Eingang bestätigte und dass sie das sofort an den Zoll weiterleite.

Dann passierte wieder ein paar Tage nichts.

Mittwoch rief ich DHL an. Natürlich hatte ich keine Sendungsnummer, die arme Frau (Ich glaube, es war die selbe, Silje ist zwar ein recht gewöhnlicher Name hier aber so schlecht ist mein Stimmengedächtnis nicht) musste also tatsächlich nach meinem Namen suchen. Ein Whisky-Adventskalender? Ja, genau. Hmm, der liege noch beim Zoll. Sie werde da drauf drängen, dass das schnell bearbeitet würde, das wäre ja ärgerlich, wenn das nicht bis zum 1. hier wäre. Ja, stimmt ja auch, klar, äh, mir ging’s natürlich nur um den Mann *hust*. Zähneknirschend legte ich auf. 3 x 35 NOK.

Auch am nächsten Tag passierte nichts.

Am Freitag rief ich, einigermaßen geladen, wieder an. Silje musste wieder nach meinem Namen suchen, ach ja, der Adventskalender, ja, der sei heute morgen vom Zoll behandelt worden. Müsste also Montag ausgeliefert werden (auch DHL arbeitet am Wochenende hier nicht). 5 x 35 NOK werde ich also, zusätzlich zur Einfuhrsteuer und zur Bearbeitungsgebühr, berappen dürfen. Weil wegen isso und weil der Zoll da eben am sehr viel längeren Hebel sitzt.

Die können froh sein, dass ich keine Kapazitäten für so Nervzeug habe.

Das Paket kam jedenfalls heute heile an und ich hab zum ersten Mal so eine Postbox benutzt, da musste man nur eine SMS-Pin eingeben und plopp – ging die Klappe auf. Spannend sowas.

Auf den Brief vom Zoll warte ich jetzt mittelmäßig gespannt.

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*Sprich: Kaschk, Kaffee mit Selbstgebranntem. Sehr Trøndersk. Man macht das so: man nimmt eine Tasse und legt eine Münze rein, dann tut man so viel Kaffee in die Tasse, bis man die Münze nicht mehr sieht. Dann kommt so viel Klarer „Hjemmebrennt“ drauf, bis man die Münze wieder sieht. Wieviele Leute im Jahr blind davon werden, ist nicht überliefert, ich weiß aber, das selbst brennen auch zu den Hobbys von ein paar meiner Kollegen gehört, das ist hier (illegaler) Volkssport. „Die Familie von Stein-Even, die brennen schon in der vierten Generation in der Hütte im Wald, da is‘ nie was passiert, kannste ruhig trinken!“ Alle irre.

Tag 840 – Puh!

Herr Rabe ist wieder da. Das heißt: wir haben wieder Hygienespüler. Wir haben (gekaufte) Adventskalender für die Kinder, Ich habe einen Adventskalender (von Essie, laaangweilig, ich weiß, aber hier in Norwegen ist das voll außergewöhnlich dass ich den hab, den gibts dieses Jahr nämlich irgendwie nur bei einem Anbieter – für das anderthalbfache des Preises, der bei den anderen Onlineshops als „bald verfügbar“ steht und mehr als das doppelte von dem Preis, den ich letztes Jahr bezahlt hab.

Ansonsten bin ich froh, dass ich die Kinder jetzt nicht mehr alleine versaue jetzt nicht mehr alleine für die Kinder zuständig bin. Zwei Tage mit zitternden Armen reichen grad dicke. Heute haben wir den Tag recht gut mit einem Kindergeburtstag rumgekriegt. Vorher waren wir noch bei der Freundin von Michel, deren kleiner Bruder ist Pippis Freund und deren beider Mama ist die Leiterin des Kindergartens und wirklich nett. Eigentlich sollte ich nur Michel abliefern, weil eigentlich nur Pippi und Pippis Freund auf dem Geburtstag eingeladen war, dann wurden aber kurzfristig heute früh doch noch Michel und seine Freundin dazugebeten und dann sah ich wohl platt genug aus um einfach auf nen Kaffee eingeladen zu werden und im Endeffekt waren wir dann alle knappe zwei Stunden da und fuhren dann zu dem Geburtstag. Der war dann sehr schön, die Kinder verdrückten unglaubliche Mengen Kuchen und vor allem Chips (mit Chips bin ich ja bei Pippi immer noch sehr vorsichtig, seit sie mal im Flugzeug freudestrahlend so ein Tütchen Chips verdrückte und es fünf Minuten später immer noch freudestrahlend in meine Hand kotzte (offenbar hab ich das nicht verbloggt, WARUM DENN NUR?), aber sie hat alles gut vertragen und sich trotz der wirklich unglaublichen Mengen zum Abendessen noch eine riesigen Portion Nudeln mit Parmesan reingeschaufelt, ich glaube, da wächst bald wer). Die Eltern des Geburtstagskinds sind sehr nett und sprechen – Überraschung – echt gut Norwegisch. Zu Hause sprechen sie miteinander Hindi und mit dem Kind indisches Englisch, deshalb dachte ich irgendwie, die könnten nicht gut Norwegisch. Aber das ging echt gut alles und die Kinder spielten sehr schön und nahezu ohne sich gegenseitig die Köppe einzuhauen und als ich heute Abend Pippi ins Bett brachte, sang sie ihrer Mickey Maus ein Lied vor: „Eböörsdäi tuu juuu, eböörsdäi tuu juuuu! Ebörsdäi di Mau-haus, ebörsdäi tuu juu!“.

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Leicht Off Topic: Die Mutter eines anderen Kindes aus dem Kindergarten, die auch auf dem Geburtstag war, ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin in französischer Literatur, an der Uni. Post-Post-Doc, sozusagen. Auf einer bis Januar befristeten 50%-Stelle. Schon der dritten kurzfristig befristeten und ungewollt nicht-vollen Stelle. Es ist doch überall das Gleiche und echt zum Heulen. Die akademische Welt ist kaputt, an allen Ecken und Enden.

Tag 839 – Beste Mama ever!

Wenn meine Kinder wählen könnten, wäre ich das wohl heute geworden. Zumindest zum Teil. Oder eher: bis auf Ausnahmen.

Weil, also, hmm, für dieses „Erziehen“ braucht man definitiv mehr Nerven als ich zur Zeit habe. Auf der Ebene fand heute also nur das Allernötigste statt und das kostete mich schon alle meine spärlichen Nervenvorräte. Jupp, ich bin die Mutter, die im Parkhaus erst ihr Kind anschreit (so richtig mit der Mom-Voice und den fiesen Sätzen die direkt aus der dunklen Masse der eigenen Kindheit stammen) und dann das brüllende Kind recht ruppig im Autositz anschnallt, weil NEIN, OHNE ANSCHNALLEN FAHREN WIR NICHT LOS UND NEIN, WIR WERDEN HIER NICHT NOCH NE STUNDE LANG HERUMHAMPELN, ES IST SCHON SPÄT UND WIR MÜSSEN NOCH EINKAUFEN. Das passierte heute zwei mal innerhalb von nicht mal anderthalb Stunden. Dazwischen lag ein Einkauf aus der Hölle, weil Pippi, die sture und trotzphasige Rübennase, das Geburtstagsgeschenk für ihre Freundin trotz ca. 5000-maliger Ermahnung und „Ja, R. sin!“-Beteuerungen ihrerseits dann doch ausgepackt hat, woraufhin ich ihr das wegnahm. Ja. Ich bin also auch die Mutter, die erst ihr brüllendes, zappelndes Kind aus dem Parkhaus schleppt (das hallt da so!), dann vor dem Supermarkt mit dem brüllenden Kind auf dem Boden hockt, vom brüllenden Kind gehauen wird, dem brüllenden Kind mitteilt, dass jetzt eingekauft wird, deren brüllendes Kind aus dem Einkaufswagen klettert und deren brüllendes Kind im Supermarkt mitten im Weg auf dem Boden liegt. Mütter mit seit längerem ungeduschten Teenagern gingen vorbei und ich sah das „Gott sei dank ist das vorbei!“ in ihren Augen. Mütter mit rosigen Babies gingen vorbei und ich sah das „Oh mein Gott, das arme Kind, meins wird das ja nie machen, weil…“ in ihren Augen. Ältere Damen gingen vorbei und schüttelten „Tztztz“-machend den Kopf. Und dann war es irgendwann vorbei und meine Nerven auch und hier ist die Liste der Dinge, die wir kauften um weitere Tantrums auf jeden Fall zu verhindern:

  • Zwei trockene Brötchen
  • Eine extra Packung Apfelsaft
  • Cornflakes
  • Pappsüßen Kinderjoghurt (ok, den wollte Michel haben)
  • Fettarme Milch
  • Tomatensoße mit Basilikum von Barilla
  • Äpfel
  • Überraschungseier (wollte auch Michel haben)

Nur beim Eis an der Kasse blieb ich hart und es war mir dann auch echt egal, dass sie da wieder herumbrüllte, dann sollen die aufhören, ihre Quengelware in Hörweite der Kassierer*Innen aufzustellen, wenn die das zu sehr stört (mich hat das in meinen vielen, vielen Jahren an diversen Kassen übrigens nie gestört).

Ansonsten hab ich mich heute nur beim Anziehen und beim Zähne putzen durchgesetzt, alles andere habe ich einfach durchgehen lassen. Ich traue Ihnen genug Phantasie zu, um sich „alles andere“ realitätsnah auszumalen.

Dieses Kind schafft mich. Und dann ist die wieder so niedlich, dass ich sie fressen möchte. Wenn Sie ihren Bruder füttert zum Beispiel. Oder ihr Bärchen ins Bett bringt.

Tag 838 – Unglückliches Timing.

Weiterhin keine Resultate vom Massenspektrometer. „Die Proben laufen.“ Dafür Anfrage der Massenspektrometer-Frau: ob es denn schlimm wäre, wenn ich erst im Januar abgeben könnte. Daraufhin habe ich erst ihr und dann dem Chef sehr deutlich gesagt, dass ich das leider nicht aushalten kann, weil ich dabei bin davon krank zu werden. (Lustig, wie ich: „Ich drehe ab und mein Körper ist ein Wrack!“ ausdrücke, oder?)

Apropos krank: mein Körper hat ein neues Feature „Arme zittern“ entwickelt und ich sollte wohl wirklich dringend mal die Schilddrüsenhormone checken lassen, das halbe Jahr ist auch schon wieder rum. Des Weiteren scheine ich die hormonelle Verhütung nicht mehr zu vertragen, „nicht mehr“, weil ich die vor den Kindern ähhh ewig (6 Jahre? 8 Jahre? Irgendwie so.) benutzt habe und wenn das damals so gewesen wär wie jetzt, hätte Ich das niemals so lange gemacht. Die Details erspare ich Ihnen mal.

Heute war die Putzhilfe da, das hatte ich von Montag, als hier ja zwei Glühwürmchen auf dem Sofa vor sich hin vegetierten, auf heute verlegt. Das passt auch voll gut, dann ist es nicht so lange hin bis zum nächsten Mal: am 11. Dezember. Auch Putzhilfen haben Urlaub. Kinderfrauen übrigens auch. Passt halt grad ungefähr überhaupt nicht, wegen allem eh schon und dann ist heute auch Herr Rabe nach Deutschland geflogen, weil sein Vater morgen 80 wird.

Ja. Alles wie immer, alles… nicht so gut grad. Wenigstens Karri ist ab Dienstag wieder da.

(Falls Sie mal die Verlockung verspüren, zu promovieren: TUN SIES NICHT. So. Ich habe Sie gewarnt.)

Noch was gutes, irgendwie jedenfalls: Da mein Gehirn abends nach der seichtest möglichen Unterhaltung lechzte, schaute ich Schminkvideos und blieb bei Jeffree Star hängen. Muss man mögen, den Stil, ist halt alles wahnsinnig überdreht und überzeichnet und „more strobe bitches, helloo!!!“, aber ich mag das und hell yeah, der kann Make-Up. Und irgendwann wachte Michel auf und schaute ein bisschen zu und wenn es hier schon im echten Leben wenig queere Vielfalt gibt, kann er das wenigstens im Fernsehen mal sehen.

Tag 837 – Kaputte Tage.

Ich weiß echt nicht mehr, was ich sagen soll.

Den halben Tag bin ich zu nichts in der Lage, wirklich zu gar nichts, den anderen halben Tag versuche ich aufzuholen, was ich vertan hab.

Jetzt ist schon viertel vor eins, mein Körper streikt von Kopf bis Fuß, ich bin hundemüde, aber schlafen geht auch nicht.

Morgen: repeat.

Tag 836 – Pause. Vielleicht.

Hier sollte ein amüsanter Text über Kekse stehen, oder die norwegische Süßigkeitenversorgung, oder Hautcremes, oder sowas.

Aber jetzt liege ich hier mit höllischen Kopfschmerzen, nachdem ich (erfolglos) versucht habe, meinen CV umzugestalten, neben mir der immer noch kranke und wehleidige Michel. Morgen habe ich ein Meeting, weil mein Chef ganz elegant meinen Versuch, Arbeit an ihn abzutreten, abgebügelt hat mit den Worten „oh, Frau Rabe ist leider grad nicht da, vielleicht wäre es besser, wenn wir auf sie warten?“ und alle so yeah, außer mir. Ich komme hier zu Hause zu nix, es ist echt alles ziemlich kacke und „nebenher“ noch Bewerbungen schreiben setzt mich grad sehr unter Druck und – ich schaffe es nicht. Eine Firma werde ich morgen noch anrufen, und dann ist Pause bis nach der Abgabe. Ich kann mir grade auch die Frustration durch Absagen nicht mehr antun. Ich bin schon (viel zu) hart zu mir selbst, „du bist blöd“ von außen führt nur zu, tja, zu Heulerei und Ohnmacht und Lähmung. Für die Diss ist noch genug (hahaha, ich könnte auch zwei Monate mit Arbeit füllen) zu tun und da brauche ich grad alle eh schon knappen Ressourcen, vor allem nervlich.

Und morgen schreibe ich dann mittags. Bevor alles scheiße wird. Kann sich ja niemand mehr anhören hier.