Tag 2386 – Kleingroß.

Die Kinder fahren morgen auf Korpsfahrt. Beide. Pippi freut sich. Michel freut sich auch, aber… anders. Was sich in erster Linie darin zeigt, dass er schon mal vorher total aufgeregt ist und nicht weiß, wohin mit sich und achthundertdreiundneunzig Katastrophenszenarien entwirft und dann nichts gebacken bekommt, Packen zum Beispiel. Und heute haben wir obendrein als Eltern ein bisschen verkackt und das Packen viel zu spät eingeläutet und dann… naja. Am Ende packte ich für Michel, der das einfach aufgrund seines emotionalen Zustandes nicht mehr konnte. Er versuchte mehrmals halbherzig, mich aus seinem Zimmer zu werfen, ging aber selbst auch nirgendwo anders hin und irgendwann brachen wir alles andere ab und ich brachte ihn ins Bett, ebenfalls viel zu spät. Bei der normalen Abendroutine kam er immerhin halbwegs runter, beim Vorlesen hörte irgendwann das Schniefen auf, dann kamen die üblichen Fragen zu allem und Tralala und als er trotz allem nicht schlafen konnte, nahm er sogar mein Kuschelangebot an. Dann konnte er auch schlafen, mit seinem riesigen Kuschelhund im Arm und halb auf mir liegend. Wie immer. Eigentlich noch ganz klein. Ein ganz kleiner Mensch mit 1,50 m Körpergröße, im Wesentlichen aus Armen und Beinen bestehend.

Der arme Zwerg. Es gehen viele große Gedanken und Sorgen in seinem Kopf rum. Unter Stress fitschen die aber rum wie Flipperkugeln und machen erst recht nichts sinnvolles mehr, sondern nur noch mehr Stress, wie eine Kettenreaktion. Dass er in Stress gerät, stresst ihn dann noch mehr, dazu kommt Selbstkritik ohne Ende, weil er ja eigentlich Dinge tun müsste, aber die nicht schafft, weil er so unter Strom steht. Aber helfen kann da auch keiner so richtig, beziehungsweise kann ich nicht helfen, weil alle Strategien, die mir helfen würden, an ihm abprallen und für alles andere fehlt mir die erzieherische Phantasie irgendwie. Was am Ende einigermaßen gut half waren klare Ansagen ohne Spielraum, wie „du gehst jetzt duschen, ich packe für dich“, da konnte er sich ein bisschen reiben aber hatte eine Richtschnur (und die Verantwortung für den Inhalt seiner Tasche abgegeben). Geduscht hat er nicht, aber immerhin aufgehört, im Zimmer auf und ab zu laufen. Kurz. Duschen kann er dann morgen früh, in hoffentlich besserer Stimmung. Weiß nicht ob das so toll ratgebergemäß war, aber ich befürchte, die Ratgeberschreibenden waren halt auch noch nie bei uns zu Hause.

Mein Baby… Kann ich bitte die Zeiten noch mal sehen, als unser größtes Problem war, dass wir nach jedem Essen den Essplatz großräumig Kärchern mussten?

Tag 2384 – Der übliche Wahnsinn.

Warum sind diese letzten Wochen vorm Sommerurlaub nur immer so ein Marathon? Alles muss irgendwie noch fertig werden, am besten bis gestern, und jemand(TM) reist ja auch noch nach Korea (so langsam fange ich deshalb an zu hyperventilieren, was habe ich da getan, ahhhhh!), Urlaub will geplant werden, Sommerfeste überall und ich möchte eigentlich nur schlafen bis Juli, dann habe ich nämlich Urlaub und da kann ich weiter schlafen.

Stattdessen schlafe ich zu wenig und arbeite viel zu viel, um alles fertig zu kriegen. Tjanun. Noch anderthalb Wochen Schule, noch dreieinhalb Wochen Arbeit. Ächz.

Einziger Bonus heute: die Ausschusssitzung der Kommune ging nur halb so lang wie veranschlagt. Und da ich mit dem Auto da war (weil ich bis 15 Minuten vor der Sitzung noch gearbeitet habe), war ich um kurz nach halb acht deshalb schon wieder zu Hause. Hurra!

Tag 2882 – Dies und das.

Die Kinder kamen heute beide sehr müde wieder zurück. Vor allem Michel hatte wohl kaum Schlaf und war dementsprechend nicht wirklich genießbar. Aber er hatte gestern eine gute Zeit und ging dann heute um kurz nach sechs ins Bett – und schlief beim Vorlesen schon ein, was in seinem Leben bisher vielleicht drei mal vorgekommen ist.

Trotz wenig Schlaf haben wir die Kinder gezwungen, den zugesagten Korpsspieltermin wahrzunehmen. Die „Kleinen“, also Aspiranten und Junioren, spielten bei der Saisoneröffnung des Bygdetunet, des örtlichen Freilichtmuseums. Das machten die prima, inklusive Marschieren. Sie haben noch den niedlich-Faktor, das war bei einem Stück ganz gut so, aber ich sag’s mal so: Farin hat am Freitag auch ne komplette Strophe in der falschen Stimmung gespielt. Passiert. Wir Eltern mussten übrigens mit, um den Kindern Notenständer und Pippi ihre Trommel hinterherzuschleppen. Aber das ist alles noch wesentlich besser, als sich jedes Wochenende mit Fußball um die Ohren zu schlagen.

Apropos Ohren: um meine ein wenig zu reinigen, ging ich zu einem Kammermusik-Konzert hier im Ort. Es gibt hier nämlich eine kleine Gruppe professioneller Musiker, die sich semi-regelmäßig für Kammermusik zusammentun. Ich wollte da schon länger mal hin, aber es kam immer was dazwischen. Dieses Mal aber nicht. Das Konzert war in der Kirche und auf dem Programm stand „Brahms+“. Die Musiker sind ein Hornist, ein Pianist und ein Violinist. Das klingt vielleicht wie eine seltsame Kombination, ist es aber, entsprechend arrangiert, gar nicht. Außerdem sind die drei einfach richtig gut, da ist fast* alles einfach schön. Zum Abschluss spielten sie das Horntrio von Brahms und bescherten mir damit gehörige Gänsehaut. Da werde ich auf jeden Fall wieder hingehen und auch Leute zwingen, mitzugehen, für die Qualität der Musik war das Publikum nämlich peinlich spärlich anwesend.

Ansonsten haben wir heute die davon sehr schockierten Schweinchen wieder zu Draußenschweinchen gemacht. Das hätten wir auch schon ein paar Wochen machen können, aber einer von uns war ja an den Wochenenden immer unterwegs und alleine kann man den Käfig nicht versetzen. Die Schweinchen waren wie erwähnt not amused, ich glaube, die mögen auch keine Veränderung. Bisher haben sie einen sehr kleinen Teil des Geheges neu erkundet und sich dann ins Häuschen zurückgezogen und mich sogar als ich mit Gemüse kam, nur skeptisch aus dem Haus angeguckt, ohne rauszukommen. Ich kann es ja verstehen, draußen ist alles anders, Geräusche, Gerüche, Untergrund, und es sind kleine, ständig in der Angst, gefressen zu werden, lebende Klopse auf Beinen. Aber erfahrungsgemäß werden sie sich dran gewöhnen und spätestens in ein paar Tagen immer quiekend am Gitter hängen, wenn die Nachbarn vorbei gehen, die werfen nämlich gern mal ein Salatblatt oder zwei aus deren Garten zu den Schweinchen rein. Das dürfen sie auch, sie haben gefragt, nicht dass Sie jetzt denken, Norweger würden sowas einfach ungefragt machen. Um Himmels Willen, das würde denen nicht einfallen! Es wurde ordentlich gefragt und jetzt freuen sich die Schweinchen über Salat und die Nachbarn über quiekende Schweinchen.

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*ok, das erste Stück war nicht mein Fall. „Appell Interstellaire“ (glaube ich) von Olivier Messiaen. Sehr, äh, modern.

Tag 2881 – Das eigene Doppelbett.

Ich bin wieder zu Hause. Heute war eigentlich nur Rückfahrt angesagt, um die Umwelt zu schonen und weil ich eigentlich echt gerne Zug fahre, mit dem Zug. Das dauert etwas mehr als sieben Stunden, plus die Zeit, die ich dann noch von Oslo nach Hause brauche. Das finde ich echt ok, wenn man sich beschäftigt. Ich habe mich mit Arbeit beschäftigt und jetzt kurz, ganz ganz kurz, das Gefühl, dass ich nicht total in Arbeit ersaufe. Ich hab aber nicht die ganze Zeit gearbeitet, sondern auch was gegessen, aus dem Fenster geguckt, Duolingo gedaddelt und Musik gehört. Die Arbeitszeit war zum Teil von gestern nachgeholt und zum Teil von sehr langen Sommerferien vorgezogen.

Da ist so ne Zugfahrt echt schnell rum. Zu Hause erwartete mich Herr Rabe und keine Kinder, die schlafen nämlich beide heute anderswo. Das ist eine ganz ungewohnte Situation für uns. Aber ich muss auch sagen, ich kuschele dann doch lieber mit Herrn Rabe im eigenen Bett statt in einem Doppelbett mit einer Person zu schlafen, die ich nur wenige Stunden zuvor kennen gelernt habe und bei der ein Teil meines Gehirnes die Nacht über damit beschäftigt ist, jegliches Kuscheln zu vermeiden. Jetzt müssen wir heute Nacht also noch nicht mal „befürchten“, dass irgendein Kind schlecht träumt und sich in unserem Bett breit macht. Auch das ist mal ganz schön.

Tag 2880 – Die beste Band der Welt in der schönsten Stadt der Welt.

Das war ein Fest! Ein sehr lustiges, vermutlich in weiten Teilen ungeprobtes Fest, mit verstimmten Instrumenten, vergessenen Texten, vergessenen Einsätzen, Fehlstarts und einem Publikum von ca. 1000 Leuten, denen das komplett egal war. Und ca. 25 Zugaben.

Und ich hab dann jetzt auch mal die Die Ärzte in einem ganz kleinen Saal gesehen. Gefühlt haben sie auch alles gespielt, was sie sonst nie spielen. Hach!

(Ich bin aber ebenfalls jetzt total im Eimer, war das anstrengend, ey, und ich bin 20 Jahre jünger als die.)

(Mein Herz geht raus an die crowdsurfende Frau mit der Kniebinde [wir werden ja alle nicht jünger] und die Roadies, ebenfalls gesetztere Herren um die 60. You rock!)

Tag 2878 und 2879 – Wohl müde.

Es ist diese Zeit des Monats, in der ich echt nicht gute Laune habe. Generell ist die Zeit des Jahres, in der ich nochmal sechs Wochen mit mehr als Vollgas durchklotze und deshalb ständig müde bin. Immerhin muss ich nicht, wie Herr Rabe, mehrere Nächte in Folge erfolglos Dinge migrieren. Es könnte also schlimmer sein.

Ich muss nach dem Sommer wirklich dringend Ämter loswerden. Zu viele Töpfe zum drin Rühren ruinieren die Nerven der Köchin, oder so. Aber bald ist ja Wahl, dann kann sich irgend eine Person, die weiter oben auf der Liste steht, in die Ausschusssitzungen setzen.

Die Kinder alternieren zwischen Kotzbrocken und erstaunlich großen und selbständigen Kindern. Wie das halt so ist. Pippi schläft jetzt seit neuestem manchmal alleine ein, „wie ein großes Mädchen“. Damit hängt ganz bestimmt nicht zusammen, dass sie aber ebenfalls manchmal „Ihr habt Michel viel lieber als mich!!!“-Heulanfälle bekommt. Michel kriegt nämlich noch vorgelesen und ich glaube langsam, das werden wir bei ihm auch mit 18 noch tun.

Gestern und heute hatte ich eine Inspektion, die zur Abwechslung mal kein überraschender Albtraum war. Zwischendurch ist sowas ja auch mal ganz nett. Ich wüsste auch nicht, wie ich noch einen weiteren Albtraum-Report schreiben sollte, vor dem Sommer, versteht sich, weil ich ja in drei Wochen schon in Korea bin und in vier Wochen nur noch einen Arbeitstag vor dem Urlaub vor mir habe. Und Jet Lag habe.

Gute Nachrichten gibt es aber auch aus anderer Richtung, nämlich finanziell, unter anderem* kam meine Steuer-Rückerstattung heute.

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*es kam auch was anderes, aber ich weiß nicht, ob ich das hier überhaupt erzählt habe. Die Moral von dieser Geschichte ist aber: leg dich nie mit Inspekteur*Innen an, die können Gesetzestexte lesen und verstehen und dir im Zweifel in feinstem Bürokrat*Innensprech um die Ohren hauen. Das kann dann für dich teuer werden.

Tag 2876 – Weiter sehr grün – Fortsetzung.

Fortsetzung vom gestrigen Beitrag, mal gucken ob ich heute durch komme mit erzählen.

Ich war also angekommen und mit meinen nassen Hosenbeinen in bester Gesellschaft. Die anderen waren – bis auf einen, der mit dem Fahrrad gefahren war – auch alle durchs Moor gestapft. Sie hatten schon die Grünen-Fahne gehisst und saßen beim Mittagessen, wohlverdient und 2 Stunden hinter dem Plan. Tjanun. Von dem Politiker mit dem lustigen Namen war ich ein bisschen star struck und bekam nicht viel heraus, außerdem war ich wie gesagt in erster Linie durstig, in zweiter hungrig und in dritter nass. Nach zwei Scheiben Brot zog es sich draußen aber bedrohlich zu, wir packten also alles zusammen und zogen in die Hütte um. Da drin war es sehr klassisch hüttenmäßig. Kein Wasser, keine Elektrizität (außer das was von einem ganz kleinen Solarpanel draußen geliefert wurde, was mit dem Regenwolkenhimmel quasi nichts war), keine Heizung, einziger Luxus ein gasbetriebener Kühlschrank und ein Gasherd. Wir machten in der Stube also erst mal den Ofen an, 15 Grad Innentemperatur sind für Leute mit nassen Füßen jetzt nicht grad gemütlich. Der Ofen war leider relativ wenig effektiv, weshalb wir auch die Kinder schickten, in den Zimmern, in denen Leute schlafen sollten, schon mal Feuer zu machen. Bald stapelten sich vor dem Ofen in der Stube auch ein Haufen Schuhe, um sie, wenn schon nicht trocken, doch wenigstens warm zu kriegen. Meine Füße waren trotzdem wie Eis, ich hatte ja auch noch die nassen Socken und die nasse Hose an. Unterm Tisch rubbelte ich die Füße aneinander.

Dann hatten wir 2 Stunden Session über den jetzt beginnenden Wahlkampf. Im September sind Kommunalwahlen (und Fylkesting, aber wen interessiert der schon). Ich glaube ich sagte so drei Sätze, aber dem Politiker mit dem lustigen Namen hätte ich, schon allein wegen seiner überaus angenehmen Stimme, stundenlang zuhören können. Ich wollte auch, dass der Parteichef wird, als die vorherige Parteichefin wegen Burnout das Amt niedergelegt hat, aber es wurde dann ein anderer. Aber ich schweife ab, wir sprachen über Wahlkampf und wir stellten fest, dass wir eigentlich alle in der Partei sind und uns da engagieren, nicht etwa, weil wir so gerne im Rampenlicht stehen oder Politik und Debattieren so geil finden, im Gegenteil, die meisten von uns finden das eigentlich furchtbar. Aber wir haben alle das Gefühl, das zu müssen, weil sonst irgendwie alle nur sagen, dass wir jetzt aber mal echt dringend das Klima retten müssen, aber nichts tun. Nach dieser Erkenntnis merkte ich, dass ich langsam abschaltete, zu viel Leute, zu seltsame Situation, in die ich auf nicht geplante Art gelangt war. Ich bin sicher, die anderen hatten noch fruchtbare Diskussionen. Ich hab die Bäume draußen angeguckt und immer mal wieder ein Holzscheit in den Ofen gesteckt und Schuhe durchgetauscht, damit alle mal in der ersten Reihe stehen können.

Danach war es auch schon Zeit zum Abendessen. Ich hätte eigentlich auch da schon gehen können, weil ich platt war, aber ich wollte nicht unhöflich sein. Es wurden Burger aus Lammgehacktem gemacht. Es gab auch vegetarische Burger, aber, und das wird jetzt vielleicht schockieren, wir aßen alle das Fleisch. Alle. Niemand dort war nämlich echte*r Vegetarier*In, und wenn man Fleisch in vernünftiger Qualität und aus verantwortungsvoller Quelle angeboten kriegt, sagt von den dort Anwesenden niemand nein. Der Politiker mit dem lustigen Namen war ganz aus dem Häuschen, er meinte, das sei das erste mal, dass er bei einer Grünen-Veranstaltung ist, wo alle Fleisch essen.

(Abschweifung: Norweger*Innen salzen irgendwie sehr binär. Entweder es ist so salzig, dass man nichts anderes mehr schmeckt (Fertiggerichte zu 90%, Kantinenessen auch oft) oder es ist zu wenig Salz dran. Viel zu wenig Salz ist in allen Broten, insbesondere selbst gebackenen, aber auch die Burgerpatties hätten noch eine gute Portion mehr Salz vertragen können.)

Ich half beim Kochen ein bisschen mit, hauptsächlich, weil der Politiker mit dem lustigen Namen und der angenehmen Stimme das auch tat, und kam so in den zweifelhaften Genuss der Erfahrung, Zwiebel mit einem Brotmesser zu schneiden. Es waren keine anderen Messer da. Merke – auch auf Hüttentouren eigene Messer mitnehmen.

Nach dem Essen, also ca. in der Sekunde, in der die letzte Gabel hingelegt wurde, fragte M., die auch nicht übernachten wollte und dementsprechend auch zum Windrad zurück musste, ob wir gehen wollen. Nie war ich dankbarer, es war echt schon hart an der Grenze des für mich machbaren. Was ich nicht auf dem Schirm hatte, war, dass der Politiker mit dem lustigen Namen mit ihr mitfahren sollte. Also gingen wir zu dritt. Die beiden kennen sich schon länger und unterhielten sich gut und ich konnte ein bisschen mehr in den Wald gucken und atmen und langsam runterkommen. Das war schön.

Wir gingen zurück einen anderen Weg. Nicht durchs Moor. Der Weg war so einfach zu gehen, dass wir uns für den Hinweg auch gleich noch mal leid taten, allerdings waren wir auch einig, dass der, wenn man nicht weiß, wo der von der Straße abgeht (was man ja nicht weiß, wenn man da noch nie war), nicht wirklich zu finden ist. Aber 15 Minuten über einen deutlich erkennbaren, trockenen! Trampelpfad im Wald (ok, ein bisschen hoch und runter und Wurzeln und Steine sind da schon auch, aber absolut kein Vergleich zum Hinweg!) und 15 Minuten Schotterstraße ist doch ein erheblicher Unterschied zu den 1,5 Stunden querfeldein durch unwegsames Gelände vom Hinweg. Wir waren sehr angetan von dem Weg.

Am Windrad machten der Politiker mit dem lustigen Namen und ich noch Selfies mit dem Windrad, unter anderem, wie wir das Windrad anfassen. Wir fotografierten auch den kompletten Windpark, der ist nämlich schon echt groß und wird noch weiter ausgebaut. Und wir waren uns einig: natürlich ist das ein Eingriff in die Natur, nicht mal so sehr das Windrad selbst, aber all die Zufahrtswege. Natürlich macht so ein Windrad auch ein Geräusch. Es ist aber schon in ca. 100 m Entfernung nicht mehr vom allgemeinen Waldrauschen zu unterscheiden und selbst direkt darunter stehend ist es auch nicht lauter als der Wind in den Ohren selbst. Wind macht eben ein Geräusch, bzw. wahrscheinlich eigentlich nicht, sondern Wind, der am Ohr oder anderen Dingen vorbeirauscht und dabei Turbulenzen verursacht, macht ein Geräusch. Man möge mich korrigieren. Vielleicht gibt es geeignetere Orte für Windräder, aber ein unbewohnter Hügelkamm ist jetzt nicht so unbedingt das allerschlimmste. Wenn wir vielleicht die geschotterten Zufahrtswege noch minimieren oder durch irgendeine andere Lösung ersetzen könnten, wäre das spitze.

Nun denn, ich stieg also ins Auto ein und… es zeigte 26 km Restreichweite an. Ich war definitiv mehr als 26 km von zu Hause entfernt. Allerdings ist diese Anzeige bei Cardos auch eher so eine grobe Schätzung und hat oft mit der Realität nicht viel zu tun. Die anderen beiden sagten, sie fahren hinter mir, falls ich liegen bleibe. Das war sehr nett.

Erst mal rollte ich aber gemütlich vom Berg runter. Eigentlich ging es bis zur nächsten großen Straße nur bergab und als ich unten angekommen war, hatte ich bereits 36 km Reichweite. Den Rest der Strecke fuhr ich so gleichmäßig wie möglich. 60 km/h, auch da wo 80 gewesen wäre, stoisch die immer länger werdende Schlange Autos hinter mir ignorierend. Als ich anfing, Orte zu erkennen (den Hof, bei dem die Sporthort-Kinder manchmal sind und Pferde streichen dürfen zum Beispiel) und noch zweistellige Restreichweite hatte, atmete ich gefühlt seit 40 Minuten das erste mal aus. Zu Hause kam ich dann an mit 9 km. Da blinkt das Auto innen wie eine Kirmes, dass man es auf jeden Fall laden soll. Was ich dann auch tat.

Zu Hause zog ich als allererstes Schuhe, Socken und Hose aus (Schuhe und Socken weiter leicht feucht) und berichtete kurz vom Tag. Brachte danach Michel ins Bett. Ich glaube, ich bin noch vor ihm eingeschlafen.

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Fortsetzung von Tag 2 folgt, mir fallen die Augen zu.