Tag 1995 – Umme Ecke.

Bevor Sie sich sorgen – und geht’s gut. Der Erdrutsch ist nicht bei uns. Der Erdrutsch ist zwar, wie wir, in „Øvre Romerike“, aber immerhin ca. 30 km entfernt. Wir haben heute auch gelernt, dass wir nicht auf Quickton wohnen, nur auf „Matsch auf Fels“, was ja eine viieeeel sicherere Grundlage ist, Ähäm.

Morgen werde ich das, was wir mit dem Verkauf der Möbel vor grad mal zwei Wochen eingenommen haben, plus ein bisschen was, an eine gemeinnützige Organisation spenden, die die Familien unterstützt, die nun nicht mehr dort wohnen können, weil ihr Haus in einen Abgrund gefallen ist oder noch könnte oder sonstwie beschädigt wurde. Ich nehme an, selbst wenn ein Haus noch steht, ist es nicht mehr so stabil, wenn ein paar Meter weiter sich plötzlich ein riesiges Loch aufgetan hat.

Ich denke außerdem an die Angehörigen der noch 10 vermissten Menschen, an die selbst, und ich werd den total beknackten Gedanken nicht los, dass Leute da ihre Haustiere in einstürzenden Häusern zurücklassen mussten und was würden wir mit den Meerschweinchen machen. Die armen Meerschweinchen. (Ja, mir ist schon klar, dass das Copingmechanismen sind, die mir ermöglichen, mich nur Häppchenweise mit dem zu beschäftigen, das eine halbe Stunde Autofahrt von hier, in dem Ort, in dem wir vor ein paar Monaten noch eine Konfirmation gefeiert haben, passiert ist und weiter passiert.)

Tag 1994 – Bilder gemacht.

Der Haussegen wurde wieder gerade gerückt, Hurra. Kommunikation ist halt alles (und schrecklich anstrengend, von Zeit zu Zeit).

Ich habe endlich Bilder von den Kinderzimmern gemacht. Nur Lampen müssen wir noch tauschen, aber ich habe unsere neue Schlafzimmerlampe erst heute gekauft, deshalb ging das noch nicht.

Michels Zimmer
Michels Zimmer – mit „Tagesdecke“ auf dem Bett.
Michels Schrank. Die Türen und Griffe wollte er so haben. Die Schubladen sind noch leer, dieses Kind ist ja eher minimalistisch veranlagt. Hinter den schwarzen und grünen Türen verbergen sich herausziehbare Körbe, statt Schubladen.
Pippis Schrank. Deutlich voller.
Ob sie die Gardine wirklich behält, ist noch nicht entschieden.

Morgen geht es ein bisschen weiter und ein bisschen Einkaufen für Silvester. Der Plan ist, tatsächlich richtige Menschen zu treffen. Mal schauen, ob wir das noch können.

Tag 1993 – Hrmpf.

Der Haussegen hängt schief.

Ich liege schon wieder in einem Kinderbett. Letzte Nacht habe ich im Bett des anderen Kindes geschlafen (zu kurz und zu schlecht), nachdem selbigem Kind in unserem Bett (natürlich, macht ja sonst keinen Spaß) der Nachtisch vom Abendessen wieder hoch kam.

Das alles ist mistig nach einem eigentlich guten Tag. Mist.

Gute Nacht.

Tag 1992 – Meilensteine.

Michel kann jetzt Kaffee kochen. Also, nein, anders: Michel kann einen Kaffee Latte machen, an einer Siebträgermaschine und mit Dampfdüse ohne „Cappucinator“ und ohne Thermometer. Das macht er sogar freiwillig und bringt ihn uns ans Bett. „Davon habe ich nichts, Mama, nur glückliche Eltern.“ Ja, mein Spatz, überglückliche und vor Stolz platzende Eltern. Hachz hachz.

Wir haben die Kinderzimmer endlich, endlich so weit fertig. Und auch in unserem Arbeitszimmer ist wieder halbwegs Fußboden erkennbar. „Umziehen“ ohne Umziehen ist wie diese Schiebespielchen, wo man Plättchen mit nur einem freien Raum hin- und herschieben muss, bis sie ein Bild ergeben. Inklusive „ich hab mein Glas auf die Kommode gestellt – aber wo ist die Kommode hin?“. Uffz. Bilder morgen, heute war ich zu alle und die Kinder hatten auch schon ein Zimmer voll Lego gerödelt und in einem gebastelt. So wird das nix mit der Instagramability.

Ehrlich gesagt freue ich mich auf einen normalen Montag. Wir haben keinen Knoblauch mehr, nachdem die letzte Knolle zur Hälfte nicht mehr gut war – was wir an Heiligabend nachmittags bemerkten. Ich habe zwar auch zu morgen einen Einkauf bestellt, aber den Knoblauch vergessen. Gnah. Aber so habe ich eine Ausrede, wieso ich dringend das Haus verlassen und in den Ort gehen muss. Gehen, weil sich für eine Knoblauchknolle ja auch nicht lohnt, das Auto zu nehmen. Außerdem ist es eh sauglatt (morgen hoffentlich nicht mehr, es gab heute mehrere Unfälle in unserer Gegend und die Norweger*Innen sind ja Schnee, Schneematsch und Glätte eigentlich gewohnt). So.

Jetzt ab ins Bett, morgen geht ein Wecker, gegen die Versumpfung.

Tag 1991 – Kurz gut.

Heute hat es endlich geschneit. Kurz. Ein wenig. Grade genug für einen Schneeausflug mit Schlitten.

Das war auf dem Rückweg, als wir losgingen, war es noch hell, ehrlich!

Das war sehr schön und es zieht mich total runter, dass es jetzt schon wieder regnet und die nächsten Tage auch wieder Kackwetter sein wird, wie die ganzen letzten Monate auch schon. 2020 soll jetzt echt endlich weg gehen und all das mitnehmen.

Tag 1990 – Spät, aber zufrieden.

Ok, es hätte alles irgendwie zwei Stunden eher sein können heute, aber was soll’s, wir haben ja Ferien.

Pippis Zimmer ist jetzt fertig gestrichen, in mintgrün und taubenblau. Da sie da aber schläft, gibt es erst morgen Bilder. (Ich bin auch ein bisschen gespannt, wie es bei Tageslicht aussieht, muss ich sagen. Die Farben hat sie ja selbst ausgesucht.)

Ich freue mich sehr darauf, morgen sämtliche Möbel in die Zimmer zu räumen, in die sie gehören. Außerdem sind wir dann soweit oben mit dem Streichen durch, bis wir uns überlegt haben, was mit dem Schlafzimmer passieren soll. Das ist auch sehr schön. Das heißt auch, noch unten der Flur* und dann sind wir für’s erste durch mit Renovieren, Hurra!

So Hurra ist es gar nicht, ich streiche ausgesprochen gerne. Es hat für moderaten Aufwand einen tollen „Neu!“-Effekt, und es ist eine relativ stumpfsinnige, relativ körperliche Tätigkeit, bei der man sich nebenbei unterhalten, Musik oder Podcast hören kann und die GAR NICHTS mit Computern zu tun hat.

Außerdem weiß ich jetzt wieder was, was Michel und ich gemeinsam haben, denn Michel kam, als ich an der zweiten Farbschicht arbeitete, und sagte „Hmmm, das riecht so gut. Farbe ist mein Lieblingsgeruch!“ Farbe und Keller. Und irgendwas „in Deutschland“, auf das ich grade nicht mehr komme**, was ich aber auch sofort wohlig in der Nase hatte.

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*vorher müssen wir aber vermutlich erst mal neues Malertape kaufen. Überall Leisten, Türen, Fenster, Steckdosen, Lichtschalter, wasweißich: wir haben den Tapebedarf deutlich unterschätzt.

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** UPDATE: Ich hab noch mal gefragt und es sind die unterirdischen Straßenbahnhaltestellen in Bielefeld!

Tag 1988 – 11 Teller.

Platt wie ein Brötchen.

Heute machte ich letzte Besorgungen (Markknochen, unter anderem) und fuhr ein ganzes Auto voller Müll weg. Pappe (absurde Mengen), Plastik, Styropor, etwas Hartplastik, etwas Metall. Ein Glasthermometer (kein Quecksilber).

Um den Müll weg zu bringen, „mussten“* wir aber erst Pippis Schrank aufbauen. Da waren wir super effizient, beim Aufräumen auch, auch beim Einkaufen war ich effizient und dann, als ich total effizient fertig mit allem war, dachte ich, wahrscheinlich gepusht vom im Auto getrunkenen To-Go-Kaffee, ich könne doch jetzt noch grad das Geschirr kaufen, das ich seit Wochen wegen einer Kombi aus Optik und Preis ansabbere.

Ende vom Lied: ich war heute dann noch in 4 verschiedenen Filialen einer Ladenkette, und jetzt haben wir 12 Schüsselchen (Suppenteller gibt es davon nicht, lange Geschichte, vielleicht weichen wir auf „Salatschüsseln“ einer anderen Marke aus, wenn die da mal im Angebot sind), 12 kleine Teller, 6 Kaffeetassen (wir trinken Kaffee selten aus Tassen, mehr als 6 wäre dekadent) und… 11 große Teller. Vier aus Laden 1, 5 aus Laden 2, 2 aus Laden 3 und 0 aus Laden 4. Hurra.

Das war ein Eigentor, aber nunja. 11 hübsche Teller haben wir, und, um es mit Michels Worten zu sagen: „Erwarten wir Gäste? Dann brauchen wir ja nur vier Teller.“

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*mussten natürlich nicht, aber ich wollte nicht Weihnachten auf einem Haufen Pappmüll feiern.

Tag 1987 – Ufffffffz die 2.

Wieder Hunger, aber das kann gar nicht sein, also ignoriere ich das.

Wir haben Weihnachtsvorbereitungsmäßig alle Hände voll zu tun. Und da ich immer Hunger habe und hungrig bestellen genauso blöd ist wie hungrig einkaufen, platzt unser Kühlschrank bald aus allen Nähten. Heute war ich auf zwei Einkaufstouren, erst in Oslo, das vor einem Monat bestellte Fleisch vom Hipsterfleischer kontaktarm abholen (zur Abholzeit hin, mit viel Abstand draußen in eine 3-Menschen-Schlange stellen, Nummer sagen, 30 Sekunden warten, Karton in Empfang nehmen, nach Hause fahren. Alle trugen Masken.), dann in Råholt, beim „Reko-Ringen“ bestellte Eier und, naja, noch mehr Fleisch (von freilaufenden Bergschweinen!) auf die gleiche Art und Weise abholen. Normalerweise haben wir ja Eier vom quasi eigenen Huhn (über unseren Gemeinschaftsbauernhof), aber da machen die Hühner grad Winterlegepause und das heißt, da gibt es grad keine Eier. Gut, dass es da eben andere Bauern bei uns in der Nähe gibt, auf deren Eier man ausweichen kann. Beim Reko-Ringen tun sich da mehrere Bauern aus der Region zusammen und liefern ein- bis zweimal im Monat auf einem Parkplatz vorbestellte Waren aus. Ich gucke also vorher mal in die Facebook-Gruppe, was es so gibt, und schreibe dann die entsprechenden Händler an, „ich hätte gerne ein Brett Eier“ oder „ich möchte ein kleines Stück geräucherten Schinken bestellen“.

Weil ich dann eh in Råholt war und unser Lieferslot für den Großeinkauf über „Kolonial“ leider wegen zu zögerlichem Bestellverhalten verloren ging, habe ich noch den Weihnachtseinkauf drangehängt. Hungrig. Wir können jetzt also so bis Februar eingeschneit werden, wir kommen klar.

Ich empfehle übrigens ausdrücklich Michel als Begleitung auf solchen Touren. Der möchte im Auto „All I want for Christmas“ hören und singt mit. Das ist sehr niedlich. Was ich nicht empfehlen kann, ist, auch noch seinen Kumpel mitzunehmen, denn dann wird man konstant vollgelabert und aus den Handys der Jungs schallen auch noch unterschiedliche Spiel- und Musikklänge. Das ist, in Verbindung mit Auto fahren, etwas herausfordernd.

Zwischen den ganzen Einkaufsaktionen habe ich noch Michels neuen Schrank aufgebaut. Ein Loblied auf I*ea, echt mal. Die stecken offenbar echt viel Hirnschmalz in ihre Produkte, sodass sie inzwischen super einfach aufzubauen sind. Einen Schrankkorpus ohne Schrauben! Ich bin begeistert! Da man sich inzwischen schon ein bisschen Mühe geben muss, um die Einzelteile falsch zusammenzusetzen, habe ich einen gefühlten persönlichen Rekord aufgestellt, indem ich nur bei einer Schublade die Seitenteile falsch herum eingesetzt habe sowie eine Schubladenlaufschiene (von 16!) seitenverkehrt angebracht habe. Da man aber spätestens beim übernächsten Teil merkt, dass irgendwas nicht stimmen kann, ist das gar nicht dramatisch und schnell behoben. Hach! Ich finde, „Nachmacherprodukte“ kommen da noch lange nicht ran. Da geht noch was – und in der Zeit geht I*ea weiter und macht noch was noch einfacher, so jedenfalls mein Eindruck. Wer das Gegenteil behauptet, die*er hat noch keinen Platsa-Korpus aufgebaut.

Was ich mir von I*ea wünsche, ist, die Anleitungen nur noch ins Netz zu stellen, und gegebenenfalls im Möbelhaus auszudrucken für die die das möchten. Aber ich brauche wirklich nicht 16 mal die Anleitung für das Anbringen der Laufschienen für die Schubladen. Das spart vielleicht nicht viele Ressourcen, aber vielleicht ein paar.

Tag 1986 – Uffffffz.

Ich habe schrecklichen Hunger. Mein Blutergebnis konnte ich heute auf der Webseite des Analyselabors ansehen und, ja. Naja. Sagen wir es mal so: ich bin gespannt, was meine Hausärztin dazu sagt. Weil ft3 und ft4 grad noch so im Rahmen sind, (aber wirklich haarscharf), TSH aber wieder nicht mehr messbar. Antikörper hoch. Tjanun.

(Was nun, tja. Muss wohl raus, mit gehen die Argumente für Drinlassen einfach langsam aus.)

Ich werde also gleich noch was essen, meine zweite halbe Dosis der massiv erhöhten Schilddrüsenblockerdosis nehmen und dann einfach ins Bett plumpsen. Ich habe nämlich heute 8/11 von knapp 40 qm Stapelregaloberfläche geölt. Ich hab eine Blase (am gleichen Finger, an dem ich auch schon eine Blase vom zusammenbauen habe) und meine Arme sind leer gemalt.

Irgendwie hatte ich mir das mit den teuren Designermöbeln weniger arbeitsintensiv vorgestellt.

Apropos snobbish: heute war ein Maler da und hat unser Treppenhaus gestrichen. Yeah! (Im Ernst: sehr yeah. Wenn ich groß und/oder reich bin, lasse ich nur noch Profis ran, an alles.)

Herr Rabe streicht derweil immer noch Michels Zimmer. Das ist besser als PlayStation spielen, aber dafür liegt Michel jetzt in unserem Bett, das ist nicht so cool. Die Farben, die sich Michel ausgesucht hat, sind jedenfalls… intensiv:

Er wollte es so und er findet es gut.