Tag 2871 – Kriechen ist ja auch sehr schön.

Mit der Show war das Tanzsemester vorbei – allerdings ist es ja bis zu den Sommerferien noch eine Weile hin, selbst wenn man großzügige 17.-Mai-Ferien einplant. Die Tanzschule bietet deshalb „Sommerkurse“ an, die von dieser Woche bis zu den Sommerferien gehen. Und weil ich ja Dienstags eigentlich gar nicht so gut kann, und außerdem eigentlich auch nur Ballett machen will (Alternativ gäbe es für Erwachsene noch „Kraft und Flexibilität“, das habe ich letztes Jahr gemacht und naja, das kann ich halt auch zu Hause machen…), habe ich mich mutig zu einem Kurs „Ballett Niveau 3-4, Jugendliche und Erwachsene, wahlfrei Spitze“ angemeldet. Wohl wissend, dass ich da vermutlich allein unter 16-Jährigen sein werde.

War ich dann gar nicht. Erstens war noch eine andere Mutti aus meinem Ballettkurs da, zweitens waren die anderen alle im Schnitt eher 15 als 16. Mit nur ganz wenigen Ausnahmen (die im Wesentlichen von der Ü-35-Fraktion ausgemacht wurden) hatten auch alle Spitzenschuhe an. Auf denen waren immerhin nicht alle gleich sicher. Immerhin! Aber ich habe mich echt lange nicht so unfit, unflexibel und, naja, ähm, dick, gefühlt, wie heute. Gegen die elfengleichen Grazien wirke ich eher wie… Gimli der Zwerg, ohne den Bart. Ich halte irgendwie mit in der Schlacht, aber das ist anstrengend wie Sau und man sieht es auch – während die anderen ungerührt ihre Pfeile abschießen und über die Häupter der Feinde tänzeln. Bei mir: triefend nasses Trikot, Schweiß läuft die knallrote Glomse runter. Nach dem 2. Durchgang Hopsen auf einem Fuß bin ich schon froh, wenn ich überhaupt noch merklich vom Boden abhebe, davon den springenden Fuß auch noch jedes Mal durchzustrecken fangen wir gar nicht erst an. Bei Drehungen falle ich nahezu um, weil keine Kraft und keine Konzentration mehr übrig ist, ich stehe einer Elfe im Weg, alles dreht sich, ich möchte im Boden versinken.

Die Elfen sehen derweil aus, als hätten sie grad einen entspannten Spaziergang im lauen Abendlüftchen unternommen. Keine Andeutung von Anstrengung ziert ihre Gesichter, während sie den gefühlt 2000. Sprung tadellos ausführen.

Ok ich übertreibe vielleicht ein bisschen, aber echt nicht viel. Ich merke jetzt schon einen gigantischen Muskelkater heraufziehen und bin dehydriert vom Schwitzen. Und ich frage mich, ob ich mit 15-16 auch so war und es einfach nicht mehr weiß.

Aufgeben ist jedenfalls keine Option. Spitzenschuhe kaufen auch nicht.

Tag 2837 – Müde zu Hause.

Wenn man im Taxi zum Flughafen (8 Minuten Fahrtzeit) schon nahezu einschläft, war die Inspektion anstrengend. Es ist ein wenig faszinierend, wie ich und der Lieblingskollege gut gelaunt und sachlich sind, solange wir mit der Firma zusammen sitzen, und danach sind wir (gemeinsam) missmutig und/oder albern und/oder lästern und/oder ich bringe ihm was über Neurodiversität bei. In der Mittagspause gehen wir nahtlos zu Diskussionen über Himbeeren und Wintergärten über, sobald alle den Raum verlassen haben, diskutieren wir das fachliche oder gehen schnell den weiteren Plan durch. Aber all das schlaucht auch ziemlich und eisige (schockierte) Stimmung beim Closing Meeting ist auch nicht grad was, mit dem ich gut umgehen kann. Und nach drei so Tagen bin ich dann halt platt – der Lieblingskollege allerdings auch, und der hat ca. 5 mal so viel Erfahrung wie ich. Beruhigend irgendwie.

Trotz Flugverspätung konnte ich abends noch Michel ins Bett bringen, das war sehr schön.

Tag 2814 – Rotier, rotier.

Uff, ich weiß nicht, wie andere das machen, inklusive Herrn Rabe, wenn ich nicht da bin. Aber ich bin schon nach zwei Tagen fix und alle. Dabei läuft es eigentlich ganz gut, so insgesamt. Pippi war beim Schlagzeugunterricht (pünktlich), dann war sie beim Korps (pünktlich), ich habe sie abgeholt (pünktlich) und Michel abgeliefert (überpünktlich). Alle haben was gegessen, ich war pünktlich beim Ballett, ok, Michel musste auf mich 20 Minuten nach dem Korps warten, das war aber so abgesprochen und ihm so lieber, als mit irgendwem mitzufahren. Pippi war sehr stolz, dass sie alleine zu Hause sein durfte, während ich beim Ballett und Michel beim Korps war. Es ist so aufgeräumt, dass die Putzhilfe kommen könnte (die hat aber eben angekündigt, dass sie doch Donnerstag erst kommt, was mir so ganz lieb ist, ehrlich gesagt). Der Müll, der morgen abgeholt wird, ist draußen. Beide Kinder schwören, dass sie die Hausaufgaben schon in der Schule gemacht haben. Michel trägt seine Zahnspange zum ersten Mal über Nacht.

Aber ich kann kaum schlafen, weil die Gedanken in meinem Kopf Flipper spielen und ich das ständige Gefühl habe, etwas ganz Wichtiges vergessen zu haben. Ächz.

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Was ganz anderes: ich habe mal wieder Medikamente aussortiert und brav zur Apotheke gebracht, damit sie sachgerecht entsorgt werden können. Bei der Apothekenfiliale hier im Ort arbeitet nicht nur eine nette Bekannte (und der Trauzeuge einer Arbeitskollegin, wie sich neulich herausstellte), sondern bei der Kette bin ich auch im Kundenclub, weil man dann einfacher rezeptpflichtige Medikamente vorbestellen kann. Und wenn man im Kundenclub ist, kriegt man, wenn man ein Tütchen abgelaufener Medikamente mitbringt, einen kleinen Bonus, in diesem Fall eine Tube Wund- und Heilsalbe, die man ja echt immer mal gebrauchen kann. Außerdem läuft die nach dem Öffnen eigentlich recht schnell ab. Ich bin nicht so sicher, ob das System der Apothekenkette da so ganz durchdacht ist.

Tag 2771 – Elterngedöns.

Heute wieder sehr früh bei der Arbeit gewesen, trainiert, gearbeitet, sehr früh wieder gefahren. Zug verspätet, doof ne viertel Stunde rumgestanden, Pläne geändert, Michel abgeholt, Michel zum Kornettunterricht gefahren, zum Hort gefahren, Pippi abgeholt, mit Pippi Michel abgeholt, nach Hause gefahren. Michel und Pippi hatten beide schon Hausaufgaben gemacht, immerhin. Essen gemacht. Gegessen, Pippi ins Bett gebracht, ein Meeting zur Vorbereitung auf die morgige Ausschusssitzung online wahrgenommen (es war ja echt nicht alles schlecht an der Pandemie. Aber das ist ein „was haben die Römer je für uns getan?“-Thema). Wäsche, jetzt gleich Bett. War früh heute morgen und dann voll, der Tag.

Tag 2762 – Überschätzt.

Habe heute eine kleine Spazierrunde gemacht, in ruhigem Tempo. Eine knappe halbe Stunde, weil das Tempo wirklich nicht hoch war (ich schaffe die Runde im Sommer auch in der Hälfte der Zeit, das ist dann aber schon ein kurz-vor-Laufen-Tempo). Mein Puls war im Schnitt ungefähr 100 bpm und ging nicht über 122 bpm hinaus. Frische Luft und alles war auch echt gut und dringend nötig, aber oh Boy, war ich hinterher platt. Schon mittendrin dachte ich, hmm, blöd, dass man sich jetzt nicht von hier aufs Sofa beamen kann. Zu Hause wollte ich eigentlich was anderes machen, legte mich aber dann tatsächlich hin und wäre fast auf dem Sofa eingepennt. Mit den Nachwirkungen einer fiesen Viruserkrankung wie Covid, egal wie easy peasy man da scheinbar durchgeschippert ist, ist echt nicht zu spaßen. Andererseits ist sich vorsichtig bewegen ja auch empfohlen für alles und tralala und ich fand spazieren gehen jetzt eigentlich nicht überambitioniert. Hoffen wir einfach mal, dass das jetzt nicht lange so bleibt.

Dazu passend hatte ich heute Nacht einen schlimmen Albtraum, in dem ich an einem Flughafen war, sehr viele Treppen laufen musste, sehr viele Rolltreppen kaputt waren, und ich überhaupt keine Kraft in den Beinmuskeln hatte. Gar keine. Es war wie damals, als ich das erste mal Schilddrüse hatte und meine Muskeln nicht ansprechbar waren. Treppen laufen unmöglich, aber ich musste ja dringend meinen Flug bekommen und mich irgendwie diese ganzen Treppen hochhieven. Dann fiel mir auch noch auf, dass ich sämtliche Badezimmersachen, von Zahnbürste bis Make-Up, zu Hause vergessen hatte und ich musste unter Zeitdruck alles neu kaufen. Am Flughafen den richtigen Bronzer aussuchen ist im Stress echt schlimm, auch im Traum. Und danach mehr Treppen und das ständige Gefühl, meinen Flug zu verpassen. Ich hasse diese Stressträume. Kann ich „nackt zur Schule fahren“ noch mal sehen?

Tag 2687 und 2688 – Im Tunnel.

Bin im Inspektionstunnel. Es ist die letzte Inspektion in diesem Jahr und wieder 5 Tage, allerdings Dienstag bis Freitag plus Dienstag nächste Woche. Ich mache viele Kreuze, wenn sie vorbei ist. Ehrlich.

Derweil eskaliert das IT-Projekt weiter, es wird jetzt das Blame Game gespielt, wer schuld ist an allem(TM), wer hat wem was nicht gesagt und wer hat welche Ressourcen nicht zur Verfügung gestellt und so weiter und so fort. Auf Inspektion sein ist gar nicht so schlecht, da kriege ich das alles nämlich nur am Rande mit.

Gestern war außer Inspektion noch Ausschusssitzung und da dampft auch der Kot, weil die Kommune durch Kündigungen im kommunalen ÖD sehr viel Geld sparen möchte. Das möchte nur außer der Kommune niemand.

Morgen fahren auch noch Herr Rabe und die Kinder weg, allerdings sieht hier noch nichts danach aus. Vermutlich werde ich morgen Abend erst mal aufräumen.

Alles immer noch ein bisschen sehr viel.

Tag 2678 – Aufrappeln.

Während Michel und Herr Rabe auf einer Cosplay- und Gaming-Messe waren, hingen Pippi und ich zu Hause rum. Ich könnte durchaus Urlaub gebrauchen, aber naja, bald. Morgen arbeiten erfüllt mich jedenfalls nicht mit freudiger Erregung, um das mal vorsichtig auszudrücken. Immerhin war ich heute seit Ewigkeiten mal wieder spazieren, das hat echt gut getan in der kühlen und feuchten Novemberluft. Habe das Gefühl, es kam endlich mal wieder Luft bis in den hintersten Zipfel der Lungen. Hatte außer auf Luft auch auf Licht gehofft, allerdings ist halt November. Es ist grau und alles stirbt und es ist entweder bedeckt und nebelig oder bedeckt mit Regen. Diesen Herbst auch noch mit Klima-Anxiety-auslösenden 8-15 Grad dabei, statt der üblichen 2-5. Trotzdem hat es gut getan, vor allem das alleine sein, ich kann schon fast wieder meine eigenen Gedanken hören und greifen, bevor der nächste kommt. Dazu beigetragen hat auch eine ausführliche Geigen-session. Gestern hab ich hauptsächlich Etüden gespielt, heute hauptsächlich ein Stück. Hauptsächlich, weil ich immer erst eine Art selbstgezimmertes Warm-up mache und grad eine Etüde beackere, die nur Lagenwechsel ist, immer hin und her, und da ich das zu üben wirklich noch gut gebrauchen kann, habe ich die wie ein erweitertes Warm-Up gemacht.

Es stehen eigentlich ein paar Dinge an, für die ich aber erstmal Mut und Energie zusammenkratzen muss. Mit der Chefin reden, eine*n Geigenlehrer*In suchen, zum Hausarzt (der Vertretung, weil die Liste immer noch nicht verkauft ist) gehen. In meinem linken Nasenloch eine Ader veröden lassen, nochmal versuchen, jemanden dazu zu bekommen, in meinem Gehirn zu prokeln, ob meinen gesammelten Seltsamkeiten nicht doch was anderes zugrunde liegt. Vermutlich bin ich aber einfach nur komisch, nicht belastbar und hasse Menschen, zumindest ist es das, was ich befürchte, was dann (wieder) gesagt wird. Willkommen in meinem Kopf. (Wenn die öffentlichen Dienste mich wieder ablehnen, weil’s mir ja nicht schlecht genug geht, bezahle ich es halt aus eigener Tasche. So.)

Tag 2676 – Bett.

Ach wunderbar, das eigene Bett. Eigenes Kissen (das Reisekissen hatte ich vergessen), eigene Matratze und eigene Familienmitglieder, an denen man riechen kann und die vertraute Geräusche machen.

Möchte jetzt bis Montag am liebsten absolut gar niemanden sehen und schon gar nicht sprechen. Es schlaucht.

Das Experiment endete übrigens mit 46 ungelesenen Mails. Wobei meine out-of-Office-Nachricht ja noch bis einschließlich nächsten Mittwoch aktiv ist, höhö. Es könnte also noch was dazu kommen. Dazu muss ich Montag meinen Akku befragen. Akut sagt der Akku: der Computer bleib aus.

Tag 2619 – 3/3 Tag 3.

Die Woche ist um. Hurra! Das war eine heftige Woche, aber, halten Sie sich fest: es war auch schon schlimmer.

Krass ist allerdings der Unterschied zwischen „Lead sein mit erfahrenen Inspekteuren“ und „Lead sein mit frisch zugelassenem Inspekteur“. Das KANN echt viel Verantwortung und Zeitmanagement für zwei Personen mit sich bringen. Das habe ich mit meinen anderen KollegInnen so nicht, die kommen alleine gut klar. Es hat also Gründe, dass ich so geschlaucht bin. Ächz. Und vorbei ist es noch nicht, aber diese Woche ist immerhin rum, ja.

Ansonsten gibt es nicht viel zu erzählen. Morgen ist der Strompreis zwei Stunden lang unter 100 Øre/kWh, da war er glaube ich seit Mai oder so nicht mehr. Ich weiß noch gar nicht, was ich alles gleichzeitig mache. Vielleicht erlaube ich den Kindern sogar, die Heizung anzuschalten*.

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*Das war: Sarkasmus.

Tag 2603 – Noch müder.

Ein anstrengender Termin am Vormittag, danach zwischendurch immer mal in die Mails gelinst und das IT-Projekt eskaliert weiter, abends doch nicht zum Ballett gegangen, weil Pippi eskalierte und das Michel (und mich) so stresste, dass ich mich bereits umgezogen und nachdem ich mir ein Bein ausgerissen hatte, um zeitlich Korps, Essen und Ballett zu koordinieren, dagegen entschieden habe.

Dann habe ich beide Kinder ins Bett verfrachtet und bin Podcast hörend bei Michel eingeschlafen. Jetzt hoffe ich auf einen besseren Tag morgen, bin da allerdings sehr skeptisch, wenn ich so in meinen Kalender gucke.

Ich hatte vor drei Wochen doch noch Urlaub.