Tag 1813 – Konnte nur besser werden.

Unser Tag startete so lala, die Kinder waren zu früh wach und hatten deshalb etwas herausfordernde Laune und Herr Rabe fuhr schon früh mit seiner Schwester zu seiner Mutter ins Pflegeheim – da gibt es Coronabedingt strenge Besuchsslots und nur zwei Besuchende dürfen gleichzeitig hin, deshalb eben nur die beiden. Ich war offen gestanden nach dem späten Abend gestern etwas träge und dazu die Laune der Kinder, leichtes PMS und Herr Rabe, der nach der Rückkehr aus dem Pflegeheim sagte, er wolle A tun, aber dann sehr ausführlich B tat… puh. Schwierig. Sehr schwierig.

Meine eigene Laune besserte sich, als wir dann doch noch (auf den letzten Drücker) A taten, nämlich sehr viel Zeug entsorgen, das hier noch im Opa-Haus von Herrn Rabe herumdiffundierte. Entsorgen finde ich immer gut.

Noch besser war dann aber das Minigolfspielen danach, das hat sehr viel Spaß gemacht, auch wenn (oder grade weil) sich die Kinder nur schwer an die Regeln halten können. Ich brachte ganz zu Anfang ein Mal aus Versehen Pippi zum Weinen, weil sie mich fast mit dem Schläger erschlagen hätte, mehrmals, und ich daraufhin eine Ansage machte und etwas schreckhaft auf ihre wilden Schlägerschwünge reagierte. Nachdem das aber geklärt war, hatten wir alle Spaß, dann schiebt Pippi halt den Ball mit dem Schläger den Hügel hoch, so what. Sie ist fünf. Michel sprang quer über den Platz und jubelte „I‘m a pro gamer!“ und es war sehr niedlich, äh, cool, total cool. Auf dem Rückweg machten wir ein albernes Familienselfie und dann wollte Michel schnell nach Hause. Wir übten auf dem Weg ein bisschen englisch, dann bekam ich einen Vortrag über Pokémon und dann übte Michel schnell duschen – wir hoffen ja immer noch alle, dass er dann im nächsten Jahr schwimmen in der Schule bekommt, das ist dieses Jahr ja ausgefallen wegen Corona. Aber da steht der kleine Zwerg unter der Dusche und philosophiert darüber, wie er dann ganz schnell immer duschen wird, und dass das komisch wird, weil er nie mit anderen schwimmen war als uns und seinem Kindergartenfreund H.. Hachz.

Ich habe heute auch versucht, Michel zu erklären, wie die Beerdigung wohl morgen sein wird, was eine Urnenbeisetzung ist und dass wir das Loch auf dem Friedhof nicht selbst ausheben müssen. Besonders das mit der Urne und das ganze Thema Kremieren fand ich schwierig, kindgerecht zu erklären. Da ich in Michels Alter war, als ich eine fulminante Angst vor Friedhöfen und Sterben entwickelte, die dazu führte, dass ich z.B. Angst vorm Einschlafen hatte, geht mir das extra nahe. Es war mir ein Anliegen, sehr klar zu sagen, dass nur der Körper der gestorbenen Person verbrannt wird, dass der Körper angezogen wird und der Körper in einem Sarg liegt und dass die Person da schon lange nicht mehr da ist und davon gar nichts mehr merken kann. Ich hoffe wirklich, es ist mir gelungen. Wir werden es morgen vermutlich sehen. Michels Kommentar dazu war übrigens „Ich hab das bei YouTube gesehen. Wir weinen alle zusammen und dann ist es vorbei.“ und wer weiß. Vielleicht wird es so. Oder anders.

Michel tickt sehr wie ich, im Guten wie im Schlechten.

Abends habe ich wieder Harry Potter auf Norwegisch vorgelesen und sehr mit den Augen gerollt, aber als ich aufstehen wollte, war ich versöhnt durch zwei Kuschelkinder.

Es ist immer noch manchmal ganz absurd, dass wir die Eltern von zwei richtigen kleinen Menschen sind.

Tag 1812 – Piep.

Nur ein kurzes Hallo, wir leben alle und wir haben es sehr gut. Heute Abend waren wir in der Twitterkneipe bei Leuten aus der Twitterkneipe und das war sehr schön aber auch sehr spät. Pippi hat sich um elf ausgeschaltet und ist mit Ankündigung auf meinem Schoß eingeschlafen, Michel hat viereckige Augen und wir Erwachsenen sind beglückt aber müde und mehr schreiben schaffe ich nicht mehr.

Tag 1811 – Kann. Augen. Nicht. Offen. Halten.

In diesen Minuten bin ich 20 Stunden wach und mein Akku ist leer. Ich liege zwischen den schnurchelnden Kindern, habe ein ganzes Kapitel Harry Potter vorgelesen (auf Norwegisch! Es ist schlimm, die meisten Namen sind übersetzt, wer macht denn sowas???) Das ist alles sehr schön (bis auf das mit Humlesnurr) und mir wird ganz warm und die Augen ganz ganz schwer.

Tag 1809 – Revival of allein daheim Tag 4.

Hups, noch später als es die letzten Tage schon war.

Ich habe den halben Tag an der Nähmaschine und dem Bügelbrett verbracht und mir eine „schnelle“ Bluse genäht, ich bin ein bisschen aus der Übung, aber dafür ist sie gut geworden. Jetzt habe ich eine Bluse zum Rock (und immer noch keine Fotos).

Ansonsten war heute Sport, Blumen gießen, Schuhe putzen, Sandalen suchen, Meerschwein-TÜV (keine Bissspuren, also alle Rangordnungsrangeleien voll im Rahmen) und die komplette zweite Staffel von Dead to me bingen – weshalb ich auch jetzt erst ins Bett komme (sorry, Herr Rabe!). Beim Fernsehen habe ich noch ein Schnittmuster zusammen geklebt und ausgeschnitten.

So langsam vermisse ich die Familie. Aber wie nötig diese Auszeit einfach war, gerade dieses Jahr. Ich kann das jedem Elternteil, das nicht grad Energie daraus zieht, immer mit der Familie zusammen zu sein (soll’s ja auch geben und whoa – mein Neid ist euch sicher), nur ans Herz legen, wenn es irgendwie geht, mal allein sein. Gerne zu Hause, es geht aber auch bestimmt ein Städtetrip wenn man sowas mag (ich nicht so). Zu Hause hat den Extra-Zauber des Was-Schaffens und es bleibt halt so wie man es hinterlassen hat. Alles. Ich kann die Stoffscheren überall rumliegen lassen ohne, dass ich Angst haben muss, dass damit entweder Papier, Haare oder unsere Bettlaken geschnitten werden. Ich kann die Stoffscheren auch wegräumen und mich daran freuen, dass nichts rumliegt. Ganz wie ich will.

Jedenfalls, ich betrachte das hier als meine mini Mutter-Kur. Den Sinn von Eltern-Kind-Kuren habe ich ja eh noch nicht ganz verstanden, solange es nicht darum geht, irgendwas am Zusammenspiel Eltern-Kind zu behandeln. Elternteil-ohne-Kinder-Kur hingegen kann ich mir viel eher vorstellen, wenn die Kinder der Grund für den Kurbedarf sind. Aber ich lenke ab. Das hier ist meine Mini-Kur, allein mit mir und meinen Gedanken, denen ich jetzt ein paar Tage sehr gründlich zugehört habe. Ich kann förmlich körperlich spüren, wie meine Batterien sich laden. Introvertiert halt.

Also, liebe Mit-Eltern: wenn irgend möglich, schafft euch ab und zu, einmal im Jahr, einmal in fünf Jahren eine Auszeit allein. Es ist so, so, so gut.

Tag 1808 – Revival of allein daheim Tag 3.

Ein weiterer Tag im sauberen Zuhause. Jetzt auch wieder mit ordentlichen Blumenbeeten. Es hat den ganzen Tag die Sonne geschienen und war dabei nicht allzu heiß, ich war fast den ganzen Tag draußen und es war herrlich. Jetzt kann es von mir aus morgen schütten wie angekündigt.

Ich habe tatsächlich Kirschen gepflückt, allerdings nicht so viele wie ich gerne gepflückt hätte, weil ich nur an die untersten Äste kam (und man auf den einen Baum, der noch komplett voll hing und vermutlich hängt, auch nicht drauf klettern kann, wenn man keiner Klimmzüge mächtig ist, was ich nicht bin). Die Hälfte habe ich gleich gegessen, ein paar habe ich noch für morgen.

Meine kleine Kirschpflück-Fahrradtour beendete ich mit dem Kauf einer Flasche Wein und Parmesan, um mir abends Risotto kochen zu können.

Das machte ich auch und bin immer noch ein bisschen im Risottokoma. Ich kann nicht mehr für eine Person kochen, weshalb ich gleich für morgen mitgekocht habe, aber es ist trotzdem ziemlich viel. Aber halt auch lecker, also yolo.

Abends habe ich dann endlich den Rock fertig genäht. Es fehlte noch der Reißverschluss und weil ich ein Volltrottel bin, musste ich auch Knopf und Schlaufe tauschen. Auf den letzten Metern (beim Fädeln der Schlaufe) habe ich dann auch noch meine Nähnadel verloren, die ist jetzt irgendwo, im Sofa, im Teppich, in meinem Pulli oder im Rock. Bin gespannt, wann ich sie mit meinem Po finde. Handnähen ist echt nicht ohne.

Ich konnte leider keine vernünftigen Bilder machen, aber die Länge ist perfekt, die Falten fallen schön und ich hab nur zwei Fehler eingebaut, die man dank des Bindebandes nicht sieht. Danke, Omi, für das Bindeband.

Vielleicht kriege ich es morgen mit dem Selbstauslöser hin, bessere Fotos zu machen. Jetzt ist der Rock erst mal in der Waschmaschine, um die Kreidemarkierungen wegzuwaschen. Dann noch bügeln und fertig.

Während des Nähens habe ich das Finale der aktuellen Staffel RuPauls Drag Race geguckt, was quasi Skype-Edition war wegen Lockdown in den USA. Abgefahren. Finde auch spannend, dass RuPaul sich nicht in Drag begeben hat für die Home-Folgen. Die Gewinnerin überraschte mich allerdings, nachdem ich bei den Performances von einer anderen den Blick kaum abwenden konnte.

Da das mit dem Reißverschluss eine umfassendere Geschichte war (lies: ich bin mit der Hand wirklich langsam), guckte ich danach noch den Eurovision-Film auf Netflix (The Story of Fire Saga) und dachte die meiste Zeit so etwa „what am I seeing???“ aber wer eine kurzweilige, etwas abgedrehte, reichlich alberne und Eurovisions-selbstironische Unterhaltung für ca. 2 Stunden sucht, ist damit gut beraten.

Ebenfalls beim Nähen konnte ich die Rangordnungskämpfe der Meerschweinchen belauschen und beobachten. Eieiei. Da werden die Köpfe hochgerissen und die Zähne gezeigt und geschnattert was das Zeug hält und zwar, so wie es grad aussieht, jeder gegen jeden. Bisswunden habe ich noch keine gesehen, aber ich werde morgen beim Meerschwein-TÜV ein extra Auge darauf haben.

Herr Rabe versorgt mich mit Fotos der Kinder, die scheinen viel Spaß zu haben. Hach, es freut mich, dass ich nicht die einzige bin, die eine gute Zeit hat.

Tag 1807 – Revival of allein daheim Tag 2.

Immer noch ist es hier sauber und aufgeräumt und immer noch bin ich im Freudentaumel darüber. Ich wasche gleich mal die Sitzauflagen der Gartenstühle, und ganz oben auf dem Flurregal saugt die Putzhilfe nie, das mache ich auch, und man könnte auch schon wieder das Spülmaschinensieb reinigen (Örgs) und die Tür vom Backofen auch!

Gut, dass ich nur noch drei Tage alleine hier habe, sonst würde ich vermutlich am Ende mit ner Zahnbürste die Badezimmerkachelfugen putzen, einfach so, weil ich’s kann.

Heute habe ich einen Tagesausflug in die Hauptstadt unternommen, das war auch schön, jetzt habe ich Seide für eine Bluse zu dem Rock (an dem Stand jetzt nur noch der Reißverschluss fehlt), tonnenweise Gemüse für die Meerschweinchen und Austernpilze für mich zum Essen morgen. Ich muss eh aufpassen, dass ich nicht das Essen vergesse vor lauter Begeisterung über alles andere.

Auf dem Rückweg vom Bahnhof sah ich vor dem Tinghuset mehrere Kirschbäume, die reife Kirschen zu tragen schienen, ich parkte also das Fahrrad kurz und stieg ab um eine Kirsche zu probieren – Ja! Reife, fast schwarze Süßkirschen! Ein Traum! Morgen werde ich einen neuen Tagesausflug machen und entweder am Kindergarten oder eben am Tinghuset Kirschen pflücken. Eh sie von den Vögeln gefressen werden, wie die ca. 5 Kirschen an unserem kleinen Kirschbaum im Garten.

Eigentlich muss ich auch schon wieder im Ringelblumenbeet verblühte Blüten abschneiden. Es ist eine Sisyphusarbeit. Dafür habe ich, glaube ich jedenfalls, geschafft, eine Avocado zu ziehen. Aus einem Kern. Ganz ohne Gehampel mit Zahnstochern und Schnapsgläsern, einfach zu drei Viertel in die Erde gesteckt und täglich gegossen. Ich werde das die nächsten Tage beobachten. Ich fände das ja recht lustig. Der Schneckenmango geht es übrigens auch weiter prima, sie bekommt schon wieder neue Blätter oben. Frau Rabe, grüner Daumen aus Faulheit.

Hier noch ein Beweisbild für Herrn Rabe, dass die Stockrosen tatsächlich irgendwann blühen.

Blühen halt nur zum Nachbarn hin, nicht zu uns.

Das ist übrigens die Stockrose, die letztes Jahr übel vom Malvenrost befallen war und fast krepiert wäre. Ist doch noch ganz ok geworden.

Tag 1806 – Revival of allein daheim Tag 1.

Die Muse war immer noch nicht da. Das liegt nicht dran, dass ich Pippi nicht lieb hab, es fällt mir nur schwer, zu formulieren, warum und was an ihr besonders (eben weil! Und alles!).

Herr Rabe und die (unfassbar aufgekratzten) Kinder sind heute sehr pünktlich um elf Uhr zur Fähre aufgebrochen. Mit einem halb leeren Auto.

Äh Ja, Carona hat sehr sehr viel Laderaum.

Man muss dazu sagen, dass noch was im Frunk ist, und ein bisschen was ist auch in dem Fach, was unter der Klappe ist, die man vorne im Bild sieht. Im Frunk sind zum Beispiel die Ladekabel und Adapter für alle Eventualitäten. Herr Rabe hat extra letzte Woche Carona noch für CCS-Laden updaten lassen. Ich hoffe, Herr Rabe besiegt seine Reichweitenangst dadurch.

Jedenfalls bin ich seit elf Uhr alleine. Zum ersten Mal seit März so richtig alleine. Und das tut so gut. Die Stille, die Ordnung, die Sauberkeit. Es ist ein Traum. Ich kann meine Brille im Bad liegen lassen, ohne Angst zu haben, dass ein Kind sie morgens mal ausprobiert und verbiegt oder runterwirft. Ich kann vorm Fernseher essen. Ich kann mich an den leeren Tischen und leeren und sauberen Fußböden erfreuen. Ich kann Sachen sauber machen, und die bleiben so. Heute war zwar auch unsere Putzhilfe da, aber das gründliche Aufräumen damit sie putzen kann ist ja trotzdem mein Job und macht mir tatsächlich auch Spaß, wenn es dann auch so bleibt und nicht noch während ich räume am anderen Ende wieder Chaos entsteht. Außerdem putzt die Putzhilfe zum Beispiel keine Fenster. Das macht bei uns Herr Rabe, hat er auch grad erst vor zwei Wochen oder so gemacht, aber an das eine Fenster hat direkt nach dem Putzen irgendein Vogel sehr großflächig gekackt, das habe ich also heute noch mal geputzt. Und tausend andere Kleinigkeiten.

Ansonsten habe ich heute absurd viel Sport gemacht, jedenfalls laut meiner Uhr, die spricht von über zwei Stunden und insgesamt fast 1000 verbrannten Kilokalorien. Quasi eine Megakalorie. Muhahaha. Es kam dazu, weil ich eben aufräumte, dann, weil ich ja kein Auto habe, zu Fuß in den Ort ging, um Geld zu holen und dann noch mal mit dem Fahrrad in den Ort fuhr, um im örtlichen Näh- und Strickladen leider kein passendes Nähgarn zu bekommen, und dann noch mein normales Sportprogramm von 35 Minuten durchzog. Das alles machte die Hüfte sehr gut mit, die drei Tage Pause haben gut getan.

Jetzt liege ich erschöpft aber glücklich im Bett und freue mich auf durch- und ausschlafen ohne externe Störungen. Hach! Und morgen liegt alles noch da wo es jetzt auch liegt, abgesehen vielleicht von den Meerschweinchen, hach, hach!

Tag 1805 – Pippi hat Geburtstag, schallalalala!

Mehr schaffe ich heute nicht zu schreiben. Es war ein sehr langer Tag, mit einer aufgekratzten Frisch-Fünfjährigen, liebem Besuch (den das Pre-Urlaubs-Chaos nicht zu stören schien), drei aufgekratzten Meerschweinchen, die jetzt aber nach einem gemeinsamen Tag ohne nennenswerte Zwischenfälle im Auslauf zusammen in der Meerschweinkiste wohnen („Mama? Das war jetzt wie eine Hochzeit!“ sagte Michel), Cupcakes, Pølse und Krönchen und abends noch packen für den Urlaub, den Herr Rabe morgen mit den Kindern antritt. Viereinhalb Tage allein daheim, ich freue mich so!

Pippi hatte jedenfalls einen tollen Tag, ich habe nur leider kein blogtaugliches Foto gemacht. Mich hat am meisten gerührt, dass ihr Michel ein Mikrofon gebastelt hat – nachdem es die letzten Tage aus irgendeinem Grund täglich riesiges Drama gab, weil Pippi kein Mikrofon hatte. Michel hat also aus einer Clownsnase, Pappe und Gaffatape eins gebaut und das war sein Geschenk und er sagte zwar in seiner grummeligen Michel-Art „dann ist jetzt hoffentlich Schluss mit dem Generve!“ aber ich war wie gesagt ganz gerührt.

Ich versuche mal morgen mit weniger Müde und mehr Ruhe was zu Pippi zu schreiben. Heute war die Muse noch nicht da.