* ein Ausdruck für fleißige und kluge Mädchen, die sich oft sehr stark unter Druck setzen, was die eigene Leistung angeht.
Wir hatten heute Entwicklungsgespräch im Kindergarten – das letzte, glaube ich. Nur noch ein paar Monate und die Kindergartenzeit liegt tatsächlich hinter uns, Hammer. Das Entwicklungsgespräch hätte zwar im Herbst schon sein sollen, aber wegen totaler Unterbesetzung im Kindergarten und weil wir uns um Pippis Entwicklung gar keine Sorgen machen, haben wir mehrmals gesagt, dass sie sich da bitte keinen Stress mit machen sollen, solange es von ihrer Seite aus nichts dringendes zu besprechen gibt.
Jedenfalls – da waren wir also, zum Gespräch um neun Uhr morgens. Pippi unten in der Gruppe abgeliefert und mit der Bezugs-Betreuerin für alle Vorschulkinder ins Büro gesetzt.
Kurz zusammengefasst: Pippi ist eine sehr clevere kleine Maus mit einem großen Herzen. Ihr Vorschul-Übungsbuch sieht aus, wie von Hermine Granger persönlich ausgefüllt. Die Bezugs-Betreuerin sagt auch, Pippi mache das alles immer sofort, verstehe die Aufgaben problemlos und mache alles ganz akkurat und richtig. Sie kann nicht nur ihren Namen schreiben, sondern auch den ihrer Kindergartenfreundin, meinen, Michels, und den der Betreuerin – nach Gehör. Ich soll meine Kinder nicht vergleichen. Die ausgemalten Bilder sind (nicht überraschend, sie schleppt ja täglich irgendwelche Kunst nach Hause) sehr akkurat ausgemalt. Pippi ist, so die Betreuerin, in allen Bereichen sehr weit, sprachlich, sozial, motorisch. Sie habe keine Ziele für Pippi, sie könne alles schon, was man bis zur Schule können sollte –
Außer.
Und das ist leider bitter, denn einem Kind habe ich die Weirdness vererbt, dem anderen die Verletzlichkeit. Wenn ein Kind absichtlich gemein zu Pippi ist, verletzt sie das sehr. Nun ist mein Ziel sicher nicht, meinem Kind das Weinen abzugewöhnen*, aber ich hoffe sehr, dass anderen Eltern auch am Herzen liegt, ihren Kindern zu vermitteln, dass es Mobbing ist, wenn man das Kind, das schnell weint, deshalb extra ärgert. Und dass Mobbing einfach gar nicht geht. Und dass die Grenzen zwischen Ärgern und Mobbing ganz fein sind.
Am liebsten würde ich mich jetzt wie eine Glucke auf das Kind setzen und es vor der bösen, feindseligen Welt beschützen. Das geht leider nicht, aber ich werd alles daran setzen, dass sie weder die Worte Streber noch Heulsuse mehr als ein Mal hört, weil dann nämlich Mama wie eine Furie auf der Matte stehen und sämtliche Register der Nervigkeit gegenüber der Schule ziehen wird. Ich denke, es könnte eine gute Idee sein, Elternsprecherin zu werden.
Nicht ganz die Mama. Nur zum Teil.
(Ich sorge mich auch um die Geschwisterdynamik. Es ist, das habe ich mir sagen lassen, nicht einfach mit einem Geschwister, dem alles zufliegt. Aber das ist eine andere Geschichte. Um die kümmern wir uns, wenn sie da ist. Aber wir haben ein wachsames Auge darauf.)
___
*wenn man sich das Weinen abgewöhnt, zum Beispiel, weil man Heulsuse genannt wird und Kinder hinter einer herrennen und „Heul doch“ rufen, kriegt man einen sehr harten Panzer und lässt nur noch sehr wenige Leute überhaupt sehen, wie es dahinter aussieht. Das ist nicht so schön, weil man im Grunde die ganze Zeit misstrauisch gegenüber den Mitmenschen ist und sich hart gibt, obwohl man es nicht ist – das ist anstrengend und macht einsam. Und wenn man den Panzer mal ablegt, ist man noch viel verletzlicher. Wenn dann jemand zusticht, tut es doppelt und dreifach weh, davon wird man dann bitter obendrein.