Tag 3217 – Alles Gute!

Herr Rabe hat Geburtstag, Hurra, Hurra, Hurra!

Der beste Mann der Welt, bester Vater unserer Kinder und er schnarcht auch nur ganz selten und ganz leise, ehrlich wahr!

Nein, Spaß beiseite: ich freue mich, schon zum 17. Mal mit Herrn Rabe Geburtstag feiern zu dürfen. Manche Menschen werden ja mit den Jahren immer besser und facettenreicher, ich werde hier jetzt nicht das Wein-Klischee bedienen, aber Sie wissen, was ich meine. Ich finde es schön, daran teilzuhaben.

Alles was ich sonst noch schreiben könnte, wäre viel zu privat, das sage ich ihm dann doch lieber persönlich. Dem besten Mann.

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Uns wächst hier demnächst übrigens der Bedürfnisorientierungsorden: Pippi will seit Samstag im Zelt schlafen. Samstag waren auch tagsüber 24 Grad und nachts noch so 12-15 und es war Wochenende. Pippi will das aber weiterhin, auch wenn es heute tagsüber 12 Grad waren und heute Nacht runter gehen soll auf 4. Uns fällt kein guter Grund ein, dazu nein zu sagen, also schläft Pippi draußen, auf einer Luftmatratze mit Schaffellen drauf, unter zwei Bettdecken und in einem Fleece-Onesie und Wollsocken. Nachdem sie eingeschlafen war und ich meinen schlotternden Körper aus dem Zelt pellen musste, setzte ich ihr noch meine Mütze auf und dachte dabei an die schöne Liedzeile „Mir ist kalt, zieh‘ jetzt bitte deine Jacke an!“.

Tag 3207 und 3208 – Mädchenkram.

Gestern war ich mit Pippi alleine, weil Herr Rabe auf einer Beerdigung war und Michel bei seinem Kumpel übernachtet. Wir hatten also „Mädchenabend“ und was macht man da?

1. Shoppen – wir waren beim Optiker, einen Termin ausmachen, damit ich getönte Gläser ausprobieren kann und dann bei Lindex, wo ich ein Paket mit diverser Business-tauglicher Kleidung hinbestellt habe.

2. Beauty – danach waren wir Haare schneiden. Spontan beim Flughafen beim Drop-In-Friseur – es muss ja auch Vorteile haben, wenn man 10 Zugminuten vom Flughafen entfernt wohnt. Ich hatte einen Haarschnitt dringend nötig, Pippi aber eigentlich noch viel mehr, die hat das letzte mal irgendwann in der Pandemie die Haare geschnitten bekommen und da sie meine Haarstruktur geerbt hat, waren die Spitzen wirklich sehr fransig und splissig. Der Friseur spricht nur Englisch, aber das ist für eine Weltgewandte Achtjährige, die ständig YouTube Kids guckt, ja gar kein Problem. Sie hat total problemlos mit dem Friseur gesprochen und seine Aussprache korrigiert, so lieb, dieses Kind. Sie hat allerdings auch nicht aufgehört, zu labern. Während ihres Haarschnittes und während meines auch nicht. Während meines rollte sie aber noch auf einem Sattelstuhl kreuz und quer durch den Salon. Wie viel Energie kann ein Kind haben?

Da sitzt Pippi auf einem Kissen, aber sie ist tatsächlich auch einfach sehr groß geworden.

3. Schick essen gehen – Der Flughafen hat ja auch eine Reihe Restaurants, Pippi wählte das, wo es Sushi gibt. Für mich gab es Ramen mit Pilzen und Tofu (und Gemüse und so weiter). Das war sehr lecker, aber Pippi laberte mir dabei konstant ein Schnitzel an die Backe (außer wenn sie sang. Dann nicht, aber dann sang sie halt). Dieses Kind ist ja sehr süß, aber auch ein nie endender Quell von Geräusch und Bewegung. Jetzt ist so ein Flughafen ja auch nicht der ruhigste Ort, in Kombination war das alles etwas anstrengend für mich. Ich kam auch viel zu spät darauf, dass ich ja meine anti-nerv-Ohrstöpsel dabei hatte. Pippi war jedenfalls höchst zufrieden mit ihrem Haarschnitt und ihrem Sushi und generell dem Tag und so fuhren wir nach Hause. Es gab noch einen Zwischenfall, weil Madame so lange auf dem Klo brauchte, dass wir den Zug verpassten, aber Schwamm drüber.

4. Noch mehr Beauty – Wegen heutigem Tanzauftritt hatte ich Pippi versprochen, dass ich ihr die Fingernägel rosa lackiere. Sie hatte das selbst versucht, aber nicht gut hinbekommen, keinen Überlack genommen und dann zu früh draufgetatscht. Als ich ihr die Fingernägel lackierte hielt sie tatsächlich durch zwei Schichten Lack plus Überlack still! Das Ergebnis war auch wirklich hübsch, ein hellrosa Ballettmädchen-Traum. Der Nagellack muss mal in einem Adventskalender gewesen sein, so eine Farbe würde ich mir nicht selbst kaufen. Ich habe ihn jetzt offiziell an Pippi abgetreten.

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Heute dann großer Auftritt für zwei Raben, grob geschätzt ca. 200 weitere Mädchen und Frauen und exakt einen Jungen. Es ist traurig, wie wenig anziehend Tanz auf Jungs wirkt. Normalerweise sind wenigstens noch ein paar HipHop-Jungs dabei, aber die sind wohl auf irgendeinem Wettbewerb grad. Trotzdem eine Schande, selbst wenn es sonst 3 Jungs auf 200 Mädchen sind.

Der Auftritt lief ganz ok für mich, ich habe leider nur ein Foto wo sonst niemand erkennbar drauf ist, und das ist von der Generalprobe.

Frau Rabe friemelt an ihren Fingern herum, die 100.000ste. Die Jacke war nur zum warm bleiben. Und es war vor dem Haare schneiden.

Pippi hat den Auftritt auch sehr gut gemeistert, sie hat sogar beide Shows heute getanzt. Mit Rad schlagen und Spagat am Ende! Zwischen den Shows waren wir Eis essen und frische Luft schnappen. Ich hatte mich für beide Shows als Freiwillige gemeldet und musste aufpassen, dass mir von einer Horde 10-12-Jähriger keine abhanden kommt. In der Praxis hieß das, dass ich etwa 8492 mal mit verschiedenen Mädchentrupps aufs Klo gegangen bin, Dutts gefixt habe, Pflaster und Tape verteilt habe und mittendrin feststellen musste, dass ich die falsche Liste in der Hand habe. Es löste sich trotzdem irgendwie und am Ende hatte ich alle zwei mal ein- und wieder ausgetragen und konnte sie nach Hause schicken. Hurra!

Das war alles relativ anstrengend. Das merkte ich daran, dass mich maßlos aufregt(e), dass der „Döner“-Foodtruck keinen sich drehenden Spieß hat und auch kein Der Gerät(TM), sondern das Fleisch in der Pfanne brät. Das ist FALSCH, ich weiß das, weil ich aus dem Land des Döners komme. Ähäm.

Jetzt Bett ist dringend nötig.

Tag 3205 – Hmm okay.

Elterngespräch Nummer 2, mit Michel, und es war… okay? Ich bin einigermaßen irritiert, ehrlich gesagt. Vielleicht hat die Lehrerin aber auch inzwischen eingesehen, dass, wenn plötzlich 2/3 der Klasse irgendwelche Probleme haben, eventuell gar nicht die individuellen Kinder alle individuelle Ursachen dafür mitbringen. Jedenfalls ist Michel (ausgerechnet) in Mathe inzwischen weiter als alle anderen in der Klasse, behauptet aber weiterhin, das nicht zu können. Alle anderen Fächer waren ja noch nie ein Problem und sind es auch weiter nicht. Faszinierende Erkenntnis, die aber ungefähr alles erklärt, was mir seit 6,5 Schuljahren regelmäßig Augenzucken beschert: in Norwegen werden Rechtschreibfehler nicht mehr korrigiert und Rechtschreibung nicht bewertet. Es ist egal, man hat eh immer ein Autokorrekturwerkzeug dabei, es kommt mit der Zeit oft eh von allein (und wenn nicht, ist es ja egal, weil wir jederzeit Hilfsmittel zur Hand haben) und es ist wichtiger, einen sinnvollen Fließtext schreiben zu können, als dass dieser fehlerfrei ist. Ich bin echt fasziniert davon. Ich frage mich auch, ob das schon bis zu Arbeitgebern etc. durchgedrungen ist. Aber egal. Jedenfalls ist Michel gut in der Schule und eckt scheinbar auch nicht mehr so viel mit der Lehrerin an. Das ist gut, auch wenn ich dem Braten noch nicht zu 100% traue.

Abends waren wir alle klettern, woran selbst Michel einigermaßen Spaß hat, seit er weiß, dass er besser als seine Eltern darin ist. Er wiegt halt nichts und hat lange Gräten, das ist ein echter Vorteil. Herr Rabe und ich wiegen schon was. Ich bin geschmeidiger, er hat mehr Kraft. Insgesamt sind wir so ca. gleich schlecht gut. Allerdings habe ich mir an einem Boulder einen ganz enorm dicken Splitter unter den Fingernagel des rechten Zeigefingers gerammt und erst als ich am vorletzten Griff aufgeben musste, weil keine Kraft mehr irgendwo war, gemerkt, dass das ordentlich blutete. Nachdem ich den Splitter rausgezogen hatte, blutete es noch mehr und ich musste mir ein Plaster holen, was ich wenig später an einem anderen Boulder verlor. Das war dann aber auch der letzte, da waren meine Arme schon nur noch unbenutzbarer Pudding.

Ich kann übrigens nicht empfehlen, mit Post-Kletter-Nudelarmen Geige zu spielen. Ich konnte knapp die Saiten runter drücken und hatte auch etwa gar keine Koordination mehr. Also das war in seiner Lächerlichkeit schon fast wieder lustig.

Anyway. Morgen habe ich dann selbst „Elterngespräch“ (Mitarbeitergespräch), nur muss ich da, zu Michels Bestürzung, ganz alleine hingehen. Ich hatte überlegt, ob ich wohl einen emotional support husband dabei haben kann, aber ich will ja auch nicht komischer erscheinen als unbedingt nötig. Ich nehme Daumen für das Gespräch, echt, weil ich eine ganze Reihe unangenehmer Dinge ansprechen muss, damit sie endlich besser werden, und ein Teil dieser Dinge ist direkte Kritik an meiner Chefin. Hurra.

Tag 3192 – Frau Rabe ordnet wieder Dinge.

Inspektion ist tatsächlich wesentlich weniger schlimm als sie beim selben Hersteller auch schon war. Wesentlich. Ich schreibe mir einen Teil davon selbst zu, weil ich in die echt viel Zeit und Geduld und Nerven gesteckt habe, damit die auf ein okayes Niveau kommen. Wider Erwarten haben sie dann aber tatsächlich von sich aus noch weiter Sachen verbessert und jetzt ist es echt ok, da zu sein. Was nicht okay ist, ist unsere (also des Werkes Direktoratets) IT. Gestern früh riskierte der Computer meiner Kollegin einen „versehentlichen“ Sturz aus dem 6. Stock, weil er sich weigerte, sich mit allen unseren Cloud-Systemen zu verbinden. Was schon doof ist, weil das Direktorat ja beschlossen hat, dass *Glitzer- und Konfettikanone vorstellen* Cloudbasierte Systeme und *mehr Glitzerkonfetti* Software as a service die totale Offenbarung sind. Oder wie ich sage: oha, die Direktion hat wieder neue Wörter gelernt, schnallt euch an, liebe Kinder. Jedenfalls ist alles was wir haben jetzt in der Cloud, in der einen oder anderen Form. Zugriff auf diese Daten ist also essentiell. Und den hatte meine Kollegin nicht. In der nächsten halben Stunde wurde ich Zeugin, wie meine Kollegin mit der IT-Hotline alle Phasen der Krisenbewältigung durchlebte. Nach einer viertel Stunde ging ich dem Hersteller Bescheid sagen, dass wir noch ein bisschen brauchen. Nach der halben Stunde hörte ich mich sagen: „Pass auf, das bringt nichts, fahr ins Büro und tausch den Computer aus. Ich sage im Büro Bescheid, dass du kommst. Und ich mache das hier schon.“, worauf meine Kollegin sehr dankbar ins Büro fuhr. Nervenzusammenbruch knapp abgewendet. Und ich schaukelte dann, nach einem Anruf bei meinem Lieblings-nicht-direkten-Kollegen, nämlich dem IT-Mann(TM) die Inspektion total souverän und seriös für die nächsten eineinhalb Stunden alleine. Ich weiß das, weil ich die ganze Zeit das Gefühl hatte, mir selbst anerkennend nickend über die Schulter zu gucken. Spontane Begehung der Ventilationsanlage war in der Schaukelung inklusive, ohne irgendeine Form von geistiger oder tatsächlicher Vorbereitung. Ich sah mir dabei so zu und war imponiert darüber, dass ich nicht schreiend im Kreis gelaufen bin, sondern das Gegenteil passierte. Also, ja, ich bin nach solchen Tagen trotzdem so erschossen, dass ich abends einschlafe, sobald ich mich irgendwo hin setze, aber in der Situation selbst war ich total ruhig und fokussiert und habe das, für jemanden der keine Planänderung mag, sehr souverän gelöst.

Wahrscheinlich klingt das komisch, aber ich hätte einfach wirklich nicht gedacht, dass ich das so ruhig und versammelt hinbekomme, so total spontan.

Noch so was, nur konkreter: aus Gründen musste ich heute nicht nur Salat (mit Dressing) und warmes Mittagessen (mit Sauce) vom selben Teller essen, sondern es lag auch alles übereinander, damit auch ja alles nach allem schmeckt. Und ich habe das nahezu ohne Meckern gegessen (aus Hunger). Erst den Salat mit so wenig Buttersausce wie möglich, dann die Kartoffeln und den Fisch mit möglichst wenig, inzwischen lauwarmer, Vinaigrette.

Ich bin sehr zufrieden mit mir. Ok, ich muss mir noch was einfallen lassen, wie man „bitte mach nicht solche Schmatzgeräusche*“ in höflich formuliert. Aber sonst echt zufrieden.

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* vor allem nicht, wenn du gar nicht isst!

Tag 3186 – Humtata.

Die Marschiersaison beginnt bald, especially kündigt sich schon an, in Form den Marschseminars, das die Kinder dieses Wochenende haben. Pippi wird Becken spielen und hat extra ganz kleine Becken bekommen, so in Untertassengröße, damit sie nicht am Abend des 17. Mai Arme bis zu den Fußgelenken hat. Michel fand das Marschseminar heute Morgen noch Folter, aber hinterher war es total gut und nur zu früh (12. ähm, naja.).

Herr Rabe war den ganzen Tag unterwegs und ich hatte dann auch nur mäßig Lust zu kochen, weshalb ich den Kindern freistellte, ob wir was zu Essen holen sollen, zum Beispiel bei der goldenen Möwe (Kinder: Jaaaaa!) oder Sushi (Kinder! JAAAA! SUSHI! SUSHI!). Also gab es Sushi. Pippi isst eigentlich nur Lachs-Nigiri, und bekam dann auch nur solche, Michel isst fast alles an Sushi, nur keine Tempurashrimps-Rollen, weil die „crunchy und weich gleichzeitig sind“ und das mag er nicht. Ich bekam also ein paar Maki von ihm ab. Dafür trat Pippi ein paar ihrer Nigiris an Michel ab. Im Endeffekt hat er mehr als eine ganze Portion „Großes Sushi 3a“ gegessen, während ich mit „Mittleres Sushi 2a“ und Michels zwei Tempura-Maki schon kurz vorm Platzen war. Wenn Michel immer so essen würde, hätte ich mindestens 50% weniger Sorgen. Aber ich will wirklich nicht meckern, wenn er jetzt heute mal problemlos isst und sagt: das war sehr lecker, danke Mama!

(Wenn wir jetzt dauernd Sushi essen würden, würde er das plötzlich nicht mehr mögen, wetten?)

Tag 3136 – Wenn alles falsch ist.

Also erstmal ein kleiner Nachtrag zum Tabletten kauen: aufgrund eines technischen Problems konnte Kommentatorin Anja ihren Kommentar nicht veröffentlichen. Ich finde aber dass das ein guter Tipp ist:

„Was tatsächlich zu einer schnelleren Wirkung beiträgt, ist sich auf die rechte Seite zu legen. Dann rutscht die Tablette schneller in den Darm. Ist nur leider nicht immer und überall möglich…“

Klar geht das nicht immer. Aber ich liege sonst automatisch auf der linken Seite, wenn ich mich hinlege, vielleicht sollte ich die rechte mal ausprobieren.

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Bei der Arbeit waren heute die zwischenmenschlichen Dinge eher schwierig. Zu Hause auch. Michel wollte in einem Computerprogramm („Blender“) etwas machen, aber OHNE sich irgendwelche Anleitungen oder Tutorials anzugucken und das funktionierte nicht. Die Frustration führte zur unweigerlichen Explosion und dann ist erst mal alles komplett falsch. Helfen ist falsch, nicht helfen ist falsch, nicht helfen können ist total falsch und nach Lösungen googeln ist ebenfalls total falsch. Egal was man macht, die Explosion geht immer weiter, wie eine unerschöpfliche Feuerwerksbatterie, aber ohne bunt und Glitzer, nur mit Chinaböllern aus Tschechien. Das ist wirklich gar nicht mal so schön. Irgendwann, als der Zorn an einer Box Taschentücher ausgelassen und verraucht und die Tränen getrocknet waren, hat er sich entschuldigt, aber in der Situation kommt er selbst überhaupt nicht da raus, wie eine hängen gebliebene Schallplatte, nur in wütend. Ich hab da keine gute Lösung, er auch nicht. Aushalten I guess it is. Ich habe diese Sorte Ausraster ja auch nur noch sehr selten, also so innerhalb der nächsten 25 Jahre wird er das wohl lernen. Galgenhumor hilft.

(Bevor wieder Kommentare kommen: er tut mir in erster Linie total leid, so große und schwierige Emotionen haben und nicht hantieren können ist ja vor allem für ihn schlimm. Aber ich kann leider auch nicht so viel machen. Das war einfacher, als „auf den Arm“ noch gegen alles half.

Und um anderen Kommentaren vorzugreifen: das Wort weirdo benutze ich nicht als Beleidigung, im Gegenteil. Ich möchte das Reclaimen, als Umschreibung für neurodiverse Menschen. Ich bin meistens sehr zufrieden damit, ein weirdo zu sein. Natürlich ist nicht alles daran rosig, so wie Situationen wie die oben beschriebene. Aber so im Großen und Ganzen ist es halt einfach nur anders.)

Tag 3125 – Woozaaa.

Ich habe heute im Homeoffice eine Reihe Meetings nur dadurch überlebt, dass ich nebenher Wäsche zusammengelegt und verräumt, den Fernseher geputzt (da hatte jemand mit dem Finger fettige Herzchen und Smileys draufgemalt, jetzt in der immer noch tief stehenden aber immerhin ins Wohnzimmer scheinenden Wintersonne sieht man das sehr gut) und meine Schminkpinsel gewaschen habe. Die im Direktorat saufen alle Lack und versuchen auch noch, den allen anderen als Champagner zu verkaufen.

Ansonsten viel Kinder rum fahren und Alltag organisieren. Morgen noch mehr davon, aber übermorgen hat wenigstens niemand „Draußentag“ oder Sport oder „Ernährung und Gesundheit“ oder sonst irgendwas, das besonderer Maßnahmen bedarf.

Den Rabenmutter des Jahres-Award habe ich jedenfalls schon alleine dadurch verdient, dass ich vergessen hatte, die Schulgeräte der Kinder aufzuladen. Das fiel mir um 07:45 ein. Beide Kinder hatten dann leere Geräte und Ladegeräte dabei. Nächste Woche steht dann wieder auf dem Erinnerungszettel, dass diese Dinger geladen in die Schule gebracht werden sollen (mindestens 80%!) weil man in der Schule leider, leider gar nicht laden kann. (Ich verstehe schon, dass nicht 20 Kinder dort zeitgleich laden können. Aber warum gibt man jedem Kind ein Gerät, wenn die Infrastruktur in der Schule das eigentlich gar nicht hergibt und man darauf angewiesen ist, dass Kinder und Eltern auch daran noch denken? Wenn’s nach mir ginge müssten die Geräte auch in der Schule bleiben können, wenn sie nicht zwingend für Hausaufgaben benötigt werden, was pro Kind so ca. 1 mal im Monat der Fall ist. Aber nein. Wir kriegen ein Dings mit nach Hause, auf dem keinerlei parental control eingerichtet ist und sollen das dann ausgleichen, indem wir dem Kind *Medienkompetenz* vermitteln. Und warum? Weil die Schule keine ausreichende physische Sicherheit hat, um solche Werte da rumliegen zu haben. Kein Scheiß.)

Tag 3108 und 3109 – Börps!

Gestern… war. Ich verdaue da noch dran rum und weiß auch noch nicht, wie ich darüber bloggen will.

Heute früh fuhren wir die Kinder nach Kaff-im-Wald, wo minus 29 Grad waren und ein Korps-Seminar mit Übernachten. Pippi fand das super, Michel so naja. Es war aber auch früh und kalt und viele Leute. Aber nachdem die Kinder abgeliefert waren, hatten wir FREI.

Die Freizeit verbrachten wir jeder auf seine Art: Herr Rabe zockte, ich ging ausgiebig baden, kaufte ein und spielte dann Geige. Ich habe zwei neue Stücke (das 2. und 3. hiervon: https://youtu.be/BTghQEzMEqw?si=e9Z6d4icatbqk-vK) und huiui, die sind schwieriger als sie sich anhören, zum Teil sind da wirklich seltsame Rhythmen und Phrasierungen bei. Aber so für einen ersten Anlauf war es ok.

Für abends hatte ich einen Tisch in einem indischen Restaurant reserviert, wo ich schon länger mal hin wollte. „Der Peppern Gror“ (Wo der Pfeffer wächst) sollte nämlich ausgezeichnet gutes indisches Essen haben. Und hat es tatsächlich. Und typisch für Indien: man rollt am Ende zur Tür hinaus. Klar, es ist auch alles mit Sahne und Butter (Ghee) und wahrscheinlich haben wir ca. 6000 kcal alleine da gegessen, aber es war auch einfach alles so gut! Chefs Table (Deluxe Tastingmenü) for the win, ein bisschen was von allem und ALLES war lecker. Mein Favoritt ist eigentlich immer alles aus dem Tandooriofen, heute bekamen wir unter anderem marinierten, gegrillten Maiskolben, der dann noch mit Limette und Gewürzen (nach Geschmack, Achtung, das Chilipulver brennt wahrscheinlich auf die Dauer auch Löcher in die Teller) eingerieben wurde. Das war Mega lecker. (Ich aß in Indien mal Tandoori Pineapple, das war, zusammen mit Tandoori Paneer, mein absoluter Favorit bisher.) Aber wie gesagt, alles war lecker und wir entschieden aus Gründen danach zum Bahnhof zu laufen statt die Trikk zu nehmen.

Beweisfoto aus 20 Grad mehr als heute Morgen beim Kinder abliefern:

Schon wieder Schnee…

Das war ein sehr schöner Abend, auch wenn ich jetzt nie wieder irgendwas essen kann.

Tag 3064 – Hausaufgaben.

Ich erinnere mich noch sehr genau an einen Muttertag, als ich so etwa 9 oder vielleicht grad 10 war. Wir hatten in der Schule Gutscheinhefte gebastelt und einer davon war, am Muttertag selbst morgens Milchbrötchen zu backen. From scratch. Und ich war halt 9 oder vielleicht grad so 10. Komischer Weise freute sich meine Mutter gar nicht, sondern war ziemlich unverhohlen angepisst von diesem Pseudogeschenk, das im Grunde bedeutete, dass sie Brötchen backte (und meine Mutter backt generell nicht freiwillig), am Muttertag, und das toll finden sollte. Ich erinnere mich so genau daran, weil ich das Geschenk ja gar nicht so gemeint hatte, das sollte lieb sein, in der Schule hatten sie gesagt, die Mutti freut sich sicher ganz doll! Generelle Enttäuschung darüber, dass sich Menschen nicht nach Vorschrift verhalten, gemischt mit dem Gefühl, Geschenkemäßig voll ins Klo gegriffen zu haben. Überhaupt verfolgen mich die Geschenke, die ich über die Jahre und besonders als Kind und Jugendliche an Menschen gemacht habe, die ich eigentlich wirklich sehr mag, vermutlich bis ins Grab, aber das ist eine andere Geschichte. Ich erzähle das auch nur, weil wir hier heute eine ähnliche Situation hatten, minus Muttertag, plus Hausaufgabe. Unser liebreizendes Erstgeborenes sollte als Hausaufgabe (gegeben über 2 Wochen, weil wir mit „nicht alle Kinder können sich das sinnvoll einteilen und manche Kinder können das auch nicht so schnell lernen wie andere, es gibt Werkzeuge für sowas, warum werden die nicht mit vermittelt???“ leider auf taube Ohren stoßen) nämlich ein zwei-Gänge-Menü für die Familie kochen, die Rezepte aufschreiben und den Kochprozess dokumentieren.

Also sollten wir Eltern als Hausaufgabe dies im Essensplan berücksichtigen, dafür einkaufen, Vorschläge machen, was man kochen könnte, das Kind dazu anhalten, dann auch langsam mal in die Gänge zu kommen, dem Kind die deutschen Rezepte übersetzen und den ganzen Prozess, von Übersetzen und Korrigieren von absurd vielen Rechtschreibfehlern bis zum Servieren geduldig begleiten. Zwischendurch immer mal wieder an die Fotos erinnern.

Nun ja. Ich habe das gemacht, vielleicht geduldig. Michel hat seine Hausaufgabe abgeschickt und auch recht routiniert gekocht, wesentlich routinierter als geschrieben jedenfalls. Wie beim Lieblingskollegen kann man den Stresslevel hören, wenn er tippt. Es ergaben sich interessante Gespräche, wie wie Herr Rabe und ich denn solche Hausaufgaben gemacht hätten, woraufhin er total geschockt war, dass wir in seinem Alter keine Laptops, nicht mal e-mail-Adressen hatten. Und dass die Computermonitore riesig waren, nicht in der Bildschirmdiagonale, sondern in der Tiefe. Das war in seiner Vorstellung kurz nach der Steinzeit, glaube ich. Vielleicht sitzen wir in seiner Vorstellung jetzt mit Lendenschurz am Lagerfeuer, jeder mit einem monströsen Röhrenmonitor auf dem Schoß.

Ich weiß jetzt über Michel, dass er rohen Lachs nur mit Handschuhen anfasst, weil er damit ein sensorisches Problem hat. Und dass die Schule nur stumpfe Messer und Pfannen, in denen alles anbrennt, hat. Nichts davon wundert mich. Auch nicht, dass er die Nudeln mit Lachssauce zwar (wesentlich mit-)gekocht hat, aber nicht gegessen. Immerhin den Nachtisch – eine Miniportion Kaiserschmarren ohne Rosinen – fand er lecker. Eier trennen war aber auch nicht so seins, wegen Glibber. Ist ok, ich hab damit kein Problem, ich kann alles anfassen, solange ich weiß, ich kann mir hinterher die Hände waschen, dann bin ich halt die, die das ins Eiweiß geplumpste Eigelb da wieder raus fischt.

Mein Fazit: ein ironisches Danke an die Schule, die dann jetzt, wenn sie will, auch bewerten kann, welche Eltern billig kaufen und welche bio, wer ne gut ausgestattete Küche hat und wer das Eiweiß per Hand schlagen muss. So inklusiv, much wow. Und so schön, dass die Kinder für uns kochen und wir „nichts“ machen müssen.

Ich hoffe, Michel hat sich wenigstens meine Power-Point-Tricks gemerkt. Und die einfache Regel dass fast alle zusammengesetzten Wörter, im Norwegischen genauso wie im Deutschen, zusammengeschrieben werden. Und! „Für rohen Fisch nehmen wir die Plastikbrettchen, weil die in die Spülmaschine können. Das Messer wird sofort gespült.“ Dann habe ich heute viel erreicht. Wenn auch unfreiwillig.