Tag 1570 – Ausgeufert.

Erst ist ein Meeting etwas ausgeufert, dann meine Heimreise sehr und zu guter letzt ein Elternvertreterinnenmeeting (den Mann meine ich mal mit) total. Inklusive der letzten 20 Minuten war ich, seit ich heute morgen das Haus um 7:12 mit Michel verließ, 45 Minuten zu Hause. Aber wir haben nun die Weihnachtsfeier für die 2. Klassen minutiös durchgeplant und müssen eigentlich nur noch einkaufen, Kaffee kochen und nen Weihnachtsmann organisieren und dann kann das Fest beginnen.

Meine Güte bin ich fertig.

Tag 1568 – Lässt nix aus.

Möglicherweise werde ich jetzt auch noch krank. Eigentlich wollte ich heute nach der Arbeit Sport machen, aber seit dem Mittag fühlte ich mich diffus unwohl mit Gliederschmerzen und leichtem… nicht Schwindel aber so leichter Dizziness. Jedenfalls gab es keinen Sport für mich. Dafür liege ich jetzt schon geduscht und im Schlafanzug auf dem Sofa, im Rücken ein Wärmekissen und über mir eine Decke. Jetzt gucke ich noch eine Folge The Crown und dann gehe ich ins Bett und hoffe, morgen ist es besser.

So ein Scheiß.

Tag 1567 – Tag 3.

Fürs Protokoll: Tag 3 mit PMDS. Mein Arbeitsrechner kann froh sein, dass ich ihn heute nicht aus dem Fenster geworfen hab. Zwischendrin hätte ich auch immer wieder einfach so in Tränen ausbrechen können, zum Beispiel weil ich heute morgen (zum ersten Mal!) an meiner Haltestelle vorbeigefahren bin statt auszusteigen. Kann eine schon mal an den Rand der Verzweiflung bringen. Ähäm.

Leider ist das Wochenende ja auch für schlechte Laune draufgegangen, gemacht habe ich nix und dementsprechend herrscht Chaos und ich habe heute keinen Anspitzer gefunden. Manchmal (öfters) denke ich, so ein richtiges Karrieremenschendasein, also spät nach Hause kommen und mich dann konsequent auch für nix mehr verantwortlich fühlen, das hätte durchaus was für sich. Kein Essen machen, keine Brotdosen machen, keine Hausaufgaben kontrollieren (sorry Michel, aber mindestens die Hälfte davon mach mal nochmal) und keine Stifte anspitzen. Keine klitschnassen Wintersachen aufhängen und mich fragen, was so schwer dran ist, die Regensachen für Regen und die Schneesachen für Schnee zu benutzen. Nicht bei der Arbeit nen Verzweiflungs-Lachanfall kriegen, weil wieder ein Termin* für nächste Woche Dienstag 16:30 angesetzt wird, weil ich die Mails gar nicht kriege. Vielleicht kenne ich in meiner Karrierephantasie auch die Namen der Betreuer beim Sport-Hort nicht weil ich nie abhole, oder doch, einmal in zwei Wochen hole ich ab, mache Tiefkühlpizza oder hole Pommes und Burger vom Imbiss und lasse mich als beste Mama der ganzen Welt** feiern.

Manchmal denke ich, das wär schon echt ganz schön.

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*Elternabend beim Sport-Hort. Die Sport-Hort-Kinder können währenddessen da sein. Super, müssen wir nur das andere Kind während der Zeit draußen anbinden.

**Wie so ein Eventpapa halt. There, I said it.

Tag 1566 – Keine Freude.

Es ist nicht das erste Mal, aber ich muss nochmal kurz über PMS ranten. Obwohl ich eigentlich ja beschlossen habe, es konsequent PMDS* zu nennen, weil das hier alles nicht mehr normal ist.

Ich hasse alles. Wirklich alles. Ich hasse, dass Herr Rabe mit den Kindern gebastelt hat. Ich meine, GEBASTELT. Lustige Schneemänner. Dabei haben sie Weihnachtsmusik gehört, was ich hasse. Ich habe derweil die Meerschweinchenbox geölt, was ich hasse, weil es stinkt und eh nicht reicht, um das Ding Pipifest zu machen, weshalb nach drei Wochen die Kiste für immer Meerschweinpipigeruch verströmen wird. Und nein, Hass ist kein zu starkes Wort, ich bin derart geladen, dass ich mit keinem mehr rede, weil ich sonst gemeine, verletzende Dinge nicht nur sagen, sondern brüllen würde. MEINE FRESSE AUTOKORREKTUR, BRÜLLEN IST EIN VERB, DAS SCHREIBT MAN KLEIN! Entschuldigung.

Nichts macht mir Freude. Ich bin so gefangen in meiner grundlosen Aggression gegen absolut alles, es gelingt mir nicht, die von Herrn Rabe verteilte Weihnachsdeko (AM TOTENSONNTAG!) schön zu finden, oder den gebastelten Schneemann mit Puschelschwanz niedlich. Ich schaffe es nicht.

Ich hasse mich selbst und meinen Körper, der mir Schmerzen bereitet. Dass ich es nicht zum Sport schaffe, weil HASS auch auf Sport und das Fitnessarmband und den ganzen Leistungswahn man muss immer schön aussehen und straff sein und ob ich Schmerzen habe oder nicht liegt ja auch in meiner Hand, Sport ist so toll bei all dem, JAJA FU SPORT.

Am schlimmsten ist aber dieser allgemeine Zustand, dass ich einfach nicht abstellen kann diese unfassbar schlechte Laune zu haben und im Prinzip ein wandelnder Mario-Barth-Witz bin. Ich weiß nicht was tun, soll ich drüber reden und mich der Lächerlichkeit preisgeben, eventuell andere Frauen mit reinreiten, die PMS haben weil „HAHA, DU BIST SCHON WIE FRAU RABE!!!“ oder soll ich es lassen und die Zähne zusammenbeißen und einfach „Heut schlechte Laune, kein Eintrag“ schreiben? und das unsichtbar machen, dass es Leute gibt, die WIRKLICH JEDEN MONAT EIN FUCKING PROBLEM HABEN und dass uns niemand hilft (LOOKING AT YOU, GYNÄKOLOGIN!)?

Wie eine es dreht: das Patriarchat lacht sich immer ins Fäustchen.

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Disclaimer: Bitte. Keine. Gesundheitstipps. Keine. Gar keine. Wirklich. Keine.

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*prämenstruelle dysphorische Störung, googeln Sie das ruhig, Kurzfassung: die wahlweise depressive oder alles kleinhackende große Schwester von normalem PMS

Tag 1565 – Kacktag.

Den ganzen Tag in einer Spirale aus unzufrieden und kaputt und nichts gebacken kriegen und dann noch unzufriedener sein gesteckt.

Beste Leistung des Tages: mit Michel ein echt dämliches Brettspiel gespielt. Mich geärgert, dass in diesem Spiel – das sehr (SEHR!) amerikanisch ist, sowohl Deutschland als auch Japan als dunkel und bedrohlich (und Deutschland auch noch in so ner Schriftart, die es mir kalt den Rücken runter laufen lässt) dargestellt sind. Kotzi, Amis, ehrlich mal. In einem Kinderspiel.

Völlig unrelated zu dem Spiel mit Michel über den Holocaust gesprochen. Und über Fremdenhass heute. Ich hoffe, Michel hat was mitgenommen aus dem Gespräch. Wir hatten ja schon mal ein Gespräch über die Mauer, in dem ich sehr eindringlich wurde, weil ich es nicht ertrage, wenn er so Sachen sagt wie „dann hätte ich die gehauen! Oder denen einen Witz erzählt und wenn die lachen, dann wär ich weggelaufen! Oder ich hätte mich verkleidet wie die!“ und ich hoffe jetzt, er kriegt keine Albträume von „…dann hätten die dich erschossen.“

Ich glaube, Michel möchte nicht mehr alleine mit mir zu Hause bleiben. Mama sagt dauernd gruselige Sachen.

Tag 1564 – Bisschen kurz.

…meine Zündschnur heute.

Gefühlt den ganzen Tag nur Augen gerollt. Gestern auch schon. Und vorgestern. Ich sollte das mit dem Twitter wirklich einfach lassen, wenn ich Phasen habe, in denen ich

  • Geschwurbel
  • Verschwörungstheorien
  • Sich widersprechende Aussagen von ein und derselben Person
  • Unsachlichkeit
  • Fehlinformation
  • Völlige Unfähigkeit einiger, über ihren Tellerrand zu schauen

wirklich nicht ertragen kann. Manchmal geht das besser, aber im Moment hab ich wieder mal eine Phase wo ich mir eine Welt voller Roboter wünsche. Ich stelle mir Kommunikation mit Maschinen überaus angenehm vor.

Im echten Leben auch nicht besser, bei der Arbeit alle irre und keiner hört irgendwo zu.

Kleine Anekdote, woran sich mein Kopf momentan wieder sehr aufhängt: wir haben einen Evaluierungsfragebogen bekommen, ob wir unsere bescheuerte Stillarbeitszeit behalten wollen. Und dann fragen die da: „Hast du durch die Stillarbeitszeit am Morgen mehr Konzentrationszeit bekommen?“ Und sie meinen: wurdest du weniger zu Meetings eingeladen, haben weniger Leute im Büro laut gesprochen oder geflüstert, warst du mehr ungestört? Aber das schreiben sie nicht und im Moment muss ich wieder Energie drauf verwenden, drüber nachzudenken, was sie meinen, aber nicht schreiben. (Am Ende habe ich mich trotzdem dazu entschieden, die Frage zu beantworten, so wie sie da steht, nämlich mit „Nein, ich kann mich nämlich eh morgens nicht gut konzentrieren und könnte da viel besser Meetings haben.“)

Oft geht das besser, dann ist auch die Zündschnur länger, das macht nämlich müde, dieses Reininterpretieren in Ungesagtes.

Vielleicht bin ich auch einfach urlaubsreif.

Dreieinhalb Wochen noch.

Aber die Kinder haben mich heute zum Lachen gebracht. Michel hat wieder einen Winkezahn und Pippi hat sich im Kindergarten einen Smiley mit Ohren auf den nackten Bauch gemalt. Die sind schon super, die zwei.

Tag 1563 – Einer dieser Tage …

… an denen ich abends nachgucken muss, welche Zahl wohl dran ist, weil mein Hirn nicht mehr will, auch keine einfachen Sachen wie zählen.

Seit 21:45 Uhr bin ich wieder zu Hause. Hier ist es ja doch am Schönsten. Auch wenn so ne Nacht allein in einem großen Hotelbett schon auch was für sich hat. Ab und an.

Mein Ohr tut nicht mehr so doll weh. Ich vermute, es hat geholfen, dass ich es gestern Abend (ich konnte tagsüber schon nicht mehr lächeln, ohne dass es im Ohr zog) mit heißem Wasser gründlich ausgespült habe. Jedenfalls war es danach zwar warm aber schon viel besser. Und die Nacht auf dem weichen Hotelkissen hat ihr übriges getan. Puh.

Morgen wieder Physiotherapie. Passt mir eigentlich zeitlich gar nicht in den Kram aber was will man machen.

Jetzt Bett. In 6 Stunden und 9-36 Minuten klingelt der Schlafphasenwecker.

Tag 1562 – Hummelbürste.

Heute nur kurze Meldung, ich bin bei so etwa 15 Stunden Arbeits- und Reisezeit heute und kann kaum noch grade aus den Augen gucken.

Ich habe heute morgen vergessen, meine Zahnbürste einzupacken. Das war eine Verkettung unglücklicher Umstände und ich brauche auch keine Tipps zum immer gepackten Dienstreisenkoffer unter der Treppe, danke. Jedenfalls musste ich am Flughafen eine Zahnbürste kaufen und weil ich mich schämte, wegen Trotteligkeit die Umwelt mehr als eh schon zu belasten, kaufte ich so eine Bambus-Zahnbürste mit Synthetikborsten und eingepackt in beschichtetes Papier das sich voll scheisse recyclen lässt. Die heißt auf Englisch „bescheidene Bürste“, Herr Rabe benutzt die auch und in meinem müden Kopf kichert ein infantiles Humörchen die ganze Zeit über Hummelbürste.

Nach dem 1. Zähneputzen kann ich jedenfalls für mich feststellen: ich mag kein Holz im Mund. Welch widerwärtiges Gefühl.