Tag 2848 – Gefühle.

Heute war Pippis Vorstellung, das heißt, ich konnte heute auch die ganze Vorstellung mal sehen. Bonus: die richtig guten Gruppen Tanzen auf jeder Vorstellung. Nun ist es ja so, dass ich normalerweise nicht die emotionalste Person der Welt bin, eigentlich kann ich hauptsächlich Wut offen zeigen und bin sonst recht reserviert*. Aber Musik macht schon was mit mir und Tanz macht noch viel mehr mit mir. Und so fand ich mich in einem gnädiger Weise dunklen Saal und die Tränen liefen wegen süßen Kindern (darunter Pippi) und extrem guten Modern-Gruppen, und sogar wegen extrem guten HipHop-Gruppen. Ich meine, HipHop. Aber die waren auch alle so gut und ich war auch mal gut (nicht so!) aber jetzt bin ich 38 und kriege schon Schmerzen überall bei der Vorstellung, mich so schnell zu bewegen oder mich elegant und ausdrucksstark über den Boden zu wälzen. Ich könnte natürlich jetzt Dance Mom werden und Pippi muss dann all meine unerfüllten Träume stellvertretend für mich ausleben, aber dafür bin ich mir 1. viel zu bewusst, wie bescheuert das wäre und 2. ist Pippi dafür das falsche Kind, wenn man auf die Druck ausübt, passiert nämlich meist das Gegenteil von dem, was man möchte.

Drei der Kinder und Jugendlichen sind mir sehr aufgefallen, da war der eine Junge, der unglaublich viel Spaß hatte und mitsang (das macht Pippi auch, und ich mache das auch, aber nicht bei Shows), das große Mädchen das unfassbar gut HipHop tanzt und passabel alles andere, aber wirklich überragend eben HipHop (alle Styles) und das eine blonde Mädchen mit den langen Haaren (ok, das trifft auf ca. 80% der Tänzerinnen hier zu…), das aus der Jane-Fonda-Gedächtnisgruppe (I‘m so exited) herausstach, weil sie nicht nur wie der Rest der Gruppe die komplette 3-Minuten-Killer-Choreografie technisch sauber und voller Energie ausführte, sondern, Achtung, auch noch nen schönen Kopf/Hals dabei hatte. Ich hatte mal eine Ballettlehrerin, die sagte, man spricht beim Tanzen mit dem Brustbein, den Schultern und dem Kopf, und bei diesem Mädchen war das sehr gut zu sehen, auch was das für die Linien ausmacht. Ich hoffe, die werden alle entsprechend gefördert. So. Das war mein Senf als Hilfs-Dance-Mom.

Einziger Minuspunkt: es war zu laut. Und viel zu viele Menschen – die zum Teil auch noch mit mir reden wollten. In Summe waren das dann wohl in den letzten Tagen leider ein bisschen viele Dinge außerhalb meiner halt doch ziemlich begrenzten Komfortzone und als wir wieder zu Hause waren, war mein Akku so leer, dass ich mich erst mal ins Bett legte – besser jedenfalls als direkt wieder loszuheulen, diesmal aus Erschöpfung. Trotz 8 Stunden Schlaf letzte Nacht schlief ich noch mal fast zwei Stunden. Dann ging’s wieder.

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* kalt, sagen einige. Sieht aber nur so aus, ehrlich.

Tag 2824 – Sonnenschein.

Laune war heute etwas besser. Dafür verantwortlich waren sicherlich einerseits das Wetter (strahlender Sonnenschein, 12 Grad, nicht mal am Meer nennenswert Wind) und andererseits Pippi, die, da der große Bruder mit Papa und Onkel im Kino war, mit dem Rest von uns rumhängen musste.

Wir waren in einem Buch- und Bastelkramsladen, wo wir aber nichts gefunden haben außer Squishy-Toys, jetzt haben Pippi und ich je einen. Es sind welche von der Art, wie sie das BUP hat, die finde ich toll. Pippi auch. Ist auch mit Glitzer. Ich kann es schlecht beschreiben, es sind diese Gelbälle, bei denen man Teile durch ein Netz drückt und dann entstehen große und kleine „Blasen“, die man auch wieder rein drücken oder einfach zurück flupschen lassen kann.

Dann waren wir Kaffee trinken, Pippi hat sich da ein riesiges Croissant mit Käse und Tomaten ausgesucht, aus Erfahrung ging ich davon aus, dass ich mindestens die Hälfte davon essen würde, aber Pippi hat sich das ganze Ding reingezogen. Ich glaube, da wächst bald eine schon wieder. Dann hat sie auf dem Kunstrasen neben dem Café eine Schrillion Räder geschlagen, sehr zur Begeisterung aller anwesenden Ü-60-Menschen. Es war aber auch zuckersüß, wie sie übte und übte, bis sie vier Räder hintereinander schlagen konnte, und sich zwischendurch immer mal wieder theatralisch auf den Rücken plumpsen ließ, aber sofort wieder lachend aufsprang, um von vorne anzufangen. Hachz!

Dann waren wir im Asda und haben Badezusätze für zu Hause und Strumpfhosen für Pippi gekauft. Die kleine Rübennase mit der Rabenkinderüblichen Strichmännchenfigur braucht Strumpfhosengröße 9-10 Jahre, sonst hängt ihr der Schritt irgendwo auf Halbmast am Oberschenkel. Es musste dann auch noch ein Kleid mit Schmetterlingen und ein Haar-… Dings mit, ein buntes 90er-Haarband, das um den Kopf gewickelt und an der Stirn geknotet wird. Wie ein Stirnband, aber es geht im Nacken lang und unter den Haaren her, nicht zwingend über die Ohren… Ähh, keine Ahnung wie das heißt.

Auf dem Rückweg ließ die Schwägerin uns zwei dann am Strand raus, wo Pippi wieder mal „nur mit den Füßen“ ins Wasser ging, weshalb sie sich danach umziehen musste. Natürlich in das neue Kleid, die neue Strumpfhose und das Stirnband. Dazu hatte sie noch ein bisschen rosa Lippenpflege aufgetragen und SEIT WANN IST DENN DIESES KIND SO GROẞ??? Die war neulich noch so! (Sehr klein halt.) Ich bin schockiert.

Danach waren wir mit der gesamten Familie lecker essen, in einem türkischen Restaurant. Pippi war kurz vorm Verhungern (ich sag doch, die wächst bald) und schob sich schon mal jede Menge Fladenbrot als Vorspeise rein. Michel aß Sucuk und Pommes und hat mit Sucuk jetzt sein Speisenrepertoire erweitert. Hurra. Obwohl, nein, weil die kriegen wir zu Hause ja nur in der Großstadt, ohje. Als sich das Restaurant mit lauteren Gästen füllte, wurde Pippi (nur Korrelation, keine Kausalität) sehr müde und kuschelig und musste sehr dringend auf meinem Schoß sein (eigentlich ist sie ja doch noch nicht so groß), was mir ganz recht war, da konnte ich den Trubel und Geräuschpegel besser ausblenden.

Als Tagesabschluss brachte ich sie noch ins Bett, wo sie erst ein Giggelmäuschen sondergleichen war, aber nach ein bisschen Erzählen dann doch wie üblich einfach umkippte und schlagartig einschlief. Schnarchend. Hach.

Tag 2790 – Knete.

Pippi hat heute Übernachtungsbesuch. Ihre Freundin M., mit der sie auch schon zusammen im Kindergarten war und jetzt in einer Klasse ist (meine erste Begegnung mit M. war, dass ein anderes Kind bei der Eingewöhnung von Pippi krähte „M. HAT IN DIE SPIELKÜCHE GEPULLERT!“ und mit Spielküche tatsächlich das Möbelstück meinte, aber das ist ein anderes Thema) ist heute schon seit mittags hier gewesen und wir waren unter anderem mit den beiden und dem Nachbarsmädchen N. Schlittschuhlaufen. Dieses Mal in strahlendem Sonnenschein statt im dichten Nebel, was wirklich sehr schön war. Ich hoffe, dass sich das Eis noch ein bisschen hält, für die Kinder ist das echt super und manche Erwachsene (also… wir) fahren ja auch sehr gern ein bisschen im Kreis herum. Aber ich schweife schon wieder ab. Auf der Rückfahrt unterhielten sich die Mädchen darüber wie lange sie sich schon kennen (naja, das halbe Leben ist schon auch nicht wenig) und was sie alles schon miteinander erlebt haben. Und so durften wir folgendes Gespräch belauschen:

„Weißt du noch, wie I. [Sohn der Nähmutter, Anm. d. Red.] im Kindergarten einen Wettkampf hatte, wer am meisten Knete essen kann?“ „Ja, hehe, du hast voll viel Knete gegessen.“ „Ja, ich hab gewonnen!“

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Related dazu wissen wir jetzt auch, dass Pippi nicht gern mit Knete spielt, weil sie das an den Händen eklig findet. Interessant. Und nein, Pippi war nicht das Kind, das den Kneteesswettbewerb gewonnen hat.

Tag 2776 – Sie werden so schnell groß.

Als erstes eine kleine Fortsetzung von gestern: vermutlich war der Grund meiner Bauchschmerzen und Magenverstimmung schimmeliges Brot, an dem ich den Schimmel erst heute gesehen hab.

Heute waren so halbwegs normale Wochenenddinge auf dem Plan. Michel sind schon wieder seine Winterschuhe zu klein geworden. Pippis Winterschuhe passen zwar (grad noch so), sind aber so fertig, dass sie ständig durchweichen, was auch kein Zustand ist. Pippi kann aber bis zum Ende des Winters ein Paar von Michel auftragen, das wir aufgehoben haben. Da mussten nur neue Einlegesohlen rein. Außerdem hat Pippi ab übernächster Woche Schwimmunterricht in der Schule und brauchte dafür eine Badekappe. Wir fuhren also nach Jessheim, um Schuhe, Einlegesohlen und eine Badekappe zu kaufen. Aus Gründen kauften wir ein Mikrofon samt Ständer, Schuhe, Einlegesohlen, eine Badekappe und einen Badeanzug.

Teile der Gründe sind: die Kinder wachsen wie Unkraut. Michels Füße wachsen vor allem nach vorn (der kriegt sehr lange Zehen, sehr seltsam, das hat von uns eigentlich niemand) und er hat jetzt Größe 37 erreicht. Bald müssen wir Erwachsenenschuhe für ihn kaufen, mir graut jetzt schon davor, weil die ja tendenziell noch weniger haltbar sind, als Kinderschuhe (bei denen man wenigstens davon ausgeht, dass die Kinder damit auch mal durch den Dreck robben und durch Pfützen latschen). Pippi hat jetzt einen anständigen Schwimm-Badeanzug und sieht erschreckend groß darin aus. Beide Kinder haben ja den Körperbau von Strichmännchen, mit absurd langen Beinen (auch das muss irgendwie Generationen übersprungen haben oder verwächst sich noch) und Badekleidung verstärkt diesen Eindruck noch mal ungemein.

Pippi liest jetzt auch immer mehr, sie tat sich damit anfangs ein bisschen schwer, aber jetzt wird alles immer laut* vorgelesen, auch das „Bitte hängen Sie anprobierte Waren zurück“-Schild in der Umkleidekabine. Und auch die verfügbaren WiFis und HotSpots auf dem Telefon, und deshalb heißt Herr Rabes Telefon jetzt „I P Hone“. Manchmal ist sie echt zum Knutschen niedlich.

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*generell ist Pippi ja ein Kind, bei dem man sich eigentlich nie fragen muss, wo es ist, weil sie einfach immer Geräusche produziert. Meistens in Form von Reden oder Singen.

Tag 2746 – Schultern senken.

So, die erste Inspektionswoche 2023 ist überstanden. Kann ja mal passieren, dass dann im Footer der Observationsliste noch 2022 steht.

Ich mag meinen Job immer noch.

Heute waren wir um zwanzig nach vier fertig, deshalb war ich um kurz nach halb sechs zu Hause (das wäre auch früher gegangen, aber Cardos war wieder von innen die Scheibe zugefroren und ich musste erst warten, bis die aufgetaut war). Dadurch konnte ich zum ersten Mal diese Woche Essen machen und sogar zwei Kinder ins Bett verfrachten und Herr Rabe konnte dadurch zu einer Musiksession gehen. Voll gut. Ich glaube, Michel fand auch schön, sehr ausgiebig mit mir zu kuscheln, ich fand das jedenfalls schön und bin nur irgendwann wieder aus seinem Bett aufgestanden, weil ich gerne noch ne Runde Bewegung einschieben wollte. Man sitzt ja doch viel auf dem Hintern bei Inspektionen. So langsam tat mir diverses weh, lustiger Weise unter anderem die Füße, aber die steckten ja auch stundenlang in Winterschuhen und konnten sich nicht bewegen, das sind die ja auch nicht mehr gewohnt. Aber eine Runde YouTube-Ballett und schon tut mir alles anders weh als vorher und die Füße sogar gar nicht mehr, toll!

Die Woche war tatsächlich so alles in allem gut. Freue mich trotzdem auf ein Wochenende ohne viel Kommunikation.

Tag 2736 – Pippis Lebensweisheiten.

Wir hatten hier ja vor Weihnachten einen heftigen Disput, weil das eine Kind dem anderen Kind gespoilert hat, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Und zwar nicht so rum, wie Sie jetzt vielleicht denken. Pippi hat anhand dieser Geschichte gelernt, dass man lieber keinem sagt, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Aber natürlich muss trotzdem sichergestellt sein, dass auch die Weihnachtsmanngläubigen rechtzeitig auf den brutalen Boden der Tatsachen zurückgeholt werden, Pippi hat sich da also folgendes überlegt:

Wenn die Kinder ausziehen, müssen die Eltern mit ihnen quasi The Talk haben. Da sagen die Eltern dann, hör zu, liebes Kind, es gibt da etwas, das wir dir sagen müssen. Es gibt den Weihnachtsmann gar nicht. Das waren immer wir, mit den Geschenken. Aber wenn du selbst mal Kinder hast, ist es ganz wichtig, dass du ihnen sagst, die Geschenke kommen vom Weihnachtsmann. Das Kind weiß das ja sonst gar nicht.

So, Sie wissen jetzt Bescheid. Bitte informieren Sie ihre erwachsenen Kinder (wenn sie welche haben), dass gar nicht der Weihnachtsmann die Geschenke bringt, sie selbiges aber bitte ihren Kindern auch wieder weis machen sollen. Wir freuen uns derweil die nächsten 11-12 Jahre vor, weil wir GARANTIERT und mit Schulabgängerin-Spätteenie-Pippi hinsetzen werden, ganz ernst, und ihr sagen werden, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Wir wollen ja unsere elterlichen Pflichten erfüllen. Mit Verweis auf den 10. Januar 2023.

Tag 2704 – Mehr Lazarett.

Uff ey, zwei kranke Männer (männliche Männer, vor allem die U1,50m-Fraktion) sind echt grenzwertig vom Ertrage-Faktor her.

Pippi hat das Konzert durchgezogen, ist aber auf dem Rückweg eingeschlafen. Was nicht schlimm war, weil ich so guten Gewissens mit ihr vom einem Ende der (langgezogenen) Kommune zum anderen fahren konnte, um ein Paket abzuholen. Das war nämlich aus irgendeinem unerfindlichen Grund zum Paketshop am südlichsten Zipfel der Kommune geliefert worden, und weil die aus ebenfalls unerfindlichen Gründen eine falsche Telefonnummer von mir haben, hätte ich es da auch fast verpasst abzuholen. Ich habe mich nur gewundert, wo das Paket bleibt, deshalb habe ich nachgeforscht und siehe da – da ist das Paket in effing Dal. Aber wenn man eh schon mit schlafendem Kind im Auto sitzt, kann man da ja mal hin fahren. Es war übrigens ein denkbar spannender Gegenstand, den ich da bestellt hatte – ein neuer Aufsatz für den Pürierstab. Kostet quasi das gleiche wie ein neuer Pürierstab, aber es ist ja nur das Messer stumpf und schartig, nicht das ganze Gerät schrottreif. Den Nachkauf von Verschleißteilen könnte man trotzdem günstiger gestalten, liebe Firma Bosch.

Das Adventskonzert war gar nicht schlecht. Entweder sind meine Ohren inzwischen abgestumpft, oder der Schulkorps, vor allem der Hauptkorps, haben richtig viel geübt. Einzig die Tuba muss noch dran arbeiten, nicht als erste fertig sein zu wollen. Aber es war wirklich ein massiver, qualitativer Unterschied zu vor zwei Jahren. Pippi hat auch sehr schön getrommelt und dann den Rest des Konzerts singend auf meinem Schoß gesessen. Bei Weihnachtsliedern ist sie sehr textsicher (ok, sie ist immer textsicher und singt nach ein Mal hören jedes Lied mit, im Zweifel halt in Phantasie-Englisch). Und sehr niedlich.

Vor dem Konzert bin ich übrigens eingeknickt und habe der kleinen Rübennase Glitzerschuhe mit einem Mini Absatz gekauft. Glitzer!!! Das sind die schönsten Schuhe der Welt, wenn man Pippi fragt, und der Absatz ist magisch: 2 cm Absatz machen Pippi 10 cm größer! Stellen Sie sich ein immens stolzes kleines Mädchen vor, in Glitzerschuhen und Anzughose, trommelnd. Manchmal könnte ich sie auffressen, weil sie so niedlich ist.

Tag 2643 – Pssssst!

Sämtliche Raben unter 1,50 m Körpergröße sind derartig verrotzt, dass das Schlafen sehr schwer fiel. Pippi hat obendrein noch Ohrenschmerzen und saß nach einer Runde „DIE TABLETTE HIIIIILFT NICHT, DAS HEIẞT ICH WERDE FÜR IIIIIIIMMER OHRENSCHMERZEN HABEN!!!“ noch eine Weile mit mir auf dem Sofa. Kuscheln und Erzählen knockte sie dann aber doch um kurz nach zwölf endlich aus. Uff.

Sämtliche Raben über 1,50 m Körpergröße sind übrigens auch verrotzt, tragen das aber verglichen mit der anderen Fraktion nicht nur mit Fassung, sondern eigentlich stoischer Ruhe.

Anekdote: Pippi fragte mich, wie es in der Steinzeit gewesen sei. Ich sagte, das wisse ich nicht, weil ich da noch nicht geboren gewesen sei. „Ja, Mama, aber deine Mama ja!“ Das muss ich morgen der Oma erzählen, da „freut“ sie sich bestimmt, gnihihi.

Tag 2637 – Urlaub?

Hmm naja naja, der Arbeitstag lief eher so semi-erfolgreich und das heißt leider, dass ich mir nicht drei Tage frei nehmen kann. Also könnte schon, natürlich, ich könnte ja auch morgen vom Bus überfahren werden und dann würde ja auch die Welt nicht untergehen. Aber da ich gleichzeitig auch möchte, dass „die da draußen“ Antworten auf ihre brennenden Fragen zeitnah halbwegs fristgerecht bekommen, tja. Tjaja.

Aber ein bisschen frei mache ich schon. Vermutlich werde ich einen Arbeitstag auf drei Tage aufteilen und allgemein eine ruhige Kugel schieben. Laut Auto-Reply kann man von mir vor Montag keine Mail erwarten und der Wecker ist auch aus, alles was ich tue ist also Bonus.

Was ich aber auf jeden Fall machen muss, und zwar noch diese Woche: meine Gehaltsforderung fertig machen. Frustrierender Weise mit den selben Argumenten wie letztes Jahr, ich hinke da also (obwohl ich letztes Jahr echt nicht so wenig mehr bekommen hab) irgendwie hinterher und das macht, dass ich mir dezent verarscht vorkomme.

Ach was war das schön, als man noch nicht jedes Jahr aufs neue drum kämpfen musste, ein der Arbeitsleistung, Arbeitsbelastung und Qualifikation angemessenes Gehalt zu bekommen. Ich hasse sowas ja sehr.

Ansonsten war heute hier ein wenig Kinderdrama. Michel ist auf dem Trampolin blöd auf den Nacken gefallen und hat sich aufgrund eines Knackens der Wirbel furchtbar erschreckt und meint jetzt, sein Hals ist gebrochen. Zur einen Seite könne er gar nicht gucken und nach unten auch nicht. Also außer auf der einen Seite ist der Fernseher oder unten der Laptop und man hat grad vergessen, dass man ja einen mindestens gebrochenen Hals hat, dann kann man den Kopf ganz normal bewegen. Pippi packte jedoch die große Eifersucht, weil ich Michel tröstete. Ich hätte Michel lieber als sie, überhaupt hat niemand sie lieb und dieses und jenes Kind war im Hort doof zu ihr und apropos Hort ist es auch brutal ungerecht, dass sie da hin muss und Michel nicht. Wie immer bei Pippi war das Drama aber wesentlich kurzlebiger als bei Michel und bei „morgen geht ihr mit dem Hort in die Bibliothek und da ist eine Veranstaltung mit Reptilien“ plötzlich vergessen. Fünf Minuten später stand sie schon wieder singend vorm Spiegel. Da war Michel noch motzig und rieb sich den Nacken. Es ist wirklich faszinierend, wie unterschiedlich die zwei sind.

Tag 2565 – Pippi, 7 Jahre.

Heute vor 7 Jahren… da war Pippi grad 25 Stunden alt. Noch etwas zerknautscht, rosig, müde und gierig. Schlafen und essen, was ein Neugeborenes halt so tut. Wir waren halbwegs fertig damit, schwarze Windeln zu wechseln und die zweite Nacht im Krankenhaus blieb ich allein, Herr Rabe fuhr zu Michel und Oma. Die waren auch schon tagsüber da gewesen und wir haben eine Runde durch den Krankenhauspark gedreht und Eis gegessen. Bei 17 Grad, wie das so ist, in Trondheim im Juli.

Seither ist einiges passiert. Pippi und Michel, sind, tja, Geschwister. Wie Feuer und Wasser (oder eher wie Wasser und siedendes Öl). Sie haben sich aber sehr sehr gern, das merkt man nur im direkten Zusammenspiel zur Zeit eher nicht selten. Aber Michel ist Pippis großes Vorbild und Pippi Michels kleine große Liebe. Manchmal scheint das durch und ist dann immer sehr herzerwärmend, die drei Sekunden. Und wenn ich so dran denke, wie das mit meinem Bruder war, dann ist das wohl völlig normal, dass sie sich die meiste Zeit anschreien, weil der andere falsch atmet.

Pippi ist außerdem eine kleine Rampensau, immer noch. Sie singt, tanzt und schauspielert ständig und der aktuelle Berufswunsch (der minütlich wechselt, aber auch das ist wohl normal) ist „berühmt“. Ich sehe durchaus Talent, bin aber befangen. Pippi könnte mir aber jederzeit was vorsingen, und das will was heißen.

Mit dem Papa gemein hat sie die soziale Ader. Manchmal beneide ich Pippi um die Fähigkeit, überall sofort Spielkamerad*Innen zu finden und im Grunde mit jedem*r zurecht zu kommen. (Michel hat auch schon gesagt, dass er das gerne so könnte.) So ein offenes und herzliches Wesen – das hätte mir mal jemand sagen sollen, als wir monatelang ein herzzerreißend brüllendes Kind im Kindergarten abgeben mussten. Jetzt quatscht Pippi einfach an jeder Bushaltestelle und in jeder Supermarktschlange Leute an. „Du weißt du was? Ich habe MORGEN GEBURTSTAG!“

Da Pippi auch überaus niedlich ist, nimmt ihr das auch niemand übel. Im Gegenteil. Vermutlich könnten wir Kapital draus schlagen, dieses sprudelnde Wesen stundenweise an Altersheime auszuleihen, wo sie dann den alten Leuten einen Knopf an die Backe labern kann und denen würde allen das Herz schmelzen.

Man muss sich das ganze ja so vorstellen, dass sie auch noch riesige braune Augen hat und zur Zeit braungebrannt ist und ausgeblichene blonde Haare hat. Dazu Stupsnase und mega Zahnlücke (langsam aber zuwachsend). Ich habe oft Angst, dass das Kind abhanden kommen könnte, weil sie so niedlich und hübsch und offen ist. Sie sieht aus wie eine braunäugige Version des skandinavischen Klischeemädchens.

Hach ja. Abgesehen davon, dass ich mich langsam zur Glucke entwickle, weil ich auf mein Juwel besonders gut aufpassen will, wünsche ich mir aber, dass sie einfach weiter auf diesem Weg geht. Der scheint sehr viel Freude und Freundschaften bereit zu halten und das sind die wichtigsten Dinge im Leben.

Wir haben sie ja alle sehr lieb, die kleine Maus. Auch wenn sie gar nicht mehr so klein ist (auf den Arm nehmen wird langsam echt anstrengend) und – das hätte ich auch nicht für möglich gehalten – den eigenen Kopf nur immer weiter ausbaut und zu ungeahnten Höhen steigert. Ohne sie würde was fehlen und es würde sicher sehr langweilig werden.

[weniger mit dem Bruder streiten wäre trotzdem echt nice.]

Ich hab dich sehr lieb, kleine Maus. bleib, wie du bist. Werd, wie du sein willst! Murch!

Ein etwa sieben Jahre altes Bild.