Tag 2763 – Grusel.

Heute waren Herr Rabe, Pippi und ich Schlittschuh laufen. Michel hatte keine Lust, aber der Rest von uns wollte frische Luft und Tageslicht kombinieren. Es herrschte auch morgens noch strahlender Sonnenschein, bis wir loskamen war es etwas bewölkt aber immer noch gut und dann fuhren wir zur Eisbahn. Die liegt so 5 Meter höher als zu Hause, und wir fuhren gefühlt einfach in eine Wolke hinein, die da auf dem Boden festgeklebt war. „Eisbahn“ klingt so fancy, da kippt halt der Sportverein, der auch den Sport-Hort anbietet, im Winter sehr viele Kubikmeter Wasser auf den Sportplatz und dann hat man da einen Eisring, auf dem auch Eisschnelllauf trainiert wird. Aber es ist immer nett im Winter da ein bisschen zu laufen, es kostet nichts und ist halt ums Eck. Normalerweise wird ja auch auf dem Schulhof eine Eisbahn gemacht, aber da stehen jetzt Containerbauten herum, weil die Schule aus allen Nähten platzt. Die Schule wäre noch näher als der Sport-Hort-Sportplatz. Aber dafür wäre da heute nicht so ein Nebel gewesen. Endlich mal Nebelschlussleuchten- und Nebelscheinwerferwetter! Man konnte vom einem Ende der Eisbahn das andere Ende nicht mehr sehen und es war alles ein bisschen gruselig, aber sehr angenehme weil sehr feuchte Luft für frisch coronagenesene Lungen. Ich ließ es weiter ruhig angehen und fuhr in Pippi-Tempo entspannt ein paar Ründchen. Als der Nebel bei Pippi dazu geführt hatte, dass alle aus dem Helm (der eine eingebaute Mütze hat) herausguckenden Haare zu steifen Eiszapfen gefroren waren, fuhren wir nach Hause und tauten Pippi in der Badewanne auf und uns von innen mit Kaffee. Ach ja, das war mal wieder sehr schön.

P.S. auch sehr inklusiv das ganze, heute waren vier Einwanderinnen mit uns auf der Eisbahn, wohl alle aus der selben Familie, zwischen ca. Pippis Alter und etwas älter als ich, die eine seltsame Sprache sprachen, die ich nicht zuordnen konnte (vielleicht Indonesisch?) und die zum Teil sehr deutlich zum ersten Mal auf Schlittschuhen liefen. Das war ein bisschen drollig, aber es hatten alle Beteiligten sehr viel Spaß und zumindest wir waren auch sehr ermutigend. (Norweger reden ja nicht freiwillig mit Fremden, aber Einwanderer finden sich immer schnell.) Es gibt da so Pinguine, an denen man sich festhalten kann, wenn man noch nicht so sicher auf den Schlittschuhen ist, aber eigentlich sind die für Kinder und das machte die Mutter der Familie mit dem Pinguin nicht weniger drollig. Ich bin ziemlich sicher, dass ich so auf Skiern aussehe, es ist also wirklich nicht böse gemeint, das drollig. Schlittschuh laufen gehört hier halt dazu, Kinder lernen das allerspätestens in der Grundschule und manche Mütter machen dann gerne mit, mich freut das immer sehr.

Tag 2398 – Kopf frei.

Wir schleiften heute ein protestierendes Kind aus dem Haus um frische Luft zu bekommen. Das Kind protestierte auch auf dem Ausflug weiter und widersetzte sich absolut allem. Meine Lunte war dafür heute wirklich nicht lang genug, also ging ich einfach weiter und ließ Herrn Rabe den Kampf ausfechten.

Mir fällt grad auf, dass Herr Rabe vermutlich oft genug mit gleich zwei mehr oder weniger explosiven Grummelköppen zu tun hat. ich bin da vermutlich auch kein gutes Vorbild.

Oh.

Naja, jedenfalls hier ein paar frische Teams-Hintergründe, Thema Winter. (Vom Hurdalsjøen.)

Michel entschuldigte sich danach für sein Verhalten und ich hatte den Eindruck, den Kopf lüften war trotzdem auch für ihn gut. Vielleicht versteht er ja irgendwann den Reiz einer weißen, leeren Landschaft.

Tag 2370 – Eis.

Heute gut: wir waren Eislaufen. Auf dem Fußballplatz beim Sport-Hort. Alle zusammen und alle hatten Spaß. Die Kinder haben das wundersamer Weise einfach fast ohne unser Zutun gelernt, wir müssen nur die richtige Ausrüstung stellen. Herr Rabe kann eh sehr gut Eislaufen (wir erinnern uns an die Eishockey-Ausrüstung, die aus Deutschland mitgenommen wurde, die kam nicht von ungefähr) und ich, naja, falle immerhin nicht hin. Für‘s nächste Mal merken: auch für die Erwachsenen Helme mitnehmen, Helm beim Eislaufen ist in Norwegen wie Helm beim Fahrrad fahren. Alle Kinder und die meisten Erwachsenen machen es und die anderen Erwachsenen werden strafend angeschaut. Mit Recht, mit dem Kopf auf dem Eis aufschlagen kann schnell richtig schief gehen.

Wir haben auch die Nachbarn und die Ex-Nachbarn getroffen und das war auch sehr schön, aber am besten war, beide Kinder an der frischen Luft so zufrieden zu sehen.

Tag 2066 – Tidelibomm.

Es schneit und schneit und schneit. Südnorwegen versinkt im spontanen Schneechaos, nachdem wir ja irgendwie alle schon sehr auf Frühling gehofft hatten.

Aber wie sagte eine Freundin mal so schön: Tauwetter vor Ende März kann ich nicht ernst nehmen.

Hier ist Frühling halt erst nach Ostern. Irgendwann lerne ich das noch. „Osterglocken“ im Mai, Pünktlich zum 17. Mai hier unten dann auch Tulpen.

Immerhin ist es hell, wir könnten dann die Weihnachtsbeleuchtung echt mal abmachen.

Winter soll jetzt weggehen und Corona mitnehmen.

Halsschmerzen, eigentlich nur ein Halskratzen mit einem leichten Gereiztheitsgefühl in den oberen Bronchien, braucht ja zur Zeit auch wirklich gar niemand. Schon mal gar nicht, wenn der nächste Testtermin erst am Samstag zu bekommen ist, weil morgen die halbe Grundschule erneut getestet werden muss, weil da die britische Variante grassiert. Japp, DIE Grundschule, auf die Michel geht und sämtliche Kinder sämtlicher Nachbarn. Juhu.

Tag 2005 – Schon wieder nix zu erzählen.

Lange geschlafen, gebadet, spazieren gegangen. Fast wie Wellness.

Länger mit meiner Mutter telefoniert, auch mal wieder sehr schön.

Mit Michel über einen Vorfall gestern Abend gesprochen. Leider ist er da nicht sonderlich zugänglich und will hauptsächlich, dass wir aufhören, darüber zu reden. Ich möchte, dass er versteht, dass schlechte Gefühle nicht weggehen, wenn man nicht darüber redet.

Ein paar Jahre haben wir noch für dieses „Erziehen“.

Die Kinder haben heute Wintersport betrieben, Michel war Schlittschuhlaufen mit seinem Kumpel, Pippi war Ski laufen (wohl im Schneckentempo, aber tjanun, man muss das eben auch lernen) mit Herrn Rabe. Leider nicht gleichzeitig, sonst wäre ich hier wohl jubelnd durchs Haus getanzt. Jetzt endlich haben wir ja sowohl Schnee als auch durchgehend Minusgrade, sodass der Bolzplatz an der Schule nun wieder eine Eisbahn ist. Es ist auch alles gleich viel freundlicher und heller und nicht mehr so grau.

Jetzt aber ab ins Bett, schon wieder so spät!

Tag 1204 – Winterkind.

Der Winter ist meine liebste Jahreszeit. Selbst ohne Schnee finde ich es so schön, wenn es knackig kalt ist. Gegen Kälte kann man sich anziehen, bei Hitze sind dem halt Grenzen gesetzt, irgendwann kann man nur noch Sachen ausziehen, wenn einen niemand sieht oder man in Kauf nimmt, Bußgelder wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses zahlen zu müssen. Aber egal, ich schweife ab, es war hier die letzten Tage jedenfalls sehr kalt und in Verbindung mit dem vielen Nebel, den wir hier so haben, ergab das ein Raureif-Paradies. Auf mich wirkt diese farblose Welt unheimlich beruhigend, als müssten sich die Augen und auch das Gehirn endlich mal etwas weniger anstrengen. Deshalb habe ich gestern davon einige Fotos gemacht. Alle ohne Filter, echt wahr.

Und dann nochmal eins, als die Sonne unterging.

Tag 1163 – Winter is coming.

Jaja, ich weiß, bei Ihnen sind immernoch überall 35 Grad und Sie grillen und baden den ganzen Tag, aber hier ist der Winter-Struggle schon ein bisschen realer. Wir haben zwar etwa genau das Wetter, was ich in Trondheim immer vermisst habe, nämlich… naja hauptsächlich trockenes und vor allem beständigeres, die Sonne scheint und die Luft ist klar und herbstlich und das alles ist einfach perfekt, geht aber mit Kälte einher. Nachts frierts und morgens friert Michel auf seinem Fahrrad. Tagsüber blieb es dann in den letzten Tagen auch frisch, maximal 8 Grad heute, aber so muss das im Herbst ja auch sein. Ich finde das jedenfalls ganz wunderbar und schiebe es einzig und allein auf die Herbstluft, dass mein seltsamer Reiz(?)-Husten endlich fast weg ist.

Pünktlich zu diesen Herbstgefühlen kam heute ein Zettel mit Michel aus der Schule, darauf Werbung für den Skiverein. Michel war gleich Feuer und Flamme und probiert das nächste Woche mal aus. Ich werde jetzt also, of all things, Skimutter, und morgen wird meine erste Amtshandlung darin bestehen, den Verein zu kontaktieren, was die Kinder denn brauchen. Muss jedes Kind einen Eimer Schnee mitbringen? Man weiß es nicht. Dann wird Michel neue Ski brauchen, denn die Kinderski sind viel zu kurz, Wollsocken haben wir neulich neue gekauft, Wollunterwäsche auch. Heute haben wir außerdem Winterstiefel für Michel gekauft, mit super dickem Futter, als Dauer-an-den-Füßen-Friererin bin ich fast ein bisschen neidisch. Einen Winteranzug hat er noch, den mag er zwar nicht, weil ja nur Babies Einteiler tragen, aber das Ding hat über 1000 Kronen gekostet, das wird angezogen, bumms aus. Der muss nochmal imprägniert werden. Die Schuhe auch. Bei Pippis Sachen muss ich noch schauen, was davon noch passt, jedenfalls habe ich schon einen gefütterten Regenanzug und mindestens einen Schneeanzug gefunden, der ihr passen müsste. Bei den Winterstiefeln hege ich gewisse Zweifel, ihre Füße sind schon recht groß und eventuell einfach zu groß um das letzte Paar Winterstiefel, das Michel nicht komplett abgerockt hat, auftragen zu können. Dann müssen wir noch mal Winterstiefel kaufen. Ächz.

Winter is coming, Winter is making a lot of Arbeit and Winter is schon auch teuer.