Wir sind da. In Bielefeld. Komisch ist das. Manche Sachen sind wir immer. Manche sind ganz anders. Meine beste Freundin zum Beispiel, die haben wir in Bremen besucht. Sie wohnt da jetzt mit ihrem Freund und arbeitet bei einer Behörde. Die Wohnung ist wunderschön, mit Dachterrasse und einem Zimmer für jeden zusätzlich zum Wohn- und Schlafzimmer, so hatten Herr Rabe und ich das in grauer Vorzeit und vor den Kindern auch und so finde ich es eigentlich auch ideal, einen Rückzugsort für jeden, kein Schmollen im Schlafzimmer und kein Badezimmertürenknallen. Aber tjanun, in 15 Jahren, wenn alle Kinder ausgezogen sind dann wieder. Jedenfalls, die äußeren Umstände sind bei der Besten ganz anders als sonst immer, das letzte Mal besuchten wir sie ja in Wien zu ihrem 30. Aber sie selbst ist wie immer und unsere Freundschaft auch. Ich hingegen bin gefühlt gar nicht wie immer, ich bin halt Mutter, ich putze permanent Pippis Nase und versuche Michel von einem knurrenden Dinosaurier wieder in einen kleinen Jungen zu verwandeln. Ich hoffe, sie sieht das auch so wie ich im Grunde: das sind auch nur äußere Umstände. Ich bin noch ich, mit ein paar neuen Facetten, aber nicht grundsätzlich anders. Muss ich sie mal fragen.
Was jedenfalls ganz genauso ist wie immer ist Herr Rabes Elternhaus. Seit über elf Jahren kenne ich das nun, vor fast elf Jahren nahm ich den Geruch von Herr Rabes Zimmern unterm Dach das erste Mal so richtig wahr, vor fast elf Jahren war ich das erste Mal bewusst in der Küche mit der dunkelbraunen Keramik-Spüle und der Wachstuchtischdecke auf dem Tisch, an dem nie gegessen wird. Seit elf Jahren hat sich an diesem Haus nichts verändert, jedenfalls nicht grundlegend. Herr Rabes altes Zimmer riecht genau wie immer, obwohl er seit… 10? Jahren hier nicht mehr wohnt. Die Möbel sind anders, das Flair ist das gleiche, jedenfalls hier oben. Unten ist alles beim alten, außer dass mein Schwiegervater wohl nicht so viel Wert auf jahreszeitlich wechselnde Deko legt wie meine Schwiegermutter es tat. Man findet hier also grad mühelos Weihnachts-, Frühlings-, Herbst- und Osterdeko. Michel war da ganz froh drüber und hat den Osterhasen erstmal zum Kampf gerüstet*.
Pippi hat „Opa K.“** auch gleich ins Herz geschlossen und ihre Schätze-Sammlung in alles Details präsentiert.
Und den Schnecken geht es auch gut.
Ich versuche ja, nicht so attached zu den Schneckenbabys zu werden, weil sie morgen schon ihre Reise in den Ruhrpott antreten werden, aber: sind die nicht niedlich?
Jetzt schnorcheln die Kinder mit Herrn Rabe um die Wette. Das ist auch sehr schön. Und ein ganz anderes Geräusch als vor 11 Jahren.
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*mit Deutschlandfahnenbinde am Fuß. Michel ist sehr enttäuscht, dass man in Deutschland so wenige Flaggen sieht. Ich finde das ja ganz normal und schlucke jedes Mal ein wenig, wenn das Kind fröhlich Flaggen malt.
**Als hätte sie mehrere Opas. :/