Tag 1661 – Allzeit bereit.

Angesichts der allgegenwärtigen* Coronavirus-Panik haben wir heute endlich in Angriff genommen, was mir schon länger ein schlechtes Gewissen macht, nämlich: Katastrophenbereitschaft. Wie in wahrscheinlich jedem Land wird auch hier regelmäßig eine Broschüre rausgegeben, wenn man die nicht mehr parat hat, kann man auch alles im Internet nachlesen, und da steht dann, man soll alles zu Hause haben, um im Fall der Fälle 3 Tage ohne Wasser und Strom auszukommen. Auf Norwegisch sieht das so aus:

Dazu kam gestern eine Mail vom Kindergarten, dass „viele Tausend Menschen“ in Norwegen zur Zeit in „hjemmekarantene“ seien, also zu Hause in Quarantäne und seien wir mal ehrlich: ich habe null Lust, dann noch überlegen zu müssen, wie ich gegebenenfalls an Essen komme, wen ich bitten könnte, wo ich bestellen könnte und so weiter also haben wir heute Prepper-Tag gemacht und beide Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Jetzt haben wir ausreichend Gas für den Gaskocher, immerhin einen Plan, Sprit für den Spritkocher zu kaufen, einen Kamin und Schlafsäcke haben wir eh und auch Holz für den Ofen, aber nun haben wir auch Streichhölzer. Wir haben Kanister, in die wir morgen Wasser füllen und wir haben 3×4 Dosen mit Essen, die wir alle hoffen, niemals essen zu müssen. Ich habe sogar Jodtabletten für die Kinder gekauft und muss glaube ich gleich noch ein Glas Wein trinken, um die „Die Wolke“-Bilder aus meinem Kopf zu verbannen.

Für den unwahrscheinlichen Fall einer Quarantäne haben wir reichlich Nudeln und noch keinen Reis, weil wir den im (oh the irony) Asialaden kaufen. Wir haben Dosen mit Tomaten und Gemüse und wir haben 4 Flaschen Ketchup. 4 Tüten Haferflocken (von der Katastrophenliste oben), Mehl und Trockenhefe, Zucker, Saft und Trockenobst und Knäckebrot.

Die Mengen heute waren nicht mehr so ganz Haushaltsüblich und ich empfehle das nicht, sowas mit Kindern im Schlepptau zu machen, jedenfalls nicht meinen, die dabei, OH THE IRONY! im Laden alles anlecken. Es ist auch echt teuer, wenn man alles auf einmal kauft, lieber mal hier nen Kanister und mal da ne Dose extra kaufen, schont Nerven und Geldbeutel. Aber tjanun, wenn mich der Rappel packt**, dann ist das so und ich mache das dann eben nur einmal und dafür so richtig.

Morgen wird das dann alles hübsch katalogisiert und ein rotierendes System für so Sachen wie Nudeln, Saft und Haferflocken erdacht, damit das nicht abläuft. Wenn wir schon preppern, dann mit Exceltabelle. Für die Jodtabletten habe ich mir schon einen Termin ins Handy gespeichert, wenn sie ablaufen, das mache ich für die Dosen wohl auch, weil die sonst nie im Leben wegkommen.

Sie dürfen jetzt gerne lästern. (Und nein, ich hab weder Desinfektionsmittel noch Mundschütze gekauft. Seife schon, aber die brauchten wir eh.)

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*das ist ein Witz. Hier in Norwegen sind die Regale voll und die Augenbrauen des Kassierers angesichts eines Supermarktbandes voll mit absurden Mengen Dosen und Nudeln und 1 Zucchini, 1 Paprika, 1 Packung Lachs und 2 Gurken ganz oben.

**oder ich aus Gründen nicht allzu viel Zeit zum nachdenken haben will

Tag 1660 – Speziell.

Meh, Geheimhaltung. Ich wollte so gern erzählen, dass ich mich im Beruf weiter spezialisiere und hoffentlich bald was machen kann, was tatsächlich meiner Ausbildung deutlich näher kommt als der einer Pharmazeutin (hihi), aber. Geheim, geheim.

Wir haben jetzt einen Notified Body in Norwegen und alle so Yeah. Das haben wir heute zum gefühlt vierten mal gefeiert. Ich hätte irgendwie lieber gearbeitet, ich bin nämlich heute mal wieder wegen tausend anderer Sachen nicht mit den sich eh schon auf dem Schreibtisch und in der Outlook-Task-Liste stapelnden Aufgaben fertig geworden. Uffz.

Weiter keine Leichtigkeit. Nichts verändert, aber mehr Zeit, drüber nachzudenken, da Inspektion erledigt.

(Ich bin so müde, ich fürchte die Schilddrüsenblocker sind überdosiert. So schön, dass ich einen guten Dialog mit meiner Hausärztin habe, die mich ständig auf dem Laufenden hält um die Dosis schnell ändern zu können*.)

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*ich habe seit „die Werte sind schon viel besser“ vor zwei Wochen nichts mehr gehört. Weder Werte, noch Dosis-Anpassung, noch, wann ich eine neue Probe abliefern soll. Bin dezent angepisst.

Tag 1659 – Ohhhmmm.

Ich muss mich grad echt zusammenreißen, nicht nachzutreten. Herrje, die Diskussions“Kultur“ einiger Menschen im Internet ist echt kaputt. So wird das nichts mit dem Weltfrieden, ihr Lieben!

Wir haben den 1. Coronavirusfall in Norwegen! Tusch, Applaus und Fanfare! Und die Freundin von des Mannes Arbeitskollegen saß im gleichen Flugzeug wie die infizierte Person. Mit einer Wahrscheinlichkeit größer null werden wir nun also alle an Coronavirus sterben.

Butter bei die Fische: die Wahrscheinlichkeit, dass einer von uns 4en an Coronavirus stirbt, ist, bei einer angenommenen Ansteckungsrate von 4% bei nicht-engem Kontakt (Quelle: hab ich auf Twitter irgendwo gelesen) und, sagen wir mal, 20% innerfamiliär, und Sterblichkeit in unseren Altersklassen von 0,2% bei:

0,04 (die Freundin vom Arbeitskollegen) * 0,2 (Arbeitskollege) * 0,04 (Herr Rabe) * 0,002 * 100 = 0,000064% für Herrn Rabe, sowie

0,00000064 * 0,2 * 100 = 0,0000128% für den Rest von uns, also insgesamt dafür dass einer von uns vieren an Covid19 stirbt:

0,000064% + 3*0,0000128% = 0,00001024%.

Die, dass wir alle sterben, beträgt 1,34*10^-19%.

Da kaufe ich noch nicht mal Wasser für, ey.

Bitte waschen Sie sich häufig die Hände.

Tag 1658 – Bumms.

Ich platze gleich. Ich habe einen riesigen Teller (wirklich gute) Fischsuppe gegessen. Zum Mittagessen gab es Spinat-Schafskäse-Quiche und Salat und danach Pavlova weil jemand beim Hersteller 50 wurde und das ein netter Hersteller ist. Zum Frühstück Müsli. So schlimm kann die Schilddrüse also momentan nicht eskalieren, wenn ich mich so fix überfresse.

Der Hersteller kriegt ein kleines Extra-Herzchen weil ich mir auf Nachfrage vegetarisches Essen gewünscht habe und jetzt alle mit mir vegetarisch essen. Herzchen-Herzchen!

Tag 1656 – Nicht wirklich besser.

Eins der Dinge, die mir das Wochenende verleidet haben, hat sich einigermaßen gelöst, aber ein bisschen wurde es auch von dem anderen Ding überschattet. Das hat sich leider nicht gelöst. Im Gegenteil.

Ich entschuldige mich schon mal für die Kryptik hier. Und auch dafür, dass die nächsten Tage vielleicht vermutlich nicht vor Leichtigkeit strotzen werden. Aber ich mag auch nicht drüber reden, es sträubt sich in mir und will nicht raus.

Meh, alles.

Tag 1653 – Wie so ein iPhone.

Also. Ich nöle seit Wochen, ich muss meine Haare schneiden lassen. Und hab nie Zeit, weil Arbeit, Arbeit, Arbeit. Heute hab ich dann endlich mal 5 Minuten ArbeitsZeit investiert und mir spontan einen Termin gemacht, bei einer Lehrling, bei einer Kette, bei der ich noch nie war. Das mit den Lehrlingen, das gebe ich ja nicht auf. Die Lehrlinge bei der Kette bieten ein Paket an, für schlappe 999 Kronen (100 €, falls Sie Haare schneiden in Deutschland oder sonstwo teuer finden – hier mal ein wenig Relation). Da ist drin: Schneiden, Färben, Haarkur, Styling. Gut, da the ich, ich hab mal Bock auf was anderes, was neues, mag mir aber auch nix ausdenken, Farbe klingt gut, Paket klingt gut.

Also war ich da soeben und für 2,5 Stunden. Ohne Plan und mit der Aussage „alles außer dunkler als jetzt und keine Federn, Fransen oder ähnliches“.

Rosé-Gold war die Idee der Meisterin, ich sagte „macht, mir alles egal“ und dann wurde losgelegt, auf dass meine Haare die Farbe eines iPhones annähmen. Erst leicht bleichen, dann Tönen. Zwischendurch kam mehrmals Silbershampoo zum Einsatz, da dachte ich schon, Hups, hätte ich vielleicht sagen sollen, dass meine Haare ganz schnell orange werden?

Und ich sag’s mal so: es ist eine lustige Version von Rosé, es ist beim Föhnen schon viel besser geworden und mir wurde angeboten es direkt zu machen und sonst versprochen, dass es, wenn es mir nach einer Woche und etwas rausgewaschen immer noch zu Orange ist, etwas abgemildert wird, kostenlos.

Aber so schlimm finde ich es gar nicht. Sie hat recht gut den Farbton meiner Mutter und meines Bruders getroffen. Mal gucken, was ich in ner Woche sage.

Tag 1652 – Minus vier.

Die Fähnchen fangen an, so lange überfällig zu werden, dass sie sich selbst erledigen. Das ist ziemlich doof aber so lerne ich vielleicht priorisieren und wegdelegieren. Heute, während ich mit den Fähnchen kämpfte, wollte sich mir ein weiteres Fähnchen aufdrängen und ich hab es eiskalt an unsere gemeinsame Mailbox weitergeleitet mit den Worten „kann das wer anders machen, ich komme nicht vor nächster Woche Freitag dazu, das überhaupt anzuschauen.“

Ächz.

Aber immerhin hab ich heute vier Fähnchen grün gemacht und ein weiteres rosa (also teilweise bearbeitet). Einfach runterarbeiten und auch mit der 90%igen Ausführung vorläufig zufrieden sein muss ich auch noch lernen, aber grad geht es nicht anders, nur halt nicht zufrieden sondern zähneknirschend.

Arbeite beim Staat, haben sie gesagt. Da kann man ne ruhige Kugel schieben, haben sie gesagt.

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Hanau macht betroffen und ich mir Sorgen um diejenigen meiner Freunde und Freundinnen, die rassistische Diskriminierung erfahren. Ich kann nicht aufhören, an die Familien der Opfer zu denken und daran, dass der Täter nicht mal mehr bestraft werden kann.

Nazis raus. Alle, überall.

Den Anfängen kann man nicht mehr wehren, dazu ist es viel zu spät und so richtig gab’s ja auch kein Ende vorher.