Tag 2882 – Dies und das.

Die Kinder kamen heute beide sehr müde wieder zurück. Vor allem Michel hatte wohl kaum Schlaf und war dementsprechend nicht wirklich genießbar. Aber er hatte gestern eine gute Zeit und ging dann heute um kurz nach sechs ins Bett – und schlief beim Vorlesen schon ein, was in seinem Leben bisher vielleicht drei mal vorgekommen ist.

Trotz wenig Schlaf haben wir die Kinder gezwungen, den zugesagten Korpsspieltermin wahrzunehmen. Die „Kleinen“, also Aspiranten und Junioren, spielten bei der Saisoneröffnung des Bygdetunet, des örtlichen Freilichtmuseums. Das machten die prima, inklusive Marschieren. Sie haben noch den niedlich-Faktor, das war bei einem Stück ganz gut so, aber ich sag’s mal so: Farin hat am Freitag auch ne komplette Strophe in der falschen Stimmung gespielt. Passiert. Wir Eltern mussten übrigens mit, um den Kindern Notenständer und Pippi ihre Trommel hinterherzuschleppen. Aber das ist alles noch wesentlich besser, als sich jedes Wochenende mit Fußball um die Ohren zu schlagen.

Apropos Ohren: um meine ein wenig zu reinigen, ging ich zu einem Kammermusik-Konzert hier im Ort. Es gibt hier nämlich eine kleine Gruppe professioneller Musiker, die sich semi-regelmäßig für Kammermusik zusammentun. Ich wollte da schon länger mal hin, aber es kam immer was dazwischen. Dieses Mal aber nicht. Das Konzert war in der Kirche und auf dem Programm stand „Brahms+“. Die Musiker sind ein Hornist, ein Pianist und ein Violinist. Das klingt vielleicht wie eine seltsame Kombination, ist es aber, entsprechend arrangiert, gar nicht. Außerdem sind die drei einfach richtig gut, da ist fast* alles einfach schön. Zum Abschluss spielten sie das Horntrio von Brahms und bescherten mir damit gehörige Gänsehaut. Da werde ich auf jeden Fall wieder hingehen und auch Leute zwingen, mitzugehen, für die Qualität der Musik war das Publikum nämlich peinlich spärlich anwesend.

Ansonsten haben wir heute die davon sehr schockierten Schweinchen wieder zu Draußenschweinchen gemacht. Das hätten wir auch schon ein paar Wochen machen können, aber einer von uns war ja an den Wochenenden immer unterwegs und alleine kann man den Käfig nicht versetzen. Die Schweinchen waren wie erwähnt not amused, ich glaube, die mögen auch keine Veränderung. Bisher haben sie einen sehr kleinen Teil des Geheges neu erkundet und sich dann ins Häuschen zurückgezogen und mich sogar als ich mit Gemüse kam, nur skeptisch aus dem Haus angeguckt, ohne rauszukommen. Ich kann es ja verstehen, draußen ist alles anders, Geräusche, Gerüche, Untergrund, und es sind kleine, ständig in der Angst, gefressen zu werden, lebende Klopse auf Beinen. Aber erfahrungsgemäß werden sie sich dran gewöhnen und spätestens in ein paar Tagen immer quiekend am Gitter hängen, wenn die Nachbarn vorbei gehen, die werfen nämlich gern mal ein Salatblatt oder zwei aus deren Garten zu den Schweinchen rein. Das dürfen sie auch, sie haben gefragt, nicht dass Sie jetzt denken, Norweger würden sowas einfach ungefragt machen. Um Himmels Willen, das würde denen nicht einfallen! Es wurde ordentlich gefragt und jetzt freuen sich die Schweinchen über Salat und die Nachbarn über quiekende Schweinchen.

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*ok, das erste Stück war nicht mein Fall. „Appell Interstellaire“ (glaube ich) von Olivier Messiaen. Sehr, äh, modern.

Tag 2635 – Umzug.

Die Schweinchen wohnen jetzt wieder drinnen. Für Ganzjahres-Außenhaltung ist norwegisches Klima dann doch eher nicht gemacht. Die Schweinchen sind allerdings not amused über diesen Wechsel, denn allen Wechseln ist mit großer Skepsis zu begegnen.

Ansonsten war hier heute nicht viel los, muss ich sagen. Herr Rabe war mit Pippi schwimmen, Michel hat sich das Knie beim Fahrrad fahren angehauen, wir haben sehr spontan zu einer Geburtstagsfeier für Michel (Vorfeiern! So weit haben sie uns schon in diesem komischen Land!) nächsten Sonntag eingeladen. Ich hätte gern mehr als eine Dreiviertelstunde Geige gespielt, aber es war nicht drin, dafür war ich baden als der Strom kurz halbwegs günstig war.

Jetzt ist langsam Bettzeit. Morgen ist ja wieder Arbeit angesagt, jedenfalls für Herrn Rabe und mich, die Kinder haben Ferien, Pippi geht in den Hort. Ab Mittwoch habe ich dann auch noch ein bisschen frei – oder „frei“, zumindest frei von der Erwerbsarbeit. (Es ist ja schon fast wieder Winter, also werde ich wohl Carona zum Reifenwechsel fahren und dann noch die vermackelte Sommerfelge zur Reparatur bringen, Cardos müsste auch die Reifen gewechselt und die Bremsen geschmiert bekommen, mindestens Cardos braucht außerdem dringend neue Scheibenwischerblätter und der Garten ist auch noch nicht herbstfertig. Fenster sehen auch schon wieder aus wie hulle und der Ventilationsfilter muss gewechselt werden. Und und und.)

Tag 2326 – Wochenendausklang.

Muss echt schon wieder fast Montag sein? Uff.

Gestern waren Pippi und ich übrigens auf einem Kindergeburtstag, das war, wo ich übertrieben habe. Pippis Freundin, die auf die französische Schule in Oslo geht, hatte Geburtstag, und es waren gefühlt 300 (in echt so 5?) andere Kinder dieser Schule da, sowie die zwei Eltern, die sie gefahren hatten. Die französischsprachigen Kinder sind, gemessen an norwegischen Kindern, laut und wild und die Eltern tiefenentspannt und lassen sie halt ölen. Kein Entertainmentprogramm, dafür mehr Zeit und hinterher sah es halt aus, als hätten 7 Kinder wild gefeiert, während die Eltern Kaffee tranken. Ich blieb mit Pippi dort, weil die anderen Eltern nett und interessant schienen und Pippi bis auf ihre Freundin keine anderen Kinder kannte. Die anderen Eltern waren tatsächlich nett und interessant. Es passiert nicht so oft, dass ich geballt auf mehrere (ebenfalls) sehr gebildete, intelligente und herumgekommene Erwachsene treffe, die auch noch alle einen unterschiedlichen Hintergrund haben. Menschen schicken ihre Kinder auch aus völlig unterschiedlichen Gründen auf eine französische Schule, weiß ich jetzt. Pippis Freundin ist dort, weil ihre Familie Französisch spricht und ihr Vater selbst auf einer französischen Schule war. Ihre Mutter hat in Paris studiert. Beide Eltern haben aber andere (und unterschiedliche) Muttersprachen. Ein weiteres Kind, das da war, ist Tochter eines Botschafters aus einem französischsprachigen Land. Die Kinder einer Mutter, die gefahren war, sind auf der Schule, weil der Vater der Kinder auch auf einer französischen Schule gewesen war, der dort war, weil wiederum dessen kommunistischer Vater eine säkulare Schule wünschte, was in Francos Spanien nicht so ohne Weiteres möglich war. Die Kinder eines Vaters, der gefahren war, sind hauptsächlich dort, weil sie die nächstgelegene Schule ist. Der Vater hat den größten Teil seiner Schulzeit in Kanada gelebt, kann also auch Französisch, aber sie wohnen halt neben der Schule.

Dementsprechend gemischt ist auch das Norwegisch der Kinder und in Gegensatz zu uns Erwachsenen können die sich ja nicht problemlos auf Englisch unterhalten, aber es klappte tatsächlich ganz gut, Pippi zu integrieren. Ich integriere mich bei sowas ja wundersamer Weise immer problemlos, muss mich aber hinterher hinlegen. Aber es war wirklich nett und auch gut, mal erwachsene Gespräche zu führen mit anderen, die nicht ausschließlich den norwegischen Blickwinkel mitbringen. Gerade jetzt. Heute verdaue ich aber immer noch daran herum und morgen muss ich ins Büro und schon wieder Leute treffen, mimimi.

Was mir bei mimimi einfällt: ich habe gar nicht erzählt, wie es mit dem Schweinchen und seinem Gnubbel am Po weiterging. Nachdem der Chirurg sich von einer Covid-Infektion erholt hatte, wurde der Gnubbel Mittwoch entfernt. Sie wollen nicht wissen, was das gekostet hat, ich sage mal so: das Pflaster, das danach auf dem Schweinepo klebte, hätte eigentlich auch aus reinem Gold sein können bei dem Preis. Haustiere haben ist ne schlechte Idee bei strammem Budget. Mittwoch nachmittag holte ich ein leicht desorientiertes, aber sonst fittes, Meerschwein ohne Gnubbel vom Tierarzt ab, das auf seinem rasierten Po ein fettes Pflaster kleben hatte (why???). Erwartungsgemäß hielt das Pflaster nicht lange, aber ich hab ja liebe Schweinchen, die nicht an ihre Wunden gehen. Und jetzt habe ich ein beleidigtes Schwein ohne Gnubbel, das nicht lustig fand, täglich aus dem Käfig gefischt zu werden, um Schmerzmittel zu bekommen. Mit einer fetten Narbe, die aber gut zu heilen scheint und einer einseitig rasierten Pobacke. Es ist erstaunlich, wie viel Fell diese Klöpse haben, wenn man es dann mal stellenweise entfernt. Aber es ist ja auch Winter, wer weiß, vielleicht schneit es plötzlich im Wohnzimmer. Jetzt hoffen wir auf ein paar Gnubbelfreie Jahre, das wäre schön. Es soll ja auch eigentlich gerne wieder ein drittes einziehen, aber ich finde immer nur Jungtiere aus unseriösen Quellen und mich da jetzt groß in der norwegischen Meerschweinwelt vernetzen, uff, nee. (Sind eh hauptsächlich Züchter*Innen.)

Tag 2309 – Wirklich ganz ehrlich!

Nichts zu erzählen. Traurige Wahrheit. Hier passiert absolut gar nichts. Das Spannendste, was heute passiert ist, ist, dass ich mit einem Schwein (Pølse) bei der Tierärztin war, weil ihr ein Gnubbel am Po wächst, und dass man in der Praxis immer wieder überrascht ist, dass ich sowas wegoperiert haben will. Ich frage mich ernsthaft, ob andere ihre Tiere entweder passiv oder aktiv sterben lassen, sobald irgendwas ist. Wahrscheinlich ja und das finde ich entsetzlich. Wir reden hier von einem mittelalten, ansonsten topfitten (etwas moppeligen) Meerschwein, das noch ein paar Jahre vor sich hat, wenn man solche Gnubbel nicht bis ultimo wachsen lässt. Ich kann da nur mit dem Kopf schütteln. Aber für nen Rassehundewelpen Zehntausende Kronen hinblättern.

Immerhin wurde ich für gute Pflege gelobt. Topp Fell, Zähne und Krallen. Dabei habe ich an den Krallen seit Monaten gar nichts gemacht, außer zwei Rampen zu basteln (besser: durch Herrn Rabe basteln zu lassen), die mit Skateboard-Gripfolie beklebt sind, und das Futter immer auf die oberen Etagen zu legen. Ich gucke wöchentlich nach, aber bei Pølse muss man gar nichts machen und bei Marshmallow nur die hinteren Krallen ab und zu minimal kürzen (was immer toll für alle Beteiligten ist, weil sie komplett schwarze Krallen hat).

Die Schnecken schlafen noch. Ich muss mal nachgucken, wann sie letztes Jahr aufgewacht sind, nicht, dass sie schon längst wach sein sollten. Es wird zwar jetzt wieder deutlich heller, aber bis das Licht in die Schneckenecke kommt, dauert es noch ein bisschen, deshalb bin ich nicht sonderlich beunruhigt.

Tag 2189 – Vorbereitungen und so weiter.

Nein, ich koche nicht vor, bevor ich operiert werde.

Aber ich entferne schon mal alles Metall aus meinem Körper*.

Ich brauchte schnell einen Platz, wo ich es nicht aus Versehen vom Tisch fege…

Morgen habe ich den HNO-Termin zur Kontrolle, und ich dachte, FALLS das Zungenpiercing nicht rausgeht, könnte ich im Notfall nach dem Termin in Oslo zu einem Piercingstudio gehen und es dort entfernen lassen. Aber ging ja, mit zwei Zangen und Herrn Rabes Fingerspitzengefühl. Angeblich wächst das ja super schnell zu, ich bin gespannt, ob das stimmt. Auch wenn ich nach 18 Jahren denke, es ist jetzt auch mal gut gewesen damit. Irgendwann muss eine ja erwachsen werden.

Ansonsten passierten heute diverse Dinge hier zu Hause. Ich habe das darüber äußerst empörte Langhaarschwein mit dem Langhaarschneider traktiert, damit seine Haare nicht im Draußengehege über den Boden schleifen. Immer wieder faszinierend, dass man sich aus den abgeschnittenen Haaren fast ein zweites Meerschwein häkeln könnte. Kaum war ich damit fertig, als plötzlich, zusätzlich zu Pippis Spielbesuch, zwei weitere Kinder bei uns waren, die Herr Rabe ins Haus scheuchte während er mir zurief, er fahre jetzt deren Vater (unseren Nachbarn) zur Legevakt, der von einer Wespe in die Nase gestochen wurde und eine allergische Reaktion vermutete. „Mir wird ein bisschen schwindelig!“ hörte ich den Nachbarn sagen. Es ging alles gut, es gab Adrenalin und Antihistaminika für den Nachbarn, der jetzt Allergiediagnostik gewonnen hat. Der Schwindel kam vermutlich von den Herzrhythmusstörungen, die der Wespenstich ausgelöst hatte und es war gut, dass er gleich gekommen ist. Die Kinder trugen es mit Fassung, vielleicht auch, weil wir ein neues Switch-Spiel haben. Spannend an Pippis Spielbesuch war, dass ich, getrieben von der bekannten, heftigen Wespenallergie des Kindes (das ist das, was immer einen EPI-Pen dabei hat) und diesem Schreck mit dem Nachbarn leicht hektisch werdend die sich plötzlich im Haus materialisierenden Wespen rausscheuchte und dann alles verrammelte, als wäre nicht Sommer und 26 Grad und Durchzug wegen Pandemie eigentlich sinnvoll. Aber man kann nicht alles haben, und ich will echt nicht diesen Pen benutzen müssen.

Dann machten wir einen kleinen Ausflug zum Bauernhof, wo ich das Besuchskind erfolgreich in Socken, in die auch die langen Hosenbeine gesteckt wurden, quatschte, wie es mir seine Mutter geheißen hatte. Keine nackten Knöchel, während man im hohen Gras rumstapft. Wir ernteten Rhabarber und Salat und es gab keine Eier. Tjanun. Aber Rhabarber, morgen gibt es also Kuchen und der Rest wird eingefroren und wartet darauf, dass norwegische Erdbeeren irgendwann vielleicht bezahlbarer werden. Was möglicherweise nicht passiert, weil die Erdbeerbauern nicht so leicht die üblichen Billiglohnpflücker*Innen importieren konnten und sich (angeblich) die Norweger*Innen für sowas zu fein sind. Aber das ist dann halt so und ein Kilo Erdbeeren (plus Zucker und Geliermittel) ist immer noch wesentlich billiger, als die Marmelade zu kaufen, die man daraus kochen kann und es schmeckt auch besser (weil wir die norwegischen Erdbeeren reintun und Rhabarber haben).

Medienmäßig ist Sommerloch, man merkt es deutlich. „Überraschend“ wurden im ersten Halbjahr 2021 weit mehr Kinder geboren, als der Trend der letzten Jahre anzeigte. „Überraschend“ nehmen norwegische Hoteliers und Leihwagenfirmen die in Norwegen urlaubenden Norweger*Innen schamlos aus, Angebot (zum Teil künstlich) klein, Nachfrage groß, Kapitalismus ist so schön simpel. „Überraschend“ sind die Freizeitparks alle auf Wochen ausgebucht. Es ist alles ein großes „Nein! Doch! Oh!“-Fest.

Ich werde morgen „überrschend“ müde sein, wenn ich um sieben hier los fahre zu dem HNO-Termin…

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*abgesehen vom Draht, der meine Schneidezähne an ihrem Platz hält

Tag 2176 – Schon wieder…

Wieder so Wetterveralberung, angekündigtes Gewitter und dann kamen so fünf Tropfen runter. Immerhin ist es jetzt windig, da wird die stickige Luft weggeblasen.

Heute habe ich das Wohnzimmer aufgeräumt statt zu entspannen bevor ich die Füße wenigstens ein wenig hochgelegt habe.

Außerdem war ich mal wieder mit einem Meerschwein bei der Tierärztin, diesmal allerdings mit Marshmallow. Hin sind wir wegen geschwollener Zitzen, raus kamen wir mit einer genommenen Probe aus einer neu entdeckten Beule. Das Schwein bekommt jedenfalls ein Sternchen ins Heft geklebt, es hat keinen Mucks gemacht (hat wahrscheinlich drauf gebaut, so unsichtbar wie möglich zu werden).

Ich habe zwar eine lange To-Do-Liste (sehr lang), aber auch eineinhalb kleinere Projekte nur für mich, aber erzählen tue ich das erst wenn es geklappt hat, hähä. Das eine ist bisher… huff! Das andere (halbe) schon besser.

Tag 2088 – 3/4 Moorleiche.

Also so ganz ohne was vorm Fenster schläft es sich nicht so gut. Die Sonne geht um ca. sechs Uhr auf und dann ist es halt hell. Wenn man das nicht gewohnt ist, ist man dann wach – oder döst noch eine Weile unter der Decke, mit der latenten Angst zu ersticken.

Jetzt ist allerdings an drei Wänden schon gestrichen, zwei mal, und getrocknet und die Rollos können wieder dran. Die Farbe gefällt mir schon mal sehr gut, auch an der Wand und auch im „ganzen“ Raum.

Morgen wird hinter dem Bett gestrichen und der Rest wieder dahin geräumt, wo es hin gehört. Wie es aussieht, werden wir dann wieder einen ganzen Eimer Farbe übrig haben. Ich weiß echt nicht, wie wir das immer schaffen.

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Zwei Schnecken sind aus der Trockenruhe erwacht. Der Rest hat sich noch nicht blicken lassen. Interessant finde ich, dass die größte (älteste) Schnecke als erstes wieder aus der Erde kam.

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Die Schweinchen streiten weiter und Muffin trägt sichtbare Spuren. Das arme Schwein, kann es sich nicht einfach geschlagen geben und der Terrorqueen die Herrschaft überlassen, um nicht gebissen zu werden? Tagsüber ist alles gut, aber abends geht das Gerenne und Gequieke los.

Können Meerschweinchen einschätzen, wie sehr sie zu Abszessen neigen? (Rhetorische Frage.)

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Pippi redet mit ihren Puppen, Bärchen und Einhörnern und denkt sich für die Geschichten aus. Was Herrn Rabe dazu veranlasste, zu fragen, ob das wohl normal sei. „Ich glaub das ist total normal. Dass Michel das nie gemacht hat, hingegen…“

Sie sind halt wirklich sehr unterschiedlich.

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Nach einem Bier bin ich beduselt und zum Umfallen müde. Ok, das liegt vielleicht auch am Streichen, das ist ja schon anstrengend. Noch eine Wand und dann sind wir vorerst fertig, dann KÖNNTE noch im Wohnzimmer und in der Küche gestrichen werden, aber letztere wird vermutlich eh in nicht allzu ferner Zukunft renoviert (lies: innerhalb weniger Jahre), ersteres streichen hab ich persönlich gar keine Lust zu, zur Zeit. Irgendwann muss ja auch mal gut sein.

Tag 2080 – Corontäne v3 Tag 4.

Michels Test ist auch negativ. Hurra.

Wir werden Pippi nicht noch mal testen lassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Testergebnis vor Sonntag Abend kommt, wenn die Quarantäne eh endet, ist gering und das ist es nicht wert, sie da hin zu schleppen und, man muss es ja auch mal so sehen, in einem Raum in dem sich am selben Tag auch maskenlose positive Menschen aufhalten (zur Zeit so etwa 10 über den Tag verteilt) die Maske runterlassen, erscheint ohne großen Bedarf auch wenig verlockend.

Michel geht morgen nicht zur Schule. Auch das ist es nicht wert. Es ist ein Tag, dann sind sowieso Ferien, Pippi ist auch zu Hause und die Klassenlehrerin ist schon im Urlaub. Es ist einfach wurscht, ob er morgen hingeht oder nicht. Außer für die Pandemie. Sagen Sie ihm das nicht, denn eigentlich war die Bedingung dafür, dass er morgen nicht zur Schule gehen muss, dass er heute (und morgen) Mathe macht, das hat er nämlich die ganze Woche schon vor sich hergeschoben. Heute hat er es auch gemacht, aber nur unter Geschrei als würde er dabei gefoltert. Die Schulbuchmacher sind schuld, denn die denken sich aus, dass Achtjährige Aufgaben machen müssen, die eher in der fünften Klasse kommen sollten. Schreit Michel. Glauben Sie ihm das ruhig, er muss es wissen, unschaffbar schwer sind die Aufgaben nämlich, völlig unmöglich zu lösen.

Wir danken Herrn Rabes Engelsgeduld und pädagogischer Ader sowie den Erfindern der Noise Cancelling-Funktion der Air Pods Pro (die wirklich überragend ist), dass hier heute niemand Amok gelaufen oder ausgezogen ist.

Die Schweinchen hatten heute auch irgendwie Stress. Nach dem Abendessen war alles noch gut, als wir die Kinder im Bett hatten, dachte ich, die Schweinchen nehmen die Kiste auseinander. Pølse hat offenbar die Schnauze voll davon, sich Muffin unterzuordnen und jagte die beiden anderen durch den Käfig. Alle drei quiekend und schnatternd, dabei immer wieder Herumgepolter vom Rennen, neues Qieken, wildes Schnattern. Marshmallow wollte offenbar am liebsten da rausgehalten werden und steckte ihren Kopf ins Heu, vermutlich glaubend, dass man sie dann nicht mehr sehen kann. Allerdings wurde sie in ihrem Heuhaufen dann einfach von den anderen beiden über den Haufen gerannt. Pølse versucht, Muffin zu unterwerfen, indem sie ihm bespringt, Muffin versucht sie abwechselnd abzuschütteln und wiegt sich brommselnd hin und her. Das ging sehr geräuschintensiv etwa zwei Stunden so, jetzt scheint aber zumindest so weit Ruhe eingekehrt zu sein, dass ich es schnurpsen und gurren (und sonst nichts) höre.

Ich war ehrlich gesagt nicht auf solcherlei Rangordnungskämpfe vorbereitet, als ich die Schweinchen zu uns holte. Die sind so niedlich und eben so gefährlich wie eine sehr haarige, dicke Wurst mit sehr kurzen Beinchen, aber holla die Waldfee, wenn da eine die Faxen dicke hat, dann geht’s rund. Und Wurst gegen Wurst ist dann auch nicht schön, vor allem wenn die Würste lange und kräftige Zähne haben.

Tag 1929 – Sonntag.

Geweckt worden – mehrmals! – vom heftigen Regen und Wind, der an den Rollos riss.

Trotzdem erst wieder eingeschlafen – mehrmals! – und dann um halb neun ausgeschlafen gewesen, wie so ein ganz normaler Mensch.

Den Tag über die Zyklusendmigräne ausgebrütet.

Mit den Freunden essen gewesen. Das war sehr schön. Wir sollten sowas öfter machen, denn 1. geht bei uns im Ort ja gern alles, was nett ist, pleite, 2. mögen wir die Freunde und 3. ist das Essen da gut, ich hatte Nudeln mit Gemüse-Carbonara* in einer Parmesanschale, Herr Rabe hatte Elchburger.**

Das Auto geparkt und endlich mehr gegen die Migräne tun können, als Ibuprofen gegen die schlimmsten 10% zu nehmen und literweise Wasser zu trinken.

Pippi ins Bett gebracht und ausgiebig gekuschelt. Dank Triptanen dabei gleich mit eingeschlafen.

Abends noch mal Muffin Medikamente gegeben. Muffin ist heute Mittag geschoren worden, die Haare sind einfach zu viele und zu lang, er kann sich nicht selbst sauber halten, weil es so viel ist. Jetzt sieht er etwas lustig aus, mit Bodenfreiheit, einem frech gestuften Bob am Po und einem Amelie-Pony. Es kam schon sehr viel runter, dabei ist das meiste noch dran. Vielleicht sollten wir doch erwägen, Muffin-Perücken anzufertigen.

Den Meerschwein-TÜV haben alle Schweine, lang- wie kurzhaarige, gut überstanden. Muffins Zähne sind nicht mehr schief abgefressen, alle Nähte sehen gut aus (ich hab noch mal überstehende Fäden gekürzt) und er nimmt weiter zu. Möge es einfach mal eine Weile so bleiben. Ich habe auch, glaube ich zum ersten Mal, bei Marshmallow, die nur schwarze Krallen hat, keine zu weit abgeschnitten. Schwarze Krallen bei Meerschweinchen sollten nur in der Wildnis, wo die sich die selbst ablaufen, erlaubt sein.

Sonst war nix, aber reicht ja auch für nen Sonntag.

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*Das ist sicher Frevel. Es waren halt Nudeln in einer cremigen Ei-SoßeSchlonz aber mit Gemüse statt Speck

**man kann noch 4. wir alle müssen ab und an mal aus dem Haus kommen, für was anderes als Arbeiten, hinzufügen. Ist in einer Pandemie sicher zweitviertrangig, allerdings hat unser Ort immer noch keine nennenswerte Inzidenz (0/100.000 in den letzten 21 Tagen, wenn mich nicht alles täuscht), das wird alles noch wieder schlimmer werden und sich auch noch lange hinziehen. Es ist halt ein ständiges Abwägen*** und wir hatten heute unter den gegebenen Umständen das Gefühl, dass es gut machbar war. Kann morgen/mit anderen Leuten/in einem anderen Lokal komplett anders aussehen.

***Ich habe keine Lust mehr auf Abwägen und möchte sowas gerne wieder schreiben können ohne Verteidigungsstrategie im Hinterkopf. Seufz.

Tag 1926 – Uncool.

Die Inspektion ist vorbei und das heißt:

  • morgen im Pandaonesie/Jogginganzug/jedenfalls ohne Inspektørinnendress und ohne Schuhe (!!!) arbeiten (wie sehr man sich im Homeoffice an das Arbeiten in Socken gewöhnt, ist etwas beängstigend)
  • Erst in einer Woche wieder mit dem Auto nach Oslo fahren (fun fact: quasi an den gleichen Ort)

Der Pendelhass hat sich heute noch mal zu ungeahnten Höhen aufgeschwungen. Morgens Stau, Abends Stau, je Weg eineinhalb Stunden statt 55 Minuten. Irgendwann hätte ich das Auto gerne einfach stehen gelassen und wäre zu Fuß gegangen.

Weil Donnerstags HipHop ist und es zeitlich gerade so hinhaute, fuhr ich direkt vom Auto abliefern dorthin. Nicht ganz direkt, weil ich den Zug um eine Minute verpasste, aber wie ich ja weiß gibt es in Gardermoen große, saubere und kostenfreie Toiletten im öffentlichen Bereich und deshalb konnte ich die Wartezeit nutzen und mich dort aus meinem Inspektørinnenkleid und der Strumpfhose pellen und gegen Leggings, Sport-BH und T-Shirt tauschen. Leider hatte ich vergessen, andere Schuhe mitzunehmen, und hatte dann eben Sportleggings (als solche sehr deutlich zu erkennen wegen Reflexstreifen überall und Belüftungsgewebe in den Kniekehlen) zu hochhackigen Wildlederstiefeletten an. Tjanun.

HipHop war cool, nur was wir heute machten, sah an mir und den anderen Teilnehmerinnen (der eine Mann ist mitgemeint) eher nach „Mama, du bist peinlich, lass das mal lieber“ aus als nach cool. Oskar, der Trainer, findet uns trotzdem toll. Ich finde schwitzen und rhythmisches Herumzappeln zu Musik toll. Nur die 16 Jährigen Mädels, die zeitlich leicht überlappend Ballett haben und sich feixend vor unserem Raum auf dem Flur verknoten, die muss ich nicht haben. Generell muss ich die klischeehafte Version von Ballettmädels nicht haben, egal welchen Alters. Ich weiß, dass viele anders sind, aber die Klischeeversion hab ich nach reichlicher Erfahrung gefressen. Und die stirbt nicht aus und ist offenbar auch länderübergreifend anzutreffen.

Abends kuschelte ich lange mit den Kindern. Die sind sehr groß geworden in den letzten drei Tagen. Vor allem Michel. Michel ist auch ganz begeistert dabei, Muffin das Sorgenschwein zu versorgen. Dabei ist er auch ganz ruhig und entspannt und liebevoll. Das ist sehr schön zu sehen.

Muffin muss weiter Antibiotika nehmen, diesmal ziehe ich das durch, bis da alles 100%ig verheilt ist, und vor allem muss Muffin zunehmen. Deshalb kriegt er nach dem Antibiotikum immer eine gute Dosis extra Snacks, wie zum Beispiel Sonnenblumenkerne. Die nimmt er gerne auch direkt aus den Fingern, Michel reicht ihm das gerne an und so freunden sich die beiden an. Muffin hat sich an die Antibiotikagabe soweit gewöhnt, dass er sich ohne auch nur noch wegzulaufen aus dem Käfig angeln lässt, und obwohl er zwar versucht, den Kopf wegzuziehen, geht es doch meist recht fix, Schwein packen, Kopf leicht fixieren, Spritze seitlich ins Maul, langsam schieben, fertig. Dann schmatzt Muffin angewidert vor sich hin aber ich glaube in dem kleinen Meerschweingehirn wird das Unangenehme recht schnell mit „geil, Sonnenbumenkerne!“ verbunden und teilweise überschrieben. Pawlow ist schon echt klug gewesen. Die Snacks zeigen auch erste Erfolge: 50 g hat Muffin zugenommen, in einer Woche. Superschwein! Wir drücken weiter die Daumen.