Tag 2571 – Ich möchte aber gar nicht.

Ob wir das nun wollen oder nicht, morgen ist Abreise. Es sieht schon alles sehr nach Abreise aus. Die Schränke sind leer, der Kühlschrank ist ziemlich leer, es wird besprochen, was hier bleibt (der Föhn, die Badvorleger) und niemand streitet sich um das Knoblauchsalz. Die Kinder wurden noch mal gereinigt und es sieht so aus, als würden wir mit nur einer Tüte Dreckwäsche nach Hause fahren (plus der dreckigen Bettwäsche, die ja morgen noch abgezogen werden muss).

Ich möchte das alles nicht, ich möchte eigentlich in Embryonalstellung auf dem Boden liegen oder mich ABER!!! brüllend an den Kamin kleben, weil ich weiter Urlaub haben will, ist grad so schön, nur noch ein paar Tage, ok?

Aber das mache ich natürlich alles nicht, sondern habe gepackt. Zwischendurch mit Laune zum was Anzünden, weil siehe oben.

Erwachsen sein stinkt manchmal.

Tag 2570 – Noch ein Mal Strand.

Bei bestem Wetter (nicht zu kalt, nicht zu warm, nicht zu windig, reichlich Sonne) sind wir heute noch mal alle an den Strand gegangen. Zusammen. Das war sehr schön.

Abends hatte uns (ebenfalls alle) Herr Rabes Familie zum Grillen eingeladen und das war auch sehr schön.

Ich werde ganz wehmütig, wenn ich daran denke, dass wir morgen packen und übermorgen fahren. Das ist alles falsch.

Meh.

Tag 2568 – Wasserratten.

Alle vier Kinder hier gehen gerne Schwimmen. Sie tun dann unterschiedliche Dinge, Michel hüpft eine Million mal vom 1-Meter-Brett, Pippi und Frau Wunnibars K1 tauchen nach Ringen, Pippi rutscht auch gern mal, Frau Wunnibars K1 kann schon richtig schwimmen, K2 hat Spaß am Herumpaddeln mit Schwimmflügeln und dem Kinderbecken. Zwischendurch ein Mal Schwimmbadpommes in die Kinder gefüllt und weiter geht’s.

Ach, schön war das. Nachdem ich den (komplett unvorhersehbaren, ähähähäm) Schock verdaut hatte, dass in so einem Schwimmbad sehr viele Menschen und viele Kinder in einer stark hallenden Umgebung sind, ging es auch bei mir halbwegs. Drei Erwachsene sind allerdings zur Betreuung von 4 Kindern (davon 2 Nichtschwimmern) wirklich komfortabel, da kann ich mir kurz leisten, mich geistig etwas zurückzuziehen und die Ohren zu schließen.

Nach dem Schwimmen waren alle rechtschaffen im Eimer, klein wie groß. So ist das eben. Die Kinder waren dann aber happy mit Bildschirmen bis zum Abendessen, um das sich die Männer maßgeblich kümmerten. Ich hab davon nicht so viel mitbekommen, ich habe Geige gespielt und kam erst aus dem Zimmer, als es schon gut roch. Eineinhalb Stunden üben (ca. 20 Minuten davon sind mein festes Warm-Up) wirken wie eine Reinigung für Schwimmbad-gestresste Nerven und Gehörgänge. Hach.

Bisher kann ich Urlaub zu vielen uneingeschränkt* empfehlen.

*Es sei denn man ist echt totale Eremitin, dann vielleicht nicht.

Tag 2567 – Wall-E?

Heute hat es bis zum frühen Nachmittag wie aus Eimern gegossen, deshalb haben wir sehr ausgiebig nichts getan. Das Resultat waren mehrere fertig gebaute und angefangene Legosets:

Sie wurde noch fertig. Ehrlich.

Leider war ein Teil des Resultats auch eine miefige Wohnung und mieflaunige Kinder und Erwachsene. Erstere waren, als es dann endlich nicht mehr regnete, nur unter großen Mühen davon zu überzeugen, das Haus zu verlassen, und bei Michel war exakt an der Türschwelle auch Schluss, aber immerhin war er eine Stunde draußen und ohne Bildschirm. Pippi bekam ich mit der Aussicht auf Eis und dem Versprechen, sie im Zweifel auch zu tragen, zum Spielplatz am Campingplatz gelockt und da angekommen war dann auch alles gut, auch für die anderen Kinder. Die Mädels hatten Spaß und hinterher sehr dreckige Füße. Alle waren einen Teil der überschüssigen Energie losgeworden, selbst Michel, der sich allein im Garten des Ferienhauses abgedampft hatte.

Als die Kinder im Bett waren, spielten wir Erwachsenen noch eine Runde Erwachsenen-Kartenspiele. Jetzt sind wir gegenseitig voll im Bilde über unseren Scheißhumor, der Zweck des Urlaubs ist also erfüllt.

Es war dann doch ein schöner Tag, wenn auch faul.

Tag 2560 – Gammeltag.

Heute haben wir nicht viel gemacht. Wir Erwachsenen haben gequatscht. Ich habe mit Michel Kuchen gebacken. Die Männer waren einkaufen (unser Milchverbrauch ist geradezu absurd, wir sollten doch noch mal überlegen, ob wir nicht gleich eine Kuh kaufen). Michel konnte mit Herrn Igelbert um die Wette klugscheißern und Herr Igelbert hat sehr richtig erkannt, dass Michel ein Wissensschwamm ist, der sehr viel Input braucht und dann aber auch entsprechenden Output hat, wenn ihm danach ist.

Alle haben Lego gebaut, vor allem Pippi und Familie Wunnibar-Igelberts K1, die haben zusammen in stundenlanger Eintracht und Konzentration, nebenher gemeinsam Popmusik mitsingend (!!!) Pippis Lego Friends Haus aufgebaut. Es war wirklich faszinierend, wie gut die zwei das zusammen gemacht haben. Ein Tag ohne Bildschirm. Wird nur leider etwas teuer auf Dauer, wenn wir täglich ein neues, wirklich großes Lego-Set beschaffen müssen. Abends waren die zwei Quatschnasen dann allerdings körperlich so unausgelastet, dass sie beim Haare waschen vor lauter Gehampel und Herumgealber BEIDE Shampoo ins Auge bekamen (hier hektische mich einfügen, die versucht, mit einem Duschkopf zwei Kindern gleichzeitig die Augen freizuspülen, bevor irgendjemand ernstlich das Heulen anfängt) und anschließend beim Baden das ganze Bad gleich mit badeten. Aber, ganz ehrlich: Hauptsache happy Kinder. Es ist ja nur Wasser.

Abends quatschten wir Erwachsenen uns dann noch in der Küche fest. Eigentlich wollten wir nur die Spülmaschine ausräumen. Aber deshalb ist es jetzt so spät, tjanun.

Tag 2529 – Neuer Freund.

Heute hatten wir Besuch aus Oslo, nach langer Zeit haben uns A. und A. und M. besucht, und zum ersten Mal überhaupt J. Wir haben nichts großartiges gemacht, sondern nur auf der Terrasse rumgehangen, was auch mal schön war. Die Mädels haben gespielt, gemalt, gebastelt, mal zusammen und mal jede für sich. Michel hat sich heimlich die kleine Switch gemopst und kriegt deshalb morgen Ärger, sobald er sie wieder rausgerückt hat. A. und ich haben uns geupdated (wie schnell ist denn so ein Studium rum bitte?) und J. und ich sind jetzt glaube ich Freunde. Wir haben uns angeregt unterhalten, er mit Gurgellauten und Gröööglöglögl und Bfff und ich nur marginal eloquenter (es ist ja immerhin Wochenende). Am Ende aßen wir gemeinsam Wassermelone, es war ein Speichelfest sondergleichen. Außerdem spielten wir das beliebte Spiel „ich düse mal in eine besonders interessante Ecke ab und gucke mal, ob die Erwachsenen wirklich jedes Mal hinterherkommen“ [ja]. Deute all das als Freundschaft. Wir sind jetzt so!

Babys sind ja schon süß, vor allem so entspannte und fröhliche Babys und wenn man sie nur für ein paar entspannte und fröhliche Stunden sieht. Also fremde Babys – Daumen hoch! Aber ich mach das nicht noch mal und das ist super gut so. Anderer Leute Babys dürfen mir dann gerne bei Gelegenheit auf die Hose sabbern, das finde ich bei denen dann ganz entzückend und gar nicht schlimm, weil es eine von vielen Hosen ist und nicht jede, jeden Tag.

Tag 2360 – Tschö, Bielefeld!

Heute besuchten wir noch schnell M., der einstmals unser Trauzeuge war und jetzt schauspielernder Eigenheimbesitzer mit drei Kindern ist. Gefühlt gestern waren wir noch an der Uni zusammen und lernten für „Gene und Genome“, die dämlichste Multiple-Choice-Prüfung, die ich in der Uni hatte. Heute durfte ich den jüngsten Spross (2 Monate) der Familie ein bisschen herumschuckeln und so Babies sind ja schon süß und diese winzigen Füßchen und diese flaumigen Haare und so, aber meine Eierstöcke blieben komplett entspannt und ich bin einfach nur froh, dass ich nachts nicht mehr alle paar Stunden geweckt werde, weil so ein kleines Würmchen ernährt werden will. (Aber so niedlich! Nawwww! Angucken und schuckeln immer gerne.)

Danach Packen*, Opa noch mal drücken und los auf die Autobahn.

Autobahn ist nach wie vor schlimm. Der Überlebenswille einiger deutscher Autofahrenden scheint nicht sonderlich ausgeprägt zu sein.

Jetzt sind wir in Kiel im Hotel, werden hier noch Silvester feiern und dann Samstag ganz gemütlich aufs Schiff rollen, statt schmerzhaft früh in Bielefeld losfahren zu müssen. Außerdem ist Michels Allergie direkt verschwunden und das für ihn eine deutliche Erhöhung der Lebensqualität.

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*Man sollte meinen, dass, nachdem zwei Kisten mit deutschsprachigen Büchern nach Deutschland gefahren und zur Brockensammlung gebracht wurden, das Auto auf dem Rückweg leerer sein würde. Aber da hat man die Rechnung ohne vier Plastikboxen mit Kabeln (???) und eine Eishockeyausrüstung gemacht, die wundersamer Weise beim Schwiegervater auftauchten und in Norwegen sicher dringend benötigt werden. Man könnte sogar fast den Eindruck gehabt haben, dass versucht wurde, das ohne mein Wissen ins Auto zu schmuggeln. Aber nur fast.

Tag 2356 – Glückselig.

Abends aus gewesen mit zwei „alten“ Freundinnen, wir kennen uns seit dem 1. Semester und sehen uns leider nur selten. Alt ist selbstverständlich keine von uns! Niemals, wir sind ja alle noch unter 40! Und was ist überhaupt alt.

Das war sehr schön. Sehr sehr schön, ich bin ganz selig.

Ich weiß nicht, ob es das Treffen an sich, der Spaziergang hin und zurück, oder der getrunkene Alkohol war, aber mein Nacken ist jetzt auch nur noch normal erträglich aua, nicht mehr „ich kann meine Mütze nicht aufsetzen“-Aua.

Hach. Noch mal 20 sein, nur kurz, das wär‘s.

Tag 2285 und 2286 – Erwachsen.

Gestern waren Herr Rabe und ich auf einem 40. Geburtstag. Vorher waren wir auf dem Jubiläumskonzert der Kulturschule, unserem jüngsten Spross und vielen anderen Sprössen zuhören. Das war wie sowas halt ist, ich glaube allerdings, viele meiner Schulkonzerte damals waren deutlich schlimmer für die Anwesenden. Oder zumindest durchwachsener. Jedenfalls fühlte es sich schon sehr erwachsen an, bei sowas im Publikum zu sitzen. Danach lieferten wir Pippi bei der Babysitterfamilie ab (Michel war schon da, der wollte nicht mit zu dem Konzert), atmeten (völlig sinnloser weise, wie sich herausstellen sollte) jeder einen Dönerteller ein, weil es in der Einladung geheißen hatte, man solle lieber nicht hungrig kommen, es sei kein Fest mit gedeckter Festtafel und Reden, ich machte aus dem Elter-auf-Musikschulkonzert-Make-Up mittels Dunkelblau-Lila Glitzer, Silber-Lila Glitzer, Lidstrich und Rotglitzer-Lipgloss in Windeseile ein Party-Make-Up und dann waren wir mit unter zwei Stunden Verspätung (welche Party geht denn auch um 19 Uhr los???) bei unseren Corontänefreunden.

Da waren so viele Leute, man kennt das ja gar nicht mehr, und es gab sowohl Umarmungen als auch Händeschütteln. Seltsam, aber, ich muss gestehen, auch schön. Normal. Außer dass die Einstiegs-Gesprächsphrasen allerorten verschiedene Variationen von „Und, wie macht ihr das mit Büro in Zukunft?“ waren.

Die Party war sicherlich gelungen. Es war ein Doppel-40ster, halb nachgeholt (H. ist schon letztes Jahr 40 geworden) wegen Pandemie. Mir hat das Fest neue Life-goals beschert, denn unsere Freunde waren tatsächlich nur Gastgeber auf ihrem Fest. Durch Zufall hatten sie, als sie ein Partyzelt mieten wollten, jemanden aufgetan, der ihnen noch einen Haufen weitere Dinge geliehen und sogar Arbeitskraft gestellt hat, sie hatten also einen Foodtruck (!), eine kleine Bar mit Bier vom Fass (und sehr viel anderem, sehr viel gefährlicherem Zeug), Partyzelt, einen Haufen Türstehergrills, Stehtische, Bierbänke, sowie Rolf, der hauptberuflich Leute abfüllt und Jakob, der hauptberuflich hinter vollen Leuten herräumt. Es gab Musik und gut gelaunte Gäste und ich musste die ganze Zeit daran denken, wie toll das sein muss, am nächsten Morgen aufzustehen und es klebt wenigstens nicht jeder Quadratzentimeter, weil Rolf, nachdem er ein Tablett Whisky Sour-Shots vorbereitet hat, in der Küche hinter sich aufräumt und alle Flächen abwischt. Egal, was das gekostet haben mag, das war es ganz sicher wert. Jetzt muss ich nur noch bis in dreieinhalb Jahren meinen Freundeskreis verzehnfachen und unsere Wohnfläche am besten gleich mit. (Spaß. Das wären mir viel zu viele Leute auf einmal, ich kann mich nicht zu so vielen gleichzeitig verhalten und habe den Abend über nur mit ca. 15 Leuten überhaupt interagiert, von denen ich bis auf zwei vorher schon recht gut kannte.) Wenn Fest im eigenen Haus, dann so. Erwachsenen-Version von Party, gewissermaßen.

Überhaupt war das alles recht erwachsen. Alle unsere Freunde sind halt um die 40, wir ja auch, die sehen alle aus wie Consultants und Büroangestellte und WIR JA AUCH. Und dann springen sie rum zu Ska von vor 20 Jahren und wir auch. (Mein Beckenboden weint, da war er bestimmt auch nicht der einzige.)

Besonders erwachsen war sicherlich, vorher schon das Taxi zu ein Uhr bestellt zu haben (geteilt mit Freunden), sonst hätte das noch sehr unerwachsen eskalieren können. So ging es uns (mir?) zwar auch schon mal besser an einem Sonntag, aber auch schon wesentlich schlechter. Leider weiß ich ja auch, dass ich auch ganz ohne Alkohol nach so einem Fest gerne mal im Eimer bin, da ist dann auch fast schon egal, ob der Kopf zusätzlich dick und der Kreislauf im Keller ist.

Schön war das. Ich bin zu selten unter ausschließlich gut gelaunten Leuten.

Tag 2257 – Echtes Leben.

Ein Abend mit den Nachbarinnen. Das ist immer sehr nett, und wird auch oft sehr spät, jedenfalls für so Mutti-Verhältnisse wie unsere. Wir sind ja eine sehr zusammengewürfelte Gang, die nicht viel gemeinsam hat, außer Häuser in der gleichen Straße zu besitzen/besessen zu haben und Kinder im etwa gleichen Alter zu haben, insofern ist es auch immer eine gute Gelegenheit um die eigene Bubble ein bisschen zu verlassen. Ich mag das sehr, wir sollten das wirklich öfter machen, hoffentlich lässt Corona uns.

Wo das gesagt ist, schiebe ich jetzt die post-Event-Anxiety, zu viel erzählt zu haben, weit weg und mache die Augen zu.