Tag 1295 – Nix zu erzählen.

Leider, leider. Inspektionstage sind Schweigepflichttage. Leider sind Inspektionstage aber auch so lang, dass nix anderes mehr in den Tag passt. Grad so ein beim Warten auf den Zug reingeschobenes Hot Dog. Auf dem Hinweg eine Mail und auf dem Rückweg bloggen. Die Liste ist auf Seite 3 angekommen und ich habe das Gefühl, das meiste davon hätte ich auch ohne große Hilfe gefunden. Eins hab ich sogar ganz selbst gefunden, juhuuu! Und ich unterlasse jetzt auch, Sachen zu googeln, von denen ich eigentlich ganz sicher bin, dass sie so eben nicht sein dürfen, bei denen mir der Impostor aber schon wieder weismachen will, dass ich das auf jeden Fall noch drei mal überprüfen muss. Etwas beruhigend: meine Kollegin musste heute, nachdem wir eine Stunde lang den Ausführungen eines Consultants über die Validierung eines neuen Computer-Dingses gelauscht hatten, zugeben, dass sie auch nichts verstanden hatte. Und am schlechten Englisch auf irgendeiner Seite lag das nicht, im Gegensatz zu gestern als wholes in Flaschen waren und die phrequensy von irgendwas reduziert wurde. Grusel.

Morgen wieder schminken. Ich fühle mich seltsam so ganz ohne alles, ich war seit nicht nur gefühlten Ewigkeiten nicht mehr komplett ungeschminkt arbeiten. Also auch ohne Wimperntusche und ohne Concealer. Ich habe das Gefühl, ich sehe aus wie eine Mischung aus ultramüder Mutti und 12 Jahre alt. Nein, kein Foto, und ja, ich weiß, dass sich das seltsam anhört und auch dass ich mich daran wohl gewöhnen müssen werde. (Eine ehemalige Inspekteurin ließ der Legende nach die Schminke grundsätzlich drauf, um zu gucken, ob sie gebeten wird, sich abzuschminken oder die Hersteller sie auch so in die Produktionslokale lassen. Da sich weder mein Kollege noch meine Kollegin schminken, könnte das meine neue Aufgabe sein, das wär doch mal was.)

Tag 1294 – Gnah.

Tag war echt ok, wir haben noch nicht mal übermäßig lang beim Hersteller gehockt. Die Liste ist nach dem 1. Inspektionstag auf der 2. Seite angelangt, Vortrag war kein Problem, es gibt kein Problem, warum habe ich Kopfschmerzen aus der Hölle? Wegen der Kopfschmerzen rannte ich auch nicht zum Zug und verpasste ihn dann um eine Minute. Für den Weg vom Bahnhof nach Hause (es fährt wieder kein Bus) habe ich mir ein Taxi bestellt, zu Hause werde ich einfach wieder ins Bett plumpsen. Ich muss mich nicht mal mehr abschminken, das musste ich nämlich vor der Begehung der Produktionslokale. Morgen kann ich einen Tacken länger schlafen, weil wir direkt wieder in die Produktionslokale gehen und ich dementsprechend mit nacktem Gesicht beim Hersteller auflaufen werde. Es gibt kein Problem, die Kopfschmerztabletten können dann jetzt bitte endlich wirken.

Tag 1293 – Gar nüscht.

Nix mache ich mehr. Nix. Ich Plumpse jetzt nur noch ins Bett, unlackierte Fingernägel hin oder her, ungefüllter Blog egal, ich hab ab morgen eine Inspektion die mööööööglicherweise ein ziemlicher Ritt wird und bis grade hab ich noch an der Präsentation gefeilt, die ich halten soll* und jetzt schlafe ich gleich einfach mal mehr als 5 Stunden.

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*im Grunde war die vorgefertigt, Folien vorlesen würde reichen aber ich kenne mich ja, wenn ich da kurz vorm Herzinfarkt sitze vergesse ich alles, was ich sagen soll muss und da ist es dann gut, wenn ich komplett ausformulierte Sätze in den Notizen hab. Diesen Vortrag werde ich auch nicht nur einmal halten, mit der Zeit kommt dann die Routine. Bestimmt.

Tag 1291 – Kluk!

Im nächsten Leben gehe ich früh ins Bett, aber morgen stehe ich um 06:15 auf, juchheißa. Das war komplett selbst verschuldet durch verquatscht III. Was soll man auch machen, wenn man so netten Besuch hat?

Das war ein echt tolles Wochenende, ich mag das Internet, wenn es mir so tolle Menschen anspült. So viele interessante Gespräche hab ich seit langem nicht mehr in so kurzer Zeit geführt und die Kinder der Familie Wunnibar sind einfach zum Fressen goldig. Alle beide.

Morgen gehe ich um neun ins Bett (hahaha), aber vielleicht schaffe ich’s vorher noch über den Anleitungstag zu schreiben und über unseren Besuch im Kinderkunstmuseum. Bis dahin muss diese kleine Impression reichen:

Tag 1290 – Verquatscht die II.

Herrje, der Plan, früher ins Bett zu gehen ist auch… naja. Gescheitert nicht, aber geglückt ist auch anders.

Heute haben wir den Bus verpasst und waren dann nicht in Oslo, dafür aber auf einem Spielplatz und Frau Wunnibars K1 ist jetzt eingenorwegert. Während Michel sehr traurig über den verpassten Bus war und viele, viele Kuscheleinheiten brauchte, machten Pippi und K1 nämlich das:

„Da ist jetzt ALLES ganz nass im Häuschen, bis unter die Decke!“

Was für coole Kinder wir haben!

Den Nachmittag verbrachten wir dann auf unterschiedliche* Arten müde, wir kochten sehr lecker und dann brachten wir die müde Kinderhorde ins Bett. Ein wunderbarer Tag, auch ohne Oslo.

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*schlafend, motzend, schmollend, Kabel essend, zunehmend genervt, wasserfarbwasser anreichend, Apfelschorle mischend, you name it. Morgen nehmen wir dann den früheren Bus und planen noch mal 5 Minuten mehr für den Weg zur Haltestelle ein.

Tag 1289 – Verquatscht.

Also, die Frau Wunnibar, die hat schon eine sehr tolle Familie, mit sehr sehr putzigen Kindern! Eins schläft total entspannt in Pippis Bett, während Pippi und Michel auf der Matratze auf dem Boden schlafen, das andere – das finde ich noch viel faszinierender – schläft seit neun Uhr mit nur einem Maunzer zwischendurch alleine im Gästebett. Überhaupt ein entspanntes Baby, fröhlich, neugierig und willensstark, aber dabei nicht so diffus, wie Babies ja durchaus auch oft sind. Es mag Stromkabel, das ist natürlich eine kleine Herausforderung, bei uns ist ja nichts mehr entsprechend gesichert. Aber drei Erwachsene werden schon für drei Tage aufpassen können, dass ein Baby keine Kabel ankaut. (Full disclosure: Babies sind toll, ich liebe Babies, es war auch toll, selbst welche zu haben, aber noch viel toller als das alles ist es, dass sie jetzt keine Babies mehr sind!) Die großen Kinder haben schon zusammen Laden gespielt und ein bisschen Mist gemacht, nämlich heimlich das iPad, das zur Bedienung des Lego-Roboters mit ins Kinderzimmer gewandert war, zum Mausclips gucken benutzt. Läuft also. Ich hab eine total positive Geschichte über Kindersklaven als Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen und gucke das nächste Mal genauer worum es geht, bevor ich lese. Aber alle Kinder schlafen und wir Erwachsenen haben uns im Anschluss bei Wasser und Schokolade ordentlich verquatscht. Wenn morgen wirklich um fünf Kinder wach sind, wird das ein langer Tag.

Tag 1288 – Ref Deko.

So, dies sind also die Bilder, sie sind sehr schön wie ich finde und außerdem muss mich mir das zwecks Reduktion der kognitiven Dissonanz* einreden. Ich weiß, auf dem Bild ist wenig zu erkennen, sorry, schon dafür musste ich mich ziemlich verrenken. Ich liefere morgen noch mal was bei Tageslicht nach.

Und Sie werfen mir nun Stichworte zu oder gern auch konkrete Ideen zu Dekogegenständen, die sich gut in Regalkästen mit 35 cm Höhe machen und vom Stil her dazu passen. So hab ich mir das jedenfalls gedacht.

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*war teuer. Arschteuer, vor allem die Bilderrahmen, meine Güte. Nächstes mal wieder IK*A. Gleiche Qualität, viel schnellere Beschaffung, ein Viertel des Preises. Lokaler Einzelhandel, sorry, aber das war Käse.

Tag 1287 – Mehr Ausweisgeschichten.

Jaha, etwas eintöniger Blogcontent zur Zeit. Ich könnte Sie auch mit Feinheiten des norwegischen Betäubungsmittelgesetzes belästigen langweilen, aber ich kann ja auch das lose Führerscheinende nicht so lassen, also machen wir erst das eine und dann erzähle ich Ihnen ne spaßige Drogengeschichte.

Jedenfalls: der Führerschein. Ich war ja auf vier Wochen Bearbeitungszeit eingestellt und deshalb letzte Woche sehr verwundert, als ich eine Digipost* bekam, der Antrag auf Führerscheintausch sei bearbeitet und bewilligt und ich könnte dann jetzt vorbeikommen und die Ausstellung des norwegischen Führerscheins beantragen. Ich war auch ein bisschen überfordert, so spontan, aber dann dauerte Donnerstag morgen irgendwie eh alles länger als geplant und dann dachte ich, ach, ich kann das auch jetzt grad machen, dann komme ich halt richtig zu spät, yolo. Oder so ähnlich jedenfalls. Durch Ultra schnelle Recherche fand ich im Zug sitzend heraus, dass es günstiger ist, in Lillestrøm aus dem Zug zu steigen und dann da mit dem Bus zur Trafikkstasjon in Lillestrøm zu fahren (und dann wieder zurück und von Lillestrøm wieder Zug, T-Bane, das übliche), statt in Oslo in eine T-Bane zu steigen, recht lang in eine Richtung zu fahren, und dann auf dem Rückweg in diese T-Bane und dann in eine andere T-Bane zu steigen. Ich lernte so also die Trafikkstasjon in Lillestrøm kennen und das war schön, die ist nämlich viel koseliger. Es war so leer, dass ich nach dem obligatorischen Nummer ziehen nicht mal Zeit hatte, meine Jacke auszuziehen, da war ich schon dran. Eine nette Dame fragte mich nach meiner Erklärung, ich wolle nun den Führerschein beantragen, nach meiner Personennummer, dann schickte sie mich in die Fotokabine, ich machte ein Foto, dann unterschrieb ich auf einem Elektronischen Feld und dann unterschrieb ich da noch mal ohne überzumalen**, bezahlen, fertig. Ich bekam noch einen neuen vorläufigen Führerschein mit, auf dem nun stand, ich hätte die Ausstellung eines Führerscheins beantragt, auf dem alten vorläufigen Führerschein stand ja nur, ich hätte das Eintauschen eines ausländischen Führerscheins beantragt. Jaja, das ist natürlich ein riesiger Unterschied! Aber sehr angenehm, das ganze Prozedere dauerte keine 10 Minuten inklusive Foto machen.

Heute kam der Führerschein mit der Post. Er ist rosa und erstaunlich dünn, im Gegensatz zum deutschen erstmal nur 15 Jahre gültig (danach muss ein neues Foto drauf) und hat lustige Sicherheitsdingsis, wie zum Beispiel mein Bild nochmal als Wackelbild und als eine Art Hologramm. Sehr spannend alles. Aber dann doch auch überraschend einfach und schnell.

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Die Drogen-Geschichte. Nächste Woche nehme ich an einer Inspektion bei einem Unternehmen teil, das unter anderem Narkotika herstellt. Narkotikaherstellung, -Lagerung und -Vertrieb sind natürlich noch mal speziell reguliert und weil ich ja kein Pharmazeut bin (hier Augenrollen denken) muss ich extra Einarbeitung in Narkotika-Klassifizierung und so weiter kriegen. Überraschung: ich gehe nicht unvorbereitet in sowas und hatte natürlich das norwegische Betäubungsmittelgesetz gelesen und die nächste Woche relevanten Narkotika auf der Narkotikaliste herausgesucht und auch schon ein wenig Recherche betrieben, was den Wirkmechanismus angeht und zu welcher Klasse denn das gehört. Jaja. Streber und stolz drauf***. Aber es war trotzdem nicht umsonst, wir sprachen unter anderem darüber, wie Stoffe auf die Narkotikaliste kommen und dass man im Moment in Norwegen darüber diskutiert, ob nicht Tramadol auf diese Liste kommen sollte, weil der Schwarzmarkt für Tramadol wohl grad blüht. Das hatte ich auch letztens schon gelesen (im Internet auf der Webseite irgendeiner Zeitung, das sind also keine Behörden-Interna, falls Sie schon Augenzucken hatten) und mich doch sehr gewundert. Weil: Tramadol? Davon hatte ich vor über zehn Jahren mal einen echt unangenehmen und total unbeabsichtigten Trip, nachdem ich keine Migränemedikamente im Haus, aber Migräne aus der Hölle hatte, mit Brechen und Weinen und „ruf den Ärztlichen Bereitschaftsdienst an“. Es kam ein Urologe. Er gab mir eine Spritze und etwa eine Minute später war ich komplett schmerzfrei, das war wunderschön, ich bedankte mich ausgiebig beim Urologen dafür und als er meine Zimmertür schloss übergab ich mich das erste Mal. Damit hörte ich auch für zwei Tage nicht wirklich auf. Nach weiteren zehn Minuten kam noch ein wattig-rosanes Wolkengefühl dazu, ich war total happy und lachte mich kaputt, während ich mir die Seele aus dem Leib kotzte. Ich hab’s ja nicht soooo mit Kontrollverlust und hui, da war ich so druff, ich stand die ganze Zeit neben mir und dachte „jetzt reiß dich mal am Riemen!“, aber es ging nicht, so wie wenn man versucht, sich selbst aus einem Albtraum zu wecken. Nur dass ich letzteres kann, aber dieser Drogenzustand ließ sich genau so wenig abstellen wie die Kotzerei. Und davon werden Leute abhängig? Wundersam ist die Welt.

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*ich liebe Norwegen für die online-Lösungen für alles. Einmal bei Digipost mit der Bank-ID registriert, schon kriegt man Behördenpost zu 90% nicht mehr als Papier. Überhaupt, Bank-ID. So praktisch!

**Ausladende Handschrift halt.

***das ist noch nicht lange so und ein Ergebnis jahrelanger Bemühungen, die Hänseleien und das Mobbing der Schulzeit in ein positives Selbstbild umzudeuten.

Tag 1286 – Wir sind ja hier nicht beim Konsum!

Heute also endlich der Termin bei der Botschaft, um einen neuen Personalausweis und Pass zu bekommen. Ich hatte mir ja in den Kopf gesetzt, beides in einem Abwasch zu machen, der Perso läuft in ein paar Monaten, der Pass in nicht ganz drei Jahren ab. Einen Perso braucht man als Auslandsdeutsche eigentlich gar nicht, übrigens auch als Inlandsdeutsche nicht, solange man einen gültigen Reisepass besitzt. Und nein, man muss im Normalfall nicht jederzeit einen Lichtbildausweis mit sich führen, (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mitführpflicht wieso lässt sich denn Wikipedia nicht mehr verlinken, was soll denn sowas?) das ist eine hartnäckige Legende. Aber ich schweife ab, ich werd bei dem Gedanken dran, keinen gültigen Perso zu haben, ganz nervös, also ein neuer Perso sollte her. Und weil ich dafür ja eh drülfzig Dokumente anfordern musste und eh zur Botschaft musste, und allgemein auch wenig Lust auf doppelten Zeit- und Nervenaufwand habe, dachte ich, ach, ich mache den Pass halt gleich mit.

Fand die Frau in der Botschaft eine ganz doofe Idee von mir. Völlig verständnislos wurde auf meinen Wunsch, sie möglichst in den nächsten 10 Jahren nicht erneut zu besuchen, reagiert. „Aber der ist ja noch gültig! Hmm. Also wir sind ja hier kein Ausweisladen, wir sind ja hier nicht beim Konsum!“. Ich war etwa genauso verständnislos, denke ich, ist das nicht irgendwie meine Entscheidung, was ich finde, was „gar nicht abgenutzt!“ oder „und das Bild ist auch noch ok!“ für mich heißt? Oder für welche Ausweise zu welcher Zeit ich mein Geld verbrenne verwende?

„Oder geht’s Ihnen um den Titel?“

„Äh, ja! Ja, genau. Den Titel hätt ich schon gern drinstehen!“

Und so bekomme ich jetzt, weil ich aus einer Mischung aus Witz* und kalter Berechnung** bei Titel „Dr.“ eingetragen hatte, doch auch einen neuen Pass. Mit einem Bild auf dem ich aussehe wie jetzt und nicht wie vor zwei Kindern und viel gesammelter Lebenserfahrung. Und muss erst in zehn Jahren wieder hin. Hurra.

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Auf dem Weg zur Arbeit fiel mir dann auf, dass Michels Kinderreisepass ca. im August ablaufen müsste. Und weil dafür Kind plus beide Eltern antanzen müssen, schmolz meine Botschaftsfreie Zeit sehr schnell von 10 Jahren auf 6 Monate. Hurra – Ach nee doch nicht.

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*als würd sich irgendwer für den Titel interessieren, außer es doch durchgezogen zu haben*** bedeutet der auch mir nichts

**aber Eindruck macht’s schon und man trifft ja nicht ständig auf „molekulare Irgendwas“ fellow PhDs, die genau wissen, dass das nur heißt, dass mans durchgezogen hat***

***das ist worauf ich wirklich stolz bin. Ich hab’s durchgezogen. Fertig gemacht. Obwohl ich zwischendurch dauernd dachte, ich schaff’s nicht, ich kann’s nicht, zu doof, zu schwach, zu fertig sei ich dafür. Ha! Gar nicht! Hahaaaa! So.