Tag 1083 – Ferientag +1. Countdown.

Dinge fallen auf Norwegisch ja an ihren Platz. Ich mag den Ausdruck, weil es sich manchmal halt echt so anfühlt, wenn sich die Knoten lösen und dann alles ineinander greift und fluppt. So war es heute. Während ich auf dem Rückweg von der Entsorgungsstation einigermaßen grummelig ob des unfassbar unfreundlichen Mannes bei Fretex war (das ist die Heilsarmee, ich erwarte ja nicht ewige Dankbarkeit für ein paar Kleider- und Spielzeugspenden, aber in jeder normalen menschlichen Interaktion erwarte ich ein „Hallo“ und „Tschüss“ und ein erwidertes Dankeschön wär auch ganz nett. Und vor allem wenn eine bezaubernde Dreijährige freudestrahlend Spielzeug um Spielzeug über den Tresen schiebt, dann kann man mal kurz lächeln. Ganz kurz wenigstens.), rief mich Michels neue Schule an. Da sind nämlich jetzt die Ferien für die Administration vorbei und meine vier Anrufe und ebensoviele Mails wurden bemerkt. Wie schön! Und siehe da, Michel kriegt ab Montag nächster Woche einen SFO-Platz, also Randstundenbetreuung/Hort/Ferienbetreuung. Vollzeit. Hurra. Bisschen spannend wird noch, wie wir mit einem Auto das logistische Rätsel lösen, wie Michel im SFO und zeitgleich Pippi im Kindergarten in 30 km Entfernung (nur mit Auto erreichbar) eingewöhnt wird, während ich arbeite (nur mit Auto erreichbar, nochmal 10 Minuten von Pippis Kindergarten). Hahaha. Äh. Vielleicht müssen wir für Montag ein Auto mieten, ich bringe es jedenfalls nicht übers Herz, den morgenmuffeligen Michel um sieben an der Schule rauszusetzen und „tschöhö, schönen ersten Tag!“ zu rufen. Wenigstens ein halbes Stündchen dabei bleiben, fände ich schon gut, irgendwie. Nun gut, davon mal abgesehen, Hurra, Hortplatz!

Wenig später rief dann auch endlich (!!!) die Umzugsfirma an und eröffnete mir, dass sie morgen spätnachmittags/abends schon zum einladen kämen. Das ist uns im Grunde nur recht, das beschleunigt nämlich unsere Abreise am Mittwoch früh. Allerdings packen wir jetzt einigermaßen hektisch. Tjanun. Morgen übernachten wir dann bei unseren Freunden, die überraschend heute schon aus dem Urlaub zurückgekommen sind. Es fügt sich eben alles.

Und dann hat noch die Putzhilfe Rücken, wir müssen also selbst putzen, was jetzt nicht wirklich zu unseren liebsten Hobbys gehört, aber immerhin sind wir so wesentlich flexibler, was das „wann“ und „wie“ angeht. Ich kann nach jedem leer geräumten Schrank diesen einmal durchwischen und am Ende bleiben hoffentlich nur noch das Badezimmer und die Fußböden, das ist ja gut noch morgen Abend schaffbar.

Was sich noch gefügt hat: heute wurde unser neuer Kühlschrank geliefert und zwar direkt ins neue Haus. Die Vorbesitzerin hatte sich bereiterklärt den anzunehmen, dann verzögerte sich aber alles und am Ende wies ich die Post an, das Ding einfach unter das Carport zu stellen. Zähneknirschend, aber in der Hoffnung, dass niemand mal eben ein riesiges und sauschweres Paket wegschleppen würde. Aber man weiß ja nie. Um so froher war ich, als mir die Vorbesitzerin abends schrieb, ihr Lebensgefährte sei nochmal da gewesen und hätte mit seinem Sohn den Kühlschrank ins Haus geräumt. Uff. Und: wir haben jetzt ein Haus und da ist ein Kühlschrank drin. Gnihihi.

Morgen um diese Zeit ist alles schon verladen. Und übermorgen um diese Zeit ist alles schon wieder ausgeladen.

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Auto-Lobhudelei: nur kurz dem inneren „WAAAHHHHHHHHH!!!“ nachgegeben und recht schnell in den Fleißbienchen-Modus umgeschaltet.

Tag 1081 – Da isser raus.

Michel kam heute ganz hektisch angerannt. „Ähhhh äh!“ Machte er und wedelte mit den Armen und zeigte auf seinen Mund. Ich sah nur Blut und schluckte kurz, aber da er eher aufgeregt als schmerzerfüllt wirkte, fragte ich, ob der Zahn endlich raus ist. „Äh äh!“ Machte er und schüttelte den Kopf. Er riss den Mund auf und inmitten des Blutsees sah ich den Zahn sehr unnatürlich um 90 Grad nach vorne gekippt, mit der Wurzel Richtung Zunge. Hmmlecker. „Oi!“ Sagte ich, aus Ermangelung an tiefsinnigeren Ideen. Michel spielte mit der Zunge an dem Zahn und flipschte ihn hin und her. „Der hängt noch an einer Ecke fest… wenn du willst, zieh ich ihn raus.“ hörte ich mich sagen, aber Michel schüttelte den Kopf und hopste davon.

Zwei Stunden später hatte Michel Hunger und ich machte ihm eine Lompe* mit Gurkenscheiben und Pfeffer. Er aß vor dem Fernseher** und mit einem Mal hörte ich ihn quieken wie ein Ferkel. Dann kam er wie der Blitz angerannt. „Ääähhhhhh!“ Machte er und ich sah die Zahnlücke für etwa eine Nanosekunde, da drehte er schon wieder rum und rannte zurück. „Ääähhhh!“ machte er und zeigte auf den Teller. Da lag der Zahn. Endlich. Die erste Zahnlücke. Natürlich wurde die erstmal fotografiert und an die Verwandschaft geschickt***, Michel war natürlich stolz wie Oskar, als wir den Zahn in die Krokodildose legten, mit einem liebevollen Bett aus Zewa, weil alles andere halt schon in Kisten ist. Und weil die Zahnfee ja nur beim 1. Zahn kommt, das aber ja erklärt werden musste, bastelte ich eben noch eine Karte****, während Herr Rabe ein kleines Geschenk verpackte*****.

(Ich kann echt nicht so gut zeichnen. Und das Licht war auch nicht gut zum Fotografieren. Aber die Geste zählt, ne?)

Hachseufz. Jetzt hat der Große also den ersten Zahn verloren. Neulich noch was er so unglaublich niedlichkleinspeckig und wir hatten ihm aus schierer Verzweiflung ob der Dauernöligkeit wegen durchbrechender Zähne (immer im Doppelpack, deshalb gibt es auch kein Foto mit nur einem Zahn) sogar so eine wirkungslose Bernsteinkette umgehängt. Ähäm. Wir waren jung und beeinflussbar. Und verzweifelt. Aber schauen Sie mal, wie putzig.

Und jetzt schon bald ein Schulkind mit Zahnlücken. Hachhachhach. Seufz. Hach******.

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Auto-Lobhudelei: nur ein bisschen gelacht, als Michel mit dem super losen Zahn redete und der Zahn die ganze Zeit in alle Richtungen winkte.

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*So ein Teigfladen aus Dinkel, die Kinder wickeln da gerne Würstchen drin ein und davon war es auch noch übrig.

**Die Kinder lieben Umzug. Fernsehen bis zum Abwinken, weil Mama und Papa sonst zu nichts kommen. (So be it. Von den drei Tagen werden sie auch nicht dümmer.)

***Und Herr Rabe und ich wählten genau die Formulierung, die im Titel aufgegriffen wurde. Ohne Absprache. Wir kennen uns halt gut.

****Auch alles Bastelmaterial bis auf Papier und Buntstifte ist schon eingepackt, die Karte ist also eher plain.

*****Einpackpapier war noch nicht verpackt, aber auch nur weil die Rollen zu lang für jeden Umzugskarton sind.

******Beim Essen musste ich ihn auch ziemlich anhachzen, irgendwann fand er’s glaube ich schon unangenehm. Aber echt mal: Mein Baby!

Tag 1080 – Wieder sehr müde.

Ich bin geschafft. Es geht alles nicht so schnell wie es müsste, ich rödle an allen Ecken gleichzeitig, größtenteils alleine und dabei sind 28 Grad – in der Wohnung. Bitte keine Tips, keine Durchhalteparolen, ich mag nicht mehr und will einfach nur 100 Jahre schlafen, es hilft ja nix, ich ziehe es schon durch, aber, wirklich, wenn Sie nicht mein Mann sind und so Sachen sagen wollen wie „Hier ist ein Kaffee, setz dich mal hin, ich wasche solange die Wände ab*!“, dann sagen Sie lieber gar nix, ich könnte sonst um mich beißen.

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*it’s a Norweger-Thing.

Tag 1079 – Ferientag 15. Vom Streit.

Heute war ein echt blöder Tag, die Kinder haben sich benommen wie die Äxte im Wald, ich kam zu nix so richtig und motzte und schimpfte nur rum und Michel hat mit Edding aufs Regal gemalt und den Lattenrost aus dem Bett gehoben und dann, als Herr Rabe wie so ein Samariter die Stimmung durch Seebesuch gedreht hatte, legte Michel noch einen 1a Wutanfall nach dem Essen hin. Wenigstens weiß ich jetzt, dass er genauso unter seiner eigenen Wut leidet wie seine Umgebung und dass er Angst hat, er könne nur Polizist werden, weil die auch immer wütend sind*. Ich habe ihm versprochen, dass wir morgen, wenn alle etwas ausgeschlafener sind, mal zusammen überlegen, wie er mit seiner Wut besser umgehen kann, weil ihm das hinterher dann immer sehr leid tut, wenn er zum Beispiel Sachen wirft oder uns wehtut, aber in dem Moment einfach sehr, ja, wütend halt ist. Nach dem Abendabschluss musste ich dann natürlich extra doll mit ihm kuscheln und weil Pippi eigentlich auch von mir ins Bett gebracht werden wollte, musste ich auch noch Schlaflieder summen und dabei hab ich mich dann selbst auch gleich in den Schlaf gesummt. Schmierig von Sonnencreme und mit Brille auf, die ich mir in meine Nase gedrückt habe. Tjanun.

Heute keine Auto-Lobhudelei, es war echt ein Kacktag.

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*Ich hab ihm nicht gesagt, dass gerade Polizisten und co ihr Temperament gut unter Kontrolle haben müssen. Wohl aber, dass Polizisten nicht sauer sind, sondern eher streng, wenn sie müssen. Und meistens nett, weil sie eben gar nicht streng sein müssen.

Tag 1078 – Ferientag 14. Vom Schönreden.

Also Umziehen, ne? Umziehen ist total schön. Doch. Dochdoch. Man hat hinterher ein schönes, neues Zuhause. Man kann Geld ausgeben für Möbel, Geräte, Deckenlampen und Kellerregale* und Geld ausgeben macht bekanntlich glücklich. Außerdem ist Umziehen die ultimative Möglichkeit, endlich mal gründlich auszumisten. Aus drei überquellenden Kisten Kuscheltiere zwei machen, die noch zugehen. Heimlich drei bis sieben gehamsterte Q-Tips-Kartons des Sohnes entsorgen. Die Zeiten der Tischunterlage, des Töpfchens und des Babyphons sind hier vorbei und von den Steckpuzzles behalten wir die zwei alten und die anderen vier dürfen auch mal weiterziehen. Ein altes Handy zur Reserve** reicht auch, die anderen zwei kommen weg und die Verpackungen braucht auch echt keiner mehr. Im Kühlschrank gibt es auch so ein paar Leichen, der Ghee ist inzwischen ranzig, die Currypaste ist so scharf, dass wir sie eh nie benutzen und dann sind da noch fünf Tuben verschiedener Salben, die eh ihr Shelflife hinter sich haben und ihren letzten Gang zur Apotheke antreten dürfen. Was irgendwie damit zusammenhängt, ist: Umziehen heißt auch, mal wieder gründlich Ordnung zu schaffen. Alle Holzbauklötze aus der Duplokiste fischen. Drölfzig Puzzles auseinandersortieren. Jutebeutel, dm-Taschen und Ikeataschen voneinander trennen. Die hundertundeine Kramboxen auflösen und die Inhalte in eine einheitliche Ordnung überführen, das ist besonders schön, weil ich diese Kramboxen ja eh hasse wie die Pest. Dochdoch. Schön. So umziehen. Kann ich voll empfehlen, vor allem über 400 oder mehr Kilometer, das ist ganz toll, weil man da dann auch echt drei mal überlegt, ob man die hässliche Vase echt nochmal ein- und wieder auspackt, um sie weitere 5 Jahre nicht zu benutzen.

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Auto-Lobhudelei: das Kinderspielzeug nicht einfach in Brand gesteckt, weil es SO VIEL ist und die Kinder es eh nur rumwerfen.

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* Wir werden gar keinen Keller haben, aber Lagerräume.

** Als würde man das nochmal benutzen.

Tag 1077 – Ferientag 13. Von Eile.

„Mama! Guck! Mama!“ rief Michel heute früh, noch mit seinem niedlichen Schlafgesicht*, riss den Mund auf und präsentierte mir seinen Wackelzahn. Der jetzt schon sehr doll wackelt und an dessen innerer Kante es ein bisschen blutete**.

Den ganzen Tag hatte Michel dann auch kein anderes Thema. Was wenn der Zahn nachts ausfällt? Tut er nicht, sagte ich, die fallen aus wenn man dran rum rupft oder beim Essen. Aber dann kann er ja nichts mehr essen! Gar nichts! Doch doch, sagte ich, ich püriere dir einfach alles oder ich kaufe gleich so Babygläschen, dann geht das schon***. Neeeein, sagte Michel.

Was wenn es wehtut? Oder wenn es doll blutet? Tut es nicht, sagte ich, die fallen aus, wenn sie so weit sind, wenn der neue Zahn den alten rausschiebt, dann tut das nicht so doll weh und blutet auch nicht so doll****.

Aber was machen wir mit dem Zahn wenn die Zahnfee ja nicht kommt*****? Den tun wir in ein Döschen, sagte ich. Aber das brauchen wir dann jetzt! sagte Michel.

Und so googelte ich heute nach Zahndöschen, weil es halt nach demWackelgrad zu urteilen eilt nur von norwegischen Anbietern und ich sah das rosahellblaue Kitsch-Grauen. Herrje. Oder, was ich auch wirklich schlimm finde: eine Dose mit Extra Loch in der Mitte für den Nabelschnurrest. Ähm, Moment, den Nabelschnurrest? Das vertrocknete, leicht müffelnde Dings aus toten Zellen, das damals in Michels Fall einfach ums Verrecken nicht abgehen wollte, bis der Kinderarzt mit einer ordentlichen Dosis Peroxid der bakteriellen Besiedlung Einhalt gebieten musste? Das hätte ich aufheben sollen? Um es dann knapp sechs Jahre in dieser Dose mit der niedlichen Babygravur im Deckel aufzubewahren, um dann nach und nach die Milchzähne reinzustecken? Entschuldigung, aber: IGITT. I-GITT. Aber außer dem und was mit einem Bärchen und Herzchen drauf gab es halt in Norwegen nur die Möglichkeit, die Zähne zwecks Konservierung der Stammzellen für sehr viel Geld einlagern zu lassen, weil man ja aus Stammzellen jedes Gewebe züchten kann, aber da rollen sich mir die Fußnägel bis zum Anschlag hoch, wenn ich solche Geldmacherei sehe, denn soweit ich weiß (ich habe jetzt keine Lust zu recherchieren und zu verlinken) ist es nach wie vor nicht mal eben möglich, mehr als ein paar Klumpen differenzierter Zellen (also quasi simpelstes Gewebe, zum Beispiel Herzmuskelzellen) zu erzeugen. Klar kann man Nervenzellen machen, oder Gehirnzellen, geht alles, aber was nicht geht sind die komplexen Netzwerke verschiedener Gehirnzelltypen (Spoiler: es sind nicht alle Gehirnzellen gleich!) in einer Petrischale wachsen zu lassen, geschweige denn die Klumpen irgendwie sinnbringend irgendwo hinzutransplantieren. Das ist also schon mal Humbug und dann kommt noch dazu, dass sich (wieder meines googlefaulen Wissens nach) kein Therapieansatz mit eigenen Stammzellen bisher als erfolgversprechend erwiesen hat. Ergo: lagern Sie von mir aus Stammzellen aus Nabelschnurblut oder Milchzähnen ein, wenn Sie Geld übrig haben und nicht wissen wohin damit. Aber versprechen Sie sich lieber nicht davon, dass ihr Kind damit so ne Art Superduperextraversicherung gegen Krebs oder wasweißich hat.

Ähm, hups, da ist es kurz mit mir durchgegangen, jedenfalls haben Michel und ich dann in einem Spielzeugladen diese kleine Tupperdose gekauft und wenn ich wieder Zugang zu meinen Stoffen habe, mache ich da noch ein Pölsterchen rein und gut ist.

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Auto-Lobhudelei: recht souverän diesen Dosenkauf mit hyperaufgeregtem Michel überstanden.

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* „puffy“ trifft es wohl. Naaww.

** jetzt verstehe ich meine Mutter, die sich unsere Wackelzähne immer gar nicht so richtig anguckte.

*** man kann Kinder nie früh genug an Ironie heranführen

**** von Wurzelkorrosion erzähle ich ihm dann, wenn der Zahn draußen ist.

***** ganz heikles Thema. Vermutlich kommt sie, ein mal, und bringt ein kleines Geschenk.

Tag 1076 – Ferientag 12. Von der Zerrissenheit.

Ach, ach, ach. Ich ärgere mich so über mich. So gerne würde ich den Kindern schöne Ferien bereiten und tiefenentspannt so Ausflüge wie heute machen: wir waren nämlich heute auf Munkholmen, ein (vermutlich) letztes Mal, mit meiner Schwägerin. Da war es wirklich schön, aber ich kann halt grad nicht ohne aber. Weil ich einfach noch sehr viel zu tun habe und mir das Abschalten schwerfällt, wenn mir die ganze Zeit im Kopf herumgeht, was noch alles zu tun, zu packen, zu organisieren ist und wie ich das wohl am besten hinkriege ohne irgendwen zu erwürgen, der versehentlich irgendein kleineres Detail eines Stückchen des großen Plans durchkreuzt. Puh. Und die Kinder haben das ja irgendwie auch nicht verdient, so Ferien, in denen die Mutter dauernd irgendwas tut oder genervt oder abgelenkt ist, weil sie nichts tun kann.

Was das schlechte Gewissen noch verstärkt: ich bin bei der ganzen Organisation voll in meinem Element. I love it, ehrlich gesagt. Aber dann greift auch direkt dieses ätzende Protestantische* Arbeitsideal, das mir sagt, das sei Arbeit, dürfe also keinen Spaß machen, schon mal gar nicht, wenn ich dafür kein Geld kriege und die Zeit mit den Kindern drunter leidet. In den Ferien! Puh. Ich rede mir ein, dass es für die Kinder bestimmt noch schlimmer wäre, wenn der Umzug chaotisch und planlos vonstatten ginge, das hilft etwas.

Noch eine Woche. Puh, puh, puh.

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Auto-Lobhudelei: Shit done gekriegt. Und ein biiiisschen am Strand entspannt.

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*ich bin ja nicht getauft und auch nicht gläubig, aber halt so erzogen, dass Arbeit und Vergnügen in jedem Fall zwei unterschiedliche Dinge sind, die günstigstenfalls zeitlich zusammentreffen.

Tag 1075 – Ferientag 11. Von Aufgaben.

Heute habe ich eine To-Do-Liste gemacht. Alles, was bis zum Umzug noch erledigt sein muss. Damit ich das nicht vergesse, schreibe ich einen noch vergessenen Punkt hier hin: Parkticket abgeben. Da kriegen wir nämlich noch mal etwa 300 Kronen zurück. Zu machen am letzten Tag. Oh, und wenn wir wissen, wann die Umzugsleute zum Einladen kommen: die Parkplätze vorher absperren. Und: Versicherung* anrufen, den Fastlege um Überführung aller Journale an die neue Fastlege bitten und die Wände überfeudeln. Aber sonst steht echt alles drauf und im Laufe des einigermaßen entspannten Vormittags habe ich auch schon einiges abgehakt, zum Beispiel haben die Kinder und ich ab 1.8. eine neue Hausärztin** in Eidsvoll und ich weiß, dass das Schulbüro auch heute nicht besetzt ist.

Es ist natürlich noch einiges zu packen, auch einiges zu verscherbeln, aber morgen werden wir trotzdem den einen Sommertag genießen, der kommen soll, und mit meiner Schwägerin, die gestern kam und bis Donnerstag bleiben wird, auf die Fjord-Insel fahren. Und später werden wir grillen, das Fleisch (To Do: Gefrierschrank leeressen –> in Progress) ist schon mariniert (To Do: Fleisch marinieren –> Check). Vermutlich irgendwo, wo es einen öffentlichen Grill gibt, unserer ist nämlich schon sauber (To Do: Grill Saubermachen –> Check).

Produktiver wäre ich heute vielleicht gewesen, wenn ich nicht so Zeug twittern würde und mich dann in Diskussionen verwickeln ließe.

Produktivität am Abend wurde durch Sekt gehemmt, aber da gibt es ja auch schlimmeres.

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Auto-Lobhudelei: Dem Telefonmarketingmenschen eines Stromanbieters sehr klar meine Meinung gesagt, inklusive „Ich werde Ihnen sagen, warum ich mich gegen ihr Unternehmen entschieden habe“ und „bitte unterbrechen Sie mich nicht, ich sage das nur einmal“, nachdem mir wiederholt ins Wort gefallen wurde. Habe die leise Hoffnung, dass sie ihre Strategie „Teuerst möglichen Vertrag innerhalb von Sekunden an ahnungslose*** Hausfrauen verscherbeln“ überdenken, wenn mehr Leute sehr klar sagen: so geht’s nicht, ihr Lieben.

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*Die meine Kündigung aller Verträge zum 1.8. gekonnt ignoriert. Würstchen.

**Da bin ich ja so dermaßen pragmatisch geworden. Hauptsache, wir haben erstmal eine und müssen nicht für jeden Pups zur Legevakt und zweite Bedingung: ist in der Nähe ist auch erfüllt, dann kommt lange nix und dann wärs schön wenn die auch kompetent und nett wär, aber das kriegt man eh erst mit der Zeit raus.

***tjaha, da sind sie halt an die Falsche geraten. Würstchen auch die.

Tag 1074 – Drei Jahre.

Ach, kleine Pippimaus, da bist du schon drei Jahre alt. Eine kleine Maus bist du trotzdem noch. Eine kleine Maus mit großen Füßen. Eine freche Maus, manchmal und eine Maus, die sehr genau weiß, was sie will. Du setzt dich durch, auf alle Weisen, die einer frisch Dreijährigen zur Verfügung stehen. Das sind jetzt nicht unbedingt die Verhaltensweisen, die im Allgemeinen unter Erwachsenen als „sozialverträglich“ gelten, aber im Kindergarten geht das schon noch. Manchmal geht mir kolossal auf den Keks, dass du permanent mit deinem Bruder streitest, aber dann wieder badet ihr zusammen und macht Quatsch, oder ihr steht morgens schon mal auf und spielt oder ihr gebt euch Küsschen und Umarmungen und dann vergesse ich kurz vor lauter hachzen, dass ihr euch gleich wieder die Köppe über irgendwas einhaut. Aber überhaupt und schon seit ewig machst du einfach alle Rübennasigkeit durch geradezu übermäßige Niedlichkeit wett. Dein Papa und ich sagen ganz oft, wenn ihr schon im Bett seid, „Die ist so niedlich!“, wenn wir deine Geschichten teilen. Weils halt einfach wahr ist. Da werden Bärchen aufs Klo gesetzt und gewickelt und schlafen gelegt, Ich werde fürs erfolgreiche Anziehen meiner Socken gelobt oder es wird jedem ganz fair das Essen zugeteilt. Hachja.

Was anderes, was dich ausmacht, ist deine ausgeprägte Selbständigkeit. Du willst alles alleine machen, gut, das ist für dein jetziges Alter ziemlich typisch, aber du ziehst das halt durch. „Gå vekk, Mama!“ kriege ich dann zu hören. Dann kletterst du alleine in den Autositz und wurschtelst deine Arme in die Gurte. Oder du ziehst dich selbst an. Oder du schläfst alleine ein. Heute hast du ein Peppa Wutz-Nachtlicht bekommen und du wolltest allein einschlafen, ich „durfte“ neben dem Bett sitzen. So bist du irgendwann eingeschlafen:

Jetzt also allein einschlafen. Vor zwei Wochen: keine Windel mehr. Von einem Tag auf den anderen und seitdem kann ich die Malheurs immernoch an einer Hand abzählen. Einen Schnuller wolltest du ja eh nie (das fing früh an mit der Willensstärke!) und es braucht wirklich nicht die ständige Versicherung deinerseits, dass du auch gern zur Schule gehen möchtest um zu wissen: du bist schon ein ziemlich großes Kind. Ein kleines, zartes, großes, wildes, fröhliches und ganz und gar wunderbares Kind. Ich freue mich darauf, dich noch größer werden zu sehen, ich bin sicher, da kommen noch viele Geschichten und Anekdoten, die uns „Die ist so niedlich!“ seufzen lassen.

Ich hab dich sehr lieb!

Murch –

Deine Mama

Tag 1073 – Nacht.

Die letzte Nacht war gelinde gesagt furchtbar. Alle Kinder und alle Erwachsenen wach. Als Michel nach „Ich hab so Duuuhuuurst aber ich kann mir gar nicht selbst Wasser holen!“ (Spoiler: Wohl.) dann auch noch als ich grade wieder eingeschlafen war FÜNF MAL SEHR LAUT niesen musste, wünschte ich mir wirklich einen mittelgroßen Hammer um mich selbst damit bewusstlos zu schlagen. Dass ich um halb acht Uhr morgens dann wegen Rückenschmerzen wach war (man schläft mit Michel zusammen in Michels Bett jetzt nicht sooooo gut) machte es nicht besser, meine Laune und meine Produktivität waren heute durchgehend ziemlich im Keller. Aber was hilfts, morgen hat Pippi Geburtstag und trotz des Terrors letzte Nacht so war ich mit Michel Geschenke und Pappe für eine Krone kaufen. Wegen allgemeiner Trägheit am Nachmittag sitzen Herr Rabe und ich jetzt aber immer noch hier in der Küche und backen Kuchen und basteln Kronen, morgen wird gefeiert, es kommen sogar Gäste (in unsere Dreiviertel leere Wohnung, das wird sicher ganz super!) und ich freue mich so dermaßen auf das Bett, man glaubt es kaum.

Was anderes: Ich habe Nanette geschaut, auf Netflix. Das ist ganz großartig, schauen Sie das ruhig. Erwarten Sie aber keine 08/15 Standup-Comedy. Eigentlich ist das gar nicht lustig.

Und jetzt: bald gute Nacht (noch 2 x Brötchen backen).

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Auto-Lobhudelei: Michel einigermaßen diplomatisch davon abgebracht, Pippi eine Babypuppe zu kaufen. Und klipp und klar gesagt, dass ich keine Barbie kaufen werde.