Tag 1511 – Keine Zeit, keine Zeit, keine Zeit.

Ich sag es mal so: ich hoffe, unsere neue Teamchefin hat verstanden, worauf wir als „Inspektorat“ heute drei Stunden unserer aller Arbeitszeit verschwendet haben. Weil sonst würd ich mich echt noch viel mehr als eh ärgern, dass ich heute 3,5 Überstunden gemacht habe (und wenn meine Kollegin nicht einen ihrer Urlaubstage hätte sausen lassen, wäre es noch mehr geworden) um alles wegzuschaffen, was nun mal heute Anstand, wofür ich aber keine Zeit hatte, weil ich in Meetings herumsaß, unter anderem um zu erklären, dass wir alle bei aller Liebe die Hände genug mit dem zu tun haben, was unsere (gesetzlich verankerte!!1!elf!) Pflicht ist, und dass da Jobbe på tvers („quer arbeiten“ ich kann das jetzt nicht mehr erklären, ich bin wirklich gar) und all diese hübschen Konzepte von Kommunikation und Teilen von Kompetenz und blablabla hinten rüber fallen MÜSSEN.

Anderenfalls arbeiten wir uns alle kaputt. Das ist ja auch keine Lösung. Es darf eh schon keiner länger krank werden.

Ich jedenfalls habe mein Hirn heute so leer gearbeitet, dass ich am Ende die einfachsten Sätze von norwegisch nach englisch mit Google Translate übersetzen musste. Ich möchte bei der Gelegenheit auch kurz anmerken, dass ich diese Überstunden-gleich-Karriere-Kultur für völligen Bullshit erkläre. Selbst wer, der doppelt so „gut“ ist wie ich läuft nach 10 Stunden Arbeit doch nur noch auf 30% Hirnkapazität, kriegt aber unter Umständen auch noch wegen Zuschlägen mehr Geld dafür als wenn einfach sinnvoll geplant würde und die Arbeit sich in normaler Arbeitszeit erledigen ließe. Und dann wird das auch noch als Beförderungsargument herangezogen?

Pfft.

Echt mal.

Tag 1510 – Schwups!

Wochenende rum.

Wo ist es hin?

Hier gibt’s auch wenig zu berichten. Ich bin wegen der Schulter-Nacken-Sache zunehmend ungehalten, dieser halbwrack-Zustand geht mir unsäglich auf die Nerven. Permanent teils üble Schmerzen, die sich nur unter Dauermedikation (meh) oder täglichem Sport von mindestens einer Stunde (meh) unter Kontrolle halten lassen. Ich weiß nicht, wo ich die Extra-Stunde grad hernehmen soll, ich muss wohl einen Antrag auf Tagesverlängerung stellen.

Michel hatte wieder Besuch von dem nun Drittklässler, der ihn vor den Ferien auch schon dazu verleitet hat, mit dem Fahrrad deutlich aus dem für uns komfortablen Bereich rauszufahren. Sie haben Pippi gemein erschreckt, das fand ich schon nicht so cool, aber vor allem haben sie innerhalb einer Stunde das Kinderzimmer quasi völlig verwüstet und nun ist Michels Treppenspirale hinüber. Das ist alles nicht ungewöhnlich für Jungs in dem Alter, das ist mir schon klar, aber es ist ungewöhnlich für Michel. Das nächste Mal, wenn der vor der Tür steht, muss ich wohl mal ein paar Worte gänzlich unnorwegischen Klartext reden.

Mit Michel hatten wir abends direkt mal wieder ein „was Freunde machen [mit aufräumen] und was nicht [Dinge kaputt]“ Gespräch. Er war sehr geknickt, das war gar nicht meine Absicht.

Seufz.

(Ich wünsche ihm so sehr Freunde. Aber ich wünsche ihm vor allem welche, für die er sich nicht in komische Richtungen verbiegt, die gar nicht zu ihm passen.)

Tag 1509 – Knack.

Das aufregendste was heute passiert ist, ist dass eine Feder am Auto gebrochen ist, ich hab das nicht bemerkt, aber Herr Rabe, und nun hängt das Auto hinten rechts. Deshalb hat Michel kein Lego-Set von seinem Taschengeld gekauft, sondern muss das im Internet bestellen. Und wir müssen wohl Montag früh die Werkstatt kontaktieren, damit das sehr schnell repariert wird. Sagte ich schon mal, das Auto müsse eigentlich noch mindestens bis Mai nächsten, besser bis Anfang übernächsten Jahres durchhalten? Ich sagte es. Wir halten erstmal an Plan A fest, nämlich Auto hält durch, aber Plan B ist in 2 Varianten – einer „vernünftigen“ und einer, die mich heute Zeit beim Ansabbern von Gebrauchtwagen im Internet verplempern ließ. Das Problem ist halt, dass die Kombination – vernünftig und schon auch geil – erst 2021 erscheint. Ach, Prius. Jetzt gibt’s erstmal ne neue Feder (oder 2?) und dann ist aber echt mal gut mit den Wehwehchen. Bis 2021, bitte.

Tag 1508 – Scheitern mit Ansage.

Wenig überraschend war meine To-Do-Liste zu lang für einen Arbeitstag, selbst bei einer extra Stunde. Ich werde also wohl am Wochenende irgendwann noch Dokumente lesen müssen (weil ich das Mäppchen bis Montag früh um neun halt bearbeitet haben muss) und nächste Woche im Flugzeug irgendwelches Zeug zum Brexit lesen, weil aus Gründen und hoffentlich breche ich nicht weinend in den Armen meiner Kollegin zusammen, weil ich doch auch keine Ahnung habe wie die das da alles lösen können, herrje, da schlagen sich seit Jahren ganze Gremien mit rum!

Den Rest hab ich aber weggearbeitet, ganz nach Plan.

Abends dann mit der Babysittermama telefoniert, das eskalierte ein bisschen (ich hätte einfach hinfahren sollen) und jetzt stehen hier Fragen im Raum herum, keine schlimmen, keine Sorge, aber halt Fragen, die man sich stellen muss (?) wenn man so Superkinder hat wie wir. Die halt einfach die supersten sind, eh, alle beide. Aber immerhin sind die nächsten Babysittertermine geklärt und ich muss keine Kinder mit zum Schulelternabend schleppen, während der Mann in Kopenhagen weilt, puh. Wir alten Businesskasper, wir.

Tag 1507 – Von allem was.

Heute morgen wollte ich gern Pippi an der Bushaltestelle aussetzen, auf dass sie sich selber zum Kindergarten brächte. Haben wir natürlich nicht gemacht, aber der Wunsch war da. Nach schlechten Nächten, weil Kinder auf mir lagen, habe ich morgens für Geschrei ebendieser Kinder noch weniger Nerven als sonst.

Arbeit ein einziger wilder Ritt. Report Hersteller A durchgehen, drucken, stempeln, unterschreiben, schicken. Programm Hersteller B entwerfen, schicken. Kollegin an entworfene Ankündigung Hersteller C erinnern, nach Genehmigung schicken. Vorbereitung für Hersteller D ausdrucken und abheften für die Kollegin. Drei Anfragen zu vollständig unterschiedlichen Dingen aufgehalst bekommen, eine mit den beiden Kollegen sofort wegarbeiten aber dafür plötzlich in einem spontanen Telefonmeeting hängen. Eine soll bis Montag beantwortet sein, eine asap. Von allen habe ich eigentlich gar nicht mal so viel Ahnung, aber „da kannst du was lernen!“, ja super. Zwischendurch eine kleine Not-Unterweisung in Rezeptkontrolle, Expedierung, Pharmazeut*Innenkontrolle und allem was sonst so in Apotheken vor sich geht erhalten, aus Gründen. Ich weiß jetzt, was der Unterschied zwischen einem Rezept und einer Requisition ist, was Reiteration ist, dass man Rezepte und Requisitionen hier noch offiziell per Fax schicken darf aber nicht per Mail und lauter andere lustige Sachen. Das alles zur Vorbereitung auf Hersteller D, nächste Woche. Morgen im Homeoffice werd ich jedenfalls gut rotieren, denke ich. Report Hersteller E und den Rest der Vorbereitung auf Hersteller D stehen an plus halt diese zwei „super dringend, supi, Frau Rabe macht das, die braucht für jede Mail eh schon ne Stunde“-Anfragen. Koselig!

Weiterhin: festgezurrt, dass wir Michels Geburtstag mit einem seiner Kumpels in der Turnhalle der Schule feiern und die ganze Klasse einladen – sonst kriegt man ja die Turnhalle nicht. Wünschen Sie mir Glück und Nerven aus Stahl.

Tag 1506 – Licht aus. Aus. AHAUS!

Irgendwas stimmt mit unseren Lampen nicht, überall geht dauernd das Licht einfach wieder an. Das ist ein bisschen störend, wenn man schlafen möchte.

Apropos schlafen: Herr Rabe und ich liegen beide schon im Bett. Herr Rabe ist verschnupft und ich fühle mich irgendwie auch nicht so ganz auf dem Damm. Ob nun, weil knapp 10 Überstunden in 3 Tagen wirklich schlauchen, oder weil im Flugzeug sitzen wirklich schlaucht, oder weil der Fischtrailer, der den ganzen Tag im Hafen, nicht weit entfernt vom Hersteller, vor sich hinbrannte und alles draußen in schwarzen Qualm hüllte, der natürlich über die Lüftungsanlage auch rein kam, irgendwas tödliches ungesundes abgegeben hat – ist ja eigentlich egal. Ich hab mich vom Zwang des Fitnesstrackers für heute losgesagt und hoffe, nach einer Nacht im eigenen Bett geht es besser. Morgen geht der normale Bürobetrieb wieder los und es stehen jetzt schon allerlei Termine an, von Fischfutter bis Steriltests ist da alles bei, damit bloß keine Ruhe einkehrt Langeweile aufkommt.

Tag 1505 – DOC-KF.04.ME.58-Version 1.03.

Für mehr sinnvolle Dokumentnamen!

Heute war wirklich anstrengend. Ich fühle mich wie ne ausgepresste Zitrone, in der zwei Elektroden stecken und ab und an macht’s bzzz bzzzz und dann kommt ein Gedanke vorbeigeflogen aber so richtig zu packen kriege ich ihn nicht.

Aber sehr leckere Fischsuppe zum Abendessen gegessen, in einem ganz kleinen Restaurant. TripAdvisor hat ja schon oft recht mit den Bewertungen.

Heute Mittag, falls Sie das interessiert, gab es, weil ich mir für mich vegetarisches Essen gewünscht habe, dann Chili Sin Carne für alle. Das war zwar, wie auch bei uns im Werk, eher so eine würzige Tomaten-Bohnen-Suppe, aber mit extra Jalapeños, die die QA-Dame noch holte, dann doch Chili und sehr lecker. Kam ganz ohne Fleischersatz aus und es hat sich am Tisch niemand beschwert. Ha! Ein Punkt für den Vegetarismus. (Ok. Ich fühle mich jetzt sehr aufgepustet, aber ich glaube fast, ich vertrage Kidneybohnen in so rauen Mengen eher schlecht.)

___

Die Nordlichtvorhersage sagt, es geht hier grad total ab mit den Nordlichtern. Ich seh aber nix. Ich prangere das an.

Tag 1504 – Grüße aus dem hohen Norden.

Absolut bescheiden geschlafen. Warum möchten Kinder immer ihre Beine auf eine*n drauflegen?

Dafür hab ich mich heute wahrlich wacker geschlagen. Ich war fast pünktlich aus dem Haus und mit einem kleinen Rollkoffer-Hochhackige-Stiefeletten-Sprint habe ich noch den Bus erwischt. Der Zug von Lillehammer nach Oslo war 3 Minuten zu spät, den habe ich also auch noch bekommen. Dann stand ich überraschend lange am Bag-Drop-Off-Label-Print-Automaten, dann überraschend lange in der Sicherheitskontrollenschlange, dann überraschend lange in der Kaffeebarschlange und dann war das Gate in Terminal B und da muss man ein Stückchen weiter hinlaufen als zu A und als ich dann am Gate ankam, hatte das Boarding grad begonnen und meine Kollegin sah sich schon leicht hektisch nach mir um. Ich war aber weiterhin hundemüde tiefenentspannt und boardete so vor mich hin, als ich plötzlich einen Krümel im Mund hatte, der sich anfühlte wie ein Sandkorn und der eine Miniecke meines rechten oberen Schneidezahns war. Super. Aber nicht zu ändern. Ich inspizierte mit meiner Handykamera den Zahn auf weitere Schäden, fand aber keine und beschloss dann, dass es nicht so schlimm ist. Passiert.

Im Flugzeug dann auch entspannt und gegen die Müdigkeit zum Zeitvertreib die Präsentation so weit überarbeitet, dass jetzt alle Schriften einheitlich groß sind und Überschrift und Fußzeile immer an der selben Stelle. Eigentlich PowerPoint 101 aber die Präsentation ist ja quasi geerbt und vorher „natürlich gewachsen“, sprich, etwa 5 verschiedene Leute haben hier und da dran rumgepfuscht gearbeitet. Aber jetzt ist alles hübsch und wenn meine Kollegen lieb bitte sagen, leg ich meine Version sogar auf den Server, da bin ich ja nicht so.

Dann Inspektion. So ein schöner Dialekt hier. Love it. Ansonsten – neuer Hersteller, neue Seltsamkeiten. Love that one too.

Abends dann unverantwortlich viel Knoblauch gegessen, sorry Mitmenschen morgen. Aber lecker war’s und voll im Tagessatz. Hotel auch sehr schön, alles ganz neu, das ist schon cool, und ich hab mega viele und dicke Kissen, zu viele sogar, dass ich das noch mal sage. Dabei hab ich sogar meinen Teddy vergessen.

Leider Nacken-Schulterschmerzen aus der Hölle. Deshalb abends erst 35 Minuten bei kurz-vor-laufen-Geschwindigkeit (und mit mitgebrachten Sportschuhen) auf dem Laufband gegangen, dann noch 15 Minuten Krafttraining für Schultern, Arme und Bauch. Seither schmerzfrei, aber ich kann jetzt echt nicht täglich eine Stunde Sport einschieben damit mein Schmerzlevel unter Ich-beiß-gleich-wen kommt. Das kann’s echt alles nicht sein.

Aber echt ein guter Tag, so insgesamt. Trotz müde und aua.

Tag 1503 – Bullerbü-Tag.

Wir hatten heute Besuch aus der Großstadt, von A. und MM und das war einfach ganz großartig toll. Bei wunderschönem Spätsommerwetter gab es Kaffee, Kuchen, quatschen* und einen Ausflug zum persönlichen Bullerbü, Tiere gucken und Kürbisse! <3

Das war einfach ein toller Tag.

___

* ich bin nicht allein mit meinem Haareraufen, was die Schnarchnasigkeit der Norweger*Innen beim Umwelt- und Klimaschutz angeht. Man hat hier manchmal das Gefühl, die Norweger*Innen glauben, weil sie alle Tesla fahren, haben sie ihren Teil getan und können hemmungslos unfassbare Mengen Plastikmüll erzeugen, zweimal im Jahr ins Warme fliegen und jeden Tag Fleisch essen. Meh.

Tag 1502 – Bestimmt langweilig, aber…

… heute ist halt nicht so viel passiert. Wir waren in Jessheim, neue Jogginghosen und Leggins für die momentan wie Unkraut wachsenden Kinder kaufen (Pippi hat Hosengröße 110. HUNDERTZEHN!!!), das war wegen mangelnder Compliance seitens Pippi überaus anstrengend. So sehr, dass ich danach, als das Brot im Ofen und Herr Rabe und die Kinder Pizzateig kaufen waren beim „nur kurz in Ruhe auf dem Sofa sitzen“ sofort eingeschlafen bin. Danach tat aber meine Schulter noch mehr weh als eh schon und ich sah mich quasi gezwungen, einen schnellen Spaziergang zu machen. Danach tat es etwas weniger weh und die Pizza war fast fertig in der Mache. Grünkohl auf Pizza ist sehr lecker. Grünkohl ist eigentlich immer lecker.

Um wenigstens das Gefühl zu haben, was geschafft zu haben, habe ich dann abends meine 3 identischen Hosen und 5 Blusen, davon 3 im identischen Schnitt, gebügelt. Morgen früh packe ich dann für den (tatsächlich) hohen Norden. Bügeln ist weiterhin nicht mein Freund, aber solange ich keine Reinigung finde, die das zu einem vertretbaren Preis macht, muss ich damit wohl ab und an leben. (Disclaimer, Hinweis, das übliche: wenn Sie total gerne bügeln oder auch aus Prinzip gar nicht bügeln oder aus diversen Gründen seit 1997 Reinigungen boykottieren, ist das schön für Sie (oder auch nicht, kommt jetzt auf die Gründe für den Boykott an), hilft mir aber beim Bügeln nicht. Ich möchte gebügelte Chinos und Blusen anziehen.)