Tag 2815 – Piep.

Es läuft weiterhin ganz ok, Dinge werden getan wie geplant, nur Schlaf wird nicht priorisieren, aber das kann ich ja nächste Woche nachholen (haha. Das Haus ist komplett voll, außer uns und der Schwägerin sind noch Herr Rabes Neffe und Freundin, der Schwiegervater und ein Schwager da. Wir reden hier nicht von einem Palast, sondern von einem typischen englischen Haus, in dem die Schwägerin sonst allein lebt. Es wird voll, da schlafe ich auch eher nicht aus).

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Große Dinge werfen ihre Schatten voraus, ich habe heute zum ersten Mal eine internationale Inspektion offiziell angekündigt (we hereby announce…) und gestern die Reise gebucht. Korea steht also.

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Die Kinder können es beide kaum erwarten, nach England zu reisen. Es ist ein bisschen niedlich, weil sie da sehr ähnlich sind, aber auch sehr unterschiedlich. Pippi fragt jeden Tag, warum wir nicht an dem jeweiligen Tag schon fahren können. Die Antwort ist immer gleich – Herr Rabe arbeitet ( = ist auf der Konferenz), ich arbeite, Kinder müssen zur Schule (wir haben sie ja für Freitag schon befreien lassen). Es wird trotzdem nach ein paar Stunden die gleiche Frage gestellt. Michel hingegen versteht ja all diese Gründe, flippert aber trotzdem durch die Gegend und hat auch schon seit vorgestern alles fertig gepackt – und packt es teilweise täglich wieder aus, weil er es ja noch braucht. Dazwischen sagt er mir ständig, dass er es nicht erwarten kann.

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Jetzt Bett. Hilft ja alles nichts, ich muss zumindest versuchen, zu schlafen.

Tag 2576 – Drama mit Cliffhanger.

Die Matratze ist, naja, äh, überraschend hart. Verblüffend, bei einer harten Matratze. Mal gucken, wie und ob ich mich daran gewöhnen kann, oder ob wir doch noch eine Übermatratze drauf legen. Immerhin sind wir ja in Übermatratzenland, wo man SELBSTVERSTÄNDLICH immer eine Übermatratze auf seiner sauteuren extra atmungsaktiven 65-Zonen ergonomischen High-Tech-Matratze mit kühlendem Gel im Bezug liegen hat. Beziehungsweise hat man die auf seiner Rahmenmatratze oder auf dem Kontinentalbett (mit allen oben genannten Eigenschaften). Unsere Freundin hat ernsthaft gestern ganz erstaunt (als sähe sie sowas zum ersten Mal) gesagt, dass es ja ganz schön schlau ist, eigentlich, ein Bett zu haben, bei dem man einfach die Matratze austauschen kann. JA! Ist es! Genauso wie man nicht das Sofa wegschmeißen muss, wenn der Bezug oll ist. Manchmal haben die Norweger*Innen echt nen Konsum-Hau. Zu viel Geld, zu viel Natur.

Morgen soll Michel ins Korpslager fahren, die Aussicht führte aber heute zu diversen Dramen, Streits, Diskussionen und allgemeiner Bockigkeit. Größtes Problem ist der innere Konflikt, dass man auf gar keinen Fall von Mama und Papa weg sein will, aber auch auf gar keinen Fall einen Rückzieher machen will und am Ende als Feigling da steht. Die Abmachung ist jetzt, dass ich ihn hinfahre, wir gucken uns das an, Zimmer, Bett, Kameraden usw., wir machen ganz klar, dass Michel uns jederzeit anrufen kann und wenn das alles nicht reicht, fahren wir wieder zurück, und wenn er bleibt und es doch nicht geht, hole ich ihn halt wieder ab. Es bleibt also spannend.

Pippi war übrigens wie erwartet gleich neidisch, dass Michel auf sowas fahren darf und sie aber noch nicht lange genug im Korps spielt. UNGERECHT! Die Kinder könnten wirklich nicht unterschiedlicher sein.

Tag 2558 – Flexibel und anpassungsfähig…

… wie ein Betonklotz. Es kostete sehr viel Überwindung auf drei Seiten, den Ausflug ins Legoland, DAS Legoland, vorzuverlegen, aber wenn die Webseite schon sagt, man solle am Wochenende kommen, denn da sei es in den Ferien oft etwas leerer als um die Wochenmitte herum, dann machen wir das natürlich. Mit einer Wendung, geschmeidig wie ein U-Turn bei einem alten, rostigen Zug, der mit 150 Sachen durch die Landschaft knarzt, entschlossen wir uns heute Mittag, doch morgen schon zu fahren.

Um den Stress zu dämpfen wollten wir dann auch schon mal die Tickets kaufen, mit den Rabattcodes aus dem Legokatalog, aaaaaaber das ging nicht. Am Handy nicht, an zwei Computern in drei Browsern nicht, weder der deutsche, noch der norwegische, noch der dänische Code wurde von der Webseite akzeptiert. Leider war das Kontingent an Flexibilität da bei 3/4 der Erwachsenen schon aufgebraucht und so endete es damit, dass eine zum Strand ging um Anspannung wegzulaufen, eine versuchte, Anspannung wegzugeigen, einer weiß ich grad nicht und einer fuhr ins Einkaufszentrum, um dort physische Legokataloge zu holen (um sie morgen den Kassenmitarbeiter*Innen um die Ohren zu hauen vermutlich). Letzteres erfolglos. Dafür wurde noch der technische Support der Webseite angerufen, der zwar auch nicht weiter helfen konnte, aber meinte, morgen an der Kasse müsste es mit Vorzeigen des (online-)Kataloges schon funktionieren.

Wir fahren also morgen früh ins Legoland und kommen sicher auch irgendwie rein, nur ob wir dabei nur normal arm werden oder bettelarm*, wird sich noch zeigen.

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*Spaß. Eingeplante Ausgaben sind eingeplant und wir könnten uns auch den normalen Preis leisten, es scheitert jetzt nicht daran, aber es fühlt sich so falsch und ungerecht an, weil es keinen logischen Grund gibt, warum die Rabattcodes nicht funktionieren. Da geht es, zumindest mir, jetzt um’s Prinzip.

Tag 2532 – Nicht cool.

Ich würde gerne behaupten können, dass ich diese Reise routiniert und tiefenentspannt angehe, weil ich ja dauernd reise, aber dieses Mal ist halt alleine (ohne meine Kollegin und meinen Kollegen, mit einem Inspektor aus einem anderen Land, den ich bisher nur auf Bildschirmen gesehen habe) und über mehrere Zeitzonen hinweg. Ein Drittland. Irgendwann musste das ja passieren, aber jetzt ist es sehr real und uff. Wahhh.

Einzig beruhigend, dass ich erfahrungsgemäß souverän rüber komme, egal wie sehr ich mir vorkomme wie ein verkleidetes Kind.

Tag 2258 – Keine Kapazitäten für kreative Titel.

Morgen ist Montag, da müssen alle früh aufstehen, ich besonders, denn ich werde in diesem Büro in der großen Stadt arbeiten. Uiuiui. Fast so wie 2019 jeden Tag. Neu ist, dass ich dann zum Mittagessen woanders hinfahre, denn wir machen Sprint planning in Präsenz im Büro der IT-Firma. Vorher gibt’s Lunch mit dem Entwicklungsteam und das ist schon alles ein bisschen aufregend, immerhin haben wir zwar echt viel Zeit in Meetings miteinander verbracht, aber uns noch nie in 3D gesehen. UIUIUI! Es ist auch der erste Sprint, an dessen Planung ich wirklich aktiv beteiligt sein werde, weil wir jetzt tatsächlich ans Implementieren gehen, Design ist fertig.

Insofern alles sehr spannend. Wie ging denn das nochmal mit den Bahntickets, welches Parkticket kann ich kaufen, ups, der Bus korrespondiert* nicht mehr mit dem Zug, oh je und Ruter hat ne neue App und die ist ja mal, äh, scheiße.

Nun. Jetzt schnell schlafen, sonst wird das morgen auch noch alles das plus müde.

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* ich habe ein dumpfes Gefühl, dass man das auf Deutsch so nicht sagt. Jedenfalls: der Zug fährt jetzt 4 Minuten früher und von einem anderen Gleis, der Bus fährt aber wie immer. Das heißt, dass man mit dem Bus, der früher 4 Minuten vor Abfahrt des Zuges am Bahnhof ankam, jetzt dem Zug noch hinterherwinken und dann 15 Minuten warten darf. Wer sich das ausgedacht hat,will ich mal wissen. Möge die Person ständig 15 Minuten im strömenden Regen auf zugigen Bahnhöfen warten.

Tag 1914 – Vorfr… dingens.

Jetzt so um diese Zeit vor 8 Jahren ist meine Fruchtblase geplatzt. Im Bett. War nass. In etwa einer Stunde standen dann die Sanitäter vorm Bett, ausgerüstet für eine Not-Hausgeburt, weil Herr Rabe so aufgeregt gewesen war, als er den Krankenwagen rief, dass es da zu Missverständnissen kam. Ich hatte nämlich zu dem Zeitpunkt nur ganz sporadisch überhaupt Wehen, aber das Baby hatte sich nicht ins Becken gesenkt und deshalb hatte mir der Frauenarzt eingeschärft, dass ich bei Blasensprung unbedingt den Krankenwagen rufen und liegend ins Krankenhaus transportiert werden solle.

Heute habe ich mit der kleinen Schwester des damals störrisch unter meinen Rippen klemmenden Babys Pokémonkarten, Ballons und tonnenweise Glitzer gekauft. Ich habe die kleine Schwester nicht im Einkaufszentrum „vergessen“, das war meine größte Leistung heute.

Das Geburtstagskind bekommt eine Minecraft-Torte, die sieht super aus, weil obwohl und ist nicht von mir gemacht oder von Herrn Rabe, sondern von einer Bekannten, die das hobbymäßig macht. Damit wir nicht eine ganze Schokotorte selbst essen müssen, haben wir ein paar Jungs vom Sporthort eingeladen. Ich bin ein wenig gespannt auf die Feier, ich kenne nämlich nur einen von dreien, die zugesagt haben. Wir werden coronabedingt draußen feiern und ich nehme alle Daumen der Welt dafür, dass es bis dahin zu schütten aufhört.

Apropos Corona: unser Zwangshomeoffice wurde noch mal um mindestens zwei Wochen verlängert. Eigentlich habe ich Mittwoch einen Präsenztermin im Büro (und ich würde auch gerne mal wieder Papiere austauschen), aber wir dürfen AUF GAR KEINEN FALL mit dem ÖPNV fahren. Wie ich das löse, weiß ich noch nicht. Ich hoffe, der Präsenztermin wird verschoben, wichtig ist der nämlich eher nicht.

Ebenfalls zu spannend für meine Nerven: die Verhandlungen meiner „Gewerkschaft“ mit dem Staat laufen ungut. Die Sache liegt jetzt beim „Reichsmakler“, einer Schlichtungsstelle, und wenn da bis Mittwoch um Mitternacht nichts bei rum gekommen ist, kann es sein, dass wir streiken. Ich muss dann streiken, das ist keine Wahl, die ich habe, wenn ich das richtig verstanden habe. Aber wie streikt man denn im Homeoffice? Streikstände wird es vermutlich wegen Corona eher nicht geben, und ich komme da ja auch gar nicht hin weil ich ja AUF GAR KEINEN FALL mit dem ÖPNV fahren darf. Sehe mich schon in Warnweste und mit Trillerpfeife vorm Computer sitzen. Und anschließend drei Tage lang weinen, weil die Arbeit zum größten Teil bei so einem Streik ja nicht weg geht, sondern nur aufgeschoben wird. Die emails stapeln sich eh schon im Postfach, weil ich die letzten 4 Arbeitstage nur abends kurz geguckt habe, ob irgendwas so lichterloh brennt, dass ich es irgendwem weiterleiten muss.

Ich muss mich auch noch informieren, was denn nun das Problem ist. Wenn ich schon streike, sollte ich wenigstens wissen, wofür.

(Ganz generell habe ich keine Ahnung, wie die Norweger*Innen überhaupt streiken. Die sind ja so konfliktfähig wie Seife und machen alles mit sich allein im Wald aus. Ansprüche stellen ist auch nicht so ihres. Das passt irgendwie alles nicht so richtig zusammen.)

Tag 1844 – Miep miep (möp).

Ich habe nächste Woche eine Inspektion, zu der ich mit dem Auto fahren muss. Züge sind böse in Corona-Zeiten, jedenfalls wenn wir extern arbeiten. Wenn wir damit ins Büro fahren drückt man die Augen zu (aber es wäre natürlich schon besser, wir gingen zu Fuß oder führen Fahrrad. Bei 64 km per Weg… nein.). Jedenfalls musste ich heute mit dem bösen Zug in die Stadt fahren, um das Auto abzuholen, das ich haben muss, damit ich nicht mit dem bösen Zug fahren muss. Oh the irony.

Der Trip gestaltete sich etwas holpriger als erwartet. Ich darf auf gar keinen Fall am Ende meines Zyklus das Haus auch nur fünf Minuten verlassen, ohne Menstruationshygieneprodukte für den Fall der Fälle dabei zu haben. Hatte ich natürlich nicht, ging natürlich in die Hose (haha). Immerhin eine Slipeinlage hatte ich da drin, die gab ihr bestes. Danke, Slipeinlage.

Weiterhin war natürlich Bus statt Zug wegen Bauarbeiten zwischen Eidsvoll und dem Flughafen. Glück im Unglück, Gardermoen hat wirklich saubere und kostenfreie Toiletten im öffentlichen Bereich, da konnte ich mit Klopapier improvisieren um eine Sauerei zu verhindern. Der Bus stand obendrein noch im Stau und als ich endlich im Zug saß, hatte ich eine ganze Stunde extra auf den ersten (eigentlich) 10 Minuten Weg zugebracht. Hurra.

In Oslo S angekommen stand ich etwas verwirrt vor dem Selbstbedienungsschalter der Autovermietung, buchte die Superversicherung zu meinem Autolein dazu (wenn was passiert, will ich bittedanke nicht 12.000 Kronen Selbstbeteiligung latzen müssen) und fragte mich dann erst, wo denn eigentlich die Autos sind. Glücklicherweise kam eine Dame und lieferte einen Schlüssel ab, die fragte ich und die erklärte es mir dann. Unter Oslo S ist ein Parkhaus, wer hätte das gedacht.

Nahezu routiniert ging ich einmal ums Auto rum und schrieb dann eine längere Mail mit nicht im Kaufvertrag (per SMS-Link zugeschickt, Technik ist was feines!) aufgeführten Kratzern an die Autovermietung. Den Sitz einstellen fiel mir schwerer als das Navi bedienen und dann, miep miep, war ich unterwegs mit dem kleinen i3 nach Hause. Nettes Auto, muss ich sagen, fährt sich gut und ist zumindest vorne innen erstaunlich geräumig. Ein Elektroauto hatte ich extra bestellt, deshalb musste ich auch nach Oslo zum Abholen, das war also keine Überraschung, allerdings hatte ich eher mit einem Leaf oder so gerechnet. Ein kleines Auto ist nach ein paar Monaten Carona tatsächlich auch mal ganz nett. Wenn’s nicht ausgerechnet ein BMW wär, fände ich, das Auto passt gut zu mir. Miep, miep!

Jetzt fix Augen zu. Morgen muss ich vor der Inspektion noch die Kinder versorgen und abliefern, das wird aufregend und mal was anderes und hoffentlich nicht übermäßig stressig, in jedem Fall aber früh.

Aufgeregt bin ich auch. Ob ich dieses Inspizieren noch kann?

Tag 1798 – Irgendwie beruhigt und irgendwie auch gar nicht.

Ich lag leider heute den halben Tag flach, erst mit Migräne und dann mit den Nebenwirkungen des Migränemittels.

Dafür hab ich aber noch echt viel geschafft, nämlich alle Schweinchen sauber gemacht, die Hausärztin angerufen, die Tierärztin angerufen, dem Anwalt gemailt, Essen gemacht, einen Bilderrahmen repariert, mir eine Tastatur und Maus bestellt, die letztgenannten beiden Punkte von der Ferien-To-Do-Liste gestrichen und mit der Bank telefoniert.

Das Banktelefonat lässt mich einigermaßen ambivalent zurück, wir dürfen nämlich von Seiten der Bank aus versuchen, das Traumhaus zu kaufen. Jetzt bin ich irgendwie sehr beruhigt und es ist mir fast schon egal, ob wir’s nun machen oder nicht, und andererseits ist die jetzt wieder etwas weniger theoretische Möglichkeit für erneutes Chaos im Rabenleben genug um mir ordentliche Anspannung zu verpassen.

Wir schauen uns das also morgen Abend mal in echt und von innen an. Von außen kennen wir es schon, und Sie auch, denn es steht neben dem Kindergarten und ich habe es an Tag 1204 hier mal gezeigt. Und dann stellen wir Tausendundeine Frage, und dann gucken wir mal, ob es uns das Chaos und all das Geld wert ist (und im Zweifel wie viel, also wie hoch wir bieten würden).

Bis dahin atmen.