Tag 3144 und 3145 – Zu früh gefreut.

Vielleicht ist es normaler hier, ja, aber es geht mir trotzdem nicht gut. Die drei Tage England, in der Intensität und mit den Menschen, mit denen das stattfand, waren viel zu viel für mich. Ich bin komplett im Eimer und habe 90% des Tages im Bett verbracht, wegen meiner Unzulänglichkeit in allen Aspekten* ständig in Tränen ausbrechend. Letzte Nacht habe ich beschissenst geschlafen und morgen werde ich ein müdes, verquollenes Wrack bei der Arbeit sein. Nach vier Tagen Urlaub, wegen vier Tagen Urlaub. Awesome. Ich hoffe, es wird wenigstens wertgeschätzt**, glaube aber nicht dran.

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*Ich bin nicht mal in der Lage, ein Terrarium, das eigentlich nur eine Plastikkiste*** ist, so aufzubauen, dass die Temperaturen darin stimmen.

**absichtlich offen gelassen was und von wem

***Das wurde uns so empfohlen. Das wird für diese Art, hier in Norwegen, für Jungtiere, so empfohlen. Bitte lieber ent-abonnieren als empören. Ich hab mir die volle Dröhnung Internet-Foren-Diskussion bereits gegeben, aber auch da ist irgendwie keiner, der mal mit ner Schlange gesprochen hat, und gefragt hat, ob jetzt eng oder nicht eng besser für sie ist. Ich weiß jetzt aber: gestresste Tiere fressen nicht, das ist ein echtes Problem, aber Schlaumeier im Internet kann trotzdem behaupten, wenn der Hunger erst groß genug ist (jede Woche ausgehungert oder wie???) DANN fressen auch schlimm schlimm misshandelte Schlangen. Außer in Terrarien. Da nicht. Das machen die nur in Kisten, das mit dem Fressen aus Hunger. Ich war nach Internet-Foren-Diskussion jedenfalls kurz davor alles abzublasen, weil ich mit sich widersprechenden Empfehlungen und Ratschlägen und Erwartungen überhaupt nicht umgehen kann. Das war schon bei Covid schlimm (ist es noch!) und das jetzt triggert das wieder. Ich weiß auch nicht, was ich da machen soll, außer allem aus dem Weg gehen – und das geht kaum, irgendwo muss ich ja Informationen her kriegen. Die Anleitung vom Thermostat zum Beispiel ist ein totaler Witz, damit kann man kaum was anfangen. Fell, weder dickes noch dünnes, hab ich jedenfalls keines. Und erst mal müssen wir eh das Temperaturproblem beheben. Auch wenn ich keine Tiere verdiene, laut Forum. Und da auch ich nicht mit Schlangen reden kann, kann ich’s halt auch nicht sicher wissen, vielleicht hat das Forum recht.

Tag 3127 – Nachwirkungen.

Gestern war so anstrengend, dass ich heute wirklich große Probleme hatte, überhaupt irgendwas sinnvolles zu tun. Ich glaube, das hatte mehrere Gründe, die aber alle miteinander zusammenhingen. Bei der Arbeit hatte ich ein anstrengendes Meeting. Das hatte ich selbst so organisiert, was nicht schlau von mir war, aber im Nachhinein auch nicht zu ändern. Montag Abend hatte ich bereits festgestellt, dass wir in dem Meeting vielleicht eine ungeahnt beschissene Nachricht überbringen müssen. Ich fand das nicht fair und fachlich falsch und überhaupt. Das stresste mich. Gestern Morgen musste ich dann mich und die Kinder pünktlich fertig bekommen, was grad so geklappt hat, aber unter Stress. Ich holte mir am Bahnhof einen Kaffee und setzte mich in den Zug, 7 Minuten vor Abfahrt, ein Hoch aufs Wohnen an der Endhaltestelle. Meine Kollegin hatte mir einen Chat geschrieben, den ich öffnete – wir müssten über das Meeting reden. Sie könne noch eine Stunde. Im Zug arbeiten am Computer geht, aber telefonieren geht eher so mittel. In solchen Momenten macht mein Kopf blitzartig drei bis sieben Paralleluniversen auf und spielt alle Möglichkeiten durch. Das ist sehr praktisch. Der Kopf vergisst dabei aber, dass bestimmte Optionen viel Energie von mir fressen, vor allem wenn sie eine spontane Planänderung beinhalten. Aber egal, es war am wenigsten scheiße, wieder aus dem Zug zu springen und mich in das Café am Bahnhof zu setzen. Da telefonierte ich dann mit der Kollegin und danach noch mit einer Juristin. Hurra. Dann fuhr ich eine Stunde später doch mit dem Zug ins Büro und schrieb im Zug in einem rasenden Tempo das Problem und eine fachliche und juristische Bewertung dessen runter. 2 Seiten in 30 Minuten. Kann ich, aber auch nicht mühelos. Also noch mehr das Energiekonto belastet. Das Meeting war dann eben auch an sich schon anstrengend und überzog auch noch. Damit fiel das Kartenhaus zusammen, das mein Plan für den Nachmittag gewesen war, Pippi pünktlich zur Schlagzeugstunde zu bekommen, löste sich in Rauch (oder eher Paragrafen) auf. Ich kann echt nicht gut mit Planänderungen. Mein Energiekonto begab sich ins Minus. Pippi war ganz happy und malte ihr ganzes Gesicht mit Tattoostiften an. Ich kam gestresst und fahrig um halb vier nach Hause, arbeitete noch ein bisschen weiter, machte Essen für Pippi und fuhr sie zum Korps. Zog mich um fürs Ballett. Machte Essen für Michel und fuhr den auch zum Korps, holte Pippi ab und setzte sie zu Hause ab. Fuhr weiter zum Ballett. Routinen sind wichtig. Routinen sind Schall und Rauch: ich ging 15 Minuten vor Ende der Stunde, um Michel pünktlich vom Korps wieder abholen zu können. Mir war bis gestern auch noch nie aufgefallen, wie grell das Licht da ist.

Dann brachte ich beide Kinder ins Bett, bereitete den heutigen Tag vor, und bekam viel zu spät die Augen zu, weil ich weiterhin diffus unter Strom stand.

Heute dann eben die Nachwirkungen. Furchtbar müde (trotz knapp sieben Stunden Schlaf), Kopfschmerzen, Konzentrationsprobleme und keine nutzbaren Exekutivfunktionen. Einfach wäh, wie Kater. Und das alles wegen zwei Tagesablauf durcheinander bringenden Planänderungen, einer schwierigen sozialen Situation und einer Änderung von Routine, am selben Tag.

Das ist alles irgendwie meh. Ich bin froh, dass Herr Rabe schon fast wieder da ist. Keine Ahnung, wie er das immer alles schafft, wenn ich nicht da bin.

Tag 2718 – Vorweihnaaaaaaahhhh!

Urgs, muss das vor Weihnachten immer so stressig sein? Müssen alle unbedingt noch einkaufen, wenn ich auch unbedingt noch einkaufen muss? Müssen Leute dringend ihre Babies und Kleinkinder mit zum Einkaufen nehmen? Ich schätze, ja. Und ich will da auch eigentlich keinen verurteilen, aber für mich ist das ein maximaler Albtraum und hätte ich nicht auch zur Apotheke gemusst, ein Rezept abholen, hätte ich das Einkaufen mit großer Freude Herrn Rabe überlassen. Der hat derweil geräumt.

Nach so ner Tour schaffe ich es knapp nach Hause und kollabiere dann noch mit der Mütze auf auf dem Sofa, wo ich nicht mal in der Lage bin, mein Handy zu holen oder mit irgendwas sinnvollerem als „hmmmnnnäää“ zu antworten, wenn Herr Rabe fragt, ob ich irgendwas brauche oder mich hinlegen möchte.

Vergessen habe ich übrigens obendrein einiges, weil irgendwann mein Hirn nicht mehr so ganz wollte, wie ich.

Kurz: ein Tag, den wir wieder mal in die Kategorie „für die Tonne“ und „Frau Rabe ist seltsam“ einsortieren.

P.S. Warum klingt Bach so leicht und ist so schwer?

Tag 2710 – Besser.

Besser als gestern, aber gestern wirkt noch nach. Gestern dachte ich morgens noch, ich wäre wieder ok, Kopf über Wasser und so, aber dann ging der Tag ja komplett in die Hose. Heute in Frieden vor mich hin gepröddelt, zwar hart prokrastiniert, aber auch was geschafft. Morgens war ich mit Michel bei einer Ärztin, die, ähm, scheinbar nicht so viel mit Kindern wie Michel zu tun hat (und mit Erwachsenen wie mir), weil da nur undeutliche Ansagen kamen, zum Teil nur Körpersprache, und ich merkte zum ersten Mal bewusst, dass ich mich damit schwer tue, wenn jemand „hier lang“ sagt, und dann aber nur grob in irgendeine Richtung wedelt und auch nicht voraus geht. Ok, der Akku ist halt auch leer. Michel war wieder sehr er selbst und ich weiß nicht, was das Ziel dieser Untersuchung war, aber ich glaube, es ist nichts auffälliges dabei rausgekommen (mal abgesehen vielleicht von nicht so toller Feinmotorik, wobei die Ärztin da auch nichts gesagt hat, das ist mir nur aufgefallen).

Des Weiteren frage ich mich, ob Windschutzscheiben unterschiedliche Qualitäten haben können, weil mich seit wir Konacar haben wieder andere Autos massiv blenden. Beim Prius dachte ich, das läge daran, dass alle inzwischen SUVs fahren, die mir quasi direkt ins Gesicht leuchteten, aber man sitzt in Konacar genauso hoch wie in Carona und es ist wirklich ein Unterschied wie (haha) Tag und Nacht. Ich müsste eigentlich zum Auto fahren immer Sonnenbrille tragen. Entweder blendet die Sonne (tagsüber, klar), der Himmel (tagsüber, bewölkt) oder die anderen Autos (nachts). Das ist doch auch irgendwie Käse. Kann man da irgendwas machen, gibt es irgendein Wundermittel, mit dem man die Windschutzscheibe einschmieren kann oder so?

Tag 2697 – Besser?

Heute halbwegs produktiv ein paar Dinge getan. Ging endlich wieder. Haushaltsbuch-App ist jetzt von meiner Seite up to date, in meinem Kleiderschrank ist nicht mehr Sommer, diverse Rechnungen sind bezahlt, es ist halbwegs aufgeräumt, Wäsche ist gewaschen und verräumt, Krankmeldung ist eingereicht. Außerdem war ich mit Michel bei einem Termin, wo Michel sehr er selbst war. Sogar was vernünftiges zu Mittag gegessen habe ich. Michel auch, der hat sich Sushi gekauft, mir dann erklärt, dass Nigiri sein liebstes Sushi sei und mir danach Löcher in den Bauch gefragt, wie man Sojasauce macht, was ich theoretisch wissen müsste, praktisch habe ich aber nur eine vage Ahnung. Michel ist ja ein Kind, das sich keinen Quark erzählen lässt, aber gleichzeitig ist er auch ein Kind, das ein „das weiß ich nicht so genau, das muss ich selbst nachgucken“ ganz gut akzeptieren kann. Und inzwischen guckt er dann halt selbst nach. Erwarte also in den nächsten Tagen einen umfassenden Vortrag über Sojasauce.

Jetzt bin ich abgeschweift. Eigentlich wollte ich sagen, dass ich mich ein bisschen besser fühle. Nicht superduper alles spitze gleich wieder 70 Stunden arbeiten, aber ich kann wieder klarer denken und kriege keine Stresssymptome mehr davon, an meine berufliche, kilometerlange To-Do-Liste und all die überschrittenen Fristen zu all den Punkten darauf zu denken. Heute Abend gab es ein alkoholfreies Weihnachtsbier (das mag ich sehr gern, das ist wie Malzbier nur viel weniger süß und schwer) und deshalb hoffentlich morgen auch kein böses Erwachen. Noch zwei Wochen und zwei Tage Arbeit, dann ist Weihnachtsurlaub für mich. Vielleicht kürze ich das auch noch auf zwei Wochen zusammen. Mal sehen.

Jetzt mache ich mal das Licht aus. Herr Rabe schläft schon und grad hat er im Schlaf (!) „Hey, Siri!“ gesagt, wahrscheinlich wollte er das Licht (meine Nachttischlampe) ausmachen. Oder Sojasauce googeln.

Tag 2691 – Stop.

Heute war ich krank. Schon wieder. Nach einem Glas Wein, Weißwein sogar, Grüner Veltliner, den vertrage ich sonst problemlos, aber heute war ich krank als hätte ich mich gestern komplett volllaufen lassen. Und ich meine das ganz ernst: ich glaub ich lass das einfach mit dem Alkohol. So ganz. Das ist es nicht wert. Mein schöner freier Tag, völlig kaputt. Ich konnte nicht mal einkaufen gehen, morgen gibt’s nen Teelicht statt Adventskranz und alles was am Wochenende gemacht werden muss, muss in morgen gequetscht werden, bevor die neue Woche los geht.

Ja, ich bin schon selbst auf den Gedanken gekommen, dass es vielleicht gar nicht der Alkohol war, sondern vielleicht einfach mein Körper von meiner Psyche Bescheid bekommen hat, dass ich einen Tag auf dem Sofa zu bleiben habe. Weil gestern, die Woche, die letzten Monate einfach knüppelhart waren. (Gestern hat das IT-Projekt sich einen Klopper geleistet, den ich kaum für möglich gehalten hätte, nämlich Materialien von mir geklaut und ins Intranet gestellt, ohne zu fragen, und es auch noch so wirken lassen, als hätten sie diese Materialien selbst erstellt. Ich rege mich immer noch darüber auf, obwohl das „geklärt“ wurde, weil ich eine wirklich pissige Mail geschrieben habe und verlangt habe, dass das umgehend aus dem Intranet entfernt wird. Das wurde gemacht, aber sowas lässt mich ja deshalb nicht los. Es ist einfach falsch und gemein und ich habe sehr viele Emotionen, die ich nicht gut ausdrücken kann und alle schlucke, bis ich platze.) Alles halt zum Kotzen und das sehe ich ja nicht ein, bevor der Körper streikt.

Montag Homeoffice (außer der Reihe, Montags ist ja sonst Bürotag, aber sorry, nee.), Dienstag halber Tag, danach den Rest der Woche Urlaub. Da es mir geht, wie es mir geht, werde ich mich vermutlich für die Urlaubstage krank melden.

Um die Geschichte zu vervollständigen: es ist egal, ob der Wein nun die Ursache war, aber er hat es sicher auch nicht besser gemacht. Und so dringend sind Drogen ja nun nicht, ne?

Tag 2332 – Hadern.

Die guten Dinge zuerst: Michel hatte heute Distriktsmeisterschaft im Korps-Musizieren und das war sehr gelungen. Wenn auch früh. Michels Korps trat in der Anwärterklasse an, da bekommen noch alle einen Preis und alle machen den 1. Platz und alles ist insgesamt ganz pädagogisch wertvoll. Aber das ist ja auch richtig so, wenn man schon dringend so Meisterschaften haben muss, muss man den Kindern ja nicht direkt alle Spielfreude nehmen, indem man ihnen an den Kopf knallt, dass das Schlagwerk rennt, die Posaunen schleppen und die eine Klarinette quiekt. So konnten die Kinder ein bisschen Bühnenluft atmen, ein bisschen Wettbewerb haben und vor allem Spaß haben. Michels Korps war der allerkleinste, aber wir sind ja auch ein Kaff. Michel hat das, trotz aller Aufregung, super gemacht und ist direkt bestimmt einen Meter gewachsen.

Ich denke dann einfach nicht weiter drüber nach, warum Norwegen, wo doch alle gleich sind, nahezu zwanghaft Wettbewerbe in allem haben muss.

Ich hingegen hadere mit mir. Wahrscheinlich ist das immer noch eine Nachwirkung von gestern und auch heute, jede Aktion isoliert wäre vielleicht noch gegangen, aber beide waren viel zu viel. Auf dem Rückweg hätte ich am liebsten beide Kinder bei Burger King vergessen, weil die einfach viel zu laut und zu lebhaft waren. Es sind halt Kinder! It’s not them, it’s me. Von dem Gruppenspaziergang noch erschöpft mit zu wenig Schlaf in Räume voller Menschen, zwei eigene kleine Menschen dabei, die Aufmerksamkeit wollen und brauchen (und so Dinge wie essen, trinken, Klo, das wollen die ja auch ständig, können die das nicht unterdrücken, wie Mama? Spaß, aber nur zum Teil.), eng gesteckte Zeitpläne und dann auch noch mit allen möglichen Leuten reden müssen und möglichst niemanden anschreien, weil MUSS DAS KIND DENN JETZT GENAU HIER WEINEN oder MEINE FRESSE PUTZ DEINE NASE UND WARUM BIST DU MIT LAUFENDER NASE ÜBERHAUPT UNTER MENSCHEN??? Ich schreie innerlich und danach gehe ich ins Bett. Ich habe noch mal drei Stunden geschlafen und war auch den Rest des Tages wahrlich nicht mein sozialstes Selbst. Vermutlich wirkte ich beim Einkaufen sogar ziemlich unhöflich, aber mehr Konversation als „Hallo“, „Nein“ (zur Tüte) und „Ja“ (zum Kassenbon) war einfach nicht drin. Vielleicht sollte ich mir ein Schild basteln „sorry, Worte sind für heute aus“.

Und mal ehrlich: das ist doch irgendwie auch ziemlich kacke. Es kann doch nicht sein, dass ich mich von einem Spaziergang mit einer Handvoll Leute (die ich halbwegs gut kenne und mag) und ein paar netten Gesprächen zu nicht-fachlichen Themen erst mal tagelang erholen muss. Ist das mein neues Leben? Freitag bin ich auf einer kleinen Geburtstagsfeier, also kann ich den Rest des Wochenendes abschreiben für alles außer schlafen? Treffen nur noch 1:1, maximal 1:2? Ist alles wenig erquicklich, ich bin ja gleichzeitig keine Eremitin. Warum hat Mama drinnen eine Sonnenbrille auf und Kopfhörer drin? Ach, sie hat bloß mit ihren Kollegen Mittag gegessen und muss sich jetzt abschirmen, damit sie nicht ausflippt oder irgendwo einschläft.

Das war doch früher nicht so extrem? Es soll wieder wie früher sein.

Tag 2291 – Langer Tag.

Als ich nach Hause kam, stand grad Michels Freund E. vor der Tür, um nach Hause zu gehen. „Langer Tag bei der Arbeit, nicht wahr?“ sagte er wissend zu mir. E. ist mitnichten 80, E. ist 10. So lang war der Arbeitstag auch gar nicht*, sondern ich war nach der Arbeit noch „schnell“ in der Apotheke am Jernbanetorget, mir die Impfung gegen die diesjährige prognostizierte Grippe abholen. Liebe Menschen in Norwegen: dieses Jahr ist da nichts rationiert, alle dürfen, fast jede Apotheke impft – es gibt keine Ausrede. Die Apothekentechnikerin war überaus vorsichtig, ich habe quasi nichts gemerkt von der Spritze selbst, aber jetzt entwickle ich trotzdem ein Ei am Arm. „Schnell“ ist in Anführungszeichen, weil mein Warten auf meinen Termin nicht als solches erkannt wurde und ich erst bei „Sie [andere Person] können gleich dran kommen, der Termin um 18 Uhr [meiner] ist nicht gekommen“ schnallte, dass ich vergessen worden war. Insofern wartete ich 30 Minuten auf den Termin (arbeitend) und 20 Minuten nach dem Termin (am Handy daddelnd).

Aus Gründen dachte ich heute darüber nach, warum ich mich eigentlich auf allen Gebieten unzulänglich fühle, als Ehefrau, besonders als Mutter, aber auch ein wenig als Arbeitnehmerin, weil ich bestimmt einfach noch ein paar Stunden mehr arbeiten könnte (und eine noch besch…eidenere Ehefrau und Mutter sein) und mehr schaffen und nicht so unsicher sein und was weiß ich. Und dann höre ich mich zum Kollegen sagen, dass er sich auf gar keinen Fall schlecht fühlen soll, wenn er heute Abend das Privatleben priorisiert und in der Konsequenz am Wochenende arbeiten muss**, weil man kaputt geht, wenn man nie das Privatleben priorisiert. Es ist kompliziert, wie ich mich dazu fühle. Das hier fasst es ganz gut zusammen. Ich möchte da auch gar kein Köpfchentätscheln haben, es ist einfach was, über das ich nachdenke. Zugegeben, „Haha“ war auch nicht die optimal verständnisvolle Reaktion.

Wie gesagt, kein Köpfchentätscheln, Trost oder sonstwas nötig, ich muss „nur“*** meine Ansprüche an mich selbst überdenken und gegebenenfalls justieren****.

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*hahaha Lüge, war er wohl

**weil unser Arbeitgeber uns einfach VIEL. ZU. VIEL. aufhalst. Alles nach ganz unten delegieren ohne die ganz unten in ihrer Position und Entscheidungsmacht zu stärken, ist ne scheiß Idee. There, I said it.

***hahahaha

****hahahahahahaha. Heute bin ich wieder besonders lustig.

Tag 2242 – Voll.

Herr Rabe bezeichnete mich als „voll“, und meinte damit nicht betrunken, sondern von allem anderen voll. Ich bin wieder zu Hause, habe alle Kinder gedrückt und eines in den Schlaf gekuschelt, habe mit Herrn Rabe geknutscht und dann lief ich ein bisschen über nach der Woche. Emotional übervoll und ausgelutscht, Überdosis Menschen, kalter Entzug von der Familie, lieben Worten und ständigem Körperkontakt, Überdosis Arbeit und das sehr verwirrende Gefühl, das alles sehr gerne genau so zu machen, und trotzdem nach einer Woche [ok, es waren 2 Inspektionen und, weiß nicht, so 70 Arbeitsstunden?] komplett durchgenudelt zu sein.

Es ist wirr und ich muss jetzt sehr dringend schlafen. Am Wochenende möchte ich nur in Notfällen mit Menschen außerhalb meiner Familie reden, das erscheint mir als Sofortmaßnahme ratsam.

Tag 1139 – Zwei Termine.

Ich hatte heute zwei Termine. Den einen hätte auch gut Herr Rabe machen können, denn es war Elternabend in Pippis Kindergarten. Aber wenn Herr Rabe da hingefahren wäre, hätte ich so halbkrank wie ich noch bin, die Rübennasen alleine mit Nahrung versorgen und ins Bett bringen müssen. Da erschien mir eine halbe Stunde Auto fahren, eine Stunde rumsitzen und dann eine halbe Stunde zurückfahren kräfteschonender. Grober Fehler, aber fangen wir von Vorne an.

Mein erster Termin heute war bei meiner Ärztin. Nicht wegen der Rotze-Geschichte, sondern weil heute der letzte Tag meiner Krankschreibung war. Und weil ich ein ehrlicher Mensch bin, habe ich gesagt, wie es aussieht. Dass ich im Prinzip (und von der Erkältung abgesehen) fit bin und locker flockig arbeiten kann, aber nicht da. Dass ich bei dem Gedanken dran schon Schweißausbrüche kriege und mir bei Telefonanrufen vom Chipsmann übel wird. Dass ich weiß, dass zwischenmenschliche Probleme kein Grund sind, krankgeschrieben zu sein, ich aber Angst habe, wieder nicht zu schlafen und nicht zu essen und dauernd zu heulen.

Und sie sagte, sie verstehe das, ich solle es aber mit der Arbeit probieren und wenn es nicht ginge, dann ginge es nicht, aber probieren solle ich das. Stå på. (Bleib stark, sinngemäß.)

Tja. Ich werde also morgen arbeiten. Juchhei. Ich denke einfach an die Vorteile. Die Vorteile sind: die Firma muss mein Gehalt weiter zahlen. NAV ist da raus. Und ich kann etwas machen, das wirklich (naja, metaphorisch) die Bude in Brand stecken würde. Und wenn ich das gemacht hab, brauche ich mir wohl auch keine Sorgen mehr machen, dass mir der Chipsmann nicht freiwillig kündigen möchte.

Gegen alle anderen Gedanken habe ich eine von den vor zwei Wochen verschriebenen Schlaftabletten genommen.

(Follow-Up der Pillengeschichte: ich habe jetzt einen Termin für das Legen einer Hormonspirale. Spiel, Spaß und Spannung hier.)

Und abends war dann eben der Elternabend. Zweieinhalb Stunden lang. Meine Güte. Was gibt es zweieinhalb Stunden zu besprechen? Ich weiß es auch nicht so recht. Aber ich weiß jetzt, dass Mona ein weißes Auto hat und Martin gern schwimmt und Kari Mette hat eine Hytte. Weil wir nämlich gezwungen wurden, Kennenlernspiele zu spielen. So schön, Sie können sich meine Begeisterung bestimmt vorstellen. Der Rest war… naja, viel Blabla. Ich glaube, der Kindergarten ist wirklich gut, trotz einiger Anlaufschwierigkeiten (er ist halt wirklich ganz neu, im Frühjahr eröffnet worden) und es tut mir wirklich leid, aber nachdem ich heute drei Stunden im Auto irgendwo zwischen zu Hause und Kindergarten verbracht habe, werde ich nochmal die Kitas in Eidsvoll abtelefonieren. Da muss doch was gehen. Auch wenn’s schade ist.