Tag 2872 – Kurz Piep.

Hundemüde. Aber morgen kann ich Ihnen dann von beiden Tagen des ADHS-Elternkurses erzählen. Spoiler: in einem Raum voller Eltern von Kindern mit ADHS, das eine starke erbliche Komponente/familiäre Häufung* hat, kommen langatmige, unstrukturierte Vorträge jetzt nicht sooooo gut an.

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* ebenfalls Spoiler: solange ich die paper nicht selbst gelesen und ggf. zerpflückt habe, ist es in meinem Kopf nur Koinzidenz, nicht Kausalität. Gilt nicht so sehr für Erblichkeit von Neurodiversität, da ich genug von Genetik verstehe, um zu wissen, dass wir da noch ganz viel nicht wissen. Aber, noch ein Spoiler, heute wurden uns haarsträubende „Ursachen“ für ADHS genannt, deren Plausibilität sich ca. auf dem Niveau von „der krähende Hahn macht, dass die Sonne aufgeht“ bewegt. Mehr dazu morgen. Bleiben Sie dran.

Tag 2764 – Kindergarten.

Ich bin ja eine der jüngsten bei meiner Arbeit, aber manchmal habe ich das dumpfe Gefühl, da in einem überdimensionierten Kindergarten gelandet zu sein. Dass ich meinem 10-Jährigen öfter mal sagen muss, dass es gar nichts bringt, sich jetzt über irgendein Ereignis oder einen Zustand aufzuregen, weil man es eh nicht ändern kann und irgendwie damit leben muss, ok. Dass das nie Erfolg hat, auch ok. Aber bei der Arbeit? Muss man da echt genauso erfolglos ständig Leuten sagen, dass Dinge jetzt gerade eben so sind, man weiß, dass sie doof sind, es wird hinter den Kulissen bereits daran gearbeitet, sie besser zu machen, aber jetzt gerade müssen wir das beste aus den doofen Dingen herausholen? Komme mir vor wie eine kaputte Schallplatte.

Ja, es geht um das IT-Projekt.

Vielleicht bin ich auch einfach nicht sonderlich pädagogisch begabt. Oder es ist beides.

Ab morgen drei Tage Inspektion, zur Erholung. Muhahaha.

Tag 2638 – Verlaufen.

Heute war ich, denn ich hatte ja „frei“*, in einem Einkaufszentrum. Wir erinnern uns an den nicht stattgefunden Haarschnitt. Außerdem hatte ich elektrische Zahnbürsten mit Click&Collect bestellt, weil sie im Angebot waren. Das ist aber eigentlich ein Thema für sich. Jedenfalls hatte der Laden der Kette, bei der sie im Angebot waren, im Einkaufszentrum in Jessheim die Zahnbürsten nicht auf Lager, aber der in Strømmen, also fast Oslo. Was soll’s, ich hatte ja frei, also fuhr ich nach Strømmen. In ein mir unbekanntes Einkaufszentrum. Tolle Idee, wie sich rausstellen sollte.

Es begann damit, dass ich die Einfahrt zum Parkhaus nicht fand. Eine Ausfahrt, ja, aber keine Einfahrt. Vielleicht muss man sich reinbeamen, inklusive Auto. Jedenfalls kurvte ich ein bisschen um das Einkaufszentrum herum und sah schließlich ein Schild mit „600 neue Parkplätze!“ und dachte, was soll’s, solange man auch reinkommt, ist mir inzwischen alles recht. Und tatsächlich war da auch eine Einfahrt (gut, die weckte ein bisschen dänische Parkhaustraumata wieder zum Leben aber ich überwand meine Angst und das Genörgel des Autos) und ich parkte direkt in der 1. Etage.

Im Einkaufszentrum merkte ich schnell, dass es unfassbar unübersichtlich ist. Dagegen ist Jessheim, wo ich mich ja auch schon mal verlaufen habe, ein Planungstraum. Nach langem Gesuche fand ich immerhin eine Infotafel und schaffte es dann, anhand von Landmarken (a la bei Big Bite links, gegenüber von Lindex die Rolltreppe hoch, dann rechts und am Fahrstuhl wieder rechts) den Friseur zu finden. Rein, sofort dran und nach ungelogen 11 Minuten wieder draußen. Und deshalb möchte ich nicht mehr Geld dafür bezahlen, als ich muss.

Die nächste Etappe war der Click&Collect-Laden. Meine Landmarkenstrategie löste sich in Wohlgefallen auf, als ich merkte, dass es auch noch mehrere Gebäudeteile gibt, nämlich alt und neu. Zu kompliziert für mich, ich vergaß, wo ich hinmusste und verlief mich ordentlich. Irgendwann fand ich dieses Mal einen Stand mit physischen Karten über das Einkaufszentrum und nahm gleich eine mit.

Das half quasi gar nicht, trial and error half auch nicht, fragen wollte ich nicht, also versuchte ich im Endeffekt ein paar neue Wege und stand tatsächlich irgendwann vor dem richtigen Laden. Rein, Bestellung abgeholt, raus.

Jetzt also nur noch zurück ins Parkhaus und nach Hause.

Wir erinnern uns daran: es gibt zwei Parkhäuser. Das eine ist alt, das andere nicht. Das eine ist alt genug, um auf der Karte eingezeichnet zu sein. Das andere nicht. Ich stand im neuen.

All das hatte ich zu diesem Zeitpunkt nach meinen Irrwegen im Einkaufszentrum bereits vergessen und eben jene Irrwege machten es auch unmöglich, einfach den selben Weg wieder zurück zu gehen.

Ich versuchte es also mit der Karte. Erfolglos.

Dann sah ich ein P. Und ging hin. Und ging in die erste Etage des Parkhauses und… das sah alles ganz anders aus. Das Auto war ebenfalls nicht da.

Ich wanderte ein bisschen ratlos im Parkhaus herum, aber es half nichts. Dann kam ich auf die grandiose Idee, aus dem Parkhaus raus zu gehen und die Einfahrt wieder zu finden.

Auch außen sah alles anders aus.

Die Tesla App sagte mir, ich entferne mich immer weiter vom Auto.

Ich probierte die zweite Etage.

Ich probierte das Untergeschoss.

Ich lief einmal komplett ums Parkhaus, das zugegebenermaßen nicht mehr ganz so aussah, wie vorher.

Das Auto blieb verschwinden.

Ich checkte noch mal die Tesla-App. Mein Standort hatte sich jetzt aktualisiert und zeigte sehr deutlich, dass ich am komplett falschen Ende des Einkaufszentrums war.

Also musste ich „nur“ queer durchs Einkaufszentrum laufen (es gibt da ja keinen geradlinigen Weg!) und in das andere Parkhaus.

Auch das war wieder ein Akt und wenn ich 30 Jahre jünger wäre hätte ich mich spätestens da heulend auf den Boden geworfen, aber irgendwann fand ich tatsächlich einen Ausgang, der dem Eingang ähnelte, durch den ich reingekommen war. Auch das Parkhaus sah so aus, wie das, in dem ich geparkt hatte. Sogar mein Auto stand darin! Dolles Ding.

Das liest sich jetzt so lustig, aber es hat ungelogen 40 Minuten gedauert, das Auto wieder zu finden.

Das wird nicht mein Lieblings-Einkaufszentrum.

Abends habe ich dann übrigens noch einen Zug verpasst, weil ich eine Abkürzung nehmen wollte, mich aber verlief. Im Bahnhof von Oslo, als wäre ich da nicht ständig. Ich habe wirklich den Orientierungssinn eines Grashalms.

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*nur 1,5 h Arbeit heute

Tag 2357 – Nicht viel zu erzählen.

Da ich immer noch sauer auf den Cellobogenversand bin, habe ich das heute alles umorganisiert und mit England telefoniert und hoffe jetzt, dass da was besser klappt, mehr dazu später. Der Cellobogenversand kann übrigens nicht so ganz glauben, was ich schreibe und bat um Seriennummern der Bögen – keine Ahnung, wo die ihre Seriennummer haben, falls sie eine haben, die nicht nur auf der Verpackung steht und ich hab sie ja schon zurück geschickt, insofern wird das schwierig. Weshalb ich noch sauerer bin als eh schon weil mir scheinbar auch noch unterstellt wird, ich könne möglicherweise keinen Geigenbogen von einem Cellobogen unterscheiden. Ersatz wird wohl auch „bis zu zwei Wochen“ dauern, weil man ja erst untersuchen muss, ob ich nicht vielleicht einfach total picky und auch dumm bin, steht schließlich Violin bow auf der Verpackung.

Jedenfalls war das auch schon das spannendste von Heute. Ach ja – ich hab auch noch die Bank angerufen, bei denen die Geldwäsche-Alarmglocken schrillten aufgrund einiger Transaktionen auf meinem Konto. Wenn ich nicht anriefe, schrieben sie, müssten sie alle meine Konten sperren. Es lag sogar ein Schrieb bei, in dem in den schillerndsten Farben ausgemalt wurde, wie unbequem ein Leben ohne Zugriff auf Bankkonten ist. Jedenfalls habe ich da angerufen und gesagt, dass ich kein Geld wasche. Das wurde mir, zumindest von der Dame am Telefon, auch geglaubt und ich warte jetzt einfach erst mal ab. Angeblich ging es gar nicht um Geldwäsche, sondern auf dem online-Schema (das ich schon im Februar ausgefüllt habe) stünde nicht, ob man eine „politisch exponierte Person“ sei. Nun ja, ich bin keine und bin auch sicher, dass ich das dauernd überall in online-Schemata angebe, aber nun gut.

Tag 2249 – Allein, buhuhuuu.

Herr Rabe ist SCHON WIEDER auf einem Wochenendtrip, empörend! Nein, Quatsch, es sei ihm sehr gegönnt.

Ich bin heute morgen ordentlich erkältet aufgewacht, das kommt von den Kindern und bei niemandem von uns ist es Corona. Was gut ist, auch wenn erkältet sein ziemlich saugt.

Weiterhin habe ich heute viel zu lange gearbeitet, aber so ist das leider öfter mal bei uns. Wir bekommen eine*n weitere*n Inspektør*In nach Ausschreibung und Bewerbungsrunde plus Kündigungsfrist, sowie eine Consultant im Herbst und Winter, weil unser Corona-Backlog plus Backlog von vorher plus IT-Projekt leider machen, dass wir sonst absaufen. Mein Arbeitstag zum Beispiel wurde so lang wegen des IT-Projektes. Ich hoffe wirklich sehr, dass die Prognosen passen und wir bis Ende des Jahres damit fürs erste durch sind, aus verschiedenen Gründen.

Leider hab ich die Vermutung, dass ich nicht die einzige bin, die ziemlich rotiert, sondern dass das quer durch die Organisation geht.

Heute wurde der Plan für die Sitzplatzorganisation im Büro vorgestellt, den ich ja sozusagen mit ausgeheckt habe. Ich hoffe, es kündigen jetzt nicht gleich alle. (Liebe Arbeitgeber*Innen, überlegen Sie sich wirklich, WIRKLICH gut, ob es sich nicht vielleicht doch rechnet, mehr Platz zu mieten, wenn man dadurch sehr großen Unmut, ein paar Kündigungen und Produktivitätsverluste (wegen viel Unruhe, Umstellung, etc.) vermeiden kann. Besonders wenn Sie keine hippe Designbude sind, sondern eine leicht staubige Behörde.)

So, jetzt muss ich sehr dringend schlafen, begleitet vom Schnurcheln der Kinder geht das bestimmt gut. Hach, hach.

Tag 1518 – Nix neues.

Alltag halt. Ohne Herrn Rabe, der kommt gleich erst nach Hause. Ich liege im Bett und habe einen Ärmel abgesteckt, jetzt mache ich gleich das Licht aus, wenn Herr Rabe zu Hause ist.

Arbeit: habe eine überaus wirre Mail an meine Chefin geschrieben – als ich sie noch mal las weil ich mich wunderte, dass ich noch keine Antwort bekommen hatte, merkte ich, dass das wohl keiner, der nicht in meinem Kopf ist, verstehen kann. Ok, genau genommen nicht mal dann weil ich auch halbe Sätze weggelassen hab. Das muss ich wohl morgen erklären, das kommt davon wenn man aus der T-Bane vom Handy noch schnell Mails schreibt.

Tag 994 – An experience.

Nun ja. Also: ich war bei diesem Test, ich habe vorher alles noch mal durchgelesen, was ich mir an Notizen gemacht hatte, ich war super früh wegen sehr starker Hummeln im Hintern im Grunde da, ich war gut vorbereitet, gebracht hat es… wenig. Aber von vorn.

Canary Wharf. Ich wusste gar nichts über diesen Ort und fand mich nach einem Spaziergang von meinem Hotel im erkennbar nicht-reichen Poplar zwischen glänzenden Hochhäusern, Sicherheitspersonal, Durchfahrtsperren für kleinere Panzer und unfassbaren Mengen an Anzugträgern wieder. „Nettes Café suchen“ war mein Plan, wär bestimmt auch gegangen, würde ich Cafés voller geklont aussehender Männer um die 40 irgendwie nett finden. Das ist ja Geschmackssache. Im Endeffekt kaufte ich mir dann im einem Feinkostgeschäft zwei Bananen und zwei 0,5 L-Flaschen Wasser und setzte mich mitten im Einkaufzentrum an so ein „Husch husch, schnell ein Salätchen in der Mittagspause holen“-Büdchen. Immerhin hatten die vernünftigen Kaffee.

Da saß ich dann und ging meinen Kram durch, checkte nochmal kleine Details („Public Health“ ist festgeschrieben in Title XIV, Article 168, TFEU) und beobachtete die Leute (wie gesagt: alle wie geklont, sehr strikter Dresscode, 75% Männer, ehrlich gesagt: furchtbar und keine Umgebung, in der ich überhaupt arbeiten wollen würde) und Zack, war es 13:00 Uhr und Zeit zu gehen.

Bei der Agentur bekam ich ein Besucherbändchen und wurde in den Warteraum gebracht, wo wir unseren Gruppen entsprechend sitzen sollten und auf Abholung zum Test warteten. Meine Gruppe bestand aus lauter Menschen, deren Vornamen mit R. anfangen. Wir dachten erst noch, haha, was ein witziger Zufall, aber dann wurde recht schnell klar: gar kein Zufall. (Und ich möchte schwören, dass die das immer anders machen, nächstes mal nach Geburtsdaten, wer weiß.) Der Raum wurde voller… und voller… und voller. Am Ende waren ca. 100 Leute drin. 100. Leute. Ich saß mit einem kleinen Teil der R-Menschen am Tisch und wir plauderten ein bisschen über unseren Hintergrund und wie wir uns vorbereitet hätten und ich war recht beruhigt, dass die anderen auch nicht mehr Ahnung hatten, was da auf uns zukommen würde.

Dann wurden wir abgeholt und in einen neuen Warteraum gebracht, wir wurden alle noch mal aufs Klo geschickt (ok, es wurde empfohlen, noch mal zu gehen) und es wurde gesagt, was wir mitnehmen müssen (nix), dürfen (Wasser, Snacks, eigene Kugelschreiber) und nicht dürfen (Handys, Laptops, Tablets…). Dann standen wir noch recht lange herum. Und wurden dann abgeholt und in den Test-Raum für unsere Gruppe gebracht.

Tja, und der Rest it’s Confidential, aber so viel kann ich vermutlich sagen:

Es war unfassbar schwer. Es wurde zum Teil Detailwissen auf einem Niveau abgefragt, das man vermutlich erst nach > 10 Jahren in genau dem Beruf erlangt. Multiple choice at its best. Antwortmöglichkeiten oft „A: 1, 3 und 5/ B: 1, 2 und 3/ C: 2, 4 und 5/ D: 1-5“. Gehirne am Kochen. Manches ließ sich durch Kombinieren von „sicher falschen“ und „sicher richtigen“ Antworten lösen (wie so ein Logikspiel) einiges musste ich raten. Educated guess zwar, aber halt geraten. Zwei Teile waren besonders schlimm: der „Choose your pain“-Teil, wo man aus 4 Themen eins wählen sollte, da wählte ich erst „GxP“ weil ich dachte, das wäre leichter und ich besser vorbereitet. Hahaha. Nachdem ich damit „fertig“ (im Sinne von: bei allen Fragen was mehr oder weniger sicher geraten) war, machte ich lieber noch den „Biostatistics“-Teil und siehe da: der ging sehr viel besser. Der zweite schlimme Teil war leider der EU-Teil, bei dem krasses Detailwissen zur EU abgefragt wurde, nichts aktuelles, nichts „menschliches“, nur Daten, Zahlen, Fakten, ich frage mich ehrlich gesagt, wie viele Leute in irgendeiner EU-Agentur diese Fragen hätten beantworten können.

Und schon waren die fast drei Stunden um, wir standen wieder draußen, alle so „Phew, that was… an experience!“, Karten wieder abgeben und Tschüss.

Jemand fragte noch, wie viele Leute denn getestet wurden. Über 600. und die besten 135 dürfen zum Interview kommen. Dafür hat es, in meinem Fall, nur mit sehr viel Glück gereicht*.

Danach mein Akku leer, Handyakku leer, Kopfschmerzen und Hunger. Bin dann in einem Pub und hab meinen Frust ersäuft. War schön.

Was man in London für 15£ kriegt. Wenn man gewillt ist, zwischen Anzugträgern zu essen.

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Auto-Lobhudelei: mein Bestes gegeben. All meine Kombinationsgabe, dazu ein bisschen gesunder Menschenverstand und eine Prise Intuition. Und, trotz allem, auch mein Wissen.

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*bitte nicht wieder alle sagen: „So schlecht war’s bestimmt gar nicht und die anderen hatten ja die selben fiesen Fragen.“ Ich bin relativ gut in Selbsteinschätzung, auch im Verhältnis zu anderen, meine Chancen in diesem Fall sind nicht non-existent, aber auch nicht gut. Alles „war bestimmt voll gut“ macht mir nur entweder ein verschrobenes Selbstbild, oder ich denke „ach, die haben ja alle gar keine Ahnung“.

UPDATE: Aus gegebenem Anlass. Dieser Job wäre mein Traumjob. Anzugmenschen hin oder her, krasses Aussiebungsverfahren am Fließband egal. Wenn die von mir verlangen würden, dass ich mir täglich eine Clownsnase aufsetze oder ein Businesskostümchen anziehe: ich würd’s tun. Also bitte auch nicht mehr sagen, dass ich das ja eh dann nicht wollen würde. Ich muss ja nicht mit den Bankmenschen von nebenan Mittag essen.

Tag 987 – Grummelig.

Heute ein ganz starkes Gefühl von #alleirre. Ich vermute fast, es hängt mit meinem eigenen Stress (der zu 100% hausgemacht ist) zusammen. Ach was, ganz sicher tut es das. Aber meine Toleranz für jegliches „Du musst“ ist grad echt niedrig. Das gilt für „Du musst mir meinen Käse kleinschneiden!“ und für „Du musst dich über XYZ aufregen!“ genauso wie für „Du musst Irland* schön finden!“ und „Du musst Werbung im Blog haben, sonst trägt sich das ja nicht!**“ und auch „Du musst ganz doll Panik kriegen und alles löschen wegen GDPR!!!***“.

Ich atme deshalb einfach und gehe jetzt schlafen.

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*Habe einen Podcast gehört, nämlich „Anekdotisch Evident“ Folge 5, da wird sehr von Irland geschwärmt, die Landschaft, die Leute, die Landschaft, oh so schön. Ich war auch schon in Irland. Ja, die Landschaft ist wunderschön. Leider bei meinem letzten Besuch (2010) überall zerrupft von einzelnen, leerstehenden Neubauten. Aber wirklich wunderschön. So wie hier. Nur mit weniger Fjorden. Und Schafe gibt’s hier auch überall. Sogar dauernd wechselndes Wetter haben wir. Und sowas ähnliches wie Sozialismus. Und man darf hier sogar abtreiben.

**Guess what: tut es auch nicht.

***Phew. Es ist kompliziert, hmm? Also, ja, dadurch, dass hier Menschen lesen, die EU-Bürger sind betrifft auch mich GDPR****. Da hilft nämlich leider nicht, dass wir hier im Non-EU-Ausland sitzen. So. Andererseits habe ich keine extra Plugins und ein sehr Basic WordPress-Theme und WordPress sagt, dass sie die Core WordPress-Funktionen bis zum 25.5. GDPR-gerecht gestalten werden. Ich verlasse mich da ein Stückweit drauf, dass dem so sein wird. Möglicherweise, wenn ich den Verdacht haben sollte, dass das *trotzdem* nicht GDPR-konform läuft, werde ich die Kommentarfunktion komplett abstellen. Das ist dann blöd für uns alle. Oder ich lass es halt drauf ankommen, dass mich wer auf 4%***** meines spektakulären Jahresumsatzes verklagt. Zwinkersmiley.

****Auch wenn die EU ja alles Wichtige in allen 24 offiziellen EU-Sprachen herausgibt, bleibe ich bei Englisch. Weil ich’s kann (und das sonst in meinem Gehirn nur Brei wird).

*****Ja, mir ist schon klar, dass es vermutlich auch nen Mindestbetrag gibt. Aber ich hab keine Lust, nachzugucken.

Tag 753 – Schnipsel. 

Konfokalkurs gehabt. Wo soll ich anfangen? Bei der bunten Häkelweste und der Holzperlen-Lederkette? Den ständigen Hinweisen, was für ein cooooooooler Musiker der Konfokalobermotz doch ist? Oder meinen mörderischen Kopfschmerzen? Oder damit, dass, genau wie im 1. Semester damals, die Antworten immer „Wärme“* oder „Pi-Elektronen“** sind? Naja, war, jetzt darf ich alleine am Mikroskop arbeiten. 

Langsam setzt Entspannung ein. Heute habe ich sogar, als ich auf meine Mikroskopzeit wartete, einfach so einen Kaffee getrunken und nahezu nichts*** getan. 

Mikroskop, erstes Mal alleine: läuft, würde ich sagen. Wie immer alle sagen, dass das totaaaaaaal schwierig ist, das alles richtig einzustellen, und, äh, das ist total logisch. Das ist echt nicht schwer, wenn man verstanden hat, welches Dings was tut, all die kleinen Spiegel und Filter und Verstärker und Tralala. Keine Ahnung, wieso sich meine Kollegen da so anstellen… Für alles, was komplizierter ist, gehe ich eh zur Core Facility, aber das grundlegende „hat meine Färbung geklappt?“ kann ich jetzt alleine. 

Ich habe offenbar viel genörgelt in letzter Zeit, ich kriege jedenfalls plötzlich viel Hilfe von meinen Kollegen angeboten. Das fühlt sich sehr viel besser an, als das Alleinsein und die ungeteilte Verantwortung von vorher. 

Morgen werde ich einen potentiellen Opponenten für die Defense ansprechen. Das ist sehr aufregend. 

Meine Kinder sind die, die sich bei 12 Grad auf dem Spielplatz die Socken und Schuhe ausziehen. 

Auch auf dem Spielplatz: Kind-Kumpel: „Was arbeitet deine Mama?“ Michel: „Meine Mama arbeitet mit Zellen. Im Krankenhaus. Weißt du was für Zellen?“ – „Nein?“ – „So welche, die im Körper sind!“ – „Meine Mama arbeitet mit Brillen!“.

Diese Autokratzersache**** ist jetzt richtig teuer geworden, offenbar hat unsere Versicherung einfach alles bezahlt, was die Gegenseite verlangt hat***** und es uns aufgebrummt. Heute kam jedenfalls ein Brief, sie hätten 1700€ ausgelegt und würden mich entsprechend hochstufen. Mal sehen, ob ich die Nerven und die Zeit finde, da morgen mal nachzufragen, ob die noch alle Tassen im Schrank haben. 

Aber echt mal: die Kinder. Hachz. So ist das, wenn sie schlafen sollen. (Ton anmachen.)

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* „Wo geht die Energie hin, die Quantenausbeute ist ja nie 1?“

** „Warum kann man das anregen, damit es dann leuchtet?“

*** ne To-Do-Liste erstellt. 

**** Ich wollte verlinken, hab dabei aber gemerkt, dass ich offenbar noch nichts davon erwähnte. Kurz: Michel hat auf unserer Tour nach Bergen an einem Parkplatz die Tür des Autos beim Einsteigen etwas schwungvoll aufgemacht und drei rote Lackspuren, von denen ich zwei mit Mikrofasertuch, Feuchttuch und Fingernagel wegbekam, am Nachbarauto hinterlassen. Das ganz neu war. Und weiß. Und teuer. Und weil ich ja unverbesserlich ehrlich bin, bestand ich drauf, auf die Besitzer des anderen Autos zu warten. Die fanden das voll nett. Und ficken einen dann eben doch hintenrum . Mache ich wohl auch nicht nochmal. Also warten. (Haha, natürlich doch, ich kenne mich ja.)

***** offenbar mindestens die komplette Tür lackiert, ungeachtet meiner Beschreibung der nicht mal fühlbaren Lackspuren. Das waren ja nichtmal Kratzer. Was natürlich jetzt im Nachhinein auch keiner beweisen kann, weil ja einfach gemacht wurde. Ohne Kostenvoranschlag, ohne irgendwas. Nur „nach Ihrer Beschreibung des Unfallherganges sind Sie schuld, wir halten Sie auf dem Laufenden.“. Dass ich (naja, Michel, aber der ist ja einfach noch nicht mündig) „schuld“ bin, habe ich ja auch nie angezweifelt. Nur das Ausmaß ist… äh… etwas absurd. Und „auf dem Laufenden halten“ verstehe ich auch irgendwie anders als „das hat’s gekostet, ihre Prämie erhöht sich damit um 300%, bitte verwenden Sie bei Rückfragen die Schadensnummer“.

Tag 456 – Ein paar Häppchen. 

Michel wachte heute morgen auf und weinte sofort los: „Festen Schnodder wegmachen!“ Dann sprang er aus dem Bett, rannte zu Herrn Rabe und sagte „Ich bin krank!“. Tatsache, das Kind ist krank. Schon die Temperatur seiner Füße irgendwo zwischen glühender Kohle und flüssigem Lava (als er noch schlief) hatte Fieber angedeutet. Dazu kommt ein ordentlicher Husten. Herr Rabe lieb also heute Vormittag mit ihm zu Hause, ich ging kurz arbeiten und kam zum Mittag nach Hause um Herrn Rabe abzulösen, der dann seinerseits kurz arbeitete. 

Als ich Pippi in den Kindergarten brachte, waren kaum „große“ Kinder da. Herr Rabe sagte heute Nachmittag, von den 8 Ü3-Kindern seien 6 krank. Tja. Da wundert einen auch nix mehr. 

Total beknackte Idee: „Nur mal kurz Zellen zählen, danach kann ich ja noch was essen.“ Dann ging die Essenszeit fürs Zählen drauf (und für den Kampf mit dem Zählgerät, das erst meinte, meine Zellen, die im Mikroskop noch total gut ausgesehen hatten, seien alle tot) und das erste mal aß ich dann um halb eins was, als ich wieder zu Hause war. Mein Körper dankt es mir mit Kopfschmerzen. 

Gestern kamen meine bestellten Fahrradreifen mit Spikes an und Herr Rabe zog sie mir gestern Abend noch aufs Rad. Ich kann jetzt also wieder fahren. Auch wenn das bei -9 Grad nicht so ganz viel Spaß macht. Aber die Reifen machen Spaß, damit kann man echt über die spiegelglatten Parkplätze radeln ohne sich vor Angst in die Hose zu machen. 

Es sind -9 Grad. Unsere Wohnung ist kalt. Zwei Heizkörper sind ein Witz, selbst mit Kamin an kriegen wir es nicht in der ganzen Wohnung warm. Also holte Herr Rabe heute die Zusatzheizungen (kleine Ölheizungen auf Rollen) vom Dachboden. Der Stromanbieter dankt. 

Ich hab beim Nähen einen Bock geschossen. Genau genommen habe ich schon beim Ausschneiden des Schnittmusters einen Bock geschossen, das aber nicht gemerkt, bis ich mich heute am bereits zusammengenähten Pulli fragte, warum der Ausschnitt am Rücken genauso groß ist wie vorne. Äh ja. Da war ich wohl wegen zu vieler zu bunter Linien und gestrichelt/gepunktet/durchgezogen für vorne/hinten/gerader Schnitt durcheinander gekommen. Tjanun, so verbrachte ich heute einige Zeit damit, über das Fixen von Fehlern zu Sinnieren. Meine Strategie auch dieses Mal: es auffällig korrigieren, damit es aussieht, als wäre es Absicht. So mache ich es immer dann, wenn es sich nicht so fixen lässt, dass man den Fehler wirklich gar nicht mehr sieht oder bemerkt. 

 Bilder gibt es, wenn der Pulli fertig ist. 

Pippi die kleine Fressmaschine kommt jetzt immer aus dem Kindergarten und wetzt direkt zu ihrem Hochstuhl. Wenn man sie dann nicht reinsetzt, versucht sie unter demonstrativem Gemecker selbst reinzuklettern (Danke, Stokke, dass das nahezu unmöglich ist). Der Grund: auf dem Tisch steht meistens noch ein Rest vom Frühstücksgrøt. Und Pippi hat offensichtlich nach dem Kindergarten erstmal riesigen Hunger. Dann wird alles gegessen, was man ihr vorsetzt: der Frühstücksrest, der Rest aus ihrer Brotdose, Brot, Obst, whatever, Hauptsache schnell und viel. Heute war sie laut Herrn Rabe schon beim Abholen enttäuscht, dass keine Brotdose mit Resten in ihrem Rucksack war. Spielen macht wohl sehr hungrig. (Ich finde das gut, dann muss ich mir vielleicht nicht noch mal von der Helsesøster anhören, dass Pippi ja ruhig etwas zulegen könnte, weil sie ja „leicht unterdurchschnittlich groß und schwer“ ist.)