Tag 1023 – Laufen, Atmen, Kind einschulen.

Michels Einschulung stresst mich ja aus mehreren Gründen sehr. Da ist zum einen das leidige Thema Jobsuche, eigentlich wollten wir ja schon längst hier weg sein, aber, Tamara, sind wir nicht. Herr Rabe hat das Thema „dann halt trotzdem nach Oslo ziehen, arbeitslos sein kann man da ja auch“ eigenmächtig ad Acta gelegt, und weil er außerdem 100 Jahre mit dem Bloglesen hinterher ist aber weil das ca. monatlich schwankt, kann ich das auch schreiben. Jedenfalls sieht es so aus, als würde Michel an der Stadtteilschule anfangen. An der gemobbt wird. Mit dem unangenehmen Kind (das wird auch nicht besser, sondern schlimmer) in einer Klasse. Und das Ganze, wie ich finde, ein Jahr zu früh. Er ist doch noch so klein.

Aber er freut sich auch wahnsinnig doll und deshalb haben wir uns heute Nachmittag alle vier auf den Weg zur Schule gemacht. Die Kinder frisch geduscht, Michel frisch entladen, denn er freut sich zwar, aber es stresst ihn eben auch und dann zettelt er wegen irgendwas Streit an und bricht dann ein unfassbares Drama vom Zaun, um sich mal wieder ordentlich auszuheulen. Ganz die Mama. Ähämm. Ich war – quasi zur Vorbereitung – heute morgen schon zu Fuß einkaufen und mich beim Kinderfestival akkreditieren*, das machte dann vor 12 schon 14.000 Schritte und etwas über 10 km und das war dann meine Form von Entladung. Bei dem Einschulungsdings schluckte ich alle meine Negativität runter, mit sehr viel Mühe, er freut sich so, er freut sich so, er freut sich so. Und weil ich ja grad nicht twittern möchte, bekamen Menschen einen Teil meiner Boshaftigkeiten über What’s App ab, der Rest jetzt hier (sorry, wirklich, aber es geht nicht anders, es muss raus, sonst kriege ich davon Magengeschwüre): Michel wird also mit dem Kind in eine Klasse gehen, das immer ohne Sitz und ohne Helm auf dem Gepäckträger seiner Mutter transportiert wird, mit zwei sechsjährigen Mädchen mit Kopftuch (das haben die natürlich aus ganz freien Stücken auf und ja, ich müsste auch bei deutlich sichtbaren christlichen Symbolen mindestens eine Augenbraue sehr weit hochziehen), mit mehreren Kindern, die auf dem Weg zu ner „gesunden Bräune“ offenbar auch den ein oder anderen Sonnenbrand mitnehmen, mit dem unangenehmen Kind aus der KiTa, mit Hermione Granger aka myself when I was 6, und zu guter Letzt mit dem Sohn eines Biotech-Professors, den ich schon oft an allen möglichen Orten getroffen habe, zuletzt gestern (!) in seinem eigenen f*cking Lunchroom und der trotzdem grundsätzlich so tut, als würde er mich nicht kennen gar nicht wahrnehmen. Hrmpf.

So, jetzt ist es raus, dann mal der Rest: Das mit der Einschulung läuft hier ja ganz anders als in Deutschland, denn am 1. Schultag gibt man das Kind recht unaufgeregt beim SFO (Skole-fritids-ordning, wie Randstunden- und Ferienbetreuung in einem) ab, bleibt eventuell noch ein wenig da und dann ist die ersten drei Wochen eben eh nur SFO, das Schuljahr geht erst in der zweiten Augusthälfte richtig los. Keine Feier**, keine Schultüte***. Dafür ist der Tag wichtig, an dem die Kinder ihre Schulranzen bekommen. Nicht so feierlich wie in Deutschland, aber schon halt ein großes Ding. In Norwegen bekommen Erstklässler*Innen einen Rucksack vom „Fylke“, also in unserem Fall (dem frisch vereinten) Trøndelag. Das finde ich aus tausend Gründen wiederum gut, denn so hat man als Eltern dieses, wie ich auf Twitter immer wieder beobachten darf****, völlig irrsinnige Thema Ranzenkauf („Welcher! Ergonomisch! Preis! Muster!“ und am Ende gehen alle mit einem Ding nach Hause, das fast größer als das Kind ist, eine Niere kostet und in dem dann trotzdem die Schulbrote vergammeln) umschifft*****, es gibt keinen Wettbewerb unter den Eltern Kindern, wer den ergonomisch besten coolsten Ranzen hat, der ist nicht besonders groß, also geht auch nicht viel rein, also wenig Geschleppe und wenig vergessenes Gedöns, der hat drülfzig Reflexstreifen und weil der eben als Erstklässlerrucksack erkennbar ist, wissen auch Unbeteiligte gleich, dass das ein Erstklässler ist und kein KiTa- oder älteres Kind. Nun denn. Heute gab es also diesen Rucksack, Michel ist unglaublich stolz und Pippi unglaublich traurig, dass sie keinen bekommen hat.

(Da steht, total witzig, hahaha, drauf: „Erstklassiger Trønder“. Groan.)

Ansonsten fangen in der ersten Klasse 32 Kinder an, genauso viele wie in meiner Grundschulklasse waren. Allerdings wird Michel immer 3 Lehrerinnen****** in der Klasse haben, ich hatte damals exakt 1 und dass das nicht so gut funktioniert hat, hat dann in meinem Fall sogar die Schule eingesehen und die Klasse aufgeteilt. Wie es bei Michel mit 3 Lehrerinnen wird, wird man sehen. Für mich wären ja 33 Sechsjährige in einem Raum schlimmer als Folter, aber deshalb bin ich ja auch nicht Grundschullehrerin, ne? Vielleicht wird das ja alles ganz gut. Persönlich finde ich ja, so langsam kann dann auch mal was überraschend gut laufen, statt immer nur Mist und noch mehr Mist. Ich wünsche mir für Michel so sehr, dass das gut wird, sogar noch besser, als er sich das jetzt vorstellt. Mein großer kleiner Zwerg.

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*Dazu mehr dann morgen.

**Wobei ich auch da schon des öfteren sehr verwundert war, zu was das teilweise in Deutschland aufgeblasen wird, inklusive gemieteten Räumlichkeiten und eeeewig im Voraus ausgebuchten Restaurants und Familie, die durch halb Europa anreist. Äh, ok. Kann man halt machen, ne? Muss ich ja nicht. Und n bisschen bekloppt kann ich’s schon auch finden.

***Eine Schultüte hingegen werden meine Kinder kriegen. In Deutschland würde ich wohl eine kaufen, da es hier aber keine gibt, muss ich die wohl basteln. Sei’s drum. Schultüte muss sein.

****Grad halt nicht und der Teil des Twitter-Verzichts, nämlich das wesentlich weniger häufige #alleirre-denken, der ist echt schön.

*****Zumindest aufgeschoben, aber ich hab noch nie mitbekommen, dass hier um den Ranzen so ein Gewese gemacht wird wie in Deutschland.

******Leider keine mitzumeinenden Männer.

Tag 1022 – Karriere-Event Tag 2 (Bei Punkt 4 musste ich weinen.)

Tag 2 des Karriere-Dingses war… auch nicht so viel besser als Tag 1. Erst gab es einen Vortrag von der Berufsvereinigung, in der ich ja schon bin und deren „Karrieretipps“-Seiten ich schon durchgelesen habe, das brauche ich dann echt nicht noch mal in faszinierend schlechtem Englisch („languishes (sic!) are important“) vorgelesen. Außerdem suuuuuuper viel Blödsinn von wegen tu dies und das und dann kriegst du schnell nen Job, weil: Hahaha, von dies bis das mache ich schon alles und obendrauf noch jenes bis welches, und… naja. Kein Job halt.

Vortrag 2 und 3 waren von einem Karriereberater und, wie nenne ich das, irgendwie sowas wie Berufsnetzwerk-Influencer. Das war etwa so: er trug vor, was man alles machen soll, ich hakte innerlich alles ab, und musste irgendwann fast lachen, weil ich hätte mich da genauso gut hinstellen können als abschreckendes „Und selbst wenn du all das machst, heißt das nicht, dass du einen Job bekommst!“-Beispiel. Halbes Jahr vorher kümmern, Check, Bewerbungen immer an Ausschreibung orientieren, Check, Lebenslaufpunkte nach Stellenanforderungen priorisieren, selektieren und sortieren, Check, Check, Check, fucking Check.

Dann Pause und danach LinkedIn-How-To, das war so ein bisschen „Why I Hate LinkedIn“ in a nutshell. Ehrlich mal: 5 Wochen lang dreimal täglich zu bestimmten Uhrzeiten was posten (nein, nicht irgendwas natürlich, auf gar keinen Fall sogar, sondern Sachen, die eine interessant und „Purpose Oriented“ erscheinen (sic!!!) lassen, ich kotze!) und dann „darf“ man mit irgendso einem Spruch wie „Bei XYZ habe ich so tolle Menschen getroffen und Erfahrungen gesammelt, aber jetzt ist es Zeit, weiterzuziehen, ich bin offen für Vorschläge!“ sein tolles, auf Fake (ich nenne „erscheinen lassen“ fake, so.) aufgebautes Netzwerk um einen Job anhauen. Ich kotze im Quadrat.

Der vierte Vortrag hatte es dann aber in sich. Auch wenn die Message „Never give up!“ eher sehr Standard als alles andere war und ich auch nicht so genau weiß, weshalb der Typ eingeladen war, die Geschichte, die er zu erzählen hatte (der LinkedIn-Typ wäre stolz gewesen vor lauter „make it personal!“) war unglaublich krass. Die Geschichte geht so: Zwei Typen, Anfang 20, beste Freunde seit immer, gehen an einem Samstag kurz vor Halloween feiern. Der beste Freund des Vortragenden übernachtet daraufhin spontan beim Vortragenden, weil, ach, beste Freunde seit immer, Taxigeld sparen, usw. Kaum eingeschlafen wird der Vortragende von Gebrüll wach, im Zimmer steht plötzlich ein dritter seit immer Freund in Unterhose und sticht mit einem 30 cm langen Messer auf den Freund des Vortragenden ein. Überall ist Blut, der Vortragende tritt nach dem Messermann, der wendet sich daraufhin gegen ihn und sticht ihm in die Brust, in die Lunge, ins Gesicht. Der Freund des Vortragenden schleppt sich aus dem Zimmer, der Vortragende schafft es irgendwie aus der Wohnung in den Hausflur, wo der Messermann aber weiter auf ihn einsticht, insgesamt 15 mal. Ein Nachbar ruft die Polizei, der Messermann verschanzt sich im Hinterhof und schreibt mit Blut „GUD“ (Gott) an die Haustür (hier ein Bild davon), der Vortragende schleppt sich aus dem Haus, an der Straße steht ein Taxi, er reißt die Tür auf, der Taxifahrer denkt erst „haha, Halloween“, merkt dann aber doch schnell, was Sache ist und fährt den Vortragenden mit 160 Sachen ins Krankenhaus, 4 Minuten. 11 Tage später wird der heute Vortragende wach, mehr tot als lebendig, mit drei Metern an Narben und fast 400 Stichen, der eine Arm nicht funktionierend, sein bester Freund tot und bereits beerdigt, ein weiterer Freund mit akuter Psychose im Hochsicherheitsgefängnis. Und das ist halt alles echt passiert und nicht von Jo Nesbø ausgedacht.

Der Rest des Vortrags handelte davon, wie er irgendwann aus seinem schwer traumatisierten Zustand herausgefunden hat (nicht überraschend konnte er danach monatelang nicht schlafen vor lauter Angst) und das Leben jetzt weitergeht. Sport ist die Lösung, gesunder Körper, gesunder Geist und so (und der sehr kleine Teil meines Gehirns, der nicht mit Verdauen dieser Geschichte beschäftigt war, lachte kurz auf und sagte: toll. Selbst das machste ja schon) und ein soziales Netzwerk, das braucht man auch. Das Leben ist immer bumpy, mal mehr mal weniger, aber man muss halt einfach irgendwie weitermachen. Sich nicht unterkriegen lassen. Auch wenn man vielleicht monatelang arbeitslos ist (oder von seinem Freund abgestochen wird), es geht weiter, solange man lebt. Smiley! Und dann zeigte er uns die Tätowierung an seinem Unterarm, ein Portrait seines getöteten Freundes. Und da war’s dann vorbei und ich musste kurz ein bisschen heulen.

Wahnsinnig positiv also, der Tagesausklang.

Herrje. Jetzt erstmal weiter Bewerbungen schreiben. Positiv denken! Netzwerken! Die Comfortzone verlassen! Und nicht an Psychosen denken!

Tag 1021 – Wooozaaaaa. (Wie ich mal auf einem Karriere-Event war.)

Es ist 10:09 Uhr. Ich sitze bei den Biotech Industry Career Days. Seit etwa fünf Minuten spricht der erste Speaker und ich könnte mich jetzt schon total aufregen. Warum? Weil der Industrie-Jobs bewirbt. DIE ES ZUR HÖLLE NOCHMAL GAR NICHT GIBT! Voll super in der Industrie. In Pharma. Jaja, ganz toll da. Wir sollen also alle in die Industrie, also alle, die sich nicht selbständig machen wollen. Was 1/3 von uns wohl machen sollen. There’s your chance! Kotzi.

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1. Vortrag: Macht euch selbständig. JAAAA, GENAU. Orr.

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2. Vortrag: Er hats begriffen. Wenige Jobs, viele Bewerber (in Norwegen). Fühle mich kurz nicht verarscht. Wissenschaftler sind halbwegs gefragt, aber extra Ausbildung in Business, Recht, Marketing, Tralala, wär schon gut. Tjanun.

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3. Vortrag: Erinnern Sie sich noch an meine Vorhersage, dass ich demnächst Fischfutter in den Lofoten vertreibe? Nun. Die Firma dieses Menschen entwickelt und produziert Fischfutter. Nichts gegen Fisch, aber… puh.

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4. Vortrag: Life Science Cluster. Bei der Hälfte der Firmen im Cluster habe ich mich bereits beworben. Bei manchen hatte ich sogar Vorstellungsgespräche. Vielleicht möchte ich kurz schreien, aber vermutlich kriegen schreiende Leute erst recht keine Jobs. Surprise, die sind da auch alle, wo die Osloer von neulich waren. Vielleicht heule ich auch einfach? Neinein, natürlich nicht, denn auch heulende Leute kriegen keine Jobs, heute (und morgen) bin ich positiv eingestellt und einfach gar nicht verzweifelt und kompetent bin ich ja eh und someone please shoot me alles wird gut. Oh! Die haben nächste Woche ein Matchmaking event. Hmmmm…

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5. Vortrag: Share Lab, Labore einrichten ist abartig teuer, wenn man jetzt ne tolle Idee hätte, mit der man sich selbständig machen könnte, könnte man bei denen Labspace mieten (ja, auch wieder im selben Gebäude wie die Osloer und das Cluster und…)… hab ich aber ja eh nicht also lassen wir das. Hab ich erwähnt, dass ich nicht gefrühstückt habe? Es ist 11:21 Uhr, ich esse gleich jemanden. Eigentlich mache ich seit einiger Zeit unbeabsichtigt Intervallfasten (dazu habe ich eigentlich keine Meinung, ist ja auch mal was neues), nur mit Kaffee. Im Kaffee ist Milch, also Kalorien, also kein Intervallfasten, aber essen tue ich im Moment irgendwie nicht vorm Mittag und das ist eigentlich nicht gut. Ich neige ja zum hangry sein, zu Unterzuckerung mit nachfolgenden Kopfschmerzen, also sollte ich eigentlich frühstücken, aber irgendwie klappt das grad nicht so besonders gut. Urgs, jetzt hat der was von „your new industry friends“ gesagt. Kotzi. „I wanna see you there!“ Ja, ich dich nicht. Danke.

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Endlich Pause.

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6. Vortrag: Die Organisatoren. Höre ich auch nicht das erste mal, ist ja alles mega klein hier, man kennt sich halt irgendwann. Neu: ein internationales Internship Programme für PhDs und PostDocs, fängt im Winter (ca.) an, das kann man im Auge behalten.

*Pling* Absage auf Bewerbung, die ich gestern Abend abgeschickt habe. Okayyyy…

Wegen „hab ich alles schon gehört“ den Leuten vom 4. Vortrag wegen des Events geschrieben. Ich bin ja so engagiert.

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7. Vortrag: Fertilitätsklinik. Mensch erzählt, PhDs sollen ihre Forschung doch an den Bedürfnissen der Industrie ausrichten, dann klappt’s auch mit dem Industrie-Job. DAS IST JA MAL EIN WERTVOLLER TIPP! Ich bin schon wieder auf 180. Mache lieber anderen Kram und schaue nach Projektmanagement-Kursen. Meine Berufsvereinigung bietet sowas an, aber das kommt mir sehr teuer vor und wären 5 x 2 Tage über mehrere Monate und natürlich alle in Oslo. Hmnaja. Mal weiter suchen.

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8. Vortrag: Ein Öl-Forschungs-Institut. Klingt erstmal alles sehr fern von allem was ich kann und was mich interessiert, aber plötzlich heißt es „wir machen Enzyme“ und „wir stellen ein“ und ich tippe quasi schon an der Bewerbung. Stavanger. Tjanun, irgendwas ist immer. Wenigstens sind da die Häuser billig.

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9. Vortrag: Ein Enzym-Produktions-Service-Dienstleister. Hmmhmmhmm. Klingt eigentlich voll gut, aber: Tromsø. Nein. Tromsø ist zu kalt und zu dunkel.

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10. Vortrag: Ein interdisziplinäres Forschungs-Institut mit Fokus auf Biotech für… Fisch. ZZZzzzZZZzzz. Aber hübsche Bilder von Würmern, die sich am Meeresboden von Knochen ernähren. Oh! Eine offene Stelle für PostDoc. „Engineering the smell of fish products“. Öhm… Ja, well, why not. (Hab dann noch mit der gesprochen, gefühlt dreimal meinen Namen gesagt, mich nicht getraut, meinen CV abzugeben (ICH. KANN. DAS. NICHT!) aber versprochen, eine meiner bekannt brillanten Bewerbungen zu schicken.)

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Es ist noch mingling, aber mein Sozialakku ist für heute leer. Ab nach Hause. Es ist 15:00 Uhr.

Tag 1020 – Schwere Gespräche.

„Mama, gibt es Leute, die Kinder klauen?“

Mein erster Reflex war „Nein, nicht hier, nicht euch, ich passe einfach immer auf euch auf und lasse euch nicht aus den Augen, nienienieniemals!“, aber das stimmt ja nun leider nicht. Michel fährt schon manchmal allein zum Kindergarten und im Zweifel reicht ja einmal kurz nicht hingeschaut. Also führten Michel und ich ein Gespräch, das mir sehr schwer fiel, weil das mein Herz herausreißt, schockgefriert, in Tausend Stücke schlägt und die Brösel zu Stein werden lässt, wenn ich daran denke, was manchen Kindern angetan wird. Michel nahm das ganze auch in seiner ganzen Fünfjährigenart nicht so wirklich ernst und ich kann ihm ja auch nicht „Vergewaltigt, erwürgt, im Wald verscharrt“ erklären, da müsste ich weinen und er hätte vermutlich Albträume, deshalb ließ ich es bei „böse Menschen“* und dass er nie, nie, NIE!!! bei irgendwem mitgehen darf, den (oder die) er nicht kennt, auch nicht wenn der (oder die) seinen Namen kennt oder unsere Namen, oder Babykatzen/echte Dinoeier/Eis/Lollis im Auto hat. Einfach nie. Für den Fall, dass wer sagt, „Deine Eltern haben gesagt/sind im Krankenhaus/können grad nicht…“ soll er nach dem Passwort fragen und wenn das nicht sofort kommt, rennen, so schnell er kann, dahin wo Leute sind.

Bleibt zu hoffen, dass er jetzt keine große Angst bekommt, er das nienienie anwenden muss und wenn, dass er nicht wirklich versucht, die Bösen mit seinem Fahrradschloss zu fesseln oder unter dem Tisch** heimlich die Polizei anzurufen.

Und irgendwann ist mir bestimmt auch nicht mehr übel.

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*Er kam auf die Idee, dass die ihn auf dem Lagerfeuer grillen wollen und das ist zwar weniger realistisch, aber doch ausreichend makaber um es einfach so stehen zu lassen.

**Woher der Tisch nun plötzlich kam, oder auch das Telefon, man weiß es nicht.

Tag 1019 – Gråkallen.

Heute haben wir uns sehr spontan der Familie von Michels bestem Freund angeschlossen und sind auf den Gråkallen gestiegen. Wir, das waren in diesem Fall Michel, Pippi und ich. Der Gråkallen ist ein kleinerer Berg oder größerer Hügel*, von dem aus man einen schönen Blick über Trondheim und den Fjord hat und es geht ein Weg von Skistua den Berg hoch. Das hörte sich alles ganz gut an, es war strahlender Sonnenschein bei 20 Grad (Sommer!) also packte ich die Kraxe mit Sonnencreme, Wasser und Keksen und wir fuhren los. Es wurde dann auch ein wirklich schöner Ausflug, Michel lief ohne Gemecker den Berg hoch und wieder runter, Pippi hätte ich nur auf dem Rückweg mal kurz aussetzen können, als sie „Renn doch, Mama, Heia! Heia!“ von meinem Rücken skandierte, und leider hab ich nur dieses eine Bild gemacht:

Aber nachdem ich Pippi samt Traxe den ganzen Berg hoch- und wieder runter geschleppt habe, über Stocksteinfels und sogar durch Mooriges Gelände, brauchte ich heute auch echt kein extra Bein-Workout mehr. Aber etwa 2 Extraliter Wasser. Uffz.

Abends dann noch mit der Lieblingskollegin (Ex-Kollegin) gegrillt, das war auch sehr schön und jetzt liegen drei sehr erledigte und ein nicht ganz so erledigter Rabe im Bett und freuen sich** auf eine neue Woche.

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Außerdem: ein Missverständnis geklärt, was mich seit einer guten Woche sehr beschäftigt und meine Selbstzweifel ordentlich befeuert hat. Wegen nix, weil mir da offenbar mein Unterbewusstsein einen komplett unlustigen Streich gespielt und mir was vorgegaukelt hat, was da gar nicht war. Wie froh ich bin, dass es nur Einbildung war, kann ich gar nicht sagen. Sehr froh. Auch darüber, nicht gleich meinen ganzen schon vorbereiteten Vorwurfs-Sermon abgelassen zu haben. Das wäre eventuell ziemlich peinlich geworden.

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Auch außerdem: möchte Twittergebrauch für eine Weile sehr stark einschränken. #AusGründen. Mal sehen, wie es klappt und was es bringt.

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Auch außerdem: muss einen Plan haben, was ich die nächsten Monate mache. Herr Rabe schlug vor, R zu lernen und darüber zu bloggen. Ich finde die Idee gut, aber das würde ich dann anderswo verbloggen, mal sehen wo.

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*551 Meter

**(Hoppla, den hatte ich vergessen.) Also wir freuen uns alle so mittel auf die neue Woche, wie das halt so ist, Wochenende ist ja doch ganz schön.

Tag 1018 – Nix neues.

Fauler Tag, dann doch noch zwei Bewerbungen geschrieben (huldigen Sie mir bitte nicht, die zwei Stellen sind so ähnlich, dass ich nur drei Sätze angepasst habe), bisschen Wäsche, sonst war nix und jetzt ist Bett.

Nachtrag, bevor ich das wieder vergesse: vielen, vielen Dank, liebe Leserin F., ich habe mich unglaublich doll gefreut! Vor allem über die Inschrift! <345! (Research Plus ist eh die beste Pipette, wobei ich auch Reference sehr gern mag, hachja.)

Tag 1017 – Kleine Brötchen.

Wenn ich irgendwas nicht brauche, dann ist es „kleine Brötchen backen“. Ich red mir doch eh schon alles immer schlecht und klein, herrje. Ich gehe mir selbst auf den Zeiger mit meiner Negativität. Kaputt klopft schon wieder an, aber ich bin noch in der Verweigerungsphase. Noch rede ich mir selbst nach Kräften ein, dass grad einfach alles auch Mist *ist* und man da schon mal überdurchschnittlich häufig sehr gefrustet und lustlos und weinerlich sein kann. Oder halt auch einfach mal die Welt untergehen sieht und sich ausmalt, wie viel besser die Leute im Umfeld ohne eine dranwären. Das kann schon mal passieren. Jaja, sicher.

Aber dann sind so Tage wie heute und ich mache eigentlich gar nicht mal wenig, ich habe Brötchen gebacken, eine wirklich WIRKLICH zähe Bewerbung geschrieben (fast hätte ich’s gelassen, aber dann machte ich andere Anzeigen aus Norwegen auf und die wollten alle „richtige“ Bioingenieure, was hier eine geschützte Berufsbezeichnung ist, und das bin ich dann eben nicht und, ach, wenigstens eine Bewerbung, das kann ja wohl so schwer nicht… doch.), war Kleinigkeiten einkaufen, Habe Unmengen Altglas und anderen Müll entsorgt und das Auto umgeparkt, war ausgiebig duschen mit fast allem Pipapo, kurz: eigentlich echt okayer Tag. Und trotzdem spult mein Kopf lauter Kritik ab. Kein Sport gemacht, nur eine Bewerbung, die Kinderklamotten stehen immernoch im Schlafzimmer statt im Internet zum Verkauf, und überhaupt, wieso schläfst du denn noch nicht?

Mein Kopf soll seine Klappe halten. Echt mal.

Tag 1016 – Nur schnell das Fahrrad reparieren.

Als meine Fahrradbatterie geklaut wurde, war ich ja sicher, dass das Batterieschloss kaputt gegangen sein muss, schließlich war die Batterie aus dem geschlossenen Schloss einfach herausgerissen worden und außerdem sah das auch unten so aus. Und weil aber ja eh Januar war und nicht sooo tolles Fahrradfahrwetter, machte ich erstmal genau gar nix.

Und dann war plötzlich April und kein Schnee mehr und ich dachte, oh, das Fahrrad. Leider war ja kein Fachmensch aufzutreiben, der mir mein Rad reparieren wollte, deshalb bestellte ich schlussendlich ja eine neue Batterie, ein neues Batterieschloss und einen neuen Fahrradcomputer im Internet.

Dann passierte sehr lange nichts, weil der Internethändler seinerseits erstmal die Batterie bestellen musste. Anfang Mai wurde dann endlich das Paket an mich verschickt und es passierte wieder so lange nichts, dass ich letzte Woche (aus dem Urlaub) doch mal nachhakte, was denn mit dem Paket passiert sei. Ich bekam auch schnell eine Antwort mit der Sendungsverfolgung, demnach lag das Paket schon seit drei Tage nach Versenden bei der Post bei uns um die Ecke. Angeblich hatte mir die Post drei SMS geschickt, ich solle doch mein Paket abholen. Frage mich nur, wie die das gemacht haben wollen – so ohne Telefonnummer. Tjanun, jedenfalls holte ich das Paket direkt am Samstag Dienstag morgen ab.

Gestern machte ich mich dann an die Reparatur. Kein Ding, so ein Schloss auswechseln. Dachte ich. Herr Rabe hatte gesagt, man müsse da das Hinterrad für ausbauen, sonst käme man nicht an die Schrauben, die das Schloss am Gepäckträger festhalten. Also stellte ich das Rad auf den Kopf und baute „mal schnell“ das Hinterrad aus. Genau genommen musste ich erstmal so Sachen googeln wie „wie macht man das Rad ab, wenn man Nabenschaltung hat“ und so war die erste Stunde meines als halbstündig eingeschätzten To-Do-Listen-Punktes schon um, als ich das Rad dann endlich abhatte. Ich war auch etwa fünf mal in unsere Wohnung (2. OG) und den Keller gelaufen, um diverse weitere Werkzeuge zu holen, die nicht in Herrn Rabes schniekem Werkzeugkoffer sind sondern… halt sonstwo. Und meine Hände waren natürlich schwarz. Aber ich hatte das Rad ab und auch zwei der Schrauben, die das Schloss am Gepäckträger halten. Glücksgefühl! An die dritte Schraube kam ich leider nicht ran und irgendwie sah es aus, als müsse ich dafür auch das Schutzblech mitsamt der ganzen darin verbauten Kabelage ausbauen… Das konnte es irgendwie nicht sein, also besah ich mir den Gepäckträger noch mal genauer und siehe da – das ganze Ding, das die Batterie (und das Schloss) hält, ist mit zwei popeligen Schrauben am Gepäckträger befestigt und die sind hinten, unterm Rücklicht, total gut erreichbar. Ich löste also die zwei Schrauben und konnte dann das ganze Teil ein Stück herausziehen (nicht ganz, war ja noch das Kabel dran) und so weit drehen, dass ich gut an die dritte Schraube kam. Löste die, konnte dann das Gehäuse vom Schloss abmachen und frickelte dann geschlagene 15 Minuten herum, um das *mieeeep* Schloss vom Rest zu trennen, bis mir aufging, dass man das einfach abziehen kann, wenn man geduldig genug ruckelt. Ein bisschen wie dieses Magnet-Dings bei Brüllens, das „irgendwie ganz von selbst“ in ungünstiger Stellung ineinander gefunden hatte und sich dann nur mit viel Geduld wieder zerlegen ließ (und ich habe das grade nachgeguckt, niemand hat das bisher im Internet berichtet, wie ich heldenhaft… aber eigentlich ist es auch nicht so wichtig). Und wie ich dann endlich so das alte Schloss in der Hand hatte, sah ich auch, dass es genauso aussah, wie das neue. Nur halt älter. Aber nicht kaputter. War es auch nicht. Das Schloss ist offenbar einfach ein Witz und mit einem beherzten Ruck geht es auf, ohne dass Schloss oder Batterie Schaden nehmen. ORRRRRR!

Weil ich aber bockig war, weil ich erst das blöde Hinterrad ausgebaut hatte, was ja für das Lösen des Batteriehalters doch gar nicht nötig gewesen wäre, um ein Schloss auszutauschen, was gar nicht kaputt war, baute ich doch das neue Schloss ein. Pah! 180 Kronen hab ich ja wohl nicht für nichts ausgegeben! Der Einbau ging auch relativ gut, der Wiedereinbau des Hinterrades war da schon spannender, vor allem weil ich inzwischen – es waren ja auch etwa zwei Stunden rum – die Kinder dabei hatte, die nur Mist machten. Grandios. Die Gangschaltung zickte, die Kette zickte, dann lief das Rad nicht gerade, die Bremse fiel mir auseinander… Allen Widrigkeiten zum Trotz schaffte ich es dann doch irgendwann, alles zusammenzubasteln und musste nur noch den Reifen, der sich nur im schlaffen Zustand hatte ausbauen lassen (was ja nicht nötig… aber Schwamm drüber), wieder aufpumpen. Und das ging einfach nicht. Nicht mit der Standpumpe, nicht mit diversen Luftpumpen, Es. Ging. Nicht. Ich pumpte und pumpte und es kam keine Luft in den verdammten Reifen. Irgendwann gab ich völlig gefrustet auf, schnauzte die Kinder an, den Mann, der irgendwann nach Hause kam, auch, kurz: der Abend war eigentlich gelaufen. Dass der Mann das Problem „Ventil verstopft“ dann mit Gewalt löste und mir noch aufs Brot schmieren musste, dass da ja eine Kappe auf das Ventil gehört, machte nichts besser. Essen aber schon und so konnte ich wenigstens das Fahrrad abends wieder reinräumen ohne es anzuzünden.

Heute wollte ich dann „nur noch kurz“ das Rad waschen. Machte ich auch, das dauerte aber trotzdem eine nicht ganz so kurze Stunde. Und brauchte drei mal frisches Spüliwasser, zwei Glitzischwämme und einen normalen Schwamm, die ich hinterher einfach weggeworfen habe, die schwarze Fettschmiere hätte man da sicher nicht rausbekommen. Was mir aber Herr Rabe noch gesagt hatte, war, dass die Kette vorne abgerutscht war, ich musste also nochmal das Hinterrad lösen, die Kette auffummeln und dann das Hinterrad wieder festschrauben. So dass es grade läuft, die Bremsen gleichzeitig greifen…Yeah. Das mit den Bremsen wollte auch einfach nicht klappen, sodass ich mir die Bremsen nochmal genauer ansah. Die griffen auch einfach nicht, die Bremsbeläge waren ziemlich verschlissen. Also guckte ich mir ein YouTube-Video zum Nachstellen von Bremsen an. Und frickelte die folgenden zwei Stunden an den Bremsen herum, mit so tollem Erfolg, dass ich am Ende (mit schwarzen Händen, zerzausten Haaren und dreckigen Jeans) das Fahrrad und die komplett demontierte hintere Bremse zum Fahrradladen schob, der ist ja um die Ecke, immerhin. Der Mann im Fahrradladen schaute dann, weshalb sich die eine Bremsbacke nicht bewegte, indem er dreimal den Hebel zog und dann meinte: „wieso, geht doch?“ Und guckte dann nach neuen Bremsklötzen, die hatte er aber nicht da, aber er habe eh keine Zeit für den Einbau, frühestens nächste Woche. Traf sich gut, ich hatte nämlich kein Geld für den Einbau. Also rollte ich nach Hause, stellte das Rad wieder ab, aß eine Scheibe Brot (mein Frühstück um zwölf, jaja, ganz toll gelaufen alles) und fuhr mit dem Auto zum Einkaufscenter, wo ich dann 450 Kronen für neue Bremsbeläge ausgab. Juchhei. Wieder zu Hause baute ich die neuen Bremsklötze ein und alles wieder zusammen, was beim etwa 5. mal viel einfacher geht, als beim 1. Dann stellte ich die vordere Bremse ein, ölte in einem Affenzahn die Kette und sämtliche, neue und alte, Schlösser des Rads, spritzte Rostschutzöl auf die Pedalkurbeln, rannte nach oben, wusch mich und zog mir frische Sachen an, zackzack, Sonnencreme ins Gesicht und dann fuhr ich mit dem Rad, der neuen Batterie, dem neuen Display, dem neuen Schloss und neuen hinteren Bremsbacken zur KiTa, Michel zur Schuleingangsuntersuchung abholen. Leider fing nach etwa 10 Metern die vordere Bremse auf einer Seite herzerweichend rhythmisch an zu schleifen, aber das konnte ich beim besten Willen nun auch nicht ändern.

Allerdings konnte ich es dann ändern, als ich mit Pippi zu Hause ankam, Michel hatte ich bei seinem besten Freund abgeliefert, Pippi war im Kinderwagen eingeschlafen, in der Packung noch zwei Bremsklötze… Ein Zeichen.

Beim 6. mal geht das mit dem Bremsen ausbauen, Klötze raus, Klötze rein, einbauen, einstellen, noch mal viel schneller als beim 5.

Und jetzt habe ich also, nach zwei Tagen Arbeit, endlich wieder ein funktionierendes Fahrrad. Mit Batterie, gängigen Schlössern, einer glänzenden Kette, Top Bremsen, die sofort greifen und bei denen man die Hebel nicht bis an den Griff ziehen kann, und es blitzt und blinkt sogar obendrein. Hach. Und dass die Bremsen nirgends schleifen, habe ich dann noch auf dem Weg Michel abzuholen überprüft.

Ich bin sehr stolz auf mich. Ehrlich. Das habe ich schlussendlich dann doch gut hinbekommen. Jetzt muss ich dann nur noch Fahrrad fahren mögen.

Tag 1015 – Dr. Sommer.

„Mama? Weißt du was das hier ist?“ Sprach das Kind, formte Zeigefinger und Daumen der einen Hand zu einem O und schob den Zeigefinger der anderen Hand in dem O hin und her. „Ähm…“ machte ich, aber Michel löste schon auf: „Jentetiss mot guttetiss! Hihihi!“ [Mädchenpiller gegen Jungenpiller]. Hihihi indeed. Eine Ecke meines Gehirns freute sich kurz daran, dass es hier für das, was in der Unterhose ist, das Geschlechtsneutrale Wort tiss gibt, eine andere war empört über das beknackte „gegen“ und eine wieder andere wusste die Antwort auf meine nicht so kluge Frage leider schon vorher: „Von wem hast du das denn?“ – „Von M.“ Ja klar, es ist immer M. M.s tiss hab ich auch schon gesehen. Und M. wartet ja auch mit so Weisheiten auf wie „Von Knäckebrot kriegt man große Eier.“ Yeah. Nicht. Aber egal, ich verdaute kurz daran herum, dass mein Kind irgendwie Mädchengeschlechtsteil gegen Jungengeschlechtsteil zeigt, ohne zu wissen was das heißt und sagte dann, auch nicht so ganz geistreich: „Ich möchte aber nicht, dass du so Zeichen machst.“. „Warum?“ „Weil das ganz schön unanständig ist. Und weil du ja nicht mal weißt, was das heißt.“ „?“ „Weißt du denn, was jentetiss mot guttetiss ist?“ „Nein…?“ Tja. Und dann wurde ich ein bisschen rot, aber hauptsächlich weil mich Herr Rabe von der Seite anstarrte, als hätte ich vor, aus dem Stand einen doppelten Salto über den Küchentresen zu schlagen, also zu 90% deshalb, rede ich mir ein. „Das ist eigentlich ein Zeichen für Sex haben. Weißt du was das ist?“ „?“* „Ja, also, wenn zwei Erwachsene sich sehr gern haben, und die sich gern ganz nah sein wollen, dann ziehen die sich manchmal nackt aus und haben Sex, dabei kommt auch manchmal der Penis in die Scheide, aber es gibt auch ganz viele andere Arten, Sex zu haben. Und das ist einfach ganz schön und macht viel Freude und da muss man sich nicht mit so Zeichen drüber lustig machen.“ „Das sag ich M. morgen.“ „Ja. Das sag dem ruhig mal.“ Und dann fiel mir noch was ein. „Es ist halt wichtig, dass beide das wollen. Und man muss zum Sex haben Erwachsen sein.“ „Warum?“ „Ähh…“ „Das ist wie Kaffee. Oder Bier. Manche Sachen dürfen halt nur Erwachsene.“ sagte der Mann da. Und Michel: „Und Jugendliche.“ und ich hoffe doch sehr, dass zumindest das mit dem Bier und dem Sex noch mindestens 11 Jahre kein Thema sein wird.

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*da war eine Ecke meines Gehirns dann kurz sehr froh, erinnere ich mich doch noch sehr genau an sein lachendes und sehr waches Babygesicht, das ich im Tiefschlaf wähnte, damals, als… naja, lassen wir das.

Tag 1014 – To-Do.

Wie ich schon des Öfteren beschrieb, brauche ich einen Plan, um nicht ziellos im Kreis zu laufen. Ich machte mir also heute morgen eine To-Do-Liste für die Woche. Und machte mich mit dem Punkt „Einkaufen“ (nachdem das am Samstag ja einigermaßen gescheitert war) auch direkt an die Erledigung. Und weil die Autowaschmenschen im Parkhaus vom Supermarkt die Autos waschen und das sehr viel besser machen als jede Anlage und dabei nur ein bisschen mehr kosten, fragte ich auch gleich nach nem Termin für „Reifenwechsel, Waschen innen, außen, unten, mit alles unn‘ scharf“. Womit ich nicht rechnete, war „können Wir in einer Stunde machen“. Daraufhin kaufte ich in Rekordzeit ein, fuhr nach Hause, baute die Kindersitze aus, holte die Sommerreifen aus dem Keller, räumte die Sommerreifen ins Auto, räumte die Einkäufe in den Kühlschrank, exte einen Dreiviertel Liter Wasser, suchte gefühlt ewig nach den Schrauben für die Sommerreifen*, rupfte die speckigenBezüge von Michels Kindersitz und stopfte sie in die Waschmaschine und fuhr wieder zum Supermarkt. Dauer: exakt eine Stunde. Lieferte das Auto ab, wusch mir auf dem Supermarktklo die Reifen-dreckigen Hände und ging nach Hause. Hängte die Kindersitzbezüge auf, startete eine Maschine dreckiger Wintersachen, ging auf den Dachboden, nach Gummistiefeln für Pippi suchen, hakte „Gummistiefel“ und „Einkaufen“ ab, und dann ging ich wieder zum Supermarkt. Holte das Auto ab, jetzt glänzend und mit Sommerreifen, fuhr nach Hause, räumte die Winterreifen aus dem Auto in den Keller**, baute Pippis Kindersitz wieder ein, wusch, nein, schrubbte meine Reifen-dreckigen Hände, hakte „Reifen wechseln und Auto waschen“ ab und dann hatte ich noch 15 Minuten Zeit, bis ich die Kinder abholen musste.

Ich hab dann mal das Tarkus-Buch ausgefüllt. Tarkus ist das Kindergarten-Kuscheltier. Ein Gürteltier. Tarkus war mit in Kroatien, den Tarkus wird jedes Wochenende verlost und das Los fiel auf Michel. Und weil Tarkus von allen Kindern heiß geliebt wird, durfte Tarkus auch erstmal in Hygienespüler baden, bevor ich bereit war, ihn mit in ein Flugzeug zu nehmen. Aber wenn wir dann morgen früh die eben ausgedruckten Bilder noch ins Tarkus-Buch geklebt haben werden, kann ich auch „Tarkus“ auf der Liste abhaken.

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*Jetzt liegen die Schrauben für die Winterreifen AUF DEM WINTERREIFENSTAPEL. Wo sie hingehören.

**So ein Tag hat dann auch über 18.000 Schritte, fast 40 gestiegene Etagen und über 2 Stunden „körperliche Aktivität“ und jetzt fühlt sich der Körper halt auch, als hätte ich acht Autoreifen jeweils etwa 30 Meter weit und über ein Stockwerk geschleppt. Uffz.