Tag 2756 – Bergauf.

Homeoffice, da ist auch immer noch ein zweiter Strich und fit ist ja nun auch anders. Aber immerhin war ich heute schon fitter als gestern, wesentlich sogar. Ich konnte mich sogar lange genug aufrecht halten, um Abendessen zu machen. Gut, nachdem ich den Salat, der dazu gehörte, fertig gerührt hatte, hatte ich auch das Bedürfnis, nach diesem anstrengenden Workout erst mal ein Cooldown zu machen, aber es geht dennoch bergauf. Ich hab sogar Geige gespielt, dafür fehlte mir seit Mittwoch schon die Energie. Allerdings im Sitzen, was ich, seit ich wieder angefangen habe, überhaupt noch gar nicht gemacht habe. Früher habe ich das dauernd gemacht, schon allein wegen Orchester (und weil ich ein fauler Teenager war), aber heute habe ich mir dabei ziemlich einen abgebrochen und auch ein paar mal beherzt die Schraube des Bogens beim Spielen der E-Saite in meinen rechten Oberschenkel gerammt*. Danach saß ich halb zur Seite gedreht und hatte meinen Yogalehrer von damals(TM) im Ohr, wie er von „Massage für die Organe“ schwärmte. Entspannt ist aber anders. Sollte ich je wieder in einem Ensemble spielen, muss ich im Sitzen spielen echt üben. Für zu Hause hoffe ich einfach, dass ich bald wieder mehr als 20 Minuten am Stück aufrecht stehen kann.

P.S. sowohl Ruhepuls als auch Sauerstoffsättigung sind übrigens unverändert. Anekdotische Evidenz: zumindest bei mir könnte man aus diesen Daten keine Covid-Infektion ableiten.

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*eher gestupst. Ausreichender Enthusiasmus für Rammen war in den heutigen Stücken nicht vorgesehen.

Tag 2754 – Schlapp.

Zu nichts so richtig in der Lage gewesen heute. Frühstück gemacht und dann wieder ins Bett gegangen. Die erste Staffel „Only Murders in the Building“ weggebinged und mich dabei sehr amüsiert. Wenn mir nun noch wer erklären könnte, wie der 10., 12. und 14. Stock in einem Gebäude, in dem es auch ungerade Stockwerke gibt, direkt übereinander liegen können, fände ich das allerdings sehr schön.

Tag 2705 – Noch mehr Lazarett.

Jetzt ist Pippi auch wieder krank. Diese Fieber-Rotze, die auch Michel und Herr Rabe haben*. Denen geht es immerhin besser, wobei Michel immer noch reichlich Drama macht. Herr Rabe schleppt sich von Couch zu Bett und zurück, aber er programmiert schon wieder, also wird er es wohl überleben. Einzig ich halte mich wacker, bin aber so panisch, morgen mit 40 Grad Fieber aufzuwachen, dass ich heute priorisiert habe, im Haus Ordnung zu schaffen und den Kühlschrank zu füllen.

Meine Geige hatte jetzt wegen allem Möglichen ein paar Tage Pause und offenbar hat sich die Luftfeuchtigkeit dramatisch geändert, die war nämlich total verstimmt. Es ist aber auch wirklich schweinekalt draußen und dementsprechend trocken.

So langsam nervt das hier ein bisschen. Winter, Rotze, Dunkel.

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*kein Corona und wenn’s Grippe ist, ist es bei Herrn Rabe trotz Impfung

Tag 2703 – Lazarett.

Michel hat Herrn Rabe angesteckt, der macht nun auch das Brikett und hat den Tag in weiten Teilen verschlafen. Michel wachte mit erhöhter Temperatur und Kopfschmerzen auf und war dementsprechend auch nicht in der Schule. Kotzi, äh, Pippi, hat seit 4 Uhr morgens gestern früh nicht mehr gekotzt und später auch gegessen und so, aber es gilt die 48-Stunden-Regel, also war sie heute auch zu Hause. Und ich hatte Homeoffice. Es war ganz toll, nur zu empfehlen, vor allem, als dann auch noch das Internet ausfiel und diverse Unterhaltungselektronik nicht unterhalten wollte. Jetzt liege ich wieder in Michels Bett und die Herren können sich gegenseitig anhusten, auch schon egal.

Abends war ich mit Pippi bei der Weihnachtsfeier der zweiten Klassen, nachdem ich extra gefragt hatte, ob das ok sei wegen eben 48-Stunden-Regel. Die Lehrerin schrieb, sie fände das in Ordnung, wenn wir kämen. Und Pippi ging die Wände hoch. Also schickte ich Pippi duschen und setzte mich, weil ich Pippi sehr lieb habe, in eine Turnhalle voller Menschen und schreiender Kinder, die auf Zucker durch die Gegend sprangen wie Flipperkugeln. Geredet habe ich maximal 3 Sätze, jedenfalls mit anderen Erwachsenen, es war nicht der kommunikativste aller Tage. Pippi war aber sehr froh, dass wir hingegangen sind und sie alle ihre Freundinnen sehen konnte. Die Kinder haben auch sehr schön gesungen, muss man sagen. Die sind ja schon süß alle mit ihren Zahnlücken.

Highlight: ein ca. 15 Monate altes Kind, das freudestrahlend auf mich zuwackelte, als ich auf dem Boden in einer Ecke saß, während die größeren Kinder um den Baum tanzten. Wir hatten eine angeregte Unterhaltung über Pippis Süßkramtüte und das Verteilen von Zuckerzeug an sehr kleine Kinder ohne Einverständnis der Eltern, bevor eine gestresste Mutter sich vielmals entschuldigend ihr abhanden gekommenes Kind wieder einsammelte. Fremde, gut gelaunte Kinder in dem Alter mag ich echt gern, die sind noch so neugierig und leicht zu begeistern. War also gar nichts zu entschuldigen, das war eine angenehme Abwechslung und Ablenkung in einer hoffnungslos überreizenden Umgebung.

Morgen dann Weihnachtskonzert mit dem Schulkorps. Da werde ich wohl auch mit Pippi allein hin gehen. Seufz.

Tag 2695 – Im Bett.

1. Tag frei, ich habe so in den Tag gelebt und das war ganz schön so. Ganz abschalten konnte ich nicht, im IT-Projekt musste ich zumindest verhindern, dass meiner armen Kollegin die Schuld für das nicht erfolgte Testen (aufgrund mangelnder Testdaten) in die Schuhe geschoben wird. Es ist alles so ein Rotz, ey.

Apropos Rotz: die Familie hat mich angesteckt. Habe Halsschmerzen und fühle mich seit dem Abend auch, als bekäme ich Fieber. Spitze.

Tag 2592 – Fleißig, fleißig.

Sehen wir den Tatsachen ins Auge: das PMDS* ist wieder ausgeartet. Es ist nicht schön, das kann ich versprechen. Aus Verzweiflung nahm ich heute also zwei der SSRI**-Tabletten, die ich, in niedriger Dosis und nur in der zweiten Zyklushälfte, dagegen einnehme. Viel hilft viel, oder so.

Und siehe da: es half tatsächlich. Gegen Mittag war mein Energielevel halbwegs ok und ich erledigte gleich mal ein paar „schlechtes Gewissen“-Dinge, statt mich wegen deren nicht-Erledigung selbst runterzumachen. Dann arbeitete ich halbwegs konzentriert einen Haufen Arbeit weg und kann jetzt in die nächste Woche mit halbwegs überschaubarer To-Do-Liste starten. Abends fuhr ich sogar noch mit Pippi nach Jessheim, wir ließen uns beiden die Haare schneiden und ich holte eine Bestellung aus einem Buchhandel ab.

Nur Geige spielen hab ich nicht geschafft, aber auch das werfe ich mir nicht vor wie in den letzten Tagen.

Es ist wirklich magic, und für mich die Bestätigung, dass es nur das vermaledeite PMDS ist. Ich bin nicht depressiv, und ich muss auch nicht noch x Tage*** warten, um das bestätigt zu bekommen, weil mit der Blutung der ganze Spuk schlagartig vorbei ist. Uff.

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*premenstruelle dysphorische Störung, die bei mir große Gereiztheit abwechselnd mit großer Traurigkeit, Heißhunger auf Süßes, Wassereinlagerungen, Migräne und vollständige Antriebslosigkeit mit sich bringt. Das Konglomerat an Symptomen macht mich niedergeschlagen, depressiv und aggressiv und das jeden Monat bis zu 10 Tage lang. Deshalb nehme ich

**Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren, auch bekannt als Antidepressiva. Bei echten Depressionen wirken die erst nach mehreren Wochen. Bei PMDS wirken sie bei vielen Betroffenen aber sofort, das ist inzwischen klinisch bestätigt, aber warum das so ist, weiß man trotzdem noch nicht.

***leider scheint mein wunderbar regelmäßiger 28-Tage-Bilderbuchzyklus kaputt zu sein. Wenigstens weiß ich jetzt, dass das nicht an der Schilddrüse liegen kann.

Tag 2581 – Folter.

Wir quälen ja hier im Haus gerne unsere Kinder, insbesondere Michel, insbesondere indem wir sie zu Aktivitäten schicken, die sie selbst vor wenigen Wochen noch gerne machen wollten. Zum Beispiel ein einwöchiges Science-Sommerprojekt, das hier im Ort diese Woche täglich von 9-15 Uhr, also auch unmenschlich lange, stattfindet. Da machen sie so grauenvolle Dinge wie Bakterien züchten, charakterisieren und unter dem Mikroskop anschauen, schrecklich. Mikroskopieren interessiert Michel ja auch gar nicht. Es ist alles sehr grausam. So furchtbar, dass mir Michel hinterher diverse Knöpfe an die Backe laberte, was sie heute alles gemacht haben und was sie die nächsten Tage über machen werden und dass sie die von zu Hause mitgegebenen Materialien (3 x gebrauchte, gespülte und getrocknete Verpackungen und eine leere 1,5 L Plastikflasche, darüber bekamen wir schon vor zwei Wochen Bescheid und daher war ich vorbereitet) doch erst morgen brauchen und er hätte das aber jetzt schon dort gelassen und dann ist er übrigens noch beim Fußball hingefallen und hat jetzt ein Pflaster am Knie, Bolzplätze mit Sand, wer denkt sich denn sowas aus, und die anderen haben alle Bakterienproben vom Klo genommen aber er nicht, er hat die von der Tafel und dem Waschbecken genommen aber das dauert ja jetzt noch ein paar Tage, ne Mama, du arbeitest auch mit sowas, oder früher mal, bevor du inspektør wurdest, ne, haben wir auch mal gemacht, aber heute haben wir auch die Nährböden für die Bakterien selbst gemacht und…

Wahrlich schrecklich muss es gewesen sein.

(Und ein bisschen seufze ich der Zeit hinterher, als Michel noch „Brakterien“ sagte.)

Nur um es erwähnt zu haben, bin ich mal wieder die am wenigsten kümmerige Ehefrau der Welt. Herr Rabe siecht mit irgendeinem nicht-Corona Fieberinfekt dahin und hat sich heute nicht nennenswert aus dem Bett bewegt und ich… naja. Involviere mich eher wenig. Ich wüsste auch nicht, wie. Dutzi dutzi machen hasse ich ja selbst sehr, wenn es mir schlecht geht. Ich will alleine in meiner Höhle sterben. Das übertrage ich vermutlich auf andere, zusätzlich zur Hilflosigkeit. Tja.

Tag 2376 – Grummel.

Heute schon viel besser als gestern, gestern ging wirklich überhaupt gar nichts. Heute haben wir sogar mehr als 2 (Herr Rabe), respektive 4 (ich) kleine Pellkartoffeln zu uns genommen. War auch nötig, mit Salzen, Flüssigkeit und Nährstoffen aufzufüllen. Die Verdauung ist normalisiert, allerdings ist sie sehr geräuschvoll. Als würde es im Verdauungstrakt jetzt hallen.

Heute habe ich an drei Zuhör-Meetings teilgenommen, im Bett liegend. Ist wie Netflix, irgendwie, nur minimal intellektuell anspruchsvoller und man kann Rückfragen stellen, dazu muss man ja die Kamera nicht anhaben. Bonus: man sagt „nee, ist kein Corona, ist Magen-Darm“ und alle so „uhhhhh uääähhh“ und man hat die nächsten Tage Ruhe vor „Kommst du ins Büro?“-Anfragen.

(Gestern habe ich auch an einem Meeting teilgenommen, mit Video und zusammengebissenen Zähnen, das hatte Gründe und war nicht schön, aber auch das habe ich überlebt und der Mailverkehr im Nachgang zeigte deutlich, dass es gut war, teilgenommen zu haben. Ansonsten habe ich gestern nur genug Kraft zusammengekratzt, um die Inspektion, die heute und morgen hätte sein sollen, abzusagen. Hotel stornieren habe ich aber vergessen und dann heute gemacht.)

Ich hoffe, morgen ist auch die Restschlappheit weg, die sicherlich auch durch eine nahezu völlig schlaflose Nacht und Negativnahrungsaufnahme bedingt war. Heute musste ich noch die beiden Klos mit einer Pause dazwischen putzen, weil ich mich nach einem erst mal hinsetzen musste. Aber auch Klos putzen war wirklich dringend nötig, ohne da weiter ins Detail gehen zu wollen.

Die beste Krankheit taugt nix, sagte mein Opa gern.