Tag 2392 – Der alltägliche…

Das Hamsterrad schlägt voll zu. Weiß nicht, was von den ganzen total dringlichen Dingen ich priorisieren soll. Zur Auswahl stehen:

  • IT-Projekt. Wenn ich das nicht diese Woche mache, ist dieser Sprint für uns gegessen, was ich bis dahin nicht abgeliefert hab, wird frühestens im übernächsten Sprint gefixt, und dann sind wir eigentlich schon, haha, fertig. Außer mir kann es niemand machen, wenn ich morgen vom Bus überfahren werde, macht es niemand. Davon geht dann die Welt nicht unter, das wird nur richtig teuer, oder meine armen Kolleginnen und Kollegen kriegen ein Produkt voller Fehler und gefährlicher Fallstricke.
  • Inspektion von nächster Woche vorbereiten. Unvorbereitet sein ist eine richtig beschissene Idee.
  • Report zur Inspektion vor anderthalb Wochen schreiben. Frist 30 Tage (inklusive diverser Durchgänge und Gedön, für das man gut nochmal ne Woche einkalkulieren kann), nächste Woche werd ich da nichts dran machen wegen nächster Inspektion, je später, desto schwieriger wird es.
  • Oppfølging (was das auch immer auf Deutsch heißt, vielleicht sowas wie Nachverfolgung?) einer Firma, die schon seit Weihnachten auf Antwort wartet und mich aber so mit Dokumentation bewirft, dass ich unter dem Haufen einfach ersaufe. Keine Hilfe möglich, der Kollege ersäuft auch unter seinem Kram und die Kollegin hat COVID. Mögliche Konsequenz, wenn ich nicht langsam mal zu Potte komme: mein Name und Worte wie faul, langsam, unverhältnismäßig, Paragraphenreiter in der Zeitung. Hmm.

Und das sind nur die großen Brocken. Dazu kommt der Kleinscheiß, Webseitenänderungen, Anfragen, Meetings… Ächz.

Und zu Hause (ok, Arbeit ist ja auch zu Hause) ein Kind, das ums Verrecken nicht schlafen kann. Es ist zum Haareraufen.

Heute gut: Pippi kriegt etwas andere Bücher zu lesen, als ihre Klassenkamerad*Innen, weil sie sich mit kleinen Buchstaben und langen Wörtern noch schwer tut. Das Buch der Woche hat sie heute aber nahezu ohne Theater mit Hilfe gelesen und sich auch sehr gefreut, als sie die Sätze dann nach dem Entziffern noch mal im ganzen „vorlesen“ konnte. Sie merkt sich die dann einfach, aber die Lehrerin sagt, das ist in Ordnung, solange sie dabei die Wörter anguckt. Die Lehrerin wird schon wissen, was sie tut, und ich bin froh, wenn Pippi Erfolgserlebnisse hat, statt täglich über den Hausaufgaben in Tränen auszubrechen, weil sie „nicht lesen kann“.

Tag 2351 – Bergauf.

Heute war der Tag mit den wenigsten Tageslichtminuten des Jahres, ab jetzt wird also alles besser.

Die Fähre für den Rückweg aus Deutschland konnte umgebucht werden. Dass ich drei Stunden auf den automatischen Rückruf der Hotline gewartet habe, deutet aber an, was bei denen heute los war.

Auch heute war Homeschooling keine Freude und wenn wir das nach den Ferien noch weiter treiben sollen, melden wir Bedarf an, dass Michel in der Schule seine Aufgaben macht. Sonst überlebt das nämlich nur einer von uns. (Das klingt jetzt so lustig, wie „Jaja, mein Kind meckert auch erst mal ne halbe Stunde, dass es Hausaufgaben machen muss, die dann zwei Minuten dauern“, aber es ist leider gar nicht lustig, für niemanden hier im Haus. Ganz im Ernst: das, was hier abgeht, kann nicht normal sein. Nicht mal ansatzweise. Dann hätte es wesentlich massivere Proteste gegen die zweite, dritte und vierte Runde mit Schulschließungen gegeben. Weiterhin gehe ich davon aus, dass Michel in der Schule maximal ab und zu die Spitze dieses Eisberges durchblitzen lässt, denn sonst bekämen wir täglich Anrufe von der Schule und Michel würde vermutlich als unbeschulbar gelten. Aus Gründen verliere ich leider langsam die Hoffnung, dass ihm dann wenigstens geholfen würde, wenn er auch dort auffällig wäre.)

Jetzt sind erst mal Ferien und uns kann das sch… Weihnachtsheft am Hintern vorbei gehen. Michel hat es fertig gemacht und es darf jetzt bis zum 3. Januar im Rucksack wohnen.

Pippi hingegen macht ihre Aufgaben zum Teil sehr gerne, nämlich immer, wenn es ums Malen geht. In der ersten Klasse wird noch sehr, sehr viel gemalt. Ich kenne jetzt die Nooms, und weiß, wer welche Farbe hat und wie lang ist. Die Nooms, das ist die fancy Version von diesen Montessori-Zahlen-Stäbchen. Uno ist lila und 1 [Meter, sagt Pippi] lang, Penta ist grau und 5 lang. Fancy sind sie, weil es ein ganzes Noom-Universum mit kleinen Filmchen und Liedern und Apps und was weiß ich nicht alles gibt, statt… naja Holzstäbchen halt. Pippis Aufgabe war heute unter anderem, die Szene „Die Nooms feiern Weihnachten“ zu malen, was sie sehr hingebungsvoll und unablässig mit sich selbst redend tat. Schon süß, aber irgendwann bluten mir ein bisschen die Ohren.

___

P.S. Mir ist übrigens völlig egal, ob die Schule den Kindern das Rechnen mit Nooms oder Äpfeln und Birnen oder abstrakten Zahlen beibringt. Hauptsache, sie lernen es, und zwar so dass alle Kinder individuell ihr Potential ausschöpfen können und langfristig motiviert bleiben. Wie das am besten geht, müssen sich Expert*Innen für Didaktik überlegen.

P.P.S. Das selbe gilt für Schreiben und Lesen lernen, Schreibschrift, Bleistift/Kuli/Tintenroller/Füller, schreiben mit der Hand vs. frühen Gebrauch von digitalen Lernmitteln zum Tippen und so weiter und so fort. Es ist mir egal.

Tag 2350 – Hellschooling.

Heute dauerte es 30 Minuten Homeschooling, bis ich beide Kinder und eine Lehrerin gerne zum Mond geschossen hätte. Gerne zusammen. Ich tauge dafür nicht und die Kombi aus mir und Michel ist eine höchst explosive. Wenn Michel explodiert tut er das aber auch gleich richtig und ausdauernd und danach sind gerne Sachen kaputt und wir heulen beide. Kurz und gut: funktioniert nicht. Einfach nein. Singen und Klatschen geht vielleicht noch, aber die Lehrerin unterbindet jeden Kommunikationsversuch der Kinder untereinander, da macht auch Singen und Klatschen nicht so viel Spaß. Michel hatte aber nicht nur Singen und Klatschen auf, sondern auch Mathe und Norwegisch und an Mathe zerbrach die eh schon fragile weihnachtliche Harmonie sehr gründlich. Bei Pippi muss man sehr drauf achten, dass sie nicht mit ihrem iPad abhaut und statt Aufgaben darauf zu machen, Kinderfernsehen schaut (habe ich erwähnt, dass die Kinder im Browser absolut jede Webseite der Welt aufrufen können? Und dass wir Eltern das nicht begrenzen können? Und dass die Schule, die das begrenzen könnte, dazu sagt, wir Eltern müssten den Kindern eben Medienkompetenz beibringen? Das ist alles sehr schön und überhaupt gar kein wunder Punkt, wooooozaaaaaaa…). Morgen um zwölf endet der Schultag offiziell, ab dann machen die iPads auch Ferien. Und ich dreiundneunzig Kreuze.

Unsere Reise ist weiterhin ein unschöner Nervenkitzel. Heute wurde unsere Rückreise storniert – zu einem Zeitpunkt, zu dem die Hotline, die man zum Umbuchen kontaktieren muss, schon nicht mehr besetzt war. Deutlicher kann man den Kund*Innen den Mittelfinger auch nicht zeigen.

Keinen Bock mehr auf Corona. Das ist doch alles scheiße hoch zehn.

Tag 2336 – Unnötig undurchsichtig.

Falls Sie sich fragen, wie man in Kontakt mit der Schulschwester von V. Barneskole Eidsvoll kommt: da suchen Sie erst im Internet, da steht es schon mal nicht. (Letztes Jahr stand da noch ne Telefonnummer, die war aber zu der vorherigen Schulschwester, die da schon seit 2018 oder so nicht mehr ist.) Sie schreiben also der Lehrerin. Die ruft zurück und sagt, das wisse sie auch nicht so genau, man solle im Sekretariat anrufen. Sie rufen im Sekretariat an und haben gleich die Rektorin dran, die sagt Ihnen dann, dass die Schulschwester grad eine Weiterbildung macht und Examen hat (also Klausurphase), aber Freitag da sei. Sie sollen ihr Anliegen am besten per Mail an die Rektorin schicken, die das dann weiterleitet. Sie verdrängen alles, was sie jemals über Datenschutz wussten und schreiben sensitive Personendaten an eine Person, die diese gar nichts angehen, damit diese sie dann weiterleitet. Hurra.

(Sie sind verzweifelt und deshalb machen Sie das.)

Bei der Arbeit war Manic Meeting Monday. Gnah. Hab da immer schnell das Gefühl, Zeit zu verplempern, vor allem weil mir grad alles über den Kopf wächst, das bis Weihnachten erledigt sein sollte.

Osloer Julebord-Update: 130 positiv getestete Personen, etwa die Hälfte bestätigt Omicron. Las darüber schon bei Spiegel Online. Wir lächeln und winken einfach (und ich bunker mich im Homeoffice ein). Omicron sonst so: ein Ausbruch an einer Waldorfschule, ein Ausbruch auf einer Messe, ein Ausbruch auf einem weiteren Julebord (der, halten Sie sich fest, Chipsfabrik! So klein ist die Welt). Japp, scheint recht ansteckend zu sein, der Quatsch, und dabei waren wir ja schon mit Delta ziemlich gut dabei, die Krankenhäuser zu füllen. Lächeln und winken.

Morgen kommen schon wieder neue Maßnahmen. Zum dritten Mal in einer Woche.

Lächeln und winken.

Tag 2335 – Müdolaus.

Es war so ein Tag, an dem ich eigentlich dem einen Kind gerne ne Rute in den Stiefel gesteckt hätte. Zumindest bis mittags. Danach übten wir uns in paradoxer Intervention (oder so) und fuhren schwimmen, inklusive dem Kind, das sich morgens noch um spontane Adoption beworben hatte, was beide Kinder sehr froh stimmte. Der Rest des Tages verlief dann tatsächlich größtenteils harmonisch. Ich bin so müde von dieser ständigen Streiterei.

Den späteren Nachmittag vertrieb ich mir mit der vierten Lage. Ich habe da so eine Etüde, zu der ich eine innige Hassliebe pflege. Sie ist nicht sonderlich schön oder interessant, dafür aber schwer und schnell. Schnell ist nicht mein Freund. Schwer kriegt mich nicht klein, schwer ist eine Herausforderung und ich werde sie bezwingen! Die vierte Lage ist noch nicht so bequem wie die 3., aber nachdem ich die 2. Lage übersprungen habe (ich schiebe das bequem auf meine frühere Lehrerin, ich hab ja einfach da wieder angefangen, wo ich damals aufgehört habe) und das nach der 3. bereut habe, wollte ich nicht den Fehler wiederholen, indem ich gleich mit der 5. anfange.

Natürlich habe ich am Ende des Tages doch Schokolade in die Stiefel verteilt und keine Ruten und auch keine Kohlestücke (letzteres ist auch eh irgendwie nicht so zeitgemäß). Morgen können die Kinder dann wieder in der Schule von dem super besonderen Tag erzählen, den wir haben und sonst keiner. Ein paar importierte Traditionen muss man ja haben.

(Ein Wort zum Adventskalender: als Werbeopfer habe ich da einen Notkauf am 29.11. getätigt, und runtergesetzte Adventskalender für mich und Herrn Rabe bestellt. Schokoladenpralinen für Herrn Rabe und Lakritzpralinen für mich. Ich bin zwar immer noch recht skeptisch gegenüber der Kombination Lakritz und (Milch-)Schokolade, kann nach 5 Tagen aber mit Verzücken feststellen, dass die Kombination Lakritz und Himbeere ganz und gar köstlich ist. Selbst mit Schoko. Ich hoffe, es kommt noch ganz viel mit Himbeere.)

Tag 2283 – Uff uff uff.

Michel hat grad ne Laune, es ist… wundervoll. Einfach herzig. Ganz reizend. (Ist es natürlich nicht, aber ich muss das hier ja nicht ausbreiten.)

Pippi hingegen hat nur morgens Laune, bevorzugt von 08:00 bis 08:10. Das Resultat ist aber dann immer, dass sie und Michel zu spät zur Schule kommen und das wiederum ist Michels Laune (und meiner, und der von Herrn Rabe) ganz und gar nicht zuträglich.

Nach einer langen und schwierigen Geburt mit vielen Beteiligten hat heute ein wichtiges Dokument endlich das Haus verlassen. Leider ist damit vermutlich nur das x. Kapitel in einem mehrbändigen Epos abgeschlossen.

Wir haben jetzt eine Consultant (lange Geschichte) und ich hatte ein Vorbereitungsmeeting mit der – und hab danach echt mit den Ohren geschlackert. Das ging schnell! Super effizient alles durchgerattert und dann mussten wir eh aufhören, weil bei ihr der Internetmensch vor der Tür stand um Breitband zu verlegen. Sie wohnt bei uns in der Nähe, aber in einem noch viel dorfigeren Dorf. Nebenher betreibt sie eine Alpakafarm, ab nächster Woche dann eben auch mit Breitbandanschluss. Life goals.

Tag 2210 – Zurück im Homewerk.

Endlich wieder Arbeit, wo es seeeeehr ruhig ist zur Zeit. Lächerlich ruhig. Drei Inspekteurinnen sind da, eine macht parallel Kindergarteneingewöhnung, ist also eher wenig tatsächlich da. Ich hatte relativ entspannte 120 Mails in der Inbox, davon nichts mit Drama. Meine To-Do-Liste* ist zwar jetzt lang, aber gut machbar. Ich muss zwar bis Ende des Monats noch mal zusätzlich 12 Überstunden abfeiern und hatte bis heute Mittag keine Ahnung, wie das gehen soll, aber dann traute sich Michel nicht, allein beim Schwimmkurs zu bleiben** und ich saß eine Stunde in der Schwimmhalle herum, während Michel wirklich gut mitmachte und auch sofort Fortschritte machte und Erfolgserlebnisse hatte. Er kann jetzt auf dem Rücken treiben und dabei mit den Beinen paddeln, nach 45 Minuten Kurs. Vielleicht muss ich mir ja am Ende des Kurses tatsächlich keine so großen Sorgen mehr machen, dass er absaufen könnte.

Wird schon werden. Ich mag meine Arbeit ja immer noch sehr, aber nicht so sehr, dass ich meinem Arbeitgeber Stunden schenken möchte.

___

* bester Artikel, der gestern bei NRK veröffentlicht wurde: wenn man unorganisiert ist und keinen Überblick über den Workload hat und man deshalb vorsichtshalber gar nichts sinnvolles tut, soll man *Trommelwirbel* sich einen Überblick verschaffen, mittels To-Do-Liste. Das schreibt eine Psychologin! Dann muss es stimmen. Erwarte nach „Unorganisierte sollten sich einfach organisieren!“ demnächst dann das allseits beliebte „Depressiv? Lach doch einfach mal!“ oder „Du hast Angst vor [Ding]? Aber [Ding] ist doch gar nicht gefährlich! Reiß dich zusammen.“ Es ist wohl echt Sommerloch, trotz Olympia.

** das klingt viel harmloser, als es war. Es war für alle Beteiligten schlimm, der arme Zwerg kämpft grad wirklich sehr mit seinem sich entwickelnden Gehirn. Umso besser, dass er dann Spaß und Erfolg hatte.

Tag 2188 – Sommerferien in Zeiten von Corona.

Heute haben wir mit (Teilen) der Babysitterfamilie gegrillt, nachdem wir uns seit… ewig ja fast gar nicht gesehen haben und wenn, dann immer nur mit riesigem Abstand. Nun ist S. aber schon eine ganze Weile wegen ihrer Vorerkrankungen voll geimpft und das Wetter ist gut genug, um die ganze Zeit draußen zu sitzen und sogar – dank Wind – im Haus für Durchzug zu sorgen. Man muss ja auch mal aufs Klo.

Das war sehr schön, wir schnackten einfach ewig lang und holten ein bisschen auf, was in den letzten anderthalb Jahren einfach nicht ging.

Dabei wieder festgestellt, dass ich wirklich keine Lust mehr auf diese Dreckspandemie habe. Für mich und viele andere ist sie nicht vorbei, es läuft immer im Hinterkopf ne ganze Menge Coronakram mit und das nervt. So. Uff.

Etwas lustig war, S. und A. Schnelltests zum Selbstgebrauch zu erklären. Die kann man hier zwar für nichts offizielles gebrauchen, aber sie sind ein gutes Mittel zur Beruhigung bei unspezifischen, leichten Erkältungs- oder auch Heuschnupfensymptomen, die „allerhöchstwahrscheinlich nicht Corona sind, aber man weiß ja nie“. Schnelltests kommen hier überhaupt grad erst auf, seit kurzem kann man sie in einer Art Drogeriekette und wohl auch einer Baumarktkette für Profibedarf kaufen. Wenn man nen offiziellen Test braucht, kann man zu einer Privatklinik fahren, die dann genau so einen Schnelltest mit einem machen und dafür 120€ (!!!) kassieren. Mit dem Ergebnis kann man dann aber beispielsweise verreisen. Und dann werden ständig die Farben von allem geändert und man kommt nicht mehr problemlos zurück, aber das ist eine ganz andere Geschichte.

___

Weiterhin haben wir Michel heute erklärt, wie wir uns das mit meiner Operation vorstellen, dass nämlich die Babysittertochter bei uns schlafen wird, damit sie da ist, wenn die Kinder aufwachen, bevor Herr Rabe wieder da ist. Davon war Michel ganz und gar nicht begeistert, nach einigem Getobe und Gemotze bekam ich aus ihm raus, dass er wohl schlimm fand, dass ein mal morgens Oma in unserem Bett lag statt uns. Das war, als Pippi geboren wurde, da war er also noch nicht mal drei Jahre alt und wir dachten eigentlich damals, dass das alles recht gut geklappt hätte – hoppla, Kind traumatisiert. Für die Operation einigten wir uns dann darauf, dass wir Bescheid sagen, wenn wir fahren und ihn dafür auch wecken, damit er Bescheid weiß. Damit konnte er sich anfreunden und nun hat er ja auch noch ein paar Tage Zeit, um das sacken zu lassen und auf seine Art zu planen. (Beim ins Bett bringen kam dann noch die Frage auf, wie wir das machen, wenn Herr Rabe mich aus dem Krankenhaus wieder abholt. Da haben wir noch gar nicht groß drüber nachgedacht, ich denke, Herr Rabe nimmt die Kinder einfach mit. Auch damit war Michel zufrieden.) Generell scheint seine Art der Vorbereitung, was ja auch Bewältigung von Ängsten* ist, auf „alles wissen“ hinauszulaufen, was ich gut verstehen kann, ich bin und war immer schon genau so. Vermutlich mochte er auch schon als Kleinkind keine Überraschungen und hat es einfach noch nicht so mitteilen können. Und wir dachten damals halt, wenn wir fahren, wenn er noch wach ist (ich hatte mich ja extra aufs Sofa gesetzt, um die wirklich ordentlich anziehenden Wehen zu veratmen, während Herr Rabe ihn ins Bett brachte), kommt er sicher nicht zur Ruhe und wenn er die Oma morgens erst suchen muss und das Bett ganz leer ist, wäre er sicher verwirrt. Tjanun, jetzt im Nachhinein können wir es auch nicht ändern.

___

* das ist grad eh ein Thema, ganz alterstypisch passiert da bei ihm grad viel und jetzt glaubt er, seine kleine Schwester sei „tougher“ als er. Ich habe ihm dann erklärt, dass Pippi solche Ängste (vor Tod etc.) einfach noch nicht hat, weil sie noch zu klein ist und sich das erst später im Gehirn entwickelt, nicht weil sie tougher ist. Das fand er spannend und scheinbar auch einleuchtend und ich hoffe, damit konnte ich ihm einen Teil der Angst vor der Angst nehmen. Und ich muss jetzt vermutlich erst mal kindliche neurologische Entwicklung studieren, um Michel das alles erklären zu können.

Tag 2130 – Langer Tag.

Nur ne Liste:

  • Michel beim Hort abgeliefert
  • Nach Oslo gefahren
  • Im Stau gestanden (LKW-Unfall)
  • Für die Meerschweinchen ein Häuschen gekauft (gebraucht), damit sie den Sommer über draußen wohnen können
  • Zum Krankenhaus gefahren
  • Im Stau gestanden (selber LKW-Unfall)
  • Mit Pippi ins Krankenhaus, denn die musste aufs Klo. Pippi wegen der nicht vorhandenen Maskencompliance im Krankenhaus einen Mundschutz verkleinert. Pippi absolut alle verzaubern lassen
  • Blutprobe abgeliefert, dank Pippi einen glibber-Gecko als Prämie bekommen, weil ich nicht geweint habe. Pippi hätte nicht durchgehen lassen, hätte ich keinen bekommen
  • Bei der Arbeit geparkt, zu dritt (Herr Rabe, Pippi und ich) mit der T-Bane nach Oslo gefahren
  • Auf 4 Haltestellen ca. 30 mal gesagt, dass Pippi bitte nichts anlecken und sich nicht auf den Boden setzen soll
  • Mit Pippi im Dauerschwafelmodus zum Instrumentenladen in der Drogi-Gruselgegend gelaufen. Fast taub geworden wegen Großbaustelle mit Steine schneidenen Bauarbeitern
  • Beim Instrumentenladen eine Bestellung abgeholt. Sozial schwierig, war sehr voll da, kann mich nur noch schlecht zu vielen Leuten gleichzeitig verhalten
  • Mit Pippi (immer noch im Dauerschwafelmodus) Richtung Oslo S gegangen, da in der Nähe Herrn Rabe getroffen, der seinen Anzug von der Reinigung abgeholt hatte
  • Eis(-Kaffee) für alle, draußen verzehrt
  • Zurück zur Arbeit gefahren, dort alle ein Mal aufs Klo, Passwort geändert und wieder ins Auto
  • Im Stau gestanden (nicht der LKW-Unfall, einfach ganz normaler Freitagsnachmittagsverkehr aus Oslo raus)
  • Michel vom Hort wieder abgeholt
  • Die Familie zu Hause abgeliefert und wieder losgefahren
  • Ein neues Gestell für meine Brille bekommen. Selbes Gestell wie vorher, nur neu, auf Garantie, weil ein Brillengestell eigentlich länger halten sollte als ein Jahr, bevor der eine Bügel irreparabel hängt und die ganze Brille deshalb schief sitzt. Wundert mich nicht, dass die die Marke inzwischen gar nicht mehr haben
  • Kein e-Piano gekauft. Das gibt‘s erst, wenn die Schweinchen sicher draußen und draußen sicher sind
  • Apotheke, ich komme mit den Schilddrüsenblockern sonst nicht übers lange Wochenende
  • Wochenendeinkauf im Supermarkt
  • Herrn Rabe nach draußen gejagt, auf dass er laufe. Leider mit dem Timing voll einen Wolkenbruch mitgenommen
  • Geige gespielt, Essen, Kinder ins Bett, Sofa. Kein Nerv mehr für soziale Interaktion (sorry, Twitterkneipe)

(Habe Pippi schrecklich lieb, aber nach 5 Stunden mit ihr bluten zur Zeit meine Ohren. Wie viele Worte in so einer Fünfjährigen sind!)

Tag 2111 – Durchgepustet.

Wo sich ein Bollogg hinsetzt, wächst tausend Jahre kein Nattifftoffenmoos mehr.

Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär

Wir waren den halben Tag draußen, es war Sonnenschein bei 8 Grad versprochen, es kam die meiste Zeit bewölkter Himmel und irgendwelche Grad, die sich wegen eisigem Wind anfühlten wie -3. Brrrr. Es war voll (ein beliebtes Ausflugsziel für Familien), bumsvoll, um genau zu sein, aber dank des ständigen Windes kann sich da kein Aerosol irgendwo gehalten haben und abgeleckt haben wir niemanden. Da war auch ein ganz toller “Kletterpfad” für Kinder, über den sich eine kleine Prozession von Kindern schob (hangelte, balancierte, kletterte…), das war schon sehr schön. Michel hatte lange ein paar Baustellen, was Balance angeht, das hat sich aber offenbar inzwischen gegeben, das finde ich sehr erfreulich.

Vor lauter frischer Luft und Menschen in 3D möchte ich jetzt gerne ins Bett gehen, ganz sofort. Michel schläft schon, der war auch platt nach dem Ausflug.

Aber schön war’s. Nächstes Mal nur gerne in etwas wärmer.

___

Vermelde: bei Pippi ist der erste bleibende Backenzahn durchgebrochen. Immerhin noch nicht alle vier, wie bei Michel, als ich dann auch mal bemerkte, dass da was im Gange war. Natürlich erklärt „wackeln die Zähne, wackelt die Seele“ vieles, Herr Rabe und ich haben auch generell viel Verständnis, dass es schwer ist, 5 3/4 und bald ein Schulkind zu sein, aber uffuffuff lass es einfach bald vorbei sein. Bitte.