Tag 3693 und 3694 – Taxi fahren und Rumhängen.

Außer Homeoffice nicht viel gewesen. Homeoffice war, weil ich gestern Michel zum Kieferorthopäden und danach Pippi und ihre Freundin zur Bandprobe fahren musste. Zwischendurch habe ich noch einen sehr Basic IT-Inspektionen-Kurs gemacht. Da habe ich jetzt nicht übermäßig viel gelernt und auch nichts Neues. Ich hoffe wirklich, dass der Kurs, für den ich in zwei Wochen nach Amsterdam fahre, besser ist.

Michels Kieferorthopäde hatte keine neuen Nachrichten. Alles sieht stabil aus, der Überbiss ist jetzt im Rahmen. Weiter die lose Klammer reduzieren. Weiter überlegen, ob wir, auf eigene Kosten, noch mehr machen wollen.

Bei der Arbeit sind weiter alle einigermaßen bekloppt. Aber die Medikamente gegen das PMDS wirken jetzt und dann will ich die wenigstens nicht mehr alle ständig erwürgen. Jedenfalls nicht, wenn ich zusätzlich im Homeoffice meine Ruhe hab. *

Wir haben heute das erste Mal seit… tja, fast drei Monaten? auf dem Sofa vor dem Fernseher gesessen. Den haben wir nämlich letztes Wochenende aufgehängt und Herr Rabe hat ihn heute angeschlossen. Und so saßen wir mit einem freitäglichen Bier und haben eine Folge Wednesday geguckt. Wir sind dermaßen hinten dran mit den wenigen Serien, die wir überhaupt verfolgen, es ist nahezu peinlich. Aber, was auch gut ist, das Sofa (das wir mit dem Haus gekauft haben) riecht nach einer Runde mit sehr viel Febreeze jetzt nicht mehr nach Katze. Katze riecht, wenn man gar keine Katze hat, übrigens sehr stark nach Käsefuß. Und wir wissen wieder, warum wir alle selbst ausgesuchten Sofas auch nach dem Kriterium „waschbarer Bezug“ ausgesucht haben. Wer macht denn bitte nicht waschbare Sofabezüge?

Ich finde, „Wir haben zwei Monate nach dem Umzug den Fernseher ausgepackt und aufgehängt“ illustriert sehr schön, wie es mit diesem Umzug bisher so lief.

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*und so viel Tee trinken kann, wie ich Lust habe, die 5 Meter in die Küche zu laufen, weil ich mir glaube ich irgendwo/irgendwie eine Blasenentzündung geholt habe. Die erste seit vielen, vielen Jahren, vielleicht sogar seit der Schwangerschaft mit Pippi? Da ich das früher und insbesondere in den Schwangerschaften wirklich ständig hatte, beschwere ich mich vorerst nicht, sondern trinke halt sehr viel FAK-Tee. Ein Mal in zehn Jahren kann da ja schon mal passieren.

Tag 3690 und 3691 – Laune, nicht unberechtigt.

Hoppla, ich hatte vorgestern nicht auf veröffentlichen gedrückt. Das war ja nicht so schlau von mir.

Ich merke die Hormonige Laune kommen. Ich möchte eigentlich nur im Bett liegen und Schokolade essen und Quatsch im Fernsehen gucken. (Wir haben keinen Fernseher im Schlafzimmer.) Mein letzter Besuch bei einer Gynäkologin zum Thema „unregelmäßige Zyklen und schlimmes PMDS, das sich dadurch kaum managen lässt“ endete leider mal wieder in einem Rezept für eine Pille. Ich gebe es einfach auf, glaube ich. Ich hatte gesagt, mehrfach, dass ich hormonelle Verhütung nicht mehr vertrage und davon depressiv werde, aber niemandem fällt was anderes ein, als „den Zyklus neu starten“ indem ich halt drei Monate depressiv im Bett hänge. Oder „den Zyklus abschalten“. Oder sonst irgendwelche glorreichen Ideen. Schon allein meine Angst vor dem jetzt aktuell frisch verschrieben Präparat macht, dass ich garantiert irgendwas an Nebenwirkungen kriegen würde. Entweder echte, oder nocebo-Effekte.

Da macht es nicht besser, dass unsere Chefin den Hirnfurz gehabt hat, uns demnächst nach einem Schema mit Notenvergabe bewerten zu wollen. Ganz oben auf der Liste: „Kleidungsstil und Auftreten“. Ich kann gar nicht ausdrücken, wie sehr mich das anpisst. Als wäre meine Chefin die Modepolizei und gleichzeitig unsere Lehrerin? Was zur Hölle? Außerdem gibt es bei uns keinerlei Richtlinien oder Übereinkünfte, wie man so bekleidet sein müsste, um genehm zu sein. Ich HABE versucht, wenigstens diesen Punkt zu entfernen, aber, Achtung Sarkasmus, in welchem Rahmen soll meine Chefin mir denn sonst sagen, dass sie meine Haare unpassend findet?

Hier ein paar Bilder.

Morgen
Abend
Nicht seriös genug.

Nicht falsch verstehen, ich finde mich gut, wie ich bin, mit bunten Haaren und Meerschweinchenkleid genauso wie mit Bluse und Blazer. Und zu Inspektionen würde ich das Kleid auch nicht anziehen. Ich frag mich nur, wie wir meiner Chefin begreiflich machen sollen, dass die Idee total daneben ist, ohne dass sie das Gesicht völlig verliert. Das mag sie nämlich gar nicht (wer mag das schon) und bosst dann unangenehm rum. Damit würde ich es vermutlich nur schlimmer machen.

Hrmpf. Und das mit Laune.

Tag 3016 – Leberwurst.

Leberwurst ist ja so etwa eins der ekligsten Nahrungsmittel überhaupt. Farbe, Konsistenz, Geruch – wäh. Grob oder fein, egal – wäh. Da lasse ich auch nicht mit mir diskutieren, wäh. In Norwegen erfreut sich die Leberwurst größter Beliebtheit, vor allem als Eisenquelle für Kleinkinder. Was sicherlich überhaupt nichts damit zu tun hat, dass die mit einem fröhlichen Kindergesicht von anno AlsAllesNochWieFrüherWar und in großen Lettern den grandiosen Eisengehalt anpreisend beworben wird. Neulich dann aber Skandal! Leberwurst für Kinder (ja, es gibt offenbar noch mal extra Kinderleberwurst, auf der nicht das fröhliche Kind ist! Oder vielleicht ein noch fröhlicheres Kind? Man weiß es nicht) enthält voll viel „Müll“, Wasser und Gewürze! Und sowas gibt man Kindern!!! Große Aufregung. Währenddessen waren Herr Rabe und ich einigermaßen verwirrt, denken die denn echt, Leberwurst sei nur pürierte Leber in Dosen? Ist das nicht allgemein bekannt, dass das in erster Linie zur Unkenntlichkeit vermantschte Schlachtabfälle mit eben Gewürzen sind, also (billige) Wurst generell, aber Leberwurst besonders? Mal abgesehen davon, dass Leber ja nun auch nicht sonderlich gesund ist. Hmm lecker, die Müllhalde des Körpers essen, in der sich all die unausscheidbaren Stoffe sammeln. Ich mag übrigens Leber generell auch nicht. Merkt man kaum, ne? Meine Kinder sind glücklicherweise auch ohne Leberwurst beide über 1,30 m groß geworden. Bisher, Trend weiter steigend.

Was ich aber eigentlich erzählen wollte: der Lieblingskollege macht seit nunmehr einer Woche einen auf beleidigte Leberwurst und benimmt sich wie ein Kleinkind, dem man seine Grinsekinddosen-Leberwurst-Stulle weggenommen hat. So langsam fällt mir nichts mehr dazu ein, als hart mit den Augen zu rollen. Ich fürchte, Erziehungstipps fruchten bei Ü50-Jährigen auch nicht mehr, auch nicht, wenn die sich benehmen, als wären sie höchstens 1/10 so alt. Lebensziel: den Kindern ein vernünftiges Konfliktverhalten beibringen.

Tag 2960 – Hrrm!

Morgen wird super anstrengend. Heute war auch schon anstrengend, unter anderem hatte ich für meinen Geschmack schon wieder viel zu viel mit dem IT-Projekt zu tun. Das IT-Projekt ist inzwischen direkt aus Absurdistan importiert, heute haben wir eine Dreiviertelstunde damit zugebracht, herauszufinden, dass bis auf mich niemand die richtige Lizenz hat, um etwas wichtiges tun zu können. Dass alle diese Leute Lizenzen brauchen, habe ich Anfang des Jahres (oder vielleicht war es auch tatsächlich noch vor Weihnachten), noch mal im April und noch mal, mit dringend und sechs Ausrufezeichen, am Freitag angemeldet. Es ist einfach GAR NICHTS passiert. Nichts. Im Gegenteil, ich bekam heute die gleiche Nachricht wie vor ein paar Monaten schon: wir haben 8 Lizenzen, 4 davon sind frei. Ja Herrschaftszeiten warum sind dann nicht die 4 freien vor Monaten schon zugeteilt worden, und die fehlenden dann bestellt??? Arrrgh. Ich raufe mir noch alle Haare deshalb aus.

Abends konnte ich immerhin mit beiden Kindern (nacheinander) kuscheln, mich dann von Pippi anschnarchen lassen und von Michel Fragen zum Thema Haare in den Bauch gefragt bekommen. Michel findet sein „Mushroom Cloud Hair“ doof, und hätte es lieber glatt nach hinten gekämmt. Gleichzeitig empfindet er täglich duschen aber als Zumutung, Gel kommt also auch nicht in Frage. Auf meine Aussage, dass ich seine Haare super finde und das ganz sicher ganz viele andere auch tun, kam nur das Michel-typische „Hrrm!“, aber mit einem kleinen Grinsen. Ich kann außerdem vermelden, dass ich Michel erfolgreich beigebracht habe, auf „Ich hab dich lieb“ mit „Ich hab dich auch lieb“ zu antworten (sofern er das so meint), statt, wie früher, mit „Ich weiß, warum sagst du mir das?“. Ich hab den ja schon sehr lieb, den inzwischen sehr großen und schlacksigen Zwerg mit seinem Lockenkopf.

Tag 2876 – Weiter sehr grün – Fortsetzung.

Fortsetzung vom gestrigen Beitrag, mal gucken ob ich heute durch komme mit erzählen.

Ich war also angekommen und mit meinen nassen Hosenbeinen in bester Gesellschaft. Die anderen waren – bis auf einen, der mit dem Fahrrad gefahren war – auch alle durchs Moor gestapft. Sie hatten schon die Grünen-Fahne gehisst und saßen beim Mittagessen, wohlverdient und 2 Stunden hinter dem Plan. Tjanun. Von dem Politiker mit dem lustigen Namen war ich ein bisschen star struck und bekam nicht viel heraus, außerdem war ich wie gesagt in erster Linie durstig, in zweiter hungrig und in dritter nass. Nach zwei Scheiben Brot zog es sich draußen aber bedrohlich zu, wir packten also alles zusammen und zogen in die Hütte um. Da drin war es sehr klassisch hüttenmäßig. Kein Wasser, keine Elektrizität (außer das was von einem ganz kleinen Solarpanel draußen geliefert wurde, was mit dem Regenwolkenhimmel quasi nichts war), keine Heizung, einziger Luxus ein gasbetriebener Kühlschrank und ein Gasherd. Wir machten in der Stube also erst mal den Ofen an, 15 Grad Innentemperatur sind für Leute mit nassen Füßen jetzt nicht grad gemütlich. Der Ofen war leider relativ wenig effektiv, weshalb wir auch die Kinder schickten, in den Zimmern, in denen Leute schlafen sollten, schon mal Feuer zu machen. Bald stapelten sich vor dem Ofen in der Stube auch ein Haufen Schuhe, um sie, wenn schon nicht trocken, doch wenigstens warm zu kriegen. Meine Füße waren trotzdem wie Eis, ich hatte ja auch noch die nassen Socken und die nasse Hose an. Unterm Tisch rubbelte ich die Füße aneinander.

Dann hatten wir 2 Stunden Session über den jetzt beginnenden Wahlkampf. Im September sind Kommunalwahlen (und Fylkesting, aber wen interessiert der schon). Ich glaube ich sagte so drei Sätze, aber dem Politiker mit dem lustigen Namen hätte ich, schon allein wegen seiner überaus angenehmen Stimme, stundenlang zuhören können. Ich wollte auch, dass der Parteichef wird, als die vorherige Parteichefin wegen Burnout das Amt niedergelegt hat, aber es wurde dann ein anderer. Aber ich schweife ab, wir sprachen über Wahlkampf und wir stellten fest, dass wir eigentlich alle in der Partei sind und uns da engagieren, nicht etwa, weil wir so gerne im Rampenlicht stehen oder Politik und Debattieren so geil finden, im Gegenteil, die meisten von uns finden das eigentlich furchtbar. Aber wir haben alle das Gefühl, das zu müssen, weil sonst irgendwie alle nur sagen, dass wir jetzt aber mal echt dringend das Klima retten müssen, aber nichts tun. Nach dieser Erkenntnis merkte ich, dass ich langsam abschaltete, zu viel Leute, zu seltsame Situation, in die ich auf nicht geplante Art gelangt war. Ich bin sicher, die anderen hatten noch fruchtbare Diskussionen. Ich hab die Bäume draußen angeguckt und immer mal wieder ein Holzscheit in den Ofen gesteckt und Schuhe durchgetauscht, damit alle mal in der ersten Reihe stehen können.

Danach war es auch schon Zeit zum Abendessen. Ich hätte eigentlich auch da schon gehen können, weil ich platt war, aber ich wollte nicht unhöflich sein. Es wurden Burger aus Lammgehacktem gemacht. Es gab auch vegetarische Burger, aber, und das wird jetzt vielleicht schockieren, wir aßen alle das Fleisch. Alle. Niemand dort war nämlich echte*r Vegetarier*In, und wenn man Fleisch in vernünftiger Qualität und aus verantwortungsvoller Quelle angeboten kriegt, sagt von den dort Anwesenden niemand nein. Der Politiker mit dem lustigen Namen war ganz aus dem Häuschen, er meinte, das sei das erste mal, dass er bei einer Grünen-Veranstaltung ist, wo alle Fleisch essen.

(Abschweifung: Norweger*Innen salzen irgendwie sehr binär. Entweder es ist so salzig, dass man nichts anderes mehr schmeckt (Fertiggerichte zu 90%, Kantinenessen auch oft) oder es ist zu wenig Salz dran. Viel zu wenig Salz ist in allen Broten, insbesondere selbst gebackenen, aber auch die Burgerpatties hätten noch eine gute Portion mehr Salz vertragen können.)

Ich half beim Kochen ein bisschen mit, hauptsächlich, weil der Politiker mit dem lustigen Namen und der angenehmen Stimme das auch tat, und kam so in den zweifelhaften Genuss der Erfahrung, Zwiebel mit einem Brotmesser zu schneiden. Es waren keine anderen Messer da. Merke – auch auf Hüttentouren eigene Messer mitnehmen.

Nach dem Essen, also ca. in der Sekunde, in der die letzte Gabel hingelegt wurde, fragte M., die auch nicht übernachten wollte und dementsprechend auch zum Windrad zurück musste, ob wir gehen wollen. Nie war ich dankbarer, es war echt schon hart an der Grenze des für mich machbaren. Was ich nicht auf dem Schirm hatte, war, dass der Politiker mit dem lustigen Namen mit ihr mitfahren sollte. Also gingen wir zu dritt. Die beiden kennen sich schon länger und unterhielten sich gut und ich konnte ein bisschen mehr in den Wald gucken und atmen und langsam runterkommen. Das war schön.

Wir gingen zurück einen anderen Weg. Nicht durchs Moor. Der Weg war so einfach zu gehen, dass wir uns für den Hinweg auch gleich noch mal leid taten, allerdings waren wir auch einig, dass der, wenn man nicht weiß, wo der von der Straße abgeht (was man ja nicht weiß, wenn man da noch nie war), nicht wirklich zu finden ist. Aber 15 Minuten über einen deutlich erkennbaren, trockenen! Trampelpfad im Wald (ok, ein bisschen hoch und runter und Wurzeln und Steine sind da schon auch, aber absolut kein Vergleich zum Hinweg!) und 15 Minuten Schotterstraße ist doch ein erheblicher Unterschied zu den 1,5 Stunden querfeldein durch unwegsames Gelände vom Hinweg. Wir waren sehr angetan von dem Weg.

Am Windrad machten der Politiker mit dem lustigen Namen und ich noch Selfies mit dem Windrad, unter anderem, wie wir das Windrad anfassen. Wir fotografierten auch den kompletten Windpark, der ist nämlich schon echt groß und wird noch weiter ausgebaut. Und wir waren uns einig: natürlich ist das ein Eingriff in die Natur, nicht mal so sehr das Windrad selbst, aber all die Zufahrtswege. Natürlich macht so ein Windrad auch ein Geräusch. Es ist aber schon in ca. 100 m Entfernung nicht mehr vom allgemeinen Waldrauschen zu unterscheiden und selbst direkt darunter stehend ist es auch nicht lauter als der Wind in den Ohren selbst. Wind macht eben ein Geräusch, bzw. wahrscheinlich eigentlich nicht, sondern Wind, der am Ohr oder anderen Dingen vorbeirauscht und dabei Turbulenzen verursacht, macht ein Geräusch. Man möge mich korrigieren. Vielleicht gibt es geeignetere Orte für Windräder, aber ein unbewohnter Hügelkamm ist jetzt nicht so unbedingt das allerschlimmste. Wenn wir vielleicht die geschotterten Zufahrtswege noch minimieren oder durch irgendeine andere Lösung ersetzen könnten, wäre das spitze.

Nun denn, ich stieg also ins Auto ein und… es zeigte 26 km Restreichweite an. Ich war definitiv mehr als 26 km von zu Hause entfernt. Allerdings ist diese Anzeige bei Cardos auch eher so eine grobe Schätzung und hat oft mit der Realität nicht viel zu tun. Die anderen beiden sagten, sie fahren hinter mir, falls ich liegen bleibe. Das war sehr nett.

Erst mal rollte ich aber gemütlich vom Berg runter. Eigentlich ging es bis zur nächsten großen Straße nur bergab und als ich unten angekommen war, hatte ich bereits 36 km Reichweite. Den Rest der Strecke fuhr ich so gleichmäßig wie möglich. 60 km/h, auch da wo 80 gewesen wäre, stoisch die immer länger werdende Schlange Autos hinter mir ignorierend. Als ich anfing, Orte zu erkennen (den Hof, bei dem die Sporthort-Kinder manchmal sind und Pferde streichen dürfen zum Beispiel) und noch zweistellige Restreichweite hatte, atmete ich gefühlt seit 40 Minuten das erste mal aus. Zu Hause kam ich dann an mit 9 km. Da blinkt das Auto innen wie eine Kirmes, dass man es auf jeden Fall laden soll. Was ich dann auch tat.

Zu Hause zog ich als allererstes Schuhe, Socken und Hose aus (Schuhe und Socken weiter leicht feucht) und berichtete kurz vom Tag. Brachte danach Michel ins Bett. Ich glaube, ich bin noch vor ihm eingeschlafen.

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Fortsetzung von Tag 2 folgt, mir fallen die Augen zu.

Tag 2875 – Weiter sehr grün.

Die letzten zwei Tage hatte ich ein Grünen-Seminar. In einer Hütte im Wald, wo 2015 (oder 2017?) auch die Reality-Show „Farmen“ gedreht wurde. Die Hütte im Wald ist eigentlich ganz gut angebunden, aber der Weg, so wurde uns gesagt, ist gesperrt wegen Eis und Schnee. Wir könnten da an der Schranke parken und die restlichen 4 km laufen, oder wir könnten „über Odal“ fahren, am Windrad parken und runter zur Hütte laufen. Bei diesen Optionen dachten wir irgendwie alle, die zweite Option sei wesentlich kürzer und schneller als der 4 km Marsch. Geben Sie ruhig zu, dass Sie das auch dachten.

Aus Gründen fuhr ich etwas später als der Rest. Ich musste also meinen Weg „über Odal“ zu dem Windrad allein finden. Da die Hütte nur ca. 20 km entfernt ist, nahm ich Cardos.

Und fuhr. Und fuhr. Und fuhr. Weit mehr als 20 km, und war immer noch nicht in Odal. Gefühlt war ich fast in Schweden. Mein Zeitplan löste sich in Schall und Rauch auf. Aber irgendwann, nach 50 Minuten Gegurke, stand ich tatsächlich vor einer Schranke mit Zahlenschloss, wie die Wegbeschreibung gesagt hatte.

Nur ging der Code nicht. Hmm, dachte ich, bestimmt bin ich an der falschen Schranke. Bestimmt haben die hier für jedes Windrad ne eigene Schranke oder so und ich war dank mangelndem Orientierungssinn einfach an der falschen.

Also fuhr ich zurück. Das Auto meinte, es sei zu 50% leer gefahren, aber es waren keine weiteren Schranken aufzufinden. Eine aus der Gruppe schrieb, das müsse die richtige Schranke sein. Es gebe keine andere. Aber das Schloss sei hakelig. Ich war nur Nanosekunden davor, einfach wieder nach Hause zu fahren, drehte aber um, fuhr die 5 km zur Schranke zurück (die Batterie sagte 40%) und rupfte unwirsch am Schloss herum, das – oh Wunder – aufploppte.

Grummelnd fuhr ich die restlichen 5 km zu Windrad 1. Da parkten eine Reihe weiterer Autos, ich schien also richtig zu sein.

Mein Kontakt schrieb, ich solle einfach immer an der Hochspannungsleitung lang gehen. Das sagte auch die Wegbeschreibung. Nun ist es aber ja so, dass eine Hochspannungsleitung zwei Endpunkte hat. Und ich habe keinen Orientierungssinn, wie bereits erwähnt, und kann mit „Richtung Eidsvoll“ einfach gar nichts anfangen, wenn man Eidsvoll nicht sehen kann. Ergo ging ich erst mal ein paar hundert Meter in die falsche Richtung.

„Gehen“. Ich kraxelte über die Geröllhügel, über die so Hochspannungsleitungen halt gerne mal gehen. Wir sind ja hier auch in Romerrike, das für seine sanft-hügelige Landschaft bekannt ist. Unten am Geröllhügel 1 war außerdem sehr nasser Lehmboden, der bekanntlich sehr rutschig ist. Aber auch weich, wenn man drauf fällt, das weiß ich jetzt. Danach war mein Po etwas feucht, aber was soll’s, ich hatte ne olle Jeans an.

Oben auf Geröllhügel 2 sah ich nach unten. Das sah NICHT aus, als könne man da mit Kindern, wie die vorausgehende Gruppe, runter steigen. Mit einem ausgeklügelten System aus Sonnenstand und Google Maps bestimmte ich, dass ich auf dem Weg von Eidsvoll weg war. Also kraxelte ich den Geröllhügel wieder runter und kraxelte in die andere Richtung los.

Nach ein paar hundert Metern in die andere Richtung fiel mir auf, dass meine AirPods weg waren. Nicht, dass ich Musik hören wollte, es fiel mir einfach auf, als ich auf die Tasche klopfte. F***, dachte ich erst, dann fiel mir ein, dass ich ja ausgerutscht war, da waren sie mir bestimmt aus der Tasche gefallen. „Find my“ bestätigte diesen Verdacht. Also ging ich zurück und tatsächlich – da lagen meine AirPods ganz friedlich im Moos, genau neben dem Abdruck von meinem Hintern und der Rutsch-Spur von meinem Fuß im Lehm. Schwein muss eine haben.

Also wieder zurück. Inzwischen war ich eine halbe Stunde herumgelaufen ohne irgendeinen Streckenfortschritt zu machen. Tjanun. Aus mir wird in diesem Leben keine Orientierungsläuferin mehr.

Ab da ging es „einfach“ an der Hochspannungsleitung lang. „Einfach“, weil eine Hochspannungsleitung wenig Rücksicht auf Bodenbeschaffenheit nimmt. Ich erklomm deshalb mehrere weitere Geröllhügel, stapfte durch kleine Waldabschnitte (weil es zum Beispiel streckenweise zu steil war, um direkt über das Geröll zu klettern) mit sehr dickem, sehr nassen Moos und bekam nasse Füße und musste schon da sehr lachen über mich und diese absurde Situation, wie ich da, völlig unvorbereitet, allein, in Jeans, T-Shirt und Barfuß-Halbschuhen Wege gehe, die hartgesottenen (Deutschen) Wanderer*Innen vermutlich den Schweiß auf die Stirn treiben würden.

Dann stand ich vorm Moor. Da ging die Trasse einfach drüber. Ich erwog meine Optionen, quer durch oder drum rum, und wählte drum rum. Aber nicht großräumig genug, und ich sackte mehrmals wirklich gruselig tief ein. Immerhin blieb keiner meiner Schuhe stecken, das passierte wohl der anderen Gruppe. Ich musste mehrmals sehr laut lachen, es stand zwischen Lachen und sich hinsetzen und aufgeben und auf den Bären warten, der mich fressen kommt. Oder den Wolf. Oder den Vielfraß. Oder den Luchs. Die ganze Situation schrie versteckte Kamera. Irgendwann war ich aber um das Moor herum und kraxelte, jetzt mit quatschenden Schuhen und klitschnassen Hosenbeinen, wieder Geröllhügel hoch. Ich beschloss zeitgleich, mir um den Rückweg vorerst keine Gedanken zu machen, mich gegebenenfalls aber strikt zu weigern, den selben Weg noch mal zu gehen.

Drei Hügel und ein weiteres Moor später konnte ich einen Weg sehen, der mich laut Google Maps und der Wegbeschreibung zu der Hütte bringen sollte. Hurra! Ein letzter, sehr gruseliger, weil sehr steiler, Abstieg und ich war auf einem befestigten, erkennbaren Weg!

Inzwischen war ich seit eineinhalb Stunden unterwegs.

Der letzte km des Weges ging über besagten Weg und ich konnte zwischendurch das Eis und den Schnee, die Schuld waren, dass man da nicht fahren konnte, bewundern. Es sind so etwa 5 Meter Weg, auf denen noch ca. 2 cm Restschnee pappt. Der ist schon so nass (ich hatte ja eh schon nasse Füße), dass er sich sofort zu Matsch verdichtet, wenn man drüber läuft. Wahrscheinlich würden 2 Autos schon helfen, die einmal drüberfahren und das ganze ein bisschen verteilen und ein bisschen Energie aussetzen, dann wäre dieser Schneefleck Geschichte.

Nach 1 Stunde 45 Minuten Odyssee kam ich, sehr grün riechend und nass bis zum Knie, an der Hütte an – und bekam einen kleinen Schrecken, weil ein *hust* überaus attraktiver *hust* Stortingspolitiker mit einem Namen, der darauf hindeutet, dass seine Eltern nicht so viel Rücksicht darauf genommen haben, dass das Kind gemobbt werden könnte, auch da war. Ich kollabierte erst mal fast am Esstisch im Garten und schüttete einen Liter Wasser in mich rein – ich war wirklich vollständig unvorbereitet auf diese Tour aufgebrochen und hatte nicht mal Wasser dabei. Ich hätte bestimmt Moos auspressen können, aber da komme ich natürlich jetzt erst drauf (und so scharf auf Fuchsbandwürmer etc. bin ich auch nicht).

Aber ich hatte es geschafft! Yeah! Der ehemalige Bauernhof ist wirklich hübsch, alles sieht aus wie auf Bullerbü. Wir hissten die Grünen-Fahne und verglichen nasse Schuhe und Hosenbeine, während wir Mittag aßen. Dank unverhoffter 3 Stunden Alleinzeit (erst im Auto, dann im Wald/Moor/Geröll) war ich sogar halbwegs sociable, Hurra.

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Fortsetzung folgt, es ist ja schon viel zu spät.

Tag 1962 – Schlechte Neuigkeiten, aber auch egal.

Ich habe mir erfolgreich die Umbausituation schön getrunken. Das ist vielleicht nicht sinnvoll, aber was soll man sonst noch sagen.

Immerhin ist eine Tür drin, man will da ja jetzt auch nicht übermäßig pingelig sein. Leisten sind für Spießer und Schlafschafe!
Genau was ich mir vorgestellt hatte. Nicht!

„Das machen wir an einem Tag.“ Ey, ich lache immer noch.

Was gibt’s noch neues? Ach ja!

Bestanden!

Herr Rabe und ich haben unsere Prüfungen beide bestanden. Ich hatte zwei Fragen, bei denen ich nicht sicher war, aber bei beiden lag mein Bauchgefühl richtig: 1) Oslo liegt in a) Østlandet oder b) Sørlandet*? 2) Für Schwarzarbeit drohen a) dem Arbeitnehmer, b) dem Arbeitgeber oder c) beiden Strafen?

Insgesamt war der Test aber sehr entspannt und ich nach 7 Minuten fertig, musste dann aber noch 8 weitere Minuten herumsitzen, bevor ich gehen durfte. Danach habe ich Grünzeug für einen Adventskranz gekauft, fertige Kränze ohne Kerzen waren mir viel zu teuer**. Dann binde ich eben wieder selbst.

Noch mehr neues? Ach ja! Heute haben wir durch Zufall rausgefunden, dass Michels letzter Schultag am 18.12. sein wird und nicht, wie wir bisher dachten, am 22. Warum weiß keiner*** und das wurde auch irgendwie nicht von der Schule kommuniziert, vielleicht schreibe ich da morgen mal eine freundlich-vernichtende Inspektør-Behördenton-Mail an die Schule. Bin da grad ganz gut in Schwung.

___

*Vestlandet war auch eine Option, aber die habe ich sofort verworfen.

**850 Kronen (knapp 90 €)

***Corona wohl nur indirekt, wegen irgendwas mit den Jugendschulen und deren Examina???

Tag 1962 – Schlechte Neuigkeiten, aber auch egal.

Ich habe mir erfolgreich die Umbausituation schön getrunken. Das ist vielleicht nicht sinnvoll, aber was soll man sonst noch sagen.

Immerhin ist eine Tür drin, man will da ja jetzt auch nicht übermäßig pingelig sein. Leisten sind für Spießer und Schlafschafe!
Genau was ich mir vorgestellt hatte. Nicht!

„Das machen wir an einem Tag.“ Ey, ich lache immer noch.

Was gibt’s noch neues? Ach ja!

Bestanden!

Herr Rabe und ich haben unsere Prüfungen beide bestanden. Ich hatte zwei Fragen, bei denen ich nicht sicher war, aber bei beiden lag mein Bauchgefühl richtig: 1) Oslo liegt in a) Østlandet oder b) Sørlandet*? 2) Für Schwarzarbeit drohen a) dem Arbeitnehmer, b) dem Arbeitgeber oder c) beiden Strafen?

Insgesamt war der Test aber sehr entspannt und ich nach 7 Minuten fertig, musste dann aber noch 8 weitere Minuten herumsitzen, bevor ich gehen durfte. Danach habe ich Grünzeug für einen Adventskranz gekauft, fertige Kränze ohne Kerzen waren mir viel zu teuer**. Dann binde ich eben wieder selbst.

Noch mehr neues? Ach ja! Heute haben wir durch Zufall rausgefunden, dass Michels letzter Schultag am 18.12. sein wird und nicht, wie wir bisher dachten, am 22. Warum weiß keiner*** und das wurde auch irgendwie nicht von der Schule kommuniziert, vielleicht schreibe ich da morgen mal eine freundlich-vernichtende Inspektør-Behördenton-Mail an die Schule. Bin da grad ganz gut in Schwung.

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*Vestlandet war auch eine Option, aber die habe ich sofort verworfen.

**850 Kronen (knapp 90 €)

***Corona wohl nur indirekt, wegen irgendwas mit den Jugendschulen und deren Examina???

Tag 1527 – Endlich wieder 4.

Herr Rabe ist wieder da!

[Hier stand ein langer, jammeriger Text darüber, dass sich dieses Leben im Moment oft anfühlt wie auf einem Ball balancierend mit laufenden Motorsägen zu jonglieren. Aber das wird dann wieder missverstanden und deshalb hab ich’s eben gelöscht. Jetzt ist ja Herr Rabe wieder da und der Ball weg und es sind nur noch brennende Fackeln.]

Heute hatte ich zwei wirklich gute Momente. Einer davon war bei der Arbeit (wir haben zu dritt nach einem echt langen Meeting in einem Raum, in dem wir allen Sauerstoff schon lange weggeatmet hatten, eine Checkliste angesehen, die… naja. Nicht so gut ist). Der andere war, wie sich Michel abends unter der Dusche mit Shampoohaaren einen Iro gestylt und sich ausgiebig Faxen machend in der Duschtür gespiegelt hat. Als wäre ich nicht da. Hach.