Pippi wird am Freitag ein Jahr alt. EIN JAHR! Dann ist sie kein Baby mehr! Ist sie eh schon kaum noch, außer beim allabendlichen Einschlafstillen, wenn sie sich dann nach lustiger Hampelei ganz klein zusammenrollt, beide Füße an meinem Bauch und eine Hand ganz warm auf meinen Bauch gelegt (das macht sie, seit sie mich nicht mehr kneifen darf und das ist doppelt schön so!) um einzuschlafen. Aber ansonsten? Sie pflückt ihr Essen auseinander und fitzelt sich die Leckerbissen raus. In ihrer Gegenwart ein Glas saure Gurken öffnen geht nicht, ohne dass sie „Hummmm hummmm“- machend beide Arme danach ausstreckt. Michel kriegt Smoothie? Pippi will auch. (Michel kriegt Eis? Pippi will auch, Mama sagt nein, Michel gibt Pippi was ab, Mama ist ganz gerührt und guckt einfach weg…) Heute Abend haben wir gespielt: sie hatte einen Spielzeugtopf und eine Gabel und sie fütterte mich mit imaginärem Essen aus ihrem Topf – inklusive Schmatzlauten. Danach nahm sie den Topfdeckel und leckte ihn ab. Genau das hatte Michel beim Abendessen mit einem richtigen Topfdeckel gemacht. Ihr Gedächtnis reicht jetzt ein paar Minuten, vielleicht eine halbe, dreiviertel Stunde zurück. Schon heute Nachmittag hatte sie mit einem Mal einen Duplo-Pömpel* im Mund und „pfiff“ dadurch. Das hatte ihr Michel auch eine halbe Stunde vorher vorgemacht.
Tja, also mein Baby ist kein Baby mehr, sondern eigentlich schon ein ziemlich fertiges Kleinkind. Und trotzdem ist sie noch so klein, also tatsächlich ist sie einfach nicht groß für ihr Alter und auch auf eine durchschnittliche Lebensspanne gesehen ist sie ja noch Miniklein. Und so schutzlos! Meine beste Freundin sagte mal, sie fände es so krass, dass wenn man so ein kleines Kind im Wald aussetzt, es vielleicht ein paar Stunden überlebe. Was das für eine krasse** Verantwortung bedeute. Da kann ich ihr nur zustimmen. Selbst der Kindergarten bedeutet für mich ja, dass ich sie aus meinen Mamaaugen lassen muss, dass ich die Verantwortung an jemanden außerhalb der Familie abgeben muss. Und ich finde das komisch. Mir macht das Angst. Also beides: dass sie in den Kindergarten geht und dass ich das komisch finde. Bin ich auf dem Weg zur Glucke? Weil ich mir Sorgen mache, ob sie da die (ewig lange) Zeit zum Essen bekommt, die sie braucht? Ob die wohl auch sofort Wickeln gehen, wenn Michel ruft „Pippi stinkt voll!“? Wird sie im Wagen gut schlafen können? Wird sie jeden Tag eine Tonne Sand essen? Und was ist mit den ganzen Kindergartenseuchen??? Mein armes kleines Mäuschen… Ahhh, Gluckenalarm, tatsächlich.
Also, jedenfalls, natürlich finde ich es gut, dass sie älter wird. Ich bin super stolz auf mein großes Mädchen, das schon so viel kann und so viel interagiert. Und ich weiß auch, dass der Kindergarten super ist und die sich ganz toll um alle Kinder kümmern, also sicher auch um sie. Sie hat ja im Zweifel auch noch Michel als persönlichen Übersetzer und Anwalt und Alarmgeber. Besser kann es ja eigentlich nicht sein. Aber trotzdem geht mit dem ersten Lebensjahr halt für mich auch die Zeit des totalen Gebraucht-Werdens langsam zu Ende. Zum Teil zumindest.
Es ist wirklich kompliziert. Da wünscht man sich nichts sehnlicher als Unabhängigkeit und am Ende heult man der Abhängigkeit hinterher.
(Entschuldigen Sie das wirre Gelaber heute. Besser kann ich die Wirren Gesanken gerade nicht in Worte fassen.)
* Halt so ein Pinöckel. Ein Nupsi.
** Ist schon ein paar Jahre her, da waren wir noch voll so… jung und so. Und außerdem: manche Sachen sind einfach krass. So.