Ach ja. Normalerweise finde ich das ja gar nicht schlimm, aber heute auf Inspektion fahren fühlte sich nicht sonderlich toll an. Freitag hatte ich einen kleineren… naja… ich möchte es Hänger nennen, weil ich unbesiegbar bin, bin aber in echt beim Mittagessen in Tränen ausgebrochen und Herr Rabe hat mit mir geschimpft, weil ich viel zu viel arbeite und er sich das mit angucken muss und ich voll den Tunnelblick habe und nicht mehr kommuniziere und überhaupt. Nicht gut für mich, nicht gut für die Familie. Es ist einfach, die Arbeit zu blamen, weil die mich nicht entlastet (und ich habe darum gebeten und auch gesagt, dass ich nicht mehr kann, mehrmals, und es interessiert, naja, halt keine Sau). Aber ich lasse mich halt auch ausbeuten. Perfektionismus und übersteigertes Verantwortungsgefühl rules – vor allem für den Arbeitgeber. Naja. Freitag habe ich mich, nachdem ich mit Heulen fertig war, so weit zusammengerissen, dass ich die Inspektion, die morgen beginnt, fertig vorbereitet habe, dann habe ich meinen Tunnelblick, Hyperfokus und Zeitdruck genutzt und in einem Affenzahn fünf Anleitungen zusammengekloppt, die hoffentlich meinen Kolleg*Innen nächste Woche dabei helfen, irgendwie mit dem IT-Projekt (das jetzt auch nen neuen Namen braucht, es hat ja das Projektstadium verlassen und ist jetzt ein Programm, das wir haben, frei nach dem Motto „friss oder stirb“) zurecht zu kommen. Dann habe ich meinen – übrigens wieder streikenden – Rechner ausgemacht und tatsächlich aus gelassen bis heute, als ich den Ersatzrechner im Büro abholte und Daten von streikendem Computer zu Ersatzcomputer übertrug. Wobei auch irgendeine Magic mit dem streikenden Rechner passierte, die Dinge zu fixen schien. Ich hab jetzt trotzdem beide dabei, ich finde das alles sehr gruselig.
Ich habe ebenfalls Freitag Abend und Samstag ein paar Dinge abgesagt und es fühlt sich an, als hätte ich die Notbremse in voller Fahrt gezogen und würde jetzt wie in einem Film mit dem halben Zug über dem Abgrund hängen. Die kommende Woche wird sich zeigen, ob ich mich raushangeln kann, wenn mir gestattet wird, nur meinen normalen Job zu machen. Ich werd Outlook jedenfalls bis Freitag nicht öffnen, habe ich mir vorgenommen. Am Handy habe ich alle Alarme von Outlook und Teams abgestellt. Und danach stehen da wohl Gespräche an, dass es in diesem Tempo nicht weiter geht.
Donnerstag war aber wirklich schön. Wir haben gefeiert, dass das IT-Projekt vorbei ist, nur wir Inspekteure und Inspekteurinnen, es gab gutes Essen und gute Getränke und gute Stimmung, meine Chefin hielt eine kleine Rede um mir für den Einsatz zu danken und ich bekam sogar eine Kleinigkeit. Da ich viel zu effizient mit der Orga des Feierns war und deshalb kaum Zeit blieb, die Kleinigkeit tatsächlich zu besorgen, bekam ich einen Gutschein für eine neue Thermotasse (wird morgen an meine Chefin geliefert…), eine Flasche mit Blubberwein und eine Schokomedaille – 3. Platz, weil der angelaufene Laden keine anderen mehr hatte. Ich mag meine Kolleg*Innen ja schon sehr, muss ich sagen. Das macht es nur alles überhaupt nicht einfacher.
So und wenn ich jetzt schnell die Augen zu mache, kriege ich noch 7,5 Stunden Schlaf, das wäre hilfreich. Gute Nacht.
Liebe Frau Rabe,
das klingt nicht gut.
Ich drücke Ihnen fest alle Daumen, daß Ihr Arbeitgeber Ihnen tatsächlich gestattet nur Ihren Job zu machen statt Ihnen für die zusätzliche Arbeit eine Flasche Sekt zu schenken.
Bei mir hat das nicht geklappt (nicht mal der Sekt…), ich habe schließlich in Notwehr gekündigt.
Übrigens trotz langer Kündigungsfrist ohne neue Stelle auch nicht empfehlenswert, aktuell brauchen wohl alle Unternehmen Monate um die Bewerbungsverfahren für irre dringend zu besetzende Stellen durchzuführen. Ironie des Schicksals: Angeblich ist die Terminfindung wegen des hohen Arbeitspensums der Beteiligten so kompliziert.
Im Rückblick würde ich mich eher eine Weile krank schreiben lassen um wieder zu Sinnen zu kommen und dann den (eigentlich geliebten) Job weiter machen.
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Die Flasche Sekt (Champagner. Immerhin) kam ja nicht mal vom Arbeitgeber, sondern von meinen Kolleginnen und Kollegen. Vom Arbeitgeber gab‘s ne blutleere und teils inhaltlich falsche allgemeine Dankesrede und nen Kuchen für alle.
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