Eine Nacht in New York, nur eine, weil das wirklich absurd teuer ist. Dabei war ja nun gar nicht Saison, nichts, es war einfach ein normaler Samstag im Oktober. Das Hotel war auch nicht luxuriös oder so, ich hatte nicht mal ein Fenster zum rausgucken, weil das Zimmer im sage und schreibe zweiten Stock war. Aber egal. Ich beschwere mich nicht, es war ein tolles Wochenende insgesamt. Den exzessiven Gebrauch von Männerparfum-Raumspray in der Lobby hätten sie sich vielleicht noch sparen können.
New York war wie immer total überwältigend groß, voll und laut. Mehr als zwei Tage würde ich da vermutlich nicht ertragen. Leider hat es auch dieses Mal überhaupt nicht gut funktioniert, eine Hop on Hop Off Bustour zu machen, da kam einfach nie ein Bus. Rausgeschmissenes Geld. Aber ansonsten…
Der Kontrast zwischen alt und neu fasziniert mich immer wieder. Leute stehen an, um dem Bullen die Eier zu kraulen. Suchbild mit Eichhörnchen im Central Park. Wir sind einmal durchs nördliche Viertel und das war schon echt ne Weile.
Abends sind wir in „The Book of Mormon“ gegangen, meine erste Broadway-Show. Das ist ein sehr sehr unterhaltsames, quatschiges Stück. Man sollte aber den Humor von South Park mögen. Aber sehr kunstvoll, wie man da als weißer Mensch die ganze Zeit denkt „oha, darf man das sagen? Darf man darüber lachen? Ist das nicht rassistisch? Ist es ok, wenn es ein schwarzer Schauspieler gesagt hat?“, während es natürlich total ok ist, aufs übelste über die Mormonen (nun mal alle weiß, und jetzt hab ich auch gelernt, wieso) herzuziehen. Ich wusste vorher sehr wenig über Mormonen, jetzt weiß ich die sehr verkürzte Darstellung eines satirischen Musicals und naja, mehr muss ich auch gar nicht wissen, glaube ich. Über Uganda weiß ich allerdings tatsächlich zu wenig und habe Lust bekommen, mehr über Uganda und Afrika generell zu lernen. Bildungsauftrag erfüllt.
Am nächsten Tag gingen wir erst durch Little Italy, Chinatown und Soho spazieren und dann, mit einem Umweg über diverse Läden, aufs Rockefeller Center. Von da hat man wirklich eine tolle Aussicht, völlig surreal eigentlich. Ich hatte Schwierigkeiten, zu realisieren, dass das das ganz echte New York ist.
Eine Schrillion Kalorien zum Frühstück. Die U-Bahn-Schilder-Mosaike sind so hübsch. Nintendo-Shop. Aussicht über den Central Park. Aussicht Richtung Empire State Building.
Rockefeller Center ist zum Fotos machen besser als One World Trade Center, weil man draußen ist. Ansonsten war das ein alle Vorurteile gegenüber Amerikanern bestätigendes Erlebnis. Vor der Aufzugfahrt läuft ein Film zur Entstehung des Rockefeller Centers und naja, das ist eine schamlose Verherrlichung der Ausnutzung der Finanzkrise in den 20ern und zahlloser Arbeiter, die überhaupt keine Rechte hatten und wo Arbeitsschutz ein Fremdwort war. Aber ist er nicht ein Held, der Herr Rockefeller???
Danach waren wir platt wie Brötchen und zwar alle drei. Nie war ich so froh, wieder in einem halb verschlafenen Kaff in New Jersey zu sein, wie an diesem Abend. Man bezahlt da auch keine halbe Niere für ein Abendessen, deshalb haben wir da gegessen.
Tacos mit angegrilltem Thunfisch, scharf und Mega lecker.
Unvorsichtigerweise dazu ein Lime-Margharita. Der war gut, aber hat auch gut funktioniert. Ich habe danach geschlafen wie ein Stein und bin Montag das erste Mal erst vom Wecker wach geworden – um fünf, damit ich noch Sport machen kann. Finde mich selbst ziemlich bekloppt.
Dienstag morgen ging es sehr früh los zum Bahnhof und dann zum Flughafen. Wie immer habe ich vergessen, dass der Zug um 07:01 von Gleis drei fährt, aber weil wir echt früh dran sind, kriege ich ihn trotzdem. Morgens habe ich noch ein Fleece, meinen Regenmantel, Mütze, Schal und Handschuhe eingepackt. Kann an der Ostküste ja kalt und nass werden.
Am Flughafen geht alles total smooth. Wir haben da jetzt so „Brotkästen“, wo man den Koffer abgeben kann. Ich konnte sogar online einchecken. Niemand will mein ESTA sehen. Oder sonst irgendwas.
Am Flughafen kaufe ich mir noch ein Buch, hänge ein bisschen in der Lounge ab, trinke Kaffee und schlendere dann zum Flugzeug. Ich habe wirklich reichlich Zeit. In Kopenhagen habe ich dann noch mehr Zeit. Dann ruft aber erst der IT-Däne mich an (das ist so eine lange Geschichte, die ich noch erzählen muss) und dann mein Kollege. Schwupps, ist es Zeit, in das große Flugzeug zu steigen.
Dort funktioniert das Internet eher so meh, ich arbeite trotzdem, weil ich mich ja irgendwie auf die Inspektion auch vorbereiten muss. Außerdem mache ich den Fehler, ein winziges Glas Champagner zu trinken. Quasi sofort bekomme ich Migräne. Ich habe nur leider nur noch wenig Migränetabletten. Ich versuche es wegzuschlafen, was nicht funktioniert (tut es nie, wann lerne ich das?).
Ebenfalls noch im Flugzeug, weil ich feststelle, dass meine Hände kalt sind, rupfe ich mit sanfter Gewalt und viel Seife den Ehering von meinem vom Bowling beschädigten Finger. Es tut weh und wird das auch weiter tun. Stand heute habe ich den Ring nicht wieder getragen und stattdessen das Gelenk getaped.
In Newark angekommen geht alles total schnell. Die einzige Frage, die mir am Immigrations-Schalter gestellt wird, ist, ob ich Obst dabei habe. Naja, die haben ja auch seit Wochen kein Geld bekommen. Aber mein lupenreines Reisehandy wird nicht eines Blickes gewürdigt. Auch nicht mein ESTA, meine Rückflugbestätigung oder meine Hotelbuchung. Nichts.
Am Gepäckband kommt mein Koffer quasi sofort. Innerhalb von dreißig Minuten nach Aufsetzen des Flugzeugs bin ich aus dem Flughafen raus und fange sofort an zu schwitzen, es sind 21 Grad. Ich frage mich, warum alle Jacken tragen und angele meine Sonnenbrille aus dem Rucksack. Mein Uber kommt auch quasi direkt. Es läuft wirklich alles nahezu gruselig glatt. Jesus fährt mich ins Hotel, auch das ist ereignislos. Ich checke ein und bin kurz empört: ich habe nicht das gleiche Zimmer wie bei den letzten beiden Malen! Ist aber nicht so schlimm, das Zimmer ist eigentlich schöner, nicht so dunkel und es hat auch keinen Teppich, und die Klimaanlage ist neuer und nicht ganz so laut. Es ist inzwischen viertel nach vier.
Sehr amerikanisch.
Ich packe aus und versuche weiterhin alles, meine Kopfschmerzen loszuwerden. Eine Migränetablette ist schon drin, jetzt habe ich noch von jeder Sorte eine, das finde ich für eine voraussichtlich ereignisreiche Woche ein bisschen wenig. Auf dem Weg, etwas zum Essen zu finden, gehe ich deshalb erstmal den Supermarkt inspizieren.
Es ist Halloween! Ein Teil der Pharmacy-Abteilung.
Es gibt keine rezeptfreien Triptane, also kaufe ich irgendwas mit „Migräne“ im Titel, in dem alles mögliche mit Koffein kombiniert ist (bevor Sie jetzt Angst um meine Leber bekommen: in Deutschland gibt es das selbe Zeug, nur in doppelter Dosierung, rezeptfrei in der Apotheke). Und eine Dose Melatonin. Und eine Bodylotion, weil im Hotel nur ein winziges Fläschchen ist. Die Bodylotion (Walgreens Eigenmarke) entpuppt sich als Glücksgriff, die ist wirklich gut. Gut, dass die, typisch USA, ein riesiger Pott ist, da hab ich noch ne Weile was von.
Inzwischen ist es sechs und ich habe echt Hunger. Ich finde einen Laden namens Let‘s Noodle mit guten Bewertungen. Dort angekommen bin ich leicht irritiert, weil alle Bedienungen und generell alle sichtbaren Angestellten aussehen, als seien sie maximal 14 Jahre alt. Also ungelogen und nicht übertrieben. Ich überlege immer noch, ob das so eine Art Schulprojekt gewesen sein könnte. Aber die Nudeln sind gut.
Auf dem Rückweg gehe ich noch mal in den Supermarkt und kaufe Müsliriegel und Wasser. Wieder im Hotel angekommen schreiben die deutschen Inspektoren, dass sie in einer Stunde ca. da sind. Trotz Koffein-Kombipräparat merkt mein Körper aber, dass es eigentlich zwei Uhr nachts ist. Nach einer kleinen Bügelrunde (selbst die am besten eingepackten Blusen haben nach dem Auspacken Kofferfalten) falle ich ins Bett und schlafe…
… bis viertel vor vier. Juhu. Ab fünf kann man in den Fitnessraum, ab halb sieben gibt es Frühstück. Jetzt kommen die Müsliriegel und das Wasser zum Einsatz. So mache ich mir in der Mikrowelle Wasser heiß und habe, dank mitgebrachten Instant-Capuccinotütchen, immerhin Kaffee. Und viel Zeit, ein Sportprogramm auszusuchen. Die Wahl fällt auf Heavy Lifting. Spoiler: ich werde das bereuen.
Außerdem probiere ich aus, ob man in den USA mit nem norwegischen Pass und dreieinhalb Klicks sich Triptane verschreiben lassen und ans Hotel liefern lassen kann. Antwort: ja. Es ist wild.
Um zehn vor sechs ist das Sportprogramm durch, ich gehe duschen und ziehe mich an. Schminke mich und bin um kurz vor sieben beim Frühstück. Da treffe ich auch die deutschen Inspektoren. Den einen kannte ich ja schon, den anderen nur vom Bildschirm. Beide sind nett. Der „neue“ ist eher still. Gar nicht wie der andere.
Wir fahren zur Site und davon darf ich ja nichts erzählen. Es ist alles sehr viel besser als beim letzten Mal. Sie haben offenbar auch ein bisschen Angst vor uns (naja, letztes Mal lief auch echt nicht so gut für die). Das schadet ja nicht. Zeitmanagement klappt dieses Mal besser und wir sind eigentlich an allen Tagen zwischen fünf und halb sechs wieder draußen. Dann gehen wir essen und dann falle ich auch direkt wieder ins Koma. Am nächsten Morgen dann das gleiche Spiel, ich bin total früh wach, mache Sport, trinke Tütencappucino und esse Müsliriegel. So vergehen die Tage bis Freitag Nachmittag.
Am Donnerstag bekomme ich zum Abendessen eine Pizza, die so enorm ist, dass ich nach einem Drittel bereits kapituliere. Totale Verschwendung, ich kann die ja nicht mal mitnehmen.
Freitag Abend fahren die deutschen Inspektoren schon mal nach New York, das war mir aber zu teuer. Ich gehe stattdessen mit mir allein sehr lecker indisch essen – nur um festzustellen, dass deren Applepay-Terminal nicht geht und ich natürlich keine physische Karte dabei habe UND keine meiner Kreditkartennummern aus dem Kopf weiß. Handy hilft auch nicht. Was hilft: der sehr nette Restaurantbesitzer, der mich einfach ziehen lässt, unter dem Versprechen, ihn vom Hotel aus anzurufen und meine Kreditkartennummer durchzugeben. Telefonisch. Auch das: Wild. Ich habe seither bestimmt 26 mal geguckt, ob auch wirklich keine komischen Abbuchungen auf meiner Karte sind. Aber nein. Hat alles geklappt.
Hier mache ich erst mal Schluss, aufgrund der Uhrzeit und der Wirkung der amerikanischenMelatonintablette.
Alles hat gut geklappt, war aber wie ich gedacht hatte: ich kam in den Blog nicht rein. Morgen werde ich mich dann mal hinsetzen und alles aufschreiben. Ereignisreich war es jedenfalls. Jetzt freue ich mich aber erst mal aufs eigene Bett mit nur einem Kissen pro Person drin. Ich habe auch schon sehr genossen, normales Klopapier mit mehr als 0,7 Lagen zur Verfügung zu haben, dass ich Wasser aus der Leitung einfach trinken kann ohne an Schwimmbad denken zu müssen und eine selbst gekochte Mahlzeit. Mac and Cheese, damit der Übergang nicht allzu hart wird.
Letzte Nacht im Flugzeug habe ich, wenn es hoch kommt, drei Stunden geschlafen. Entsprechend zerschossen war ich heute den Tag über. Ausserdem overpeopled bis über beide Ohren. Eigentlich habe ich nur rumgehangen und gedöst. Ich hoffe, dass mich die importierte Melatonindosis dann gleich mal schlafen lässt, obwohl es ja grad mal 19 Uhr ist.
Tja. Der Koffer ist gepackt, es ist alles getan, was getan werden muss. Auf der Liste stehen nur noch drei Dinge, die ich morgen erst einpacken kann.
„Ladegeräte“ ist nur eines. Kabel ist eingepackt. Zwei Adapter sind auch eingepackt.
Das Reisehandy funktioniert. Aber es ist halt nichts drauf. Ich habe die WordPress-App nicht runtergeladen, befürchte aber, selbst wenn ich das tue, weiß ich mein Passwort nicht. Ähäm. Digital native und so, ohne meinen Passwort-Manager bin ich komplett hilflos. Immerhin ist mir noch eingefallen, dass ich einen TAN-Generator mitnehmen sollte, denn ungefähr ALLES geht in Norwegen mit BankID und ich hab die BankID-App ja nicht. Die kann man eh nur auf einem Telefon haben.
Auf ne Art und Weise ist das eine gute Vorbereitung auf Februar, denn da werde ich das erste Mal nach China reisen und da ist alles noch viel strenger. Dass wir da überhaupt nen Computer mitnehmen dürfen und nicht alles per Hand schreiben müssen, grenzt an ein Wunder. Aber ich vermisse diverse Gruppenchats, meine Smartwatch und den Blog hier jetzt schon.
Wahrscheinlich sollte ich jetzt schlafen, aber ich bin auch ein bisschen aufgeregt. Oder auch sehr aufgeregt.
Also entweder melde ich mich aus den USA… oder nicht. Wenn Sie gar nichts hören, ist wahrscheinlich alles gut und nur das Passwort vergessen. Nächste Woche Mittwoch bin ich nach Plan wieder da und habe mein Handy zurück, da geht dann eh alles wieder und ich kann wahrscheinlich einen halben Roman schreiben.
Freitag war eigentlich nur Arbeit. Furchtbar langweilig, wenn man nicht dabei war. Wenn man dabei war, war es nur so normal Arbeit halt. Ich habe ein Uber gebucht, das war ca. das spannendste. Abends sind Herr Rabe und ich sehr unvernünftig lange vorm Fernseher versackt. Das war aber auch schön.
Gestern waren wir Bowlen, die ganze Familie, denn das hatte Pippi sich gewünscht. Pippi war nämlich letztes Wochenende sehr traurig, dass sie nicht mit in den Trampolinpark durfte, als Michel seinen Geburtstag gefeiert hat. Nun ist es aber ja nun mal so, dass Pippis Mutter zwei Kinder durch ihren Beckenboden gepresst hat, und das mit dem Trampolin macht danach nur noch bedingt Spaß (bitte keine Tipps für Training, been there, done all of that, hat nicht funktioniert, bin sehr müde, das zu diskutieren). Deshalb Bowling. Das war auch eigentlich sehr schön, bis Pippi aufging, dass wir alle besser sind als sie und dann war Krise und Heuli und aufgelöstes Kind. Ich war in dem Alter exakt genau so und kann das sehr gut verstehen. Dass Michel dann schlaue Tipps und/oder blöde Kommentare von der Seitenlinie reinruft, macht nichts besser. Pippi spielte dann halbwegs tapfer die Runde zu Ende und wurde mit einem Slush getröstet. Danach haben wir die Kinder gezwungen, mit uns Essen zu gehen (Thai/Sushi, also für die Kinder Sushi und für die Erwachsenen Thai), weil wir Monster sind, jedenfalls wenn man Michel Glauben schenkt. Kinder, so schön. Wenn man unbedingt jemanden will, dessen Emotionen man ständig managen (also auffangen, aushalten, regulieren, erklären…) muss, empfehle ich Kinder wärmstens. Obendrein tut mir vom Bowling der rechte Ringfinger weh und er ist auch dick am Gelenk, den Ehering kriege ich nicht mehr ab. Ich hoffe sehr, dass das bis Mittwoch weg ist.
Abends haben Herr Rabe und ich die 2. Staffel Wednesday fertig geguckt. Das war schön, wenn auch ein wenig vorhersehbar.
Heute Haushalt und Sachen für die Reise raussuchen. Ich werde sicher nicht schlafen können, bevor ich eine Packliste zumindest angefangen habe, also mache ich das gleich noch. Es wurde ein etwas späterer Abend als wünschenswert gewesen wäre, weil ich mit Michel erst noch einen Plan für seine Verpflichtungen und Freizeitgestaltung gemacht habe. Er hat da aufgrund seiner Neurodiversität grade mal wieder große Probleme, sich zu strukturieren und braucht viel Hilfe, aber wenn wir ihn (für ihn) aus dem Blauen heraus an irgendwas erinnern, das er machen soll, explodiert er ganz gerne mal und verweigert sich total. Also haben wir, nachdem er sich abgeregt hatte, uns hingesetzt und aufgelistet, was er alles machen will und was er machen muss, und was von den „muss“-Sachen eigentlich ganz gut läuft (Hausaufgaben zum Beispiel, Brotdose machen, und an den richtigen Tagen das richtige Sportzeug dabei haben) und was für ihn schwer ist. Bei den schwierigen und unbeliebten Sachen haben wir abgemacht, wann er die am besten machen kann, weil es ihn da am wenigsten nervt, und vor allem ob und wann wir ihn daran erinnern. Ich hoffe, das wird ihm ein bisschen helfen. Und ich hoffe, dass er uns vielleicht nicht jedes Mal ins Gesicht springt, wenn es eine Abmachung gibt, dass wir ihn jeden zweiten Montag fragen, ob er die Hausaufgaben für die aktuelle Zwei-Wochen-Periode schon fertig hat. Ich hoffe (und glaube eigentlich auch), dass er versteht, dass wir ihm nur helfen wollen, auch wenn sein ADHS-Gehirn Routinen furchtbar langweilig findet. Aber Struktur muss sein, sonst entgleitet (ihm) alles und es gibt dann Frust, weil er ja eigentlich xyz machen wollte oder abc hätte machen müssen.
Nächsten Dienstag geht es für mich mal wieder in die USA. Nur haben sich die USA ja ein wenig verändert und es ist nicht mehr so „jaja, wird schon gehen“ sondern eher so „ach du sch… ich lasse lieber mein privates Telefon zu Hause“. Also habe ich jetzt ein Reisetelefon, auf dem ich nur so überlebenswichtige Apps installiert habe wie Duolingo. Nein, Spaß, ich hab auch ein paar Arbeitsapps, so 2-Faktor-Authentifizierungskrams, Spotify und sogar WhatsApp – aber letzteres nur mit meiner Job-Telefonnummer, damit ich mit den anderen Inspekteuren kommunizieren kann. Heute habe ich außerdem eine e-SIM für Daten gekauft und mich mal wieder sehr gewundert, dass das bei uns nicht Vorgabe ist. Ich könnte nämlich auch so Auslandspakete von unserem Job-Telefonanbieter kaufen. Das kostet schwindelerregende 70€ für 5 GB und gilt auch nur eine Woche, ich brauche aber eine Woche *und einen halben Tag*. Für die e-SIM habe ich jetzt für 10 GB 10 USD bezahlt und habe 30 Tage Zeit, das zu verbrauchen.
Ansonsten versuche ich alles mögliche auszudrucken, aber zu Hause macht das keinen Spaß, der Drucker kriegt nämlich seine Aufträge immer nicht richtig abgeschlossen und hängt dann am Ende des vorhergehenden Auftrags fest. Es hilft da nur, den Computer runter- und wieder hochzufahren. Sehr nervig. Und das, nachdem der Drucker noch nicht mal 14 Jahre alt ist! Schweinerei.
Weitere Vorbereitungen: ich habe noch mal meine Haare nachgefärbt und überlege, wann ich wohl am besten zum Friseur gehe. Ordentlich aussehen ist mir ja durchaus sehr wichtig. Ich hab nur ne andere Vorstellung von „ordentlich aussehen“ als gewisse andere Personen.
Beim Burlesque war ich gestern unvorbereitet und in ungeeigneter Kleidung. Ich hatte extra morgens noch in der Facebookgruppe nach Infos, was wir mitbringen sollen, geguckt, aber nichts gefunden und dann halt so das übliche eingepackt – Handschuhe, Strümpfe und Pasties – und bin zur Arbeit gefahren. Beim Burlesque dann ungläubige Augen und „Ist DAS dein Kleid?“ beim Anblick meines engen Jersey-Schlauchkleides ohne jeglichen Verschluss und mit langen, engen Ärmeln, was ich halt im Büro so anhatte, weil ich da morgens Lust drauf hatte. Aber aus dem Teil rauskommen geht nur über den Kopf und nur sehr unelegant, niemals würde ich das bewusst zum Burlesque mitnehmen. Aber da musste ich dann eben durch und ich glaube, am Ende habe ich mich im Angesicht meines schlecht geeigneten Materials recht wacker geschlagen. Man kann ja auch eine Show draus machen, dass es schlecht auszuziehen ist. Geht alles.
Leider war das dann jetzt für mich das letzte Mal Kurs für dieses Jahr, ich bin so viel unterwegs bis Weihnachten, dass ich das nicht priorisiert habe.
Die EMA ist krass, sehr gut organisiert und von außen unscheinbar (ein klotziges Hochhaus halt) aber von innen richtig schön. Die Kantine der EMA ist auch ein ganz anderer Standard, als was wir in der NOMA so haben. Preis-Leistung ist komplett umgekehrt.
Der Kurs war… durchwachsen, würde ich sagen. Teils sehr gut, teils etwas chaotisch, teils sehr basic und gar nichts zu lernen und teils bin ich auch komplett uneinig mit den vermittelten Inhalten*.
Was sehr lustig war, war ein „VR-Training“, ein animiertes Training mit VR-Brille (glücklicherweise im Sitzen, mir wird sonst schnell schlecht bei sowas), wo man quasi ein Chromatografiesystem inspizieren sollte. Es gab Antwort- und Fragemöglichkeiten und je nachdem hat man halt Dinge gefunden oder auch nicht. Das war ganz spaßig und ist sicher für neue oder unerfahrene Inspekteur*innen eine gute Sache. Wenn man da irgendwas übersieht, hat es null Konsequenzen. Für mich war es eher Spielerei, aber ich spiele ja gerne.
Insgesamt ist mein Fazit der zwei Tage allerdings auch ein bisschen, dass wir schon recht gut in dem ganzen Driss sind. Das ist ja auch irgendwie beruhigend, aber dann ist es wohl auch an der Zeit, einzusehen, dass wir da nicht mehr so meeeega viel Neues zu lernen haben. Und was lernen wir denn dann? Hinterher müssen wir noch anfangen, zu lehren, das wär‘s ja noch, wo kommen wir denn da hin!
Aber auch eine Erkenntnis: ich fühle mich unter Inspekteur*innen ausgesprochen wohl. Merke ich immer wieder. Die sind alle etwas seltsam und aber auch nahezu alle sehr interessant und klug. Da macht es auch nichts, dass ich mit einigen richtig, richtig uneinig bin, solange die das fachlich und sachlich diskutieren können**.
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*Wie kann man sagen, dass Firmen ihre alten Windows7- und XP-Möhren ruhig behalten dürfen, solange die nicht im Internet hängen??? Herrje, wenn da morgen an nem kritischen System so ein Uralt-Rechner abraucht, und die nicht zufällig noch einen genauso alten Rechner aus dem Hut zaubern können, wird da erst mal ne Weile nichts mehr produziert, das wäre bei einigen Medikamenten schon richtig uncool.
**bei einer Person bin ich da nicht so sicher, werde es aber bald erfahren und bin sehr gespannt auf das Resultat.
Morgen und übermorgen ist hier Kurs für Inspekteur*innen bei der EMA. Das ist das erste Mal, dass ich bei der EMA in Amsterdam bin und das zweite Mal, dass ich überhaupt bei der EMA bin. Das letzte Mal war, als ich mich dort beworben habe, 2017, 2018? Hat nicht geklappt, obviously, aber jetzt bin ich ja indirekt trotzdem da. Ha. Ätsch.
Apropos Ätsch. Was am Freitag wirklich gut war, war, dass ich Komplimente gekriegt habe. Nämlich bei der Inspektion. Erst sagten die zwei Qualitätsdamen, dass die Lieblingskollegin und ich so angenehm seien, so ruhig und entspannt und eine gute Stimmung schafften, dass sie und die anderen Angestellten sich auch schnell entspannten und es insgesamt eine für alle angenehme Inspektion wurde. Das ist exakt unser Ziel, da mache ich zumindest auch keinen Hehl draus. Denn wenn die Leute vor mir in erster Linie Angst haben, fangen sie an, Sachen zu verstecken und dann wird es für alle blöd. Respekt ja, Angst nein. Respekt verdiene ich aber eher durch fachliche Kompetenz und Einladung zur fachlichen Diskussion, als durch Raushängenlassen meiner Machtposition. Das sind jedenfalls meine Gedanken dazu. Es ist aber wirklich, wirklich schön, das auch zurückgemeldet zu bekommen. So auch apropos meine Chefin und ihre „Bewertung“, die sie vornehmen will. Was dann aber noch sowohl Sahnehäubchen als auch Kirsche war, war, dass eine Dame beim Hersteller mich noch auf dem Weg zur Tür raus ansprach, wie toll sie meinen Stil fände, und dass alle Details so toll zueinander passten. Haare zum Lippenstift, beides zur Bluse, Ohrringe zum Blazer und beides zu Bluse und Hose, so toll sei das. (Anmerkung: das ist auch alles nicht Zufall.) Ich wurde ganz rot, das ist ja doch SEHR selten, dass einer in Norwegen jemand solche Komplimente macht. Und auch: Ällabätsch, Chefin.
Hier Beweisbild.
Jetzt liege ich hier in meinem absurd riesigen Hotelbett und müsste mal langsam schlafen, aber ich bin doch ein bisschen aufgeregt, fürchte ich. Mein Zimmer ist riesengroß und die EMA wirklich nebenan, ich weiß jetzt, warum der Lieblingskollege unbedingt auf DIESES Hotel umbuchen wollte.
Schade, dass ich kaum Zeit haben werde, auf der Bank im Fenster zu sitzen.
Lacher des Tages: im Hotelrestaurant gab es „Piepkuiken“. Niederländisch ist schon eine sehr lustige Sprache.
Happy Birthday, Michel! Jetzt ist er schon 13 Jahre alt, das ist wirklich nicht zu fassen, wie diese Kinder einfach wie Unkraut wachsen und groß werden. Ich könnte mir allerdings grad keinen besseren 13-Jährigen wünschen, denn ich finde, dass er einfach so gut ist, wie er ist. Lustig, nerdig, fürsorglich, mit einem sehr großen Herz für alles und alle und einem überbordenden Gerechtigkeitssinn. Schlau ist er auch und natürlich sehr gut aussehend, wie sollte es auch anders sein, bei der Mischung an Genen. Diverse Schulprobleme scheinen sich in Luft aufgelöst zu haben (Klopf auf Holz!) und dadurch kommt er auch besser mit seinen anderen kleinen Baustellen klar. Lediglich Bildschirmzeit ist ein ewiges Nervthema. Aber mei, wenn das unser größtes Problem ist, geht es uns wohl wirklich sehr gut.
Die Geschenke kamen auch sehr gut an, hier baut er einen von Pippi geschenkten PlusPlus-Zwerg zusammen, der im Dunkeln leuchtet. Später spielten sie noch friedlich zusammen Mario Cart auf der neuen Switch (nicht wirklich ausschließlich seine, aber eine, auf der zumindest keine kleineren Kinder spielen sollen, weil die dann seine Accounts kaputt machen). Michel hat gewonnen, gegen Herrn Rabe auch. Alles war heute sehr harmonisch.
(Minus den Part wo ich beim Backen versehentlich einen Teller zerdeppert habe und sehr gestresst und laut fluchend die Scherben aufsammelte und dann hektisch einen der zwei Staubsauger suchte, weil ich eigentlich echt keine Zeit für kaputte Teller hatte. Aber darüber reden wir jetzt nicht.)
Morgen feiert er mit seinen beiden besten Freunden (beide mindestens genauso nerdig wie Michel) im Indoor-Trampolinpark. Das hat er sich so gewünscht, also soll es so sein. Ich backe morgen früh noch glutenfreie Brownies*, damit der eine Freund auch Kuchen essen kann, Chips und Cola sind auch besorgt, das werden wir schon schaukeln. Sie sind ja keine Kleinkinder mehr, sondern, schockierend, Teenager.
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*mit einer Backmischung, die ich aber schon mal gemacht habe und die Brownies sind echt lecker, die stehen denen mit Weizenmehl wirklich in nichts nach.
Ich hatte eigentlich einen okayen Tag, der sogar kurz einen richtig, richtig guten Moment beinhaltete… und dann kam ich nach Hause und das war ein dermaßener Antiklimax , dass ich jetzt sehr traurig bin und mich gar nicht mehr über das freuen kann, was eigentlich gut war.
Um nicht in Selbstmitleid zu versinken und andere, eigentlich liebe, Menschen zum Trocknen rauszuhängen, mache ich an dieser Stelle lieber Schluss.