Tag 2223 – -_- .

Hui so müde.

Irgendwann gegen vier kam Herr Rabe und legte sich dazu.

Es folgte ein langsames Frühstück und dann Aufräumen und Musiker wiederfinden. Pavilions wurden abgebaut, Teppiche getrocknet und Musikanlagen und Bühnenteile in Lager zurückgefahren. Menschen wachten in Zelten, Hängematten, Studios und Betten auf und sahen wesentlich zerknautschter aus als gestern.

Um viertel vor sieben wurde ich wach von Gesang und Klavierspiel im Raum nebenan, und das war schön (wenn auch wirr und sehr früh) – bis sie auch noch anfingen, zu Joiken. Joik ist auch schön aber auch laut. Da stand aber dankenswerter Weise auch Herr Rabe auf und sagte Bescheid, dass im Raum nebenan Leute schlafen. Daraufhin verschwanden die Musik spielenden Menschen und tauchten zur leichten Verzweiflung des Restes ihrer Band auch bis zum frühen Nachmittag nicht mehr auf. Wir schliefen noch bis viertel vor neun, dann war Leben in der Küche, Pippi war eh wach, die Gastgeberkinder auch und es war sehr hell.

[Hier habe ich wohl versehentlich einen Absatz gelöscht, so ein Mist.]

Wir frühstückten langsam und machten uns dann an die Aufräumarbeiten, während überall Leute aufwachten, in Zelten, Hängematten, Betten und Kellerstudios. Alle sahen sehr zerknautscht aus und ich versuchte zu raten, wann sie wohl, auf einer Skala von eins bis acht, ins Bett gegangen waren.

Kurze Anmerkung: das war richtig schön gestern, aber ich frage mich auch, wie ich das vor 15 Jahren jedes Wochenende und dann noch oft Mittwochs habe durchziehen können, ohne ständig wie ein Zombie rumzuschleichen. Ich war ja mit halb zwei noch zu einer relativ zivilisierten Zeit im Bett und fühle mich trotzdem heute wie vom Zug mitgeschleift.

Aufräumen hieß: Pavilions abbauen, Stühle zusammenstellen, Teppiche trocknen, Bierdosen einsammeln, die Spülmaschine laufen lassen und so weiter. Alles in dem Tempo, was eine Horde mehr oder weniger verkaterter Menschen um die 40 und aufwärts halt noch so an den Tag legen können.

Was man mit 38 zum Trocknen aufgestellten Schirmen alles anfangen kann.

Zwischendrin wuselten vier Kinder und bauten Hütten aus den Regenschirmen, die ein Büroausstatter aus der Gegend gesponsert hatte. Ich glaube, für die Kinder waren die Regenschirme ein großes Highlight. Es wurde damit gebaut und die größeren Kinder versuchten, ob zwei Regenschirme einen signifikant bremsen, wenn man von der Schaukel (hinterm Haus) aufs Trampolin springt. Beide fanden ganz subjektiv ja und verifizierten das ca. 3.000 mal. Ich tat so, als würde ich diese halsbrecherische Aktion nicht sehen.

Irgendwann krochen wir sehr müde nach Hause, es fühlte sich jedenfalls so an, obwohl wir das Auto da hatten. Zu Hause war dann auch nicht so viel mit uns los, wir hingen alle mehr oder weniger stark durch, reinigten uns ausgiebig und machten ein improvisiertes Abendessen aus Washaltdaist.

Ich mag diese Freunde, die da mal eben mit Einsatz der ganzen Familie ein kleines Festival veranstalten, sehr. Und fühle mich so langsam in unserem Dorf hier auch wirklich angekommen, auch dank denen, die hier zwar tief verwurzelt sind, aber trotzdem herzlich gegenüber „Neuen“. Hach.

Tag 2183 – Nix neues.

Hier gibt es heute nichts spannendes zu erzählen. Das aufregendste, was passiert ist, ist, dass wir wieder Gemüse vom Bauern holen können (nach einem erst zu nassen und dann zu warmen Frühling begann die Erntesaison sehr spät) und ich eine andere Art der Bogenhaltung ausprobiere. Erster Eindruck: es ist halt lockerer, das hat Vorteile (mehr Flexibilität, weichere Bogenwechsel, potentiell schnellere Fingerbewegungen) und Nachteile (schwieriger Gewicht zu transportieren, potentiell schwieriger schnelle Bewegungen zu kontrollieren). Insgesamt ist es ein neues Konzept für mich, dass es nicht nur 1 Richtige Art(TM) gibt und ich probiere da gerne rum, alles, um nicht wieder in ein tiefes Stagnationsloch zu fallen.

Sonst war nix.

Tag 1430 – Ferientag 9.

Pippi und ich waren heute ernten. Auf dem Gemeinschafts-Bauernhof. Es war schon das zweite mal aber beim letzten Mal war Herr Rabe allein mit den Kindern und ich bei meiner Chefin im Garten. Dieses Mal also ich. Michel hatte keine Lust, Herr Rabe arbeitete noch zu Hause, aber Pippi nahm ich mit. Beste Entscheidung, obwohl sie erst nörgelig war und getragen werden wollte. Aber dann machte ich eigentlich nur noch gedankliche Schnappschüsse für mein Erinnerungsbuch:

  • Pippi, die sich den Salat direkt vom Feld reinschiebt, mitsamt Erde und sicher der ein oder anderen Raupe dran
  • Pippis dreckige, nackte Füße* im Gras zwischen den Gemüsereihen
  • Pippi, die freudestrahlend Fäuste voll Zuckerschoten präsentiert
  • Pippi und ich, wie wir einträchtig Zuckerschoten direkt auf dem Feld essen
  • Pippi, die sich vor einem sich aufplusternden Huhn erschreckt
  • Pippi, die mir den frisch geernteten Blumenkohl direkt aus der Hand reißt
  • Pippi, im Supermarkt**, ihren Blumenkohl wie Apfel essend

Ach, das war einfach super schön. Wunderbarstes Wetter, alles grünt und wächst und die Bienen summen um die Himbeersträucher, mittendrin dieses Bilderbuchkind*** und ein Lamm kommt angehoppelt und hach. Dieser Hof, dieses ganze Landwirtschaftsding, gibt mir ein Fünkchen Hoffnung, dass wir Landeier zumindest nicht als allererste draufgehen, wenn die Klimakatastrophe eintritt. (Ok, jetzt ist Sommer, im Winter trifft man auch die Bauern selbst im Supermarkt. Wir gehen also „erst“ im ersten Winter drauf. [Nicht drüber nachdenken, nicht drüber nachdenken, nicht drüber nachdenken.])

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*dieses Kind mag keine Schuhe. Und ich zwinge sie auch nicht. Auf dem Bauernhof nicht, wo das schlimmste sein könnte in Brennnesseln oder Schafkacke zu latschen, aber auch nicht in der Stadt. Sie wird entweder lernen, aufzupassen, wo sie hintritt, oder dass Schuhe halt doch einen Zweck erfüllen.

**Knoblauchbaguette wächst halt leider nicht auf dem Feld

***heute halt mal, für ein paar Stunden, aber man muss das ja genießen