Liebes Tagebuch,
Ich war gerade bei der DoktorandInnen-Beratung der Uni. Wegen meinem Fertig-sein und Fertig-werden, die sich leider gegenseitig blockieren. Ich schreibe die Ergebnisse des Gespräches jetzt sofort auf, bevor ich alles wieder vergesse. Du weißt ja, ich kann mich grade manchmal nicht so gut konzentrieren.
Also erstmal: in Trondheim gibt es wirklich wenige Jobs. Die Cecilie weiß das, die hat nämlich selbst einen Dr. in Molekularer Medizin und arbeitet jetzt als Studienberaterin. So kanns gehen… Aber insofern gut, dass wir noch örtlich flexibel sind. Die meisten Firmen sind um Oslo rum, wie vermutet. Soviel zum rein praktischen.
Cecilie schlug vor – und ich halte das für eine gute Idee – einen Plan B zu haben. Einen realistischen, nicht „Ich mache eine Kneipe auf.“. Ein realistischer Plan B wäre dann doch ein Postdoc, den man dann gut dazu nutzen könnte, sich weiter zu orientieren, während man Erfahrung mit der eher wirtschaftlichen Seite der akademischen Welt sammelt. Macht sich im Zweifel auch gut im CV. IST ABER NUR PLAN B! Auf der Konferenz kann man da aber bestimmt schon mal herumschnuppern, wer eventuell als Kooperationspartner in Frage käme und – vor allem – soll ich da mein Gesicht zeigen. Fragen stellen. Vorbereitet sein. Gut, das hatte ich ja eh vor.
Plan A bleibt weiterhin das Suchen eines „normalen“ Jobs. Dafür hatte sie die üblichen Tipps: einfach mal anrufen und fragen, was geht. Vielleicht eine Karte anlegen, wo welche Firmen sind und welche davon interessant sein könnten. Und, wichtig: Nicht davon ausgehen, dass man sofort den perfekten Job findet. Eher davon ausgehen, dass man anfangs ein paar mal wechseln muss und auf den perfekten Job hinarbeitet. Aber Fuß in der Tür ist wichtig. (Ok, das letzte wusste ich, den Rest eigentlich auch, aber irgendwie war mir der Rest in letzter Zeit etwas abhanden gekommen.) Wegen der Wechsel-Option macht es eben Sinn, nach Clustern von Firmen zu suchen, damit nicht die Kinder jedesmal wieder die KiTa oder später Schule wechseln müssen.
Die zwei wichtigsten Tipps die Cecilie hatte, waren aber die folgenden: erstens muss ich mir wieder mehr klar machen, was ich kann. Worin ich gut bin. Was ich geschafft hab. Nicht die wissenschaftlichen Ergebnisse, die sind auch gut, aber letztlich für die Industrie eher so semi interessant. Was ich geschafft habe, wäre eher so die Kategorie: Erkennen, dass das Ursprungsprojekt ein halbtotes Pferd ist, um ein Ersatzprojekt bitten, mich da reinhängen, eine relevante Konferenz suchen und komplett alles dafür zu organisieren, statt einfach mit ihm auf die vom Chef vorgeschlagene Konferenz zu fahren und ihn machen zu lassen. Sowas. Eigenverantwortung und Eigeninitiative. Organisation. Was sie auch gelobt hat, war das Erkennen, dass es mir gerade schlecht geht und das Einleiten diverser Schritte (Krankmeldung, Klarkommen, Homeoffice) um es aus dem Loch raus zu schaffen. Naja. Ich versuche mich dann mal auch dafür zu loben. Der zweite Tipp war: aufhören zu denken. Es bringt nix, sich immerimmerimmer die gleichen Gedanken und Sorgen zu machen. Hab ich ja auch verstanden. Stattdessen soll ich mir lieber einen festen Termin setzen (wo ich doch so ein durchstrukturierter Mensch bin), sie schlug eine Woche nach den Experimenten vor, in der ich mir gehörig Sorgen machen kann. Aber nicht vorher. (Meine anvisierte Woche ist vom 08.-12. Mai, KW 19) Immer wenn ich mir Sorgen machen will, werde ich versuchen, mich selbst auf KW 19 zu verweisen. Wenn ich anfange, mich statt vor dem Ende des PhDs vor KW 19 zu gruseln, soll ich mir einen kurzfristigeren Termin zum Sorgen machen suchen: „Bekymring: Fredag 08-16.“ nannte sie das. Und eben wieder krankschreiben lassen, wenn es nicht anders geht.
(Ein interessanter Tipp, für dessen Befolgen ich aber erst über meinen deutschen Schatten springen muss, ist auch: warum nicht einfach einen Tag pro Woche zu Hause bleiben, soviel „Homeoffice“ (sie machte echt Luftkommata!) machen, wie ohne Druck geht, wenn ich dafür die anderen vier Tage effektiv arbeiten kann sei das doch besser, als fünf Tage pro Woche planlos und unkonzentriert zu sein. HmmHmm. Mal sehen.)
Also, so war es bei Cecilie. Ich mache mir dann in KW 19 weiter Sorgen. Vorher nicht.