Einstmals, ich lebte in einer 9er-WG, nachdem das mit meinem Ex und dem Zusammenleben so toll geklappt hatte, dass er dann eben mein Ex wurde. Die WG-Zeit war eine tolle, der ich manchmal noch ein bisschen hinterherheule, unter anderem, weil man mit so vielen Leuten in wirklich engen Kontakt kam, die man sonst kaum getroffen hätte. Das war manchmal anstrengend („Wessen Topf ist das hier? Von Hubi? Aber der ist seit ner Woche im Urlaub…?“), manchmal skurril (eine Mitbewohnerin hatte Kinder-Rheuma und kochte sich einmal pro Woche so einen Sud aus irgendwelchen Chinesischen Heilpilzen, das stank total abartig, aber sie schwor drauf), oft aber lehrreich. Ich lernte zum Beispiel da erst richtig kochen. Vor allem vegetarisch kochen. Ich lernte, dass auch Soziolog*Innen/Psycholog*Innen/Fotodesigner*Innen/Geschichtswissenschaftler*Innen/Informatiker*Innen und so weiter normale Menschen sind, die jedenfalls nicht per se irgendwie merkwürdig sind, im Einzelfall natürlich schon, aber das trifft besonders auch auf Biotechnolog*Innen zu. Die besten Parties ergaben sich – wie so oft in WGs – spontan in der Küche, wo dann jeder aus seinem Zimmer irgendwelchen Alkohol herzauberte und wir tranken und rauchten (ach ja, genau: ich lernte da auch Zigaretten drehen) und quatschten und manchmal gingen wir danach noch weg.
An einem dieser Abende holte eine meiner Mitbewohnerinnen, ich nenne sie mal Julia, weil gefühlt 30% der Frauen meines Alters Julia heißen, ich könnte sie auch Stefanie oder Melanie nennen, aber egal, ich schweife ab, sie holte jedenfalls Gin. Billigen, aus dem Aldi, schätze ich, wir lebten ja quasi alle von BAFöG. Dazu Tonic und die partyerprobten Plastikbecher. Eis hatten wir keins. Und ich sag mal so: IGITT. Wie kann man sowas trinken? Bah. (Kurz darauf trank ich dieselbe Kombi nochmal bei der Besten Freundin und kam zu dem gleichen Schluss.)
Fast forward 10 Jahre, letzte Woche bei Little B. Sie fragt, ob ich einen Gin möchte, ich sage, wahrheisgemäß, dass ich noch nie Gin getrunken hätte, den ich gemocht hätte, aber ich hätte wohl bisher auch nur schlechten Gin getrunken. (Wenn ich nur Burbon kennen würde, wäre ich wohl auch der festen Überzeugung, ich möge keinen Whisk(e)y.) So kam ich zu einem Probierportiönchen Bielefelder Gin und fand es… sehr lecker! Pur, einfach so. (Es kam nicht zu mehr wegen… keine Ahnung, zu viel geredet und zu müde?) Aber, so sagt zumindest Little B., der Bielefelder Gin ist auch etwas speziell, und ich würde mich jetzt nicht als Gin-Kennerin bezeichnen, weil ich einmal einen lecker fand. Deshalb war ich heute von der beeindruckenden Gin-Karte bei Royal Burger dezent überfordert und bestellte mir etwas hilflos einen Gimlet. (Da ist auch Little B. dran Schuld, so als Instagram-Influencerin.) Und der war auch sehr lecker. Sehr lecker!
(Ach so, ja, genau. Wir haben heute Familie Brüllen getroffen. Und eigentlich könnten Sie einfach Frau Brüllens Beitrag nehmen und die Namen umdrehen, jedenfalls ab „Akvariet“, aus unserer Sicht war’s nämlich genauso. Inklusive „Vielleicht sind die doch doof oder die Kinder finden uns blöd“-Angst, die sich als absolut unberechtigt herausstellte. Irgendwie schade, das Pippi um halb acht dafür sorgte, dass wir doch lieber das Restaurant verließen, ich hätte gerne noch einen Gin getrunken. Pur, vielleicht mit gefriergetrocknetem Rotz mit Kernen Maracuja-Fleisch.)
Ein Gedanke zu “Tag 708 – Die Sache mit dem Gin. ”