Tag 3446 – Ein bisschen Mimimi.

Rückblick morgen oder sogar erst Freitag, wir werden sehen. Aber hier erst mal wie angekündigt mein momentan tägliches wtf-Erlebnis und Konfrontation mit meinen Unzulänglichkeiten.

Es folgt ein Ausflug in ein Spezialinteresse. Sorry.

Das geht ja noch. Das ist auch nicht schnell. Der schnell aussehende Teil in der Mitte ist Andante, und soll laut Lehrer ordentlich schmalzig klingen. Zumindest in meinen Ohren, denn wenn ich glaube, ich übertreibe jetzt voll und es trieft vor Schmalz, hört man davon nur „Ja, süß“.

Der Lehrer hatte übrigens ursprünglich gesagt, ich soll nur die erste Seite machen, weil wir ja seit ein paar Monaten Martelé-Striche geübt haben. Und dann war er ganz schockiert, dass ich den Rest nicht angeschaut hatte, und auch nur die zweite Seite dabei hatte (die dritte lag irgendwo zu Hause).

Die zweite Seite:

Die Doppelgriffe! HURZ!

Und die Killer-Seite.

Ab der 5. Zeile, für 4 Zeilen, möchte ich zur Zeit nur in Embryonalstellung auf dem Boden liegen. Der ganze Teil erschließt sich mir einfach nicht, auch nicht, nachdem ich verschiedene Aufnahmen angehört habe. Was sollen diese leeren E-Saiten da überall, außer eine quälen?

Heute habe ich kurz gemacht, was ich bisher vermieden hatte: die Akkorde angeschaut. Nun ist es ja so, dass diese Streichinstrumente so gebaut sind, dass es eigentlich nicht möglich ist, mehr als zwei Saiten gleichzeitig zu spielen. AUSSER, und das soll man hier tun, man haut den Bogen mit viel Gewicht auf die Saiten und braucht keinen lange gehaltenen Ton, dann kann man, weil die Haare ja biegsam sind, auch drei Saiten schaffen. Und das ist glaube ich auch der Clou bei dem Stück: das ist eigentlich sogar noch ganz „nett“ geschrieben. Die dritte Saite bei den meisten dieser Akkorde ist die leere E-Saite, das heißt, man muss nur auf zwei Saiten greifen. Laut spielen ist außerdem viel leichter als leise spielen, dass man den Bogen quasi auf die Saiten werfen muss, ist also mitgedacht. Das ist, dafür dass es Akkorde sind, also noch (sehr viele Anführungszeichen denken) einfach*. Und so ist es bei mehreren Teilen. Dafür dass es in der gefühlt 17. Lage ist, ist es noch ok, weil man da oben viele Es, Gs, Ds und As hat, also gut hören kann, ob man so ca. richtig getroffen hat. Dafür dass es Doppelgriffe sind, ist es noch nett, weil man oft nur einen Finger umgreifen muss. Generell kann man viel „liegen lassen“, was Intonation einfacher macht. Aber. Es ist halt so viel.

Mimimi.

(Übrigens: „Man kann viel liegen lassen“, „Dafür dass die Lagen so hoch sind, geht’s eigentlich noch“ und „die Akkorde sind gar nicht so schlimm“ sind alles Sachen, die mir vor zwei Jahren niemals über die Lippen aus den Fingern gekommen wären. Üben hilft halt doch. Und ein Lehrer, der eine zu Finger-liegen-lass-Etüden zwingt, auch. Auch wenn ich damals beleidigt war dass ich so Kinderkram kriege.)

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* lediglich die dritte Zeile von unten, erster Takt, letzte zwei Achtel: Hä??? Zwei Es gleichzeitig, also ein leeres E und eins auf der A-Saite, und dann noch ein C? Auf der D-Saite dann, gezwungener Maßen, also, äh, 4-2-0 und dann der nächste ist, äh, 3-1-0. Uh, dann kann man da bleiben und den nächsten 4-0-0 spielen, statt 4-2-0. Aber Lagenwechsel in dem Tempo. Aber auch da wieder: „nur“ in die dritte Lage. Aber, aber, aber, nur, geht noch, ist ok. Sind mir ein bisschen viele Abers und nurs.

Tag 2820 – Auf der Jagd nach dem Schatz.

Michel liest ja gerne Mangas. Aber nicht alle Mangas! Oh nein. One Piece (South? East? Ich weiß es grad nicht. Aber es gibt da einen Unterschied und die falsche Serie lesen kommt gar nicht in die Tüte). Zu Hause hat er Band 1 und 2, in London bekam er Band 3 und 5, weil Band 4 ausverkauft war. Band 3 und 5 waren allerdings innerhalb einer Stunde verschlungen und es musste Nachschub her, aber NUR! Band 4 und 6 waren akzeptabel. Wir waren also heute in allen möglichen Japan-/Anime-/Manga-Läden in Brighton, vier an der Zahl. Und keiner hatte Band 4 und 6 von der richtigen One Piece-Reihe. Band 76 oder 99 oder so, die waren da, aber nicht 4 und 6. Das war sehr schwer zu verdauen für Michel und es kostete uns sehr viel Mühe, ihn zu überreden, eine andere Serie zu lesen. Das Drama wäre nämlich garantiert noch größer, wenn wir mit leeren Händen zurück gekehrt wären. Schlussendlich wurden es die ersten drei Bände von Naruto. Wir klopfen also heute Michel auf die Schulter, weil er sich auf was neues eingelassen hat, Herrn Rabe, weil er nichts in dem tollen Graphic Novel-Laden gekauft hat und mir, weil ich hungrig Michels Frust und Herr Rabes (und Pippis) Stielaugen aufgefangen habe.

Jetzt Bett. Das war schon wieder sehr viel Rumgelaufe heute, das bin ich ja gar nicht mehr gewohnt, mir tun sogar schon die Beine weh.

Tag 2803 und 2804 – Auf ein Neues.

Gestern fehlte mir für alles der Antrieb und ich wollte am liebsten unter irgend einem Stein sterben. Heute ist endlich dieser Zyklus vorbei, das war dieses Mal eine schwere Geburt (haha). Ich schiebe das auf Corona.

Morgen habe ich wieder Geigenunterricht. Ich habe die zwei (unterkomplexen) Etüden in der 1. Lage brav geübt und mir für vor der Stunde im Übungshotel (wo ja auch die Stunde sein wird) ein Räumchen gemietet, damit ich mich warm spielen kann. Ich bin da ja leicht zwanghaft (das überrascht niemanden mehr, hoffe ich) und mache immer das selbe* „Warm-Up“, und dass ich das das letzte mal nicht machen konnte hat mich zusätzlich zu allem noch nervöser gemacht. Das lässt sich immerhin für 85 Kronen ziemlich einfach beheben und ich bin dann hoffentlich auch nicht mehr so verschwitzt wie letztes Mal. Generell wäre weniger nervliches Wrack sein schön.

Was anderes: nur Duolingo ist nicht wirklich sinnvoll für wen, die sich Sprachen gern über die Regeln erschließt. Ich habe jetzt aber eine Seite gefunden, die ganz gut erklärt, wie die Sprache aufgebaut ist. Mein Verdacht ist nämlich, dass Koreanisch gar nicht besonders schwer ist, weil es eine sehr regelbehaftete Sprache zu sein scheint. Es scheint auch wenige Ausnahmen zu geben, so wie im Norwegischen auch. Aber Duolingo ballert eine halt schnell mit ganzen Sätzen zu, in denen dann natürlich Verben konjugiert sind und seltsam anmutende Endungen an Wörtern hängen. Wenn man verstanden hat, was die Endungen bedeuten, macht das auch plötzlich alles Sinn, ohne diese Zusatzinfo macht aber selbst mein (ich behaupte** mal, überdurchschnittlich Mustererkennungs-begabtes) Gehirn irgendwann nur noch Hä. Hä-si-mi-da. Und weil ich aber nun mal gut Muster erkennen kann, suche ich dann nach den Mustern und bescheiße Duolingo und in erster Linie mich selbst. Auf der anderen Seite werde ich wohl niemals auf Koreanisch „Philadelphia“ oder „Princeton“ sagen müssen, insofern ist vermutlich verschmerzbar, wenn ich da nach dem Wort, das mit Phi anfängt und mit I-A aufhört, suche.

Noch was ganz anderes: ich hab die Murmelfrau aufgegeben, mir Murmeln im Laden gekauft und meine Murmel-Glitzerflasche gebaut, sie ist sehr schön und klackert dezent, und mit den Murmeln ergeben sich im Glitzer auch noch mal hübsche optische Effekte. Außerdem ist sie in der richtigen Größe zum Mitnehmen und liegt gut in der Hand. Ich hab sogar noch Murmeln übrig, falls mir mal der Sinn nach einer anderen Farbe oder so steht.

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*Natürlich nicht exakt das selbe. Es sind die selben drei Übungen, aber ich wechsele bei der ersten Übung die Griffarten durch und spiele bei der 2. Übung immer andere Dur-Tonleitern. Bei der dritten (auch Tonleitern, aber moll) wechsele ich Stricharten, wobei ich da seit langer Zeit am Ziel „Bogenwechsel weitgehend unhörbar machen“ festhänge. Vielleicht sollte ich mal was anderes üben, aber ich kann ja nicht mit was unperfektem aufgeben!

**Genau genommen habe ich einen Zettel, auf dem das bestätigt ist, dass ich „recht weit vom Durchschnitt entfernt gut“ Muster erkennen kann.

Tag 2786 – Planeten.

Heute habe ich tatsächlich Jupiter und Venus gesehen, im Südwesten, genau wie es geschrieben stand. Hurra!

Ansonsten viel. Arbeit, Essen, Tanzen, Politik. Pendeln nicht zu vergessen. Jetzt ganz schön platt.

Leute bei der Arbeit sind echt nach vier Jahren noch überrascht/beeindruckt, dass ich Ohrringe und Lippenstift in zueinander passender Farbe (kirschrot, nichts ausgefallenes) habe und trage. Ich bin darüber höchstens verwundert, dass die das noch wundert und habe auch nur mit „selbstverständlich!“ geantwortet.

Tag 2785 – Der große Hund.

Michel fragte mich neulich, was das für ein Stern sei, den er von seinem Bett aus zur Bettgehzeit immer sehen kann. Ich sagte voller Überzeugung, das sei kein Stern, sondern ein Satellit oder so, für einen Stern sei der viel zu hell. Der „Satellit“ ist aber wirklich beharrlich jeden Abend da zu sehen und bewegt sich auch echt langsam, mich beschlichen also irgendwann doch gewisse Zweifel an meiner Aussage.

Dann schrieb heute Abend jemand in einer Facebook-Gruppe (von Menschen, die gut drin sind, das nächste Bild in der Reihe zu erkennen) sinngemäß „Ich musste googeln, ob es nicht Ufos sind, aber das hier [Bild von zwei absurd hellen Sternen Himmelskörpern] sind Jupiter und Venus!“.

Moment, dachte ich, Sterne Himmelskörper können so mega hell sein? (Stadtkind hier, don‘t judge me.) Und googelte mich bis zum Institut für theoretische Astrophysik in Oslo vor, die täglich den „Sternenhimmel heute“ veröffentlichen, in verschiedene Himmelsrichtungen und von verschiedenen Regionen Norwegens aus gesehen. Und ganz richtig, im Südwesten sind zur Zeit Jupiter und Venus zu sehen. Michels Fenster geht aber nach Süden. Und da wiederum müsste man Sirius sehen, den laut Google dritthellsten Stern Himmelskörper, den man von uns aus sehen kann, nach der Sonne und dem Mond. Aber wenn man Sirius sieht, müsste man auch Rigel sehen, und auch Betelgeuse und den Rest vom Orion (der ein bisschen wie eine schiefe Sanduhr aussieht). Dafür musste ich erst mal das Licht ausmachen, aber dann fand ich tatsächlich direkt über dem Dach vom Nachbarn Rigel, über dem Schornstein die Taille der Sanduhr, oben links und tatsächlich, wenn man lange genug guckt, deutlich gelber als die anderen Sterne, Betelgeuse und oben rechts Bellatrix.

Jetzt bin ich ganz fasziniert und muss dem Drang widerstehen, alles mögliche über Sterne und Sternbilder und… Gedön! zu lesen. Und frage mich auch ein bisschen, wie viele Harry-Potter-Namen wohl noch auftauchen würden, wenn ich mich, rein theoretisch natürlich, in diese Nachthimmelsache einlesen würde.

Angeblich gibt es heute Nacht auch Nordlichter. Aber so lange kann ich nicht wach bleiben, und generell ist es für nachts draußen sein auch zu kalt.