Tag 2151 – Bisschen nachgereicht.

Also mein Ausflug in die Großstadt gestern, der war so.

Ich hatte ja vor ein paar Wochen den Hautarzttermin ausgemacht, um alle meine Muttermale kontrollieren zu lassen. Ich habe viele und bin sehr weiß und werde ja auch nicht braun, sondern nur Hummer und dann wieder weiß, ich sollte das also viel öfter machen. Naja. Jetzt bin ich jedenfalls „godkjent“ (genehmigt, und weil Sie das sicher wissen wollen: man spricht das guh-chent oder guh-schent aus) von Kopf(haut) bis Fuß (tatsächlich wurde sogar zwischen meinen Zehen nachgeschaut). Das war teuer, aber ich bin jetzt sehr beruhigt, fürs erste.

Dann ging ich zum Geigenbauer. Zu Fuß, denn das Wetter war (ist!) herrlich und um neun Uhr morgens ist die Luft selbst in Oslo zur Zeit super, ist ja fast kein Berufsverkehr. Außerdem ist die innerste Innenstadt weitgehend autofrei und ich gehe ja gerne, also spazierte ich vom Nasjonaltheatret über Stortinget, Karl-Johan, Dom, Youngstorget, drölfzig Umwege wegen schlechtem Orientierungssinn und der Baustelle aus der Hölle zur Storgata. Dass überhaupt noch wer zu diesem Instrumentenladen findet, bei dieser sich permanent ändernden Großbaustelle direkt vor der Tür, grenzt an ein Wunder. Hätte ich nicht gewusst, dass die geöffnet haben, ich wäre wohl unverrichteter Dinge wieder abgezogen und nicht quer durch die Absperrungen und die Baustelle mit meiner Geige über Holzbretter balanciert. Der Instrumentenbauer Maurizio war aber da und ich durfte erst mal Hände waschen (damit ich nicht die ganzen Instrumente mit Desinfektionsmittel voll schmiere) und dann jede erdenkliche Kinnstütze ausprobieren, die da war. Die Wahl fiel relativ leicht und relativ schnell auf eine „Stradivari-Type“ (Guarneri wäre 2. Option gewesen), Maurizio nahm die alte auch gleich runter und meinte taktvoll „Now that we have this off, i‘ll just clean it a bit, it is usually not accessible“. Dann entfernte er vermutlich bis zu 25 Jahre alten Schmodder und Kolophoniumstaub. Aber wo er die Geige grad in der Hand hatte, fragte ich, ob er meine, ob sonst noch irgendwas gemacht werden müsse. „I’ll have a look.“ und dann wurde geschaut („The bridge is very straight!“) und gespielt („Quite balanced“) und dann geklopft, und es machte klonk klonk klonk knack. „Is open here. That is not good.“ sagte Maurizio. Er erklärte dann noch, dass das normal sei, der Leim hält halt nicht ewig. An einer Stelle unten hatte sich die Decke vom Korpus auf ca. 4 cm gelöst, wie er durch geschicktes Prokeln mit einem kleinen Dings (Spatel?) herausfand. Solange das noch so wenig sei, sei das einfach zu leimen, je länger man wartet, desto schwieriger wird das aber. Sagte er. Also blieb meine Geige da und wurde über Nacht geleimt.

Dann fuhr ich mit der T-Bane ins Büro und machte sehr viele Updates mit gemischtem Erfolg. Von meinen Kolleg*Innen war genau eine da. Mit der unterhielt ich mich ein bisschen. Dann holte ich noch einen Ausdruck am Drucker und neue Kopfhörer im 6. Stock ab, meine alten gingen langsam hinüber. Ach, liebe Macher*Innen von Teams: ich würde wirklich, WIRKLICH begrüßen, wenn Teams mit Airpods funktionieren würde. Das wäre ganz grandios. Mit diesem Wunsch bin ich auch sicher nicht alleine.

Mit dem Zug zurück und spätestens da hätte ich auch einfach direkt ins Bett gehen können. Man ist ja wirklich nichts mehr gewohnt.

Donnerstags abends ist aber ja auch Tanzen. Und das ist wieder drinnen, weil wir ja dürfen, also mache ich das mit Mundschutz um mein und das Risiko anderer wenigstens soweit zu begrenzen, wie ich kann (außer nicht hingehen, das wäre noch besser, aber das möchte ich nicht). Allerdings bekam ich wegen Hitze oder Menschen oder Anstrengung oder Mundschutz oder allem oder nix davon beim ersten Kurs schon solche Kopfschmerzen, dass ich danach einfach nach Hause ging statt den zweiten Kurs auch noch mitzumachen.

Dann schlief ich bei Michel im Bett ein.

Heute Morgen bekam ich eine SMS von Maurizio, meine Geige sei fertig, also fuhr ich heute wieder hin um Geigi aus dem Instrumentenkrankenhaus wieder abzuholen, mit neuer Kinnstütze:

Zum Größenvergleich hab ich die alte noch mal drauf gelegt.
Endlich Platz für lange Hälse.

Hach. Das war die Touren allemal wert.

Ich bilde mir ein, jetzt mehr Obertöne zu hören, als wäre die Resonanz wirklich verbessert, aber das kann tatsächlich eigentlich nur Einbildung sein.

Und zu Hause blüht der Apfelbaum, aber wie!

Tag 2147 – Jauuuul.

Es sind jetzt nur noch 5-Tage-Wochen bis nächstes Jahr Ostern (außer in den Ferien). Uff.

Es kam noch nichts zu Arbeiten im Büro nach den Sommerferien, ich hab das Popcorn aber schon im Anschlag. Es wäre so schön, wenn sich bewahrheiten würde, dass ich da ein kleines Feuerchen gelegt habe. Das wäre nämlich ein sehr berechtigtes kleines Feuer, eventuell dazu später.

Michel kam heute nach Hause, nachdem er nach der Schule bei A., die wir ja auch gestern besucht haben, war und wollte unbedingt was nähen. An der Nähmaschine. Ein Kissen. Das hat er dann auch gemacht, weiß jetzt, dass bei meiner Nähmaschine der Fuß sich nicht automatisch senkt, weiß auch, dass meine Nähmaschine manchmal Stoff frisst und ist trotzdem sehr glücklich. Ich hab ein bisschen geschwitzt, aber meine innere M. gechannelt und nur ein Mal gesagt, dass der Rollschneider wirklich SEHR SCHARF ist.

„Nähen ist ganz einfach!“ sagt er.

Kreative Kinder sind doch was schönes.

Apropos Michel: als ich den ins Bett brachte, flog schon wieder die blöde Wespe von gestern durch das gekippte Fenster rein. Ich bin sicher, dass es die selbe ist, weil die selbe blöde Wespe nämlich heute Morgen um vier (!!!) in unser gekipptes Fenster geflogen ist und dann ewig zwischen Scheibe und Rollo herumbrummte. Irgendwann schaffte sie es raus UND KAM DANN UM HALB SECHS WIEDER. Die war so laut, dass sogar Herr Rabe davon halb wach wurde und dachte, jemand mäht Rasen. So doof kann nur eine Wespe sein, nämlich diese. Aber wer mich um vier weckt und danach sogar noch mal wieder kommt, um mein Kind zu terrorisieren, der fliegt danach nie wieder in irgendein gekipptes Fenster, sorry not sorry. (Muss auch nicht unbedingt eine Wespe auf Ausschau nach einem schönen Heim für 10.000 Abkommen hier herumfliegen haben, so generell.)

Meine Vibrato-Übung für diese Woche klingt endgültig wie eine gequälte Katze. 16 Minuten pro Tag, es tut mir wirklich leid, für alle, die das hören müssen. Im Grunde mache ich das von letzter Woche (also mit lockerem Handgelenk je einen Finger in runden, geschmeidigen Bewegungen über die Saite schieben, immer vor und zurück, eine gute Oktave abdeckend) nur mit Ton. Das soll rechte und linke Hand entkoppeln, das ist sowieso immer gut, jaja, aber es klingt wahrlich schrecklich. Einziger Trost: danach ist wieder eine Woche eine lautlose Übung angesagt.

Pippi möchte nach dem Kulturhjulet übrigens am liebsten Schlagzeug lernen. Padadadadam-PAM! Sagt sie. Schlagzeugunterricht gibt es da erst ab 8 Jahren (btw weil das hier ein winziges Kaff ist beim Bruder von M., der Mutter von A.), deshalb werden wir sie wohl erst mal im Korps anmelden, da kann man ja auch trommeln.

Wir müssen eine schalldichte Kammer einrichten, fürchte ich.