Nach einem langen und stressigen Arbeitstag war ich heute Abend mal wieder in einem klassischen Konzert. Das war sehr schön, auch wenn die eigentliche Solistin krank war und eine andere Solistin, deren Namen ich noch nie zuvor gehört hatte, einsprang*. Tjanun. Es war jedenfalls Tchaikovskys Violinkonzert und danach die 2. Symphonie von Brahms, vor allem letzteres war wirklich ausnehmend toll. Die romantische Musik ist ja schon eher effektvoll und darin simpel, mehr so der Blockbuster unter der Musik, aber ich mag das gern. Ich mag auch vieles anderes, eigentlich kann ich nahezu jeder Musik was abgewinnen (Schlager vielleicht mal abgesehen, daran ist nur beeindruckend, wie viel Kohle man damit verdienen kann), aber Tchaikovsky und Brahms sind schon vorne mit dabei. Aber eigentlich wollte ich erzählen, dass ich immer seltsamer werde und jetzt schon auf normale Menschengeräusche gemixt mit einem sich langsam sammelnden und einspielenden Orchester so empfindlich reagiere, dass ich die Noise Cancelling Kopfhörer reinmachen um das wenigstens zu dämpfen. Das erschien mir weniger seltsam als Ohren zuhalten, aber bei Licht betrachtet… naja.
Auf der Rückfahrt war in der Lautstärke und von mir empfundenen Nervigkeit übrigens eine Seniorinnentruppe auf dem Weg von (nehme ich an) einem Abendessen oder ähnlichem mit einer Gruppe Teenie-Mädels auf dem Weg zur Party gleichauf. Aber im Zug kann man immerhin über die Kopfhörer auch sehr laut Musik hören (The Offspring, fürs Kontrastprogramm) ohne dass man irgendwie auffällt.
Frage mich trotzdem wo das noch hinführen soll, wenn ich mich bei Menschengeräuschen schon so anstelle. Hütte im Wald? Gar nicht mehr rausgehen? Konzerte nur noch mit akustischen Scheuklappen? Es ist schwierig.
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*dafür steht die aber auf dem Bild zum Programm mit ihrer Geige, aber ohne Bogen, in einem flatterigen Abendkleidchen und Stilettos auf einem Felsen mitten in einem kahlen, norwegischen Fjord und ich frage mich WARUM, wie kommen Fotografen auf solche Ideen. Nichts daran macht irgendeinen Sinn. Gefährlich ist es obendrein mit den Schuhen. Kalt auch, die arme Frau friert sicher. Spielen kann sie da nicht, hat ja keinen Bogen. Es würde sie vermutlich auch niemand hören in so einem einsamen Fjord, außer der fotografierenden Person. Wie gesagt. WARUM.
Oh, Sie sind nicht allein. Wir waren neulich im Neujahrskonzert des Theaters , und ich musste mich sehr beherrschen bei sich füllendem Foyer und Saal nicht die Flucht zu ergreifen. Schwierig. Bin ich sonst nicht von mir gewöhnt, da ja der Beruf immer Hunderte von Menschen pro Tag mit sich brachte. Ich denke, dass das die Coronajahre mit der doch langen relativen Einsamkeit waren, die sich da bemerkbar machen.
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Ich stelle das mit zunehmendem Alter auch fest – war alles immer schon schwierig, wird aber leider immer noch schwieriger, eigentlich von Jahr zu Jahr. In zwei Jahren werde ich fünfzig und werde mich vermutlich zuhause eingraben müssen (was durchaus ein verlockender Gedanke ist, kein schlimmer, und das sagt eigentlich schon alles). Nun gut. Et is wie et is. Das schönere Leben habe ich für mich definitiv, wenn ich darauf Rücksicht nehme und wenn ich mich schon unter Menschen begebe, muss ich anschließend wenigstens genügend Regenerationszeit einplanen. Die Kinder sind einigermaßen groß, da geht das. Immerhin das hat die Natur beachtet ;)
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Notiere: für die nächsten Kontakte mit Menschen Noise Cancelling Kopfhörer mitnehmen.
Es gibt halt Menschen, die hören „zuviel“, das wird sehr schnell sehr anstrengend.
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