Tag 3549 und 3550 – Ganz allein.

Gestern hatte ich große Mühe, in Gang zu kommen, Tjanun. Dafür hat man ja auch Ferien, nicht wahr. Bestimmt.

Heute war besser, erstens war die Putzhilfe da und deshalb mussten wir zumindest schon mal aufstehen und uns anziehen und das zu einer normalen Uhrzeit. Danach war das Haus auch sauber. Außerdem wollte Michel dann bittedanke gerne zu seinem Kumpel gebracht werden, um da zu übernachten. Und seitdem bin ich hier ganz allein in einem sauberen Haus. Das ist sehr ungewohnt. Ich habe dann, um nicht nur rumzugammeln, wie ungefähr ganz Øvre Romerike den Gartenabfall zur Entsorgungsstation gefahren (da war es gerammelt voll, und alle kippten massenweise Gartenabfälle auf den Mount Kompost, der da schon auf wirklich imposante Größe angewachsen ist) und dann war ich ausgiebig im Second-Hand-Laden bummeln. Ich habe brutal hohe Stöckelschuhe gefunden (in denen ich mit ein bisschen Übung aber erstaunlich gut laufen kann. Halt so für 5 Minuten, dann schlafen meine Zeigezehen ein, da wird wohl was eingeklemmt. Aber mehr braucht es ja auch nicht für eine Burlesque-Nummer) und ein paar alberne Kleider, sowie eine „Biker“-Jacke aus Paillettenstoff, ein Traum der gender-nonkonformität. Der Second-Hand-Laden ist neu und wirklich sehr schön gemacht. Das Konzept ist eher Flohmarkt-ähnlich, man kann da „Stände“, eher so Regalmeter, mieten und dann sein Zeug da anbieten. Nur Kleidung, Schuhe und Assessoires. Für die Kund*innen ist es wie ein leicht unaufgeräumter Klamottenladen, wobei die Stände beschriftet sind mit wenigstens Größen und einige Kleidungsstücke hängen auch thematisch zusammen in Ecken, zum Beispiel Abendkleider oder Winterjacken. Es gibt ein großes Schuhregal und vernünftige Umkleidekabinen. Wie in nem Laden hängt man nach dem Anprobieren alles was man nicht haben will auf einen Ständer und die Angestellten räumen das anhand der Strichkodes wieder zurück an die richtigen Stände. Ich bin wirklich angetan von dem Konzept. Woran sie arbeiten könnten, ist, dass es offenbar Leute gibt, die sowas als Geschäftsmodell haben. Da hängt dann drei mal das gleiche Stück, mit dem Händler-Etikett noch dran, also komplett neu. Aber vielleicht bin ich da auch nur empfindlich, weil das meiner Vorstellung von Second Hand nicht entspricht. Anyway, ein schöner Ausflug.

Dann habe ich die Küche leergeräumt, die Rollläden runtergelassen und dann zunehmend verzweifelt versucht, mir eine Choreografie auszudenken, von der ich bis dahin überzeugt war, dass sie eigentlich schon fertig in meinem Kopf ist. Stellt sich raus: nein. Einfach nein, einfach gar nicht. Ich bin jetzt so halb fertig, ich musste nämlich auch noch einkaufen und das wurde alles knapp plötzlich. Hmmhmmhmm, mal gucken, was ich mit diesen Plänen so mache. Vielleicht muss ich auch ein paar Darlings killen, wie man so schön sagt, aber das fällt mir immer sehr schwer, egal bei was.

Jetzt liege ich im Bett und habe mir, da unsere Bettdecke in der Waschmaschine ist, Michels Gewichtsdecke ausgeliehen. Wenn ich jetzt nicht schlafe wie ein Stein weiß ich auch nicht.

Tag 3497 – Eltern gehen aus.

Die Kinder haben es gut, wir haben es auch gut. Deshalb waren wir est eine sehr leckere Pizza essen und dann beim „Burlesque-Karaoke“, was eine herrlich chaotische Mischung aus Burlesque, Karaoke und Impro war. Ich bin schon allein damit zufrieden, dass ich eine Dreiviertel Stunde in ein aufwändigeres Make-Up gesteckt habe, das mache ich auch viel zu selten.

Jetzt habe ich allerdings zwei große Bier intus und da ich quasi nichts mehr vertrage, muss ich jetzt ins Bett. Hier nur ein Bild:

Nicht so super gut getroffen. Naja.

Tag 3496 – Erstmal Sofa.

Den heutigen Tag kann man von meiner Seite getrost vergessen, aufgrund von einer unglücklichen Mischung aus Zyklusende, Wetterumschwung und plötzlicher Entspannung habe ich quasi den ganzen Tag wie verkatert auf dem Sofa rumgehangen. Kopfschmerzen, Kreislauf und allgemeine Schlappheit. Tjanun. Passiert.

Die Kinder haben es sehr gut. Wir haben viele Bilder bekommen, heute waren sie in einem Zoo und haben alle möglichen Reptilien anfassen dürfen. Michel hat mich auch heute Morgen angerufen, weil das Paket mit den Schlafmasken, die ich zu meiner Schwägerin bestellt hatte, endlich angekommen ist, und er wissen wollte, was da drin ist. Eine der Schlafmasken hatte ich für ihn bestellt, nachdem er mir neulich meine geklaut hat, weil er die so toll findet. Dann hat er, als er krank war, gefühlt fünf Liter da rein geschwitzt, das fand ich wiederum nicht so toll (obwohl man die Masken in der Maschine waschen kann, was ich dann auch direkt gemacht habe). Generell finde ich das ja eine der ätzenderen Nebenwirkungen am Kinder haben, dass die so gar keinen Respekt davor haben, was MIR gehört. Schlafmasken, Lippenpflegestifte, Nasenspray, Zahnpasta, Pinzetten, selbst das Dings zum Mitesser entfernen. Alles wird mir gemopst. Dann sage ich, ich hätte es gerne wieder, zu beiden Kindern, und dann taucht es irgendwann ganz zufällig wieder auf. Jedenfalls habe ich Michel eine eigene Schlafmaske bestellt und mir ein Upgrade für meine, und extra Augenkissen für geschwollene Augen (Post Meltdown. Passiert ja auch mal.). Letztere kann man kühlen, weshalb die eventuell auch bei Migräne ganz angenehm sind. Michel hat beim Paket aufmachen dann natürlich gleich die Werbung für die weiteren Produkte studiert und möchte jetzt am liebsten ebenfalls direkt upgraden – auf eine Schlafbrille mit extra Gewicht. Das wiederum stelle ich mir ja ganz furchtbar vor. Aber ich denke eh, wir gucken erst mal, ob er die Basisversion denn tatsächlich dauerhaft nutzt.

Wenn Sie sich jetzt fragen, was das für spezielle Schlafbrillen sind: die Marke heißt Manta, ich habe jetzt seit eineinhalb Jahren das Basismodell und bin sehr zufrieden. Es ist genau genommen die einzige Schlafbrille, die ich bei meiner Augenform tragen kann. Alle anderen, die ich probiert habe, drücken auf den Augapfel und dann kann ich morgens nicht richtig sehen, weil der Augapfel minimal platt gedrückt ist. Die von Manta haben aber einen gepolsterten Ring ums Auge rum, der einengen bis zwei Zentimeter Abstand zwischen Auge und Maske schafft. Ich kann die Augen unten drunter sogar aufmachen, wenn ich will. Auf der Seite schlafen geht auch gut, weil die Ringe außen, also an der Schläfe, abgeflacht sind. Ich bin davon sehr überzeugt und schlafe damit besser als ohne, auch im Winter, wenn es nicht um vier Uhr morgens schon hell wird. Von der Werbung hier habe ich nichts, das ist wirklich reine Überzeugung. Der Kundenservice ist im Übrigen auch sehr nett und hilfsbereit, zumindest der in UK (mit anderen hatte ich noch keinen Kontakt).

Morgen wird hoffentlich produktiver. Abends gehen wir aus, wie so Erwachsene an einem Freitag Abend. Spannend.

Tag 3494 und 3495 – Kinder erfolgreich verschickt.

Huff, was für ein Akt. Zwei aufgeregte Kinder zum Packen überreden, dann dazu überreden, einen Teil der Sachen wieder auszupacken, weil sie ja gar nicht auf eine vierwöchige Reise gehen, dann dazu überreden eine der Dauer des Aufenthaltes angemessene Anzahl Unterhosen mitzunehmen. Mehrmals selbst dabei kurz vorm Meltdown sein, weil die Kinder wild durch die Gegend springen und random IRGENDWELCHE Dinge tun, die nur marginal mit Packen zu tun haben. Außerdem ist Zyklusende sehr sehr bald und es ist Laune und Migräne (gestern) und überhaupt alles.

Heute ging dann alles verhältnismäßig glatt, jedenfalls für mich, denn ich ging nur bis zur Sicherheitskontrolle mit. Wir hatten Pippi fürs unbegleitete Fliegen angemeldet, Michel konnte da ein bisschen von nutznießen, aber hatte keine „eigene“ Betreuung. Herr Rabe konnte die zwei durch die Sicherheitskontrolle und bis zur Passkontrolle begleiten, mit einem „Begleiterpass“. Da standen sie dann ewig rum, weil der Flug verspätet war, allein reisende Kinder aber erst kurz vor knapp an der Passkontrolle abgeholt werden. Aber irgendwann kam dann doch jemand und dann musste Herr Rabe „nur noch“ warten, bis das Flugzeug tatsächlich in der Luft war.

Von der Schwägerin bekamen wir Updates vom Abholen und vom Abendessen, von den Kindern selbst kam bisher gar nichts. Dann geht es ihnen wohl gut.

Herr Rabe und ich versuchen uns derweil an die Stille zu gewöhnen. Ich hab obendrein ja auch noch den Rest der Woche frei, so viel freie Zeit ohne Verantwortung, es ist der Wahnsinn!

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Heute ging ein neuer Burlesque-Kurs los, hach. Jetzt muss ich ein Korsett kaufen, ohjemine. Und ich muss auch echt mal mit meinem Fuß zum Arzt, komme mir aber etwas albern dabei vor. „Hallo, mein Zeh tut weh, zu viel gestrippt…“ Deshalb habe ich das auch seit zwei Monaten rausgeschoben, aber es wird halt einfach nicht besser. (Der sagt dann bestimmt, dass ich halt weder Ballett noch Burlesque machen sollte, bis das(TM) weg ist, aber das kommt leider gar nicht in die Tüte, schon mal gar nicht ohne zu wissen, was genau das(TM) ist. Ja, eher schwierige, starrsinnige, besserwisserige Patientin hier.)

Tag 2798 – Kurz durchatmen.

Die Kinder hatten heute Korps-Wettbewerb und dieses Mal ist Herr Rabe mit ihnen da hin gefahren. Ich war gewissermaßen befreit von dieser familiären Verpflichtung, wahrscheinlich hätte ich auch irgendwem dort den Kopf abgebissen, bei meiner Laune und allgemeinen Empfindlichkeit heute. Jedenfalls war ich ein paar Stunden alleine zu Hause und das war sowohl dringend nötig als auch sehr erholsam. Ich habe gekocht, gebacken, einen Spaziergang gemacht, lange telefoniert und ein bisschen Geige gespielt. Leider war die Familie ziemlich… gereizt als sie zurück kam (Streitthema Bildschirme) und da war meine Erholung schnell dahin, aber ich konnte schon fast wieder meine eigenen Gedanken hören und nahezu fertig denken.

Morgen ist es aller Erfahrung nach schon viel besser. Außerdem habe ich aufgrund einer relativ spontanen Bastelidee den Kauf von Murmeln über Kleinanzeigen ausgemacht und kann dann morgen Abend vielleicht was basteln. Mit Murmeln.

P.S. zwei Wochen an zwei Etüden in der 1. Lage rumüben ist recht, ähm, langweilig. Es sind noch nicht mal technisch schwierige Etüden. Die eine hat ein paar Tücken, mehr aber auch nicht (vielleicht ist da auch ein bisschen mein „Problem“, dass ich die durchschaue, also schnell schnalle, was man damit üben soll, und dann finde ich sie langweilig. Es sei denn, sie sind trotzdem schwierig genug). Muss dem Lehrer nächstes Wochenende sagen, dass ich ein bisschen mehr Challenge brauche.

Tag 2689 – Fenster auf.

Ich liege im Bett und das Fenster ist offen. Im November kann man daraus ableiten, dass Herr Rabe nicht da ist, denn der friert sonst. Und das ist auch ganz richtig, Herr Rabe ist nicht da und die Kinder auch nicht, die sind zu Herrn Rabes Vaters Geburtstag in Deutschland. Ich bin allein zu Hause, bis Sonntag. Es ist seltsam, immerhin muss ich morgen ganz normal arbeiten. Ich hab auch schon aufgeräumt, weil morgen die Putzhilfe kommt, beide Autos vom Bahnhof nach Hause gefahren (nacheinander), die Schweinchen gefüttert und sogar gebügelt um die Zeit zu füllen, aber irgendwie… es ist komisch, wenn keiner da ist, der mosert, weil das Fenster offen ist.

Tag 2522 – Die Vögel singen.

Die Familie ist auf Korpsausflug. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich es hörte, nachdem endlich der Dauer-Geräuschpegel weg war: es gibt hier tatsächlich Vögel. Welche, die singen!*

Herrlich.

Gemacht habe ich auch Dinge, hauptsächlich an der Nähmaschine und im Haushalt, Geige gespielt habe ich auch und insgesamt bin ich sehr zufrieden mit mir und der Stille. Hach.

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*wenn es immer ein bisschen hell ist, singen die armen Vögel auch 24/7

Tag 2274 – Außer Arbeit wenig gewesen.

Ich lebe das happy life des alleinseins. Dieser Tage beinhaltet das leider sehr viel Arbeit, das Problem bei solchen Inspektionen wie der letzte Woche ist (wenn man sie leitet) ein Haufen Nachbereitungsarbeit. Ein absurd großer Haufen. Das ist auch Zeug, das ich nicht herumliegen lassen kann, wenn hier Leute sind. Das würde ich nicht mal im Büro auf meinem Tisch liegen lassen, jedenfalls jetzt noch nicht.

Wie gesagt, das wird ein spannender Herbst.

Tag 1809 – Revival of allein daheim Tag 4.

Hups, noch später als es die letzten Tage schon war.

Ich habe den halben Tag an der Nähmaschine und dem Bügelbrett verbracht und mir eine „schnelle“ Bluse genäht, ich bin ein bisschen aus der Übung, aber dafür ist sie gut geworden. Jetzt habe ich eine Bluse zum Rock (und immer noch keine Fotos).

Ansonsten war heute Sport, Blumen gießen, Schuhe putzen, Sandalen suchen, Meerschwein-TÜV (keine Bissspuren, also alle Rangordnungsrangeleien voll im Rahmen) und die komplette zweite Staffel von Dead to me bingen – weshalb ich auch jetzt erst ins Bett komme (sorry, Herr Rabe!). Beim Fernsehen habe ich noch ein Schnittmuster zusammen geklebt und ausgeschnitten.

So langsam vermisse ich die Familie. Aber wie nötig diese Auszeit einfach war, gerade dieses Jahr. Ich kann das jedem Elternteil, das nicht grad Energie daraus zieht, immer mit der Familie zusammen zu sein (soll’s ja auch geben und whoa – mein Neid ist euch sicher), nur ans Herz legen, wenn es irgendwie geht, mal allein sein. Gerne zu Hause, es geht aber auch bestimmt ein Städtetrip wenn man sowas mag (ich nicht so). Zu Hause hat den Extra-Zauber des Was-Schaffens und es bleibt halt so wie man es hinterlassen hat. Alles. Ich kann die Stoffscheren überall rumliegen lassen ohne, dass ich Angst haben muss, dass damit entweder Papier, Haare oder unsere Bettlaken geschnitten werden. Ich kann die Stoffscheren auch wegräumen und mich daran freuen, dass nichts rumliegt. Ganz wie ich will.

Jedenfalls, ich betrachte das hier als meine mini Mutter-Kur. Den Sinn von Eltern-Kind-Kuren habe ich ja eh noch nicht ganz verstanden, solange es nicht darum geht, irgendwas am Zusammenspiel Eltern-Kind zu behandeln. Elternteil-ohne-Kinder-Kur hingegen kann ich mir viel eher vorstellen, wenn die Kinder der Grund für den Kurbedarf sind. Aber ich lenke ab. Das hier ist meine Mini-Kur, allein mit mir und meinen Gedanken, denen ich jetzt ein paar Tage sehr gründlich zugehört habe. Ich kann förmlich körperlich spüren, wie meine Batterien sich laden. Introvertiert halt.

Also, liebe Mit-Eltern: wenn irgend möglich, schafft euch ab und zu, einmal im Jahr, einmal in fünf Jahren eine Auszeit allein. Es ist so, so, so gut.