Tag 549 – Tango!

Wegen der fiesen Blasen an meinen Fersen bin ich heute nicht richtig Spazieren gegangen, sondern zu einem See gefahren. Ich wollte aufs Wasser gucken. Haha. Nachdem seit über einer Woche deutliche Minusgrade herrschen. Hahahahahaha. (Manchmal denke ich nicht für fünf Cent nach.)

Wasser, Aggregatzustand: anders als erwartet.


Nun gut. Ich guckte also ein bisschen auf Schnee und dann packte ich mein Buch aus und las. Wenn man nämlich gegen die Sonne auf Schnee guckt, sieht man ziemlich schnell nichts mehr. So war es dann doch ganz schön, in der Sonne, lesend. Ich ging auch einmal auf den See raus, aber dann wegen „Ohgottogott, gefährlich, schlimm, niemand da, wenn ich einbreche bin ich SOFORT TOT!“ ganz schnell wieder zurück. Ja, da bin ich ein Schisser sondergleichen. 

Worüber ich auch nicht nachgedacht hatte: der Rand meiner Ballettschuhe sitzt ganz genau auf den Blasen. Ich sage es mal so: nach zwei Monaten nix wieder Ballett machen war eh schon ne Herausforderung und, ja, auch ne kleine Überwindung. Und dann diese Schuhe… und läääääächeln! Aua. Das war echt schwer. Miese Sache, so Blasen. Aber gelohnt hat es sich trotzdem. Nicht nur die körperliche Betätigung an sich, so nen Körper mal wieder komplett spüren hat schon was. Ich mag auch die Musikauswahl, ein Stück (zu dem wir Grande Battements machten) hatte ich mal in einer Musik-Klausur und mir fällt uns Verrecken der Komponist nicht ein. Vielleicht aus ‚Bilder einer Ausstellung‘ von Mussorgsky. Auf jeden Fall Romantik. Vor allem ist aber das neue Choreografie-Stück eins meiner liebsten Tanzmusikstücke überhaupt. Nämlich dieses hier.  Hier kann man das nicht so gut hören, aber dafür tanzen da Menschen schön. Hachja. Also jetzt Tango. Große, starke Gesten. Mag! (Und, vielleicht können Sie es sich schon denken: ich kann das auch um Längen besser als den Zuckerfeegiselleschwan.)

Tag 167 – Schnauf, schnauf

Ich bin sehr geräuschempfindlich. Nich lärmempfindlich, Lärm geht klar, außer es ist zu viel unterschiedlicher Lärm (Kind labert, Radio dudelt, Baby haut mit irgendwas auf den Boden und das ganze während ich versuche, mit Herrn Rabe den Einkaufszettel abzustimmen), da setzt mein Gehirn aus. Nein, es sind spezielle Geräusche, die mich wahnsinnig machen. Essgeräusche zum Beispiel. Schmatzen und Schlürfen geht überhaupt gar nicht, aber glücklicherweise untersagen das ja auch die (europäischen) Tischmanieren. Was nicht ganz so Gesellschaftskompatibel ist, ist dass ich auch normale Kaugeräusche kaum ertragen kann. Fast hätte ich mal eine Klassenkameradin umgebracht, weil die in der Bio-LK-Abiklausur meinte, rohe Möhren essen zu müssen. Inzwischen hab ich das meistens einigermaßen im Griff und alle die mich gut kennen, wissen auch, dass man nicht unbedingt direkt neben meinem Ohr Tortillachips essen sollte. Als eh wütender Teenie war es aber zeitweise so schlimm, dass ich rasend vor Zorn (ja, die Essgeräusche anderer machen mich richtiggehend aggressiv) vom Familienesstisch aufgesprungen bin, mein Essen gepackt hab, irgendwas von „total ekelhaft, wie ihr alle ESST!!!“ gebrüllt hab und in meinem Zimmer fertig gegessen hab. Sie können sich vorstellen, dass meine Toleranz in einem Land, in dem tatsächlich sehr viel Knäckebrot gegessen wird, jeden Tag auf die Probe gestellt wird. 

Was allerdings relativ neu ist, ist meine Abneigung gegenüber Atemgeräuschen. Ich meine, klar, Schnarchen kann ich nicht gut ab, aber wer kann das schon. Herr Rabe schnarcht eh nur, wenn er erkältet ist, sonst schnauft er eher, oder eher: er atmet laut durch dem Mund mit sehr losen Lippen. Aber da weiß ich, wie ich das ändern kann und dann ist Ruhe. Blöd finde ich Orte des kollektiven Geschnaufes: Sauna und Yoga (und Geburtsvorbereitungskurse). Ich verstehe ja, dass Atemübungen total gut sind für die Entspannung und so, leider brauche ich zum Entspannen dann eine schallisolierte Kammer in der ich die ujjayi-Atmung der anderen nicht hören kann. Oder ich versuche, durch eigenes Geschnaufe das Atmen der Anderen zu übertönen. Unvergessen die Yoga-Stunde, in der der Yogalehrer sagte „wer jetzt so n bisschen Schnupfen hat, das kommt gleich wahrscheinlich raus, nicht wundern. Frau Rabe ist ja schwanger, die darf das leider nicht mitmachen.“. Ich wünschte mir damals sehr plötzlich einsetzende und vorübergehende Taubheit. Aber gut. Zum Yoga gehört das halt dazu. 

ABER NICHT ZUM BALLETT! Heute war endlich wieder Ballett und ein Mädel hat mir die ersten 15 Minuten echt gründlich durch übertriebenes Geschnaufe versaut. Schon während der ersten Übung – demi Plié *Fffffffff* – hab ich ca 17 mal – demi Plié *Ppfffffffttttttttt* – überlegt, ob ich diese Tussi – grande Plié *FFFFFFFFSSSSSSSSSS* – mit meinem Pulli strangulieren soll. Einzig und allein die Schwierigkeit der nachfolgenden Übungen und mein Fokus darauf hat der das Leben gerettet. 

Und dann auch noch das hier, aber das war ne andere Trulla mit ihrer doofen Bling-Bling-Svarovskisteinchen-Armbanduhr. SOWAS NIMMT MAN ZUM SPORT AB, ALTER! Grrrrrr. 

  
Sonst war übrigens gut. Aber davon berichte ich morgen mehr, wenn ich mich abgeregt habe. Durch Atemübungen.

UPDATE: es hat einen Namen und ich bin nicht allein. Dafür ist mein Gehirn anormal: Misophonie