Tag 587 – I will survive.

Tatsächlich ging es den ganzen Tag halbwegs gut mit der Müdigkeit, jedenfalls mit zwei großen Kaffee zwischendurch. Aber seit dem Pippi-ins-Bett-bringen geht nix mehr, erst schlief ich mit ein, dann wurde ich wach, jetzt habe ich Kopfschmerzen und mir ist warm und schlafen kann ich auch nicht mehr. 

Blöde Schwimmkursdinge sind blöd. 

Wir haben eine Lösung gefunden, die hoffentlich allen gerecht wird: Michel wird den Schwimmkurs wiederholen, aber mit seinem besten Kumpel zusammen. Der hatte nämlich das gleiche Problem: die Lehrer*Innen sehen ihn nicht, obwohl er alles anfangs top mitmachte, er bekam nie eine positive Rückmeldung. Jetzt lässt ers halt, das Mitmachen. Und kriegt eine „schlechte Bewertung“ (eigentlich ist es nur eine Empfehlung, aber die koppeln sie an das Vortrittsrecht und die Kurse sind alle voll, wenn man das nicht hat…). Bei Michel lautete die „Ist sehr vorsichtig und weicht daher Übungen aus. Muss sich erst sicherer im Wasser fühlen.“. Wir reden hier von einem Kurs, dessen Ziel es war, den Kindern „Treiben“ beizubringen. Das machten sie in der, wenn ich mich recht erinnere, dritten oder vierten Stunde. Michel, und alle anderen auch, trieben. Sie hüpfen auch durch Ringe. Hüpfen vom Beckenrand ins tiefe Becken. Michel liebt tauchen und holt alles vom Beckenboden hoch. Aber die Lehrerin sieht in Michels Fall nur, dass er herumhampelt, wenn sie sich länger mit einem anderen Kind beschäftigt (was sie wirklich oft tut). Sie bezieht ihn aber auch einfach nicht mit ein, in das was die Gruppe macht, sondern ignoriert ihn lässt ihn halt hampeln. Nach dem Herumhampeln kommt dann das Desinteresse. Kurz gesagt: die Schwimm-Kompetenz der Lehrer*Innen will ich in keinem Fall in Frage stellen, aber die pädagogische ist… ausbaufähig. Und das gedenke ich der Schwimmlehrerin auch so zu sagen. Möglichst sachlich und freundlich auch wenn die mein Baby beleidigt hat das ja wohl das großartigste Kind der Welt und zudem herausragend talentiert im Treiben ist. Auch die Mutter von Michels Kumpel will das ansprechen. Kostet ja auch nur 150€ so ein achtwöchiger Kurs, also Schwamm drüber. Puh. Ich hoffe eonfach, dass er ganz bald schwimmen lernt (noch drei mal 150€…) und wir die Schwimmkurssache dann abhaken können. Ich grummel immernoch sehr darüber, dass man überhaupt 4-Jährige durch 17-Jährige bewerten lässt. Aber ich sehe auch, dass er unaufmerksam wird, wenn er nicht genug Beachtung bekommt und das kann er dann ja mit seinem Kumpel zusammen üben (und sich gegenseitig Beachtung geben und zu zweit um die Gunst Aufmerksamkeit der Lehrer*Innen buhlen), das hoffen wir Erwachsenen jedenfalls. 

Tag 586 – Sonntag: war. 

Schlecht geschlafen, früh aufgestanden, eine schöne Stunde mit Pippi gehabt, gefrühstückt. Danach war der Akku komplett leer und ich schlief mitten im schlimmsten Geschwistergezänk einfach ein. Herr Rabe war etwas angepisst von meiner, ähhhh, Unpässlichkeit. Verständlich, war er doch eine komplette Woche mit den Rübennasen alleine und hatte auf etwas Zeit für sich gehofft. Nach dem Mittag kippte mein Akkustand und abends war ich dann topfit. Supi. Nix mit früh ins Bett. Dann total super Idee: meine Mutter anrufen, um Ostern abzuklären. Ich sags mal so: gut, dass Herr Rabe vorsorglich schon mal Schnaps Whiskey/Whisky organisiert hatte. 

Jetzt liege ich im Bett und morgen früh um fünf* klingelt der Wecker und ich hoffe der Whiskey wirkt und katapultiert mich gleich in den Tiefschlaf. Falls nicht gibt’s morgen erst viel Kaffee und am Abend eine original amerikanische OTC-Schlaftablette. 

* ja, eine Stunde eher als sonst. Nächstes Wochenende ist nämlich Zeitumstellung, da mach ich’s doch lieber jetzt einmal richtig und bin dann damit durch. 

Tag 580 – So war übrigens die Anreise.

Ich kämpfe noch ein wenig gegen den Jetlag an und übe kräftig das Tippen auf dem neuen iPad, bzw. auf dessen Tastatur. Da bietet sich doch an, mal über die Anreise hier zu schreiben.

In der Nacht von Freitag auf Samstag schlief ich praktisch gar nicht. Warum auch, auf so nem 11-stündigen Flug kann man doch prima schlafen. Immerhin war es so kein großes Problem um 4:30 Uhr aufzustehen. Um viertel vor sechs gab ich Herrn Rabe einen dicken und den Kindern je einen vorsichtigen Kuss und machte mich pünktlich auf den Weg: mit meinem völlig überdimensionierten Koffer, meinem Handgepäcksrucksack und meiner Posterrolle. Ohne Mütze und Handschuhe und in meinen sommerlichen Turnschuhen wahr ich zwar deutlich zu kalt angezogen, aber der Bus kam tatsächlich recht schnell und außerdem stand ich so unter Strom, dass ich kaum fror. 

Die erste große Herausforderung war das Aufgeben des Gepäcks am Flughafen. Der Automat weigerte sich, einen Gepäckaufkleber auszudrucken, also musste ich an den Schalter. Da war aber irgendein technischer Defekt, es stapelten sich schon die Koffer vor dem Schalter, weil die Bänder irgendwie nicht gingen und natürlich standen neben den Koffern diverse Rentner*Innen, die vor lauter Mistrauen in Technik und Personal wohl am liebsten ihr Gepäck persönlich ins Flugzeug getragen hätten. Hinter mir schnaufte eine Frau ungeduldig in meinen Nacken und schickte ihren Mann (der gar nicht mitreisen sollte) herum. „Frag mal da nach! Los, jetzt frag mal, was da los ist!“ Nach ca. 15 Minuten allgemeiner Ratlosigkeit sprangen aber alle Bänder wieder an und alles wurde gut. Sicherheitskontrolle und so war alles unspektakulär, ich kaufte mir eine Handcreme im Duty Free Shop und einen Kaffee, einen Smoothie und eine Banane am Kiosk und wartete aufs Boarding.

Auch der erste Flug nach Stockholm verlief im Grunde ereignislos, sieht man mal von der lächerlich kleinen Maschine und meine proportional zur Flugzeit ansteigende Nervosität ab. Schließlich hatte ich zwischen Landung und erneutem Start genau 40 Minuten zum Umsteigen. Von den 40 Minuten gingen 20 dafür drauf, in einen Flughafenbus zu steigen, auf die anderen Passagiere zu warten, langsam verrückt zu werden, „Aaaaaaaaahhhhhhhhhh!“ zu twittern und über den Flughafen kutschiert zu werden. Kaum angehalten, sprang ich aus dem Bus, rannte ins Terminal, die Treppen hoch, guckte auf den Bildschirm und las: LAX, Last Call. Sprintete durch die Passkontrolle, sprintete zum letzten Gate im Terminal, kam als letzte Passagierin und komplett durchgeschwitzt und mit den Nerven runter am Gate an, bekam aus einem unerfindlichen Grund einen Smoothie in die Hand gedrückt und boardete als Letzte. Wenn ich schlechter zu Fuß wäre, wäre ich vielleicht zu spät gekommen. Fazit: 40 Minuten zum Umsteigen in Arlanda reicht eigentlich nicht. Vor allem nicht wenn man eigentlich total dringend aufs Klo muss. 

Das Flugzeug nach LAX war sehr groß, ich saß ganz hinten am letzten Fensterplatz, neben mir ein junger, gutaussehender Norweger, der hirnentleerten, sexistischen Kram aus dem Bordunterhaltungsprogramm ansah. Das Essen war qualitativ mäßig und quantitativ gerade ausreichend. Es war sehr sehr laut und ich war Herrn Rabe unheimlich dankbar, weil er mir seine Active Noise Cancelling Kopfhörer geliehen hatte. (Habe ich je darüber gelästert, dass die Dinger absurd teuer sind? Wenn ja: Ich nehme alles zurück, die sind Gold wert!) Ein bisschen schlief ich, ich las die Hunger Games fertig, spielte Super Mario Land 2 auf meinem GameBoy (ja, einem alten Teil, ohne Displaybeleuchtung und Farben. Ich kann noch alles außer den Spielstand abspeichern), guckte die letzten drei Folgen von Black Mirror, die ich mir bei Netflix herunter geladen hatte (die Bienen! Huiuiui). Langweilte mich, konnte nicht mehr schlafen, guckte aus dem Fenster, langweilte mich noch mehr, las ein bisschen und dann waren wir auch schon da.

Dann standen wir erstmal 45 Minuten auf dem Rollfeld herum, weil unser Gate belegt war.

Dann stand ich 15 Minuten an der automatischen Passkontrolle an. Die dann wegen irgendwas mit meinen Fingerabdrücken nicht funktionierte.

Dann stand ich 30 Minuten an der Border Control an. („Are you here to do business?“ – „I’m going to a conference.“ – „Conference about what?“ – „RNA Editing.“ – „RNA What? What is RNA?“ – „Erm, a part of our genome?“ – „???“ – „Genes?“ – „What is your profession?“ – „I’m a… biologist.“ – „OK then, have a nice trip, welcome to the USA.“)

Und schlussendlich stand ich geschlagene 30 Minuten in der Schlange an, die einfach nur aus dem Flughafen heraus führt.

Inzwischen war es 14:20 und rechtzeitig zum Beginn der Konferenz um 15:30 in Ventura sein, konnte ich mir abschminken. Insofern war es auch nicht mehr weiter schlimm, dass wir natürlich auf dem Weg aus L.A. heraus im Stau standen. Apropos Abschminken: Ich erwog, einfach drauf zu scheißen und nach meiner (wann auch immer stattfindenden) Ankunft erst zu duschen und dann zu den Konferierenden zu stoßen. Je später es aber wurde, so wahrscheinlicher wurde es auch, dass ich wohl erst kurz vor der Poster-Session ankommen würde. Irgendwann zog ich seufzend mein Notfall-Päckchen aus dem Rucksack und schminkte mich notdürftig, davon ausgehend, dass ich mich wenigstens noch schnell würde umziehen können würde.

Als ich ankam, war mein Zimmer noch nicht fertig. Blöd, so musste ich in meinen Reiseklamotten mein Poster repräsentieren. Als ich mich für die Konferenz registrierte, erklärte mir der Mann da (Brian? Ryan?) den ca. 15 Meter langen Weg in den Konferenzraum. Ich musste zwei mal nachfragen, mein Gehirn war ganz einfach da schon nicht mehr erreichbar. Aus und schlafen gegangen. Oder ausgewandert. Trotzdem fand ich irgendwie den Weg in den Konferenzraum, hörte mir noch die Diskussion zum Eröffnungsvortrag an, hängte mein Poster auf und stellte mich daneben. Erklärte mein Poster zwei mal, aß (irgendwas) zu Abend, bekam endlich ein Zimmer, zog mich fix um und setzte mich in die Abendsession. 

Nach fünf Vorträgen war ich absolut gar gekocht, konnte mich kaum noch auf den Beinen geschweige denn wach halten und war unendlich froh, als ich endlich, endlich duschen konnte. Sauber und ungeföhnt fiel ich in das überdimensionierte, aber unheimlich bequeme Bett wie ein Stein und schlief tatsächlich bis 04:20, und dann nochmal bis 06:30. (Dass der Jet-Lag damit noch nicht ausgestanden war, sieht man an den gestrigen Ausfällen. Und auch heute bin ich noch nicht wieder komplett fit.)