Tag 1492 – Das hat er von Mama.

Mein Homeoffice war leider nicht so produktiv, wie ich gehofft hatte, das muss ich noch üben. Erst kam eine Mail rein, die ich schon halb erwartet hatte und die heißt, das eventuell ein paar kleinere, aber nicht gänzlich bedeutungslose, Karten bei der Arbeit neu gemischt werden. Das wird sich in den nächsten paar Wochen zeigen. Dann versuchte ich meine Checkliste weiter zu bearbeiten, aber die nervt mich sehr und ich prokrastiniere das hart, aber es war auch wirklich NICHTS anderes zu tun und so kämpfte ich damit und es ging zäh und war doof und halt nicht mal Leute um einen rum, die Fragen, ob man Mittagessen will oder vielleicht noch mal gucken kann ob Hersteller X aus Indien vielleicht ein Zertifikat hat (ich bin anscheinend die am hilfsbereitesten aussehende Person im Inspektorat, altersmäßig am nächsten an den Leuten aus der Mangelgruppe dran und aus irgendwelchen lustigen Gründen haben die oft Schwierigkeiten, die, zugegeben nicht ganz moderne, Datenbank zu bedienen, in der die EU-Zertifikate liegen). Jedenfalls war das ein bisschen wie durch Sirup waten.

Gut, dass ich ein Elterngespräch in der Schule hatte. Ganz routinemäßig, wie etwa jedes halbe Jahr. Michel ist natürlich ein super Kind, lebhaft, wissbegierig, klug, freundlich. Manchmal etwas hibbelig (ach) und „neuen“ Leuten gegenüber ein Clown (hmm, aber auch nicht so überraschend. Ist halt auch eine Strategie, zu vertuschen, dass man sich unwohl und unbequem fühlt). Im Erzählen ist er ganz groß, und wenn er das Wort hat, hört er nicht mehr auf. Er weiß sehr viel (ACH!) und erzählt das halt gern, manchmal ist er da auch schwer zu bremsen und fängt schon mal an, bevor er drangenommen wurde. Diese Situation wird ein wenig befeuert davon, dass sie jetzt ein Sachkundebuch haben, in dem er schon sehr weit gelesen hat, weil halt Fakten und Bilder und AUF DER FÜNFTEN SEITE IST EINE SCHAFSGEBURT UND GRAD BAUMELT DEM SCHAF NOCH DIE PLAZENTA… aber lassen wir das. Michel ist jedenfalls Feuer und Flamme für dieses Buch. Halten wir fest: Michel ist ein kleiner Nerd mit Erzähldrang. Dann kamen wir aber zu dem Punkt „Wobei brauche ich Hilfe“ in dem Fragebogen, den die Lehrerin vor dem Gespräch mit Michel durchgegangen war. Und da stand auf ihrem Zettel „Sachen aus hohen Regalen holen und Freunde finden. Es ist schwierig, Freunde zu finden, vor allem wenn viele in der Klasse sind.“ tja und da brach mein Mamaherz ein bisschen. Hab ich das also auch weitergegeben. Ein kleiner Nerd mit Erzähldrang und Social Awkwardness, der nun wohl auch merkt, dass das bei ihm ein bisschen anders funktioniert als bei vielen seiner Klassenkameraden. Bzw., der, wenn er wirklich ist wie ich, einfach gar nicht so genau weiß, wie das gehen soll, wie freundet man sich mit anderen Kindern an, mit welchen Kindern muss man wie sein um akzeptiert zu werden? Ach, ach. Ich hoffe, wenigstens das kann ich ihm leichter machen, weil ich ja weiß, wie das ist. Im Moment tendiert er mal wieder sehr hin zu sehr raufigen Jungs und legt sich das entsprechende Gehabe zu, das finde ich jetzt nicht soooo erstrebenswert, ein Kind zu haben, das herumläuft und behauptet, es würde halt den und den, wenn der nicht macht, was er sagt, einfach verhauen. Michel. Knappe 20 kg auf 1,25 (ca.) Körpergröße. Der weint, wenn er bei Kirby Game Over geht. Will irgendwen verprügeln. Na sicher. Das ist halt einfach Blödsinn, aber er meint scheinbar grad, dass er so sein muss, damit er cool ist und die coolen Gangsta-Zweitklässler ihn auch cool finden. Ach, ach, uff. Hoffentlich geht auch das schnell vorbei.

Tag 1487 – Krieg der DNA.

Michel hatte heute einen äußerst gesprächigen Abend. Unter (sehr vielem) anderen erzählte er, dass die DNA ja üüüüberall ist. Und wenn wir nämlich von einer Schlange gebissen werden, dann ist in der Spucke auch DNA und dann werden wir krank. Und wenn ein Hund an einen Baum pinkelt, warum wird der Baum dann nicht krank von der DNA in der Pipi? Und die DNA, die geht dann in die Augen rein und sagt denen, die sollen blau sein! Und die DNA, die hat Buchstaben, A und B und wenn man die mischt, dann gibt es Krieg!!! Und was passiert, wenn die Bakterien im Hirn sterben, kann man dann nicht mehr denken? Werden die Gehirnzellen mehr? Ich hab mindestens 1000 Gehirnzellen, weil ich so schlau bin.

Und so weiter und so fort. Es war sehr niedlich. Herr Rabe und ich haben einiges richtig gestellt, zum Beispiel das mit den Blutgruppen und ich erklärte viel über DNA und Schlangengift und Viren und Hundepipi und das Gehirn. Aber vielleicht, ganz vielleicht, wollte Michel auch nur mal ganz viel Quatsch erzählen.

Ach, der Zwerg. 1000 Gehirnzellen. Wisster Bescheid.

(Für die Chronik: die neueste Erfindung ist ein Raumanzug, der niemals brennt, mit dem er dann in die Sonne fliegt und da tut er dann Lava in die Sonne rein und guckt mal, was passiert.)