Michel hat sich im Sport-Hort (hier sind noch Schulferien) den Fuß verknackst. Beim Fußball umgeknickt und dann „mit der Seite so auf den Boden, Mama!“. Als ich ihn abholen wollte, hielt ihn das allerdings nicht davon ab, noch bleiben zu wollen um die Runde [irgendwas]ball leicht humpelnd fertig zu spielen. Durfte er dann auch, ich holte Pippi ab und stand eine Viertelstunde später wieder im Sporthort. Da schreulender Michel, wütend auf den Klassenkameraden, der irgendwie beschissen hatte, oder sich nur nicht an die Regeln gehalten, das wurde bei dem schluchzenden Gestammel nicht ganz klar, jedenfalls totale Ultrakatastrophe für das leicht übermäßig regeltreue und gerechtigkeitsliebende Kind. Und plötzlich war auch der Fuß schlimmschlimmschlimm, völlig unmöglich, damit noch einen Meter zu gehen. Im Auto zog ich Michel Schuh und Socken aus und ja, Fußgelenk außen dick und, milde ausgedrückt, berührungsempfindlich. Michel war völlig aufgelöst „MUSS ICH JETZT ZUR LEGEVAKT???“. Ich versprach, dass wir erst nach Hause fahren, Sachen holen, Pippi waschen und Michel umziehen, der hatte nämlich auch ein Loch in der dreckigen Hose. Vom Auto aus rief ich die Legevakt an (Carona ist eine unheimlich gute Freisprecheinrichtung mit eins-a Spracherkennung). Im Hintergrund ein weinendes und ein permanent „ich will Musik hören!“ grölendes Kind. Voll schön.
Die Legevakt meinte aber, wenn es nicht blau ist und er es belasten kann (minus das theatralische Anstellen halt) sollen wir erst mal abwarten, kühlen, hochlegen und Schmerzmittel geben, es sei vermutlich bloß überdehnt. Ich verfrachtete Michel also aufs Sofa und kühlte den dicken Fuß, bzw versuchte das, denn unsere Gelpacks sind Michel zufolge „viel zu hart und eiskalt!“.
Im Laufe des Abends kristallisierte sich dann raus, was ich schon länger vermutet habe: Michel hat the worst of two worlds geerbt, nämlich ein mal ein gewisses „Ich werde mindestens sterben!“-Verhalten und ein mal Aggression als Folge von körperlicher Unzulänglichkeit. Sie dürfen ja mal raten, von wem er was hat. Wir haben also jetzt ein Kind hier, das an seinem überdehnten Fußgelenk vermutlich sterben wird, aber nicht ohne vorher alles vor Wut in Schutt und Asche zu legen.
Gespräch nach dem Abendessen:
„UND WENN DER ARZT NICHT WEITER WEISS, WAS MACHEN WIR DANN? MUSS ICH DANN HUNDERT JAHRE AUF DEM SOFA LIEGEN ODER WAS???“
(Ich, inzwischen wirklich leicht genervt von stundenlangem angeschrien werden mit doomsday-Szenarien) „Nein, ich denke dann müssen wir den Fuß amputieren.“
„DAS GEHT ÜBERHAUPT NICHT, DANN HAB ICH KEINEN FUSS MEHR UND AUSSERDEM TUT DAS SCHEISSE WEH!“
Ok, der Fuß wird also nicht amputiert. Zum Schlafen gab es noch eine Ibuprofenkapsel und Harry Potter und viel kuscheln und er schlief dann auch recht schnell ein, aber nicht ohne im Schlaf unverständliches Zeug weiter zu motzen (!). Ich baue auf Wunderheilung über Nacht, ich weiß nicht, wie ich sonst die Kratzbürste zur Hausärztin bekommen soll.