Tag 1180 – Nix für Vegetarier*Innen.

Ich meins ernst. Wenn Sie nicht damit klarkommen, dass wir hier heute ein halbes Lamm in kleine Teile zerlegt haben, kommen Sie lieber morgen zurück, denn ich werde das nun beschreiben.

Mein Nagellack hat den Tag nicht überlebt.

Wir essen ja nicht viel Fleisch und versuchen immer darauf zu achten, dass es nicht aus Massentierhaltung kommt und möglichst tierfreundlich* gehalten wurde. Wir sind hier in Norwegen damit lax geworden, weil es, sobald man seine vier Wände verlässt, immer noch schwierig ist, vegetarisch zu essen, aber wir bemühen uns. In Trondheim haben wir ja unser jährliches halbes Lamm immer vom Schafe-Freund bekommen, hier haben wir jetzt den Bauernhof, bei dem wir ab nächstem Jahr auch Community-farmen werden. Weil das „grob zerlegte“ Lamm in Trondheim immer hauptsächlich kleine und zum Großteil undefinierbare Brocken voller Knochen war, haben wir es hier auch wieder „grob zerteilt“ bestellt, weil ich Angst hatte, „klein zerteilt“ sei dann Gehacktes. Tja, also das hier war wirklich grob.

„Was denn? Drei Teile!“

Das Lamm kam an, während ich mit Pippi im Krankenhaus war, bzw an dem Tag, als wir zurück kamen und wir stopften es aus Überforderung mit der Gesamtsituation einfach erstmal in den Gefrierschrank. Heute aber wollten wir gern was davon essen und so tauten wir gestern kurzerhand alles auf, um heute alles zu zerlegen. So grobe Teile nehmen einfach viel zu viel Platz im Gefrierschrank weg.

Erstmal guckten Herr Rabe und ich ganz romantisch ein paar Lammzerlegungs-Tutorials auf YouTube. Dann desinfizierte ich den Küchentisch und machte mich ans Schnippeln. Nach etwa einer Stunde kam Herr Rabe dazu und wir säbelten, hackten und sägten** dann noch zwei weitere Stunden, bis ich fast verhungert und das Lamm in thematisch sortierten Portionen wieder im Gefrierschrank war. Minus das Filet, das gab es zum Abendessen***.

Hier die Ausbeute:

Keule ohne Hüfte, Karree mit Fleisch an den Rippen noch dran, weil ich es nur unter unschönem Gemetzel abbekommen hätte, Filet.

Suppen-/Fond-Knochen (oben) und „Fårikål-Kjøtt“ (unten), also grobe, fleischige Knochenbatzen, die mit Kohl im Topf geschichtet werden und dann lange geschmort werden, das ist sehr lecker. Hier sind vor allem Teile vom Hals, von der Hüfte und von den Rippen bei.

Gulasch. Ich glaube, je besser man zerlegen kann, je weniger Gulasch bekommt man. Wir hatten recht viel.

„Grillfleisch“. Man könnte auch sagen „keine Ahnung was das für ein Teil ist, aber es ist ganz, sieht lecker aus, ist aber auch irgendwie zu klein um es so zu braten“.

Und zu guter letzt:

Der Müll. Alles was Fleisch dranhatte und alles Fett haben wir wieder eingefroren, weil ich es schlicht und ergreifend nicht über mich brachte, den riesigen Haufen einfach wegzuwerfen. Vielleicht wird auch Fond draus. Direkt weggetan haben wir nur Sehnen, Nerven und kleine, splitterige Knochen.

Am schwierigsten war das Auslösen der Hüfte, das sah bei YouTube easy peasy aus, aber was ich da veranstaltet habe würde einem Fleischer wohl die Tränen in die Augen treiben. Insgesamt war alles erstaunlich langwierig und erstaunlich wenig eklig. Auch wenn der Tisch danach ein bisschen CSI-mäßig aussah.

Jetzt ist wieder etwas mehr Platz im Gefrierschrank. Und nächstes Jahr wird’s vielleicht doch ein ganzes Lamm. Fein zerlegt (aber mit ganzem Rücken).

An Herrn Rabe mag ich übrigens besonders, dass er beim Säbeln die Titelmelodie von Shaun das Schaf gesungen hat. Und Bææ bææ lille lam. Hachz.

___

*ich schreibe hier absichtlich nicht artgerecht, weil das mit heutigen Zuchtrassen im Normalfall schon eh gar nicht mehr geht, man kann ein Hausschwein nicht im Wald aussetzen und es überlebt dann indem es Wurzeln frisst. Das wird nicht gehen. Und selbst wenn es ginge: artgerecht hieße wohl vor allem, es einfach leben zu lassen statt es aufzuessen, ne?

**aus Ermangelung an Alternativen mit einem Brotmesser. Ich wünsche mir fürs nächste mal eine anständige Säge.

***Es war köstlich.

8 Gedanken zu “Tag 1180 – Nix für Vegetarier*Innen.

  1. Bea schreibt:

    Auch von hier Respekt. Sich so seine Mahlzeit quasi zu erarbeiten ist schon gut. Und es wird eben alles (naja fast) verarbeitet und verwertet. Was ich ebenfalls besser finde, als nur die Filets essen und was mit dem Rest ist, ist egal. So ist halt auch ein bewusster Umgang mit dem Lebensmittel. Als der Hund noch lebte, habe ich regelmäßig Pansen und Rinderrreste von einem örtlichen Betrieb bezogen. Und die draußen (wg. Geruch) zerteilt. Das ist harte Arbeit. Selber esse ich zwar kein Fleisch (mehr), kann es aber bei anderen akzeptieren, wenn es nicht gerade das superduper Sonderangebotsqualfleisch sein muss.

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  2. Als Vegetarier muss ich sagen: Ich finde an der Einstellung, wenig Fleisch zu essen, dass dafür nicht aus der Massenhaltung kommt, nichts verkehrt. Das ich das selber nicht tue, liegt daran, dass ich es einereitz nicht mehr mag, und es andererseits, um mal zu zitieren „sobald man seine vier Wände verlässt“, immer noch schwer ist, beim Fleisch derart wählerisch zu sein. Da ist es einfacher, sich dem ganz zu verweigern. „Ich bin Vegetarier“ verstehen die Leute, aber „ich habe komplizierte ethische Anforderungen an die Tierhaltung“ führt zu Schulterzucken, und leeren Versprechungen über das Fleisch, auf die man nichts halten kann. Ja, ich bin ein riesiger Spass auf Parties und beim Weihnachtsessen mit der Firma …

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  3. Caramelia schreibt:

    Ohhhhh, das hat mich so an den Tag erinnert, als ein Jägerfreund uns ein ganzes Reh vorbeigebracht hat, ohne Vorankündigung. Ich (damals zarte 14) war allein zu Hause, die Eltern für 2 Tage im Urlaub. Internet / Youtube gabs noch keins. Kurze Verzweiflung, dann Abmarsch zum nächstgelegenen Fleischerladen, die Dame dort um Hilfe gebeten (der Laden war zwei Häuser weiter, wir hatten ein sehr freundschaftliches Verhältnis). Nach Feierabend kam sie vorbei und hat mir Schritt für Schritt erklärt, was ich wo schneiden soll, welche Teile ich rausbekomme und wofür ich die verwenden kann. Das Schlimmste war die „Decke“ (das Fell), das lag in Plastiktüte gewickelt ca. 2 Monate im Tiefkühler, bis ein entfernter Verwandter, der Taxidermist ist, es abgeholt hat.

    Ich habe seit diesem Tag kein Reh / Hirschfleisch mehr gegessen, vielen Dank auch.

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      • Caramelia schreibt:

        Ja, im Nachhinein kann ich da drüber auch schmunzeln (und ich bin ein bisschen stolz, dass ich das – wenn auch mit Hilfe – gewuppt habe, und bis heute so ziemlich alles zerlegen kann, was 4 Beine hat). Eventuell lernt man da ja auch was für … äh … unkonventionelle Situationen ;-)

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