Tag 79 – Muh!

Der Tag ging so:
„Maaaamaaaaa! Klo! Trinken! Klooooooo!“ – da war es viertel vor sieben und das Baby war graaaade so fertig mit trinken, aber wenns aus dem Kinderzimmer Klooooo ruft, dann springt man. Egal.
In den Kindergarten gebracht, dabei versucht dieses Kooperationsdings besser hinzubekommen, ging ganz gut. Zu Hause Frühstück und Baby besaßen, nebenher Bankkram. Dann zur Uni gefahren, was mit der Arbeitsgruppe gegessen, dann Statistikkurs. Vorm Statistikkurs war das Baby voll nöckelig und wach, also noch 15 extra Minuten herumgewandert bis Baby eingeschlafen war. Dann in die Apotheke, Muttermilcheinfrierbeutel kaufen, die sind hier aus purem Gold mit Diamantenbesatz muss man wissen (und das entsprechende Kleingeld mitbringen). Zu Hause dann die Milchpumpe reaktiviert. Ich. Hasse. Dieses. Ding. Ich hab so eine kleine manuelle, aber ich komm mir trotzdem vor wie eine Kuh, die gemolken wird, oder eher sich selber melkt, was es nicht weniger absurd macht. So richtig angenehm ist das Saugen der Pumpe auch nicht, eher so mechanisch halt. Und man wird auch nicht dabei angeguckt und angelächelt und niemand streichelt einem mit dem ganzen Arm über die Brust. Aber was tut Frau nicht alles. Ich habe nämlich das dumpfe Gefühl (und gewisse Anzeichen), dass ich meine Tage bekomme. Und da fiel mir heute morgen siedend heiß ein, dass das ja normalerweise mit Migräne einhergeht. Das heißt, ich sollte darauf vorbereitet sein, stillunfreundliche Medikamente nehmen zu müssen. Also so zwei, drei Mahlzeiten sollten dann eingefroren bereit liegen. Also Pumpen. Grmpf.
Dann haben wir beim großen schwedischen Möbelhaus zu Abend gegessen und eine neue Pfanne gekauft, Herr Rabe ist da nämlich gestern so ein Malheur passiert (was mir exakt so auch hätte passieren können, und ich habs noch schlimmer gemacht weil ich noch gedacht hab, was raucht denn da so und wieso riecht das hier so komisch aber dann hab ich das direkt wieder vergessen und nix gesagt. Ha. Stilldemenz.). Jetzt haben wir eine neue Pfanne, drölfzig neue LED-Glühbirnen und eine Box für die lose herumfliegenden Handschuhe im Flur.

Tag 73 – Gehacktes

Der Tag war so lang und ich so müde dass ichs fast nicht zum Ballett geschafft hätte wegen fehlender Motivation. Ich war aber doch da und es war super gut. Werde sicher Muskelkater haben morgen, aber egal, wir haben heute 45 Minuten an der Stange gearbeitet und dann noch mal 45 Minuten nur an der Choreografie. Ich tanze zwar bei der Show nicht mit, aber so ein intensives Arbeiten an einem Stück finde ich nach wie vor gut. Und auch, das dann am Ende ca. tausend mal durchzuorgeln, bis einem der Schweiß richtig läuft. Wunderbar.


Das Kind fand es ganz und gar nicht gut, dass ich zum Tanzen wollte, weil es dachte (glaube ich jedenfalls), dass ich nicht wiederkomme. Das ist natürlich absurd, aber für das Kind deshalb ja nicht weniger schrecklich. Es war dann halbwegs ok, nachdem ich ihm versichert habe, dass ich ihm noch nen Gute-Nacht-Kuss gebe, wenn ich wiederkomme. Hab ich natürlich dann auch gemacht, aber es hat schon geschlafen, zählt das trotzdem?


Beim Statistikkursübungaufgabenbesprechungstermin festgestellt, dass ich nicht der einzige Idiot bin, der an der ein oder anderen Stelle einen Hirnknoten bekommt. Gleichzeitig festgestellt, dass meine Ergebnisse nur deshalb falsch waren, weil ich eine falsche Taste am Taschenrechner gedrückt hatte. Ich bin also Schrödingers Idiot: Doch nicht doof (weil im Prinzip der Lösungsweg ja richtig war) und doch doof (weil falsche Taste gedrückt). Hmm.


Mit Baby beim Baby-TÜV gewesen. Es hat die 95er-Perzentilkurve fürs Gewicht verlassen und ist jetzt „nur noch“ zwischen der 75er und 90er, was laut der Gesundheitsschwester „kein Grund zur Besorgnis“ ist. Ich soll trotzdem einmal extra fürs Wiegen kommen und blablabla. Wärs mein erstes Kind, würde ich mir jetzt Sorgen machen. Blöde Kuh. Außerdem hat die auch die Impfspritzen quasi in Zeitlupe ins Baby geschoben. Blöde Doofkuh. Sonst ist das Baby aber top entwickelt, super stark (wusste ich ja schon) und super fokussiert (wusste ich auch schon).


Im Kindergarten beim Abliefern des Kindes zur Unterschrift auf einem Zettel genötigt worden. Den Zettel hatte ich seit drei Tagen zu Hause vergessen, unterschrieben hatte ich auch noch nix, hatte das aber vor, ehrlich! Es geht drum, dass der Kindergarten eine heimliche, geschlossene Facebookgruppe hat, in der bisher Fotos vom Kindergartentag der Kinder geteilt wurden. Und jetzt hat jemand entdeckt, dass man Facebook ja hacken kann!!! Und dann könnte jemand, der „Facebook hackt“, ja die Bilder von (dreckigen, in Regenkleidung im Matsch spielenden) Kindern verkaufen und dann könnte der Käufer damit schlimmen Schindluder treiben! So wurde es uns jedenfalls auf dem Elternabend gesagt. Ich konnte mich grade noch so zusammenreißen, meine Hand nicht laut in mein Gesicht klatschen zu lassen. (Also wenn Sie jetzt unbedingt Bilder vom Kind  sehen wollen, müssen Sie nur Facebook hacken, ich hab das jetzt unterschrieben, dass ich mir des Risikos bewusst bin.)

Tag 72

Ich gebs auf. Morgen ist Statistikkurs-Übungsaufgaben-Besprechungstag und die eine Teilaufgabe kriege ich nicht hin. Und wozu diesen Quatsch lernen, wenn es Wolfram-Alpha gibt? Außerdem ist es schon spät und ich muss dem Baby jetzt noch mal ne neue Nachtwindel ummachen, die nicht mit dem Waschmittel des Todes (gegen das das Baby scheinbar allergisch ist) gewaschen wurde. Morgen ist nämlich Baby-TÜV und da hab ich keinen Bock auf ne Kontaktallergiediskussion.

Tag 64 – Hausfrauengenie

Zur Geburt haben wir für das Baby von meiner Arbeitsgruppe einen wunderschönen, roten Wollschlafanzug bekommen. Der ist war so schön, und so dick, dass wir ihn dem Baby nie zum Schlafen, sondern einfach so als Anzug angezogen haben. Er hat Größe 68, ist war aber sehr viel größer, sodass wir immer die Ärmel und Beine umkrempeln.

Das Kind trägt im Kindergarten als unterste Schicht so dünne Merinowollsachen, für Große auch Skiunterwäsche genannt. Das Kind macht sich aber oft ziemlich dreckig und die Sachen muss man dann vor dem Waschen vorbehandeln, und selbst dann geht vieles nicht ganz raus.

Heute wollte ich spontan Wolle waschen, hatte also nichts vorbehandelt. Dachte mir, ach, Wollprogramm 30°C und 1200 rpm Schleudern, und Synthetikprogramm, 30°C und 1200 rpm Schleudern, also außer dass beim Synthetikprogramm die Sachen mehr bewegt werden und dann hoffentlich auch sauberer werden, wo soll denn da der Unterschied sein?

Der Unterschied ist: die Sachen werden mehr bewegt. Tadaaaa! Und gestrickte Wolle verfilzt dann und läuft total krass ein! Jetzt hat der schöne Schlafi ca. Größe 44 und eine Strumpfhose von dm in Größe 62/68 ist noch 10 cm lang. Auch zwei meiner Wolle/Seide Stilleinlagen haben eine sehr interessante Form bekommen, weil die Wollseite eingelaufen ist, die Seideseite aber nicht.

Ich möchte jetzt gerne auf den Arm.

(Die Merinowollsachen sind immerhin sauber geworden.)

Tag 23

Dieser Statistikkurs fängt an mir auf die Nerven zu gehen. Heute war wieder Vorlesung, es ging um diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Das heißt, zuerst mussten wir noch den Rest der letzten Vorlesung machen, nämlich den Satz von Bayes. Der ist sicherlich nützlich für Mediziner und Pharmazeuten und so, für mich hatte er eher einen abstrakten Reiz. So simpel, so gut, und wahrscheinlich vom Durchschnittsmediziner so verschmäht. (Für die Interessierten: es werden im Falle unseres Kurses Sensitivität und Spezifität eines Tests mit der Prävalenz einer Krankheit in Verbindung gestellt. Wenn eine Krankheit sehr selten auftritt, bedarf es einer hohen Spezifität und Sensitivität, um die tatsächlich Kranken zu diagnostizieren, aber dabei falsch positive Ergebnisse zu minimieren).

Das ist auch schon das Kernproblem das ich mit dem Kurs habe, mal abgesehen von dem nicht so ganz packenden Vortragsstil: das ist ein Kurs für Mediziner. Mediziner wenden im Idealfall die Statistiken korrekt an und verstehen grob, worum es geht. Die meisten im Kurs scheinen jedoch eher anzupeilen, irgendwie die Klausur zu bestehen und dann die Studienpunkte einzuheimsen. Oder vielleicht schlafen die auch alle mit offenen Augen, es regt mich jedenfalls kolossal auf, dieses kollektive Glotzen und Schweigen in dem Kurs. In Kombination mit dem unfähigen (oder einfach genauso genervten?) Dozenten beschleicht mich mehr und mehr die Ahnung, dass ich mir die Vorlesungen auch gut sparen könnte. Weiteres Beispiel gefällig? Nachdem die ersten 15 Minuten der zweiten Hälfte für die Definition einer Zufallsvariable draufgegangen waren, hielten wir uns geschlagene dreißig Minuten mit einer Erklärung des Gesetzes der großen Zahlen auf. Das Gesetz besagt, „dass sich die relative Häufigkeit eines Zufallsergebnisses in der Regel um die theoretische Wahrscheinlichkeit eines Zufallsergebnisses stabilisiert, wenn das zu Grunde liegende Zufallsexperiment immer wieder unter denselben Voraussetzungen durchgeführt wird.“ Die Erklärung war: ich habe einen Würfel, der hat zweimal einen Punkt, zweimal zwei Punkte und zweimal drei (ein normaler Würfel mit sechs verschiedenen Seiten wäre vermutlich zu kompliziert gewesen). Wenn ich den Würfel ganz ganz oft werfe, wird der Mittelwert der Würfe immer stabiler um zwei herum pendeln. Was aber für jeden einzelnen Wurf erstmal gar nix sagt, sondern nur für den Mittelwert. Nach 10 Minuten mit diesem Beispiel wollte ich gerne aufstehen und alle anbrüllen „IST DAS DENN SO SCHWER ZU VERSTEHEN???“, aber dann wäre das Baby bestimmt aufgewacht.

Die Übungen lassen sich im Übrigen mit mittelmäßigen Excel-Kenntnissen gut lösen. Nach sechs Jahren in meinem Beruf verfüge ich über ziemlich gute Excel-Kenntnisse, zumindest was das Auswerten von medizinischen/pharmazeutischen/naturwissenschaftlichen Experimenten angeht. Da ist also auch kein Erkenntnisgewinn zu erwarten. Seufz.

So, jetzt habe ich mich aber genug ausgekotzt. Morgen muss ich zu einer geradezu absurden Zeit aufstehen um dann zur Vorlesung „Einführung in SPSS“ um 08:15 auf der Matte zu stehen. Ich werde mir viel Kaffee mitnehmen. Der hält mich erstens wach und sorgt zweitens für häufige Klo-Pausen. Und dann muss ich leider auch früher gehen, ich muss nämlich zum Arzt und mir Blut abnehmen lassen um meine Schilddrüsenwerte zu kontrollieren. Ich hoffe, tausend Liter Kaffee verfälschen das Ergebnis nicht…

Tag 15

Statistik ist total interessant. Das meine ich ernst. Es ist faszinierend, was man mit Statistik alles machen kann. Man kann Experimente so planen, dass ein eventuelles Ergebnis aussagekräftig wird. Man kann gemachte Experimente so auswerten, dass einem das Ergebnis passt man den Reviewer überzeugt man halbwegs sicher sein kann, keinen Quatsch zu veröffentlichen. Man kann ausrechnen, wie oft das Experiment rein zufällig (!) genau dieses Ergebnis geben würde, selbst wenn das Ergebnis selbst Blödsinn ist. Man kann sogar ausrechnen, wieviel Aussagekraft das Ergebnis des Experiments für den Rest der Bevölkerung hat, also über den Probenraum hinausgehende Vorhersagen treffen (ist das nicht der Wahnsinn?).

Leider genießt die Statistik keinen guten Ruf. Ich denke das liegt daran, dass sehr viele Wissenschaftler sich der Statistik bedienen (müssen), die zu Schulzeiten aus gutem Grund keinen Mathe-LK gewählt haben. Und dann sind da diese ganzen komischen Symbole und „Summe über alle Elemente aus S von k bis i…“ und Dozenten die aus gutem Grund zu Schulzeiten keinen Pädagogik-LK gewählt haben. Deren Veranstaltungen häufig Pflichtveranstaltungen sind, weil sonst kaum jemand freiwillig hinginge.

So einen Dozenten hatte ich heute.

Meh.

Tag 14

Irgendein Idiot hatte die bekloppte Idee, sich in der 36. Schwangerschaftswoche für einen Statistikkurs in diesem Semester anzumelden. Dieser Idiot stellte dann auch noch heute fest, dass die erste Vorlesung letzte Woche war. Und die zweite morgen ist.

Deshalb entschuldigt mich bitte, ich muss 67 Seiten in einem Statistikbuch lesen und versuchen dabei nicht einzuschlafen.