Ich schrieb es ja schon mal: „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ sitzt tief in mir. Und Vergnügen ist in dem Zusammenhang auch oft genug einfach als Ruhepause zu verstehen, Arbeit aber gleichzeitig mit Perfektionismus garniert, gewürzt und angerichtet. Da kann man jetzt irgendwen zwischen Luther und meiner Mutter für blamen*, aber das bringt ja auch nur minimal weiter. Woran ich halt arbeiten muss, um nicht mit schöner Regelmäßigkeit wieder kaputt (oder fast kaputt) zu gehen, ist, die Überforderung früh genug zu erkennen. Das klappt manchmal recht gut und ich mache mir dann Strategien, wie ich mit der Situation zurechtkomme. Manchmal klappt es gar nicht. Manchmal ignoriere ich die Anzeichen. Aber was sind denn die Anzeichen überhaupt genau? Spontanes Brainstorming mit mir selbst ergab:
- Essen. Ich vergesse das, habe auch keinen Appetit auf nix, manchmal dann Heißhunger. Langfristig nehme ich in Stressphasen immer ab.
- Schlafen. Ich stehe voll unter Strom bis zehn, elf Uhr, gehe ins Bett, lese bis zwölf, kann trotzdem nicht einschlafen bis… eins? Halb zwei? Zwei? Morgens komme ich dann nicht aus dem Bett und fühle mich direkt wegen der ersten Tätigkeit des Tages (Aufstehen) schon als Versagerin.
- Wut. Mein Geduldsfaden ist am Ende nicht mehr vorhanden und ich kann auch meine Wut, wenn sie kommt, nur noch sehr schwer kontrollieren. Spätestens wenn ich anfange, wegen Nichtigkeiten gegen Wände zu schlagen, sollten alle, aber auch wirklich alle, Alarmglocken heulen. Aber gereizt und ungeduldig bin ich auch schon weit vorher.
- Konzentration. Wenn die flöten geht, ist’s aus. Leider gibt’s da keine Vorzeichen, mein Verstand läuft auf Hochtouren mit Karacho an die Wand. Jedes Mal.
- Aufschieberitis. Dinge, die nicht supersupersuperwichtig sind, bleiben liegen. Seit Wochen ist das Laborbuch eine lose Blattsammlung? Hmm…
- Self Care (ich hasse das Wort). Sport? Keine Zeit. Frisör? Keine Zeit. Neue Unterhosen besorgen, weil die alten alle ausgeleierte Gummis haben? Ach, nächstes Jahr vielleicht. Der Gedanke „Oh bitte jetzt nicht krank werden, Ich hab dafür keine Zeit!“ klingt selbst in meinen Ohren nach „Wheeeoooooeeeeeooooo!!!“, aber ich denke den oft. Wirklich erschreckend oft.
- „Nur noch diese Woche.“ Stimmt leider fast nie, denn dann kommt das nächste. Aber allein der Gedanke lässt ja darauf schließen, dass mir die Überforderung durchaus bewusst ist.
Tja, ich würde sagen, ich habe gerade so ca. eine 8-9 auf der 10-Punkte-Stressskala.
Nur noch… zwei Monate**.
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*es tut mir echt leid, das Denglisch bricht sich seinen Bahn, das bringt das dreisprachige Leben hier so mit sich. Ich denke auch so und mir fallen manche Formulierungen echt erst nach langem Nachdenken auf Deutsch ein.
**maximal ein Monat Labor, ein Monat am Schreibtisch. Ich bin jetzt in der Phase des PhD angelangt, wo ich noch bevor ich meinen Kram in mein Büro bringe in des Chefs Büro gehe, um irgendwelche bahnbrechenden Neuigkeiten, Versuchsergebnisse oder die vielfältigen Verfehlungen des Konfokalheinis zu besprechen.