Tag 21 – Muttisport

Ich habe mich zu einer Probewoche im Frauen-Fitnessstudio angemeldet. Die hat heute begonnen. Das Fitnessstudio wirbt mit so Sätzen wie „Wickeln, Füttern und Beschmusen der Kinder ist bei uns nicht nur möglich sondern ganz normal!“, das Logo ist pink und der Laden heißt „Femme“. In mir übergibt sich alles aber hier gibt es keine Rückbildungsgymnastik, was will Frau also machen.

Genauso wie zuckersüße Werbeaussagen von pinken Frauenfitness-Anbietern hasse ich übrigens das Wort „After-Baby-Body“. Also bevor jetzt irgendwer meint, mir ginge es nur darum, wieder irgendwie auszusehen, nein, so ist es ganz sicher nicht. Ich seh ganz ok aus, finde ich, klar bin Ich nicht 20 und überall wahlweise straff oder prall, aber mein Körper hat zwei Kinder gemacht, zwischendurch noch eine klitzekleine Hyperthyreose überstanden und so wie er jetzt ist gefällt er mir besser als zuvor. Doch halt! Das ist nur die halbe Wahrheit. Denn so ein After-Baby-Body hat einfach mal ganz schön was mitgemacht. Der Beckenboden ist labberig, die Haltung dadurch scheiße. Die Bauchmuskeln können sich über ein sie trennendes Tal Begrüßungen zujodeln, statt sich wie sonst die Hand zu reichen. Macht die Haltung nicht besser. Die Brüste sind, ähhhh, gigantisch. Man schleppt dauernd ein Baby herum. Schläft ohne sich zu bewegen, um ja nicht das Baby zu zermatschen. Und an richtigen Sport (was auch immer das für die Einzelne sein mag) ist schon Wochen vor der Geburt nicht zu denken gewesen. Ergebnis von all dem bei mir sind Rückenschmerzen from hell. Dadurch dann auch wieder Kopfschmerzen. Und den Menschen in meiner Umgebung immer weniger zumutbare Laune. Deshalb der Muttisportkurs. Ich könnte auch zu Hause alleine und so aber dafür bin ich zu faul. Ein Ansporn wie „das hat tausend Millionen Euro gekostet, jetzt muss ich da auch hin!“ hilft da enorm.

Jedenfalls versuchte ich heute meinen Zynismus zu Hause zu lassen und ging zu einer Stunde „Mutter und Mini: Kraft“. In dem Raum fand noch die vorhergehende Stunde statt. Mütter robbten im Army-Style über den Boden, neben ihnen ihre Kinder auf Fitnessmatten. Es beruhigte mich etwas, dass man offensichtlich keine Sportschuhe brauchte, weil ich sowas seit der Schule nicht mehr besitze. (Ich könnt meine Spitzenschuhe dafür anziehen. Sind ja auch Sportschuhe…) Es lief gehirnfressende Fitnessmusik. Dem Baby fiel prompt ein, dass es am Verhungern war. Und mich empfing eine ca. 24-Jährige mit den Worten „Hallo, ich bin Pippi, hat schon jemand deine Bauchmuskeln untersucht?“ Ich sach mal so: es hätte geiler sein können. Dann kam noch eine Arbeitskollegin von mir herein, von der ich weiß, dass sie, wenn sie nicht grad ein Kind geboren hat, Marathon läuft. Alle hatten Funktionskleidung in verschiedenen Pinktönen an. (Das ist so ein Norweger-Ding. Die haben immer Funktionskleidung an. Manche gehen damit arbeiten. Auf mich wirkt das immer als würden sie sagen wollen „Sonst mach ich ja richtigen Sport.“.) Ich persönlich finde Mikrofaser auf der Haut eklig und es riecht auch meiner Meinung nach schlimm, wenn man drin schwitzt. Aber mit meinem hellblauen Baumwollshirt fiel ich schon etwas aus dem Rahmen, optisch gesehen.

Nun ja, der Kurs war ganz ok, bis zu dem Punkt wo wir uns im Kreis aufstellen mussten und zu der Melodie von „Blue“ jeder den Namen seines Kindes singen sollte und dazu eine Bewegung machen die dann alle nachmachen sollten. Also so: „Æ e Pippi“ *macht Kniebeugen* und dann alle: „Dabedidabedei, dabediiidabeidei, dabediiidabeidei“ *machen Kniebeugen*. In solchen Momenten suche ich immer die versteckte Kamera, weil das völlig absurd ist, dass ich in einem Kreis mit zwanzig pinken Damen stehe, mein Baby wie eine Hantel herumwuppe und ein Lied singe, dass ich vor 16 Jahren mal echt gut fand.

Danach waren aber wenigstens die Rückenschmerzen für drei Minuten weg.

Ich glaub, nächste Woche geh ich wieder hin.

3 Gedanken zu “Tag 21 – Muttisport

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