Es ist der 5., Frau Brüllen will wissen: „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?“.
Pippi turnte gestern noch die halbe Nacht durchs Bett und spielte Guckuck-Böhh und machte allerlei anderen Quatsch, der sonst super niedlich ist, aber eben nicht, wenn in wenigen Stunden der Wecker klingelt. Irgendwann schlief sie ein. Und wir dann auch. Als ich gerade die tiefste aller Tiefschlafphasen erreicht hatte, riss mich ein Rumms und infernalisches Gebrüll aus dem Schlaf. Pippi war aus dem Bett gefallen. Hatte sich das Kinn am Nachttisch aufgerissen und war zu Recht entsetzt und brüllte und brüllte und brüllte. Als sie sich wieder beruhigt hatte, konnte ich erstmal eine Weile nicht wieder einschlafen. Kurze Zeit (ca. 4 Stunden) später wurde ich von Michel geweckt, der kurz vor dem Weckerklingeln in mein Ohr schreiflüsterte: „Mamaaaaa! Ich will aufstehen und mit dir Frühstück machen!“.
Soviel zur letzten Nacht. Natürlich wollte Michel nicht wirklich Frühstück machen, sondern sein Adventskalenderpäckchen öffnen. Dann musste ich ihm mit halb geschlossenen Augen helfen, die neuen Teile am Frosch anzubringen. Ich machte mit halb geschlossenen Augen Kaffee, fror mit halb geschlossenen Augen Brot und Brötchen ein, wusch mir mit halb geschlossenen Augen die Haare, zog mich mit halb geschlossenen Augen an und malte mir mit halb geschlossenen Augen ein Gesicht auf. Nach dem Kaffee bekam ich die Augen dann endlich ganz auf, sah, wie rot sie waren und machte sie wieder halb zu. Ich half Herrn Rabe noch, die Kinder fertig zu machen und düste dann zur Arbeit. Die frische Luft half gegen die Augenproblematik ebenso wie all die anderen Verkehrsteilnehmer, hauptsächlich die Fahrradfahrer regen mich morgens echt auf, wenn es dunkel ist und die ohne Licht, ohne Reflektoren und ganz in Schwarz auf schwarzen Fahrrädern um irgendwelche Ecken geschossen kommen. Da kann man schon mal Puls kriegen.
Bei der Arbeit dann aaaahhh, Stressstressstress, schon zwanzig nach Acht, zack, Haarwachs, Ohrringe, Joghurt, Müsli, Laptop an (hatte ich mitgebracht, im Meetingraum ist der Computer kaputt), noch mal die Präsentation gecheckt, nen Babybild von der neugeborenen Pippi an die Stelle „und hier bin ich in Elternzeit gegangen und guckte ne Weile nicht auf nackte Proteine sondern dieses wunderhübsche Kind an“ gebastelt, ahhhh schon zehn vor neun, ab in den Meetingraum, Laptop angeschlossen (mein Stressmoment weil Apple und man weiß ja nie, war aber denkbar einfach), drei Minuten im leeren Raum rumsitzen und merken, wie die Augenlider schon wieder schwer werden, und schon kamen Leute.
Erst Smalltalk, dann Vortrag, war ganz ok, ich war einfach sehr müde und nicht besonders entertaining, aber die Folien waren gut, Zeitplanung klappte gut (20-30 Minuten ist Vorgabe, ich redete 25 Minuten), Fragen gab es nur eine und die konnte ich gut beantworten. Wurde hinterher für den guten Überblick gelobt.
Dann Labor, ahhhh, schon so spät, alles geschachtelt, Gel hier, Zellen da, Cytotoxicity-Test, „Siri, stell einen Timer auf eine Stunde“, kurz (wirklich sehr kurz) Mittagspause, wieder Gel, Zellen, Zellen, Zellen, meine Fresse, wieviele Zellkuturflaschen habe ich denn?*, besorgter Blick auf die Uhr, Zellen, Zellen, wieso ist es um halb zwei quasi dunkel?, Zellen, „Hast du Mittwoch Abend Zeit, was Essen zu gehen?“, Zellen, Zellen, igitt, Fibroblasten sind ja mal eklig, Zellen, ahhhhh das klappt alles nicht, den Frisör angerufen, es wird etwas später, Zellen, Zellen, Zellen einfrieren, Gel färben, Hose an, Jacke an, Reflektoren an, in Windeseile zum Frisör gerast.
Beim Frisör wars sehr schön. Ich mag den. Und ich hab jetzt sehr viel weniger Wolle auf dem Kopf. Und ich bekam einen Kaffee. Viel Liebe dafür. Dafür entdeckte ich im Frisörspiegel die ersten echt ernstzunehmenden Falten. Die gute Nachricht: alles Lachfalten um die Augen, da kann ich gut mit leben.
Dann nach Hause, ich hatte 45 Minuten, bevor ich wieder los musste, die Kinder abholen. Ich machte den Fernseher an und um nicht einzuschlafen, lackierte ich mir die Fingernägel. Unterlack und zwei Schichten blau-grün aus dem Adventskalender schaffte ich, dann hätte ich zeitlich die Wahl zwischen Überlack oder Kaffee. Die Wahl fiel auf Kaffee. War so halb schlau, der Kaffee machte mich zwar etwas wacher, aber dafür ruinierte ich mir an einem Finger durch die Handschuhe die ich zum Kinder abholen anzog, den Lack.
Mit Kaffee die Kinder abgeholt, waren mit einem anderen Kind die letzten. 25 Minuten vor Ende. Tjanun. Fahrradanhänger zum Buggy umgebaut, da stimmte aber irgendwas nicht, im Endeffekt fuhr ich die Kinder mit angehobenem Vorderrad nach Hause. Braucht man dann auch keinen Sport mehr nach.
Zu Hauso wollte Michel wie immer Shaun das Schaf gucken und Pippi was essen, also machte ich beides bereit. Ich korrigierte den vermackelten Zeigefingernagellack mittels Lack und einem Zahnstocher. Dann las ich ein bisschen in der mit Essen/Fernsehen erkauften Ruhe den Feedreader leer und freute mich über alles irgendwie. Ich war ganz selig am Ende. Vor allem freute ich mich dass es Frau Novemberregen besser geht und sie wieder öfter bloggt. Am liebsten hätte ich sie und meine anderen Feedreaderinhalte durchs Telefon umarmt. Komische Adventsanwandlungen sind das.
Zeitgleich mit Herrn Rabes Heimkehr fing ich an, die Pizza zu belegen, die es eigentlich gestern geben sollte, aber dann aus Gründen doch nicht gab. Dann halt heute. Die war auch sehr lecker, auch wenn es etwas Übung bedarf, den Teig nicht auszurollen (geht eh nicht bei dem, der ist zu weich) sondern in Form zu ziehen/fließen zu lassen. Zwei der Pizzen waren dann auch für meinen Geschmack zu dick und zu klein. Mehr Üben. Schlimm.
Nach dem Essen war Pippi gelinde gesagt ungehalten. Sie hatte auch schon wieder die ganze Zeit die Finger im Mund. Und sabberte wie verrückt. Der vierte Backenzahn ist ja auch schon seit bestimmt drei Tagen durch, da kann man schon mal wieder zahnen. (Hier mütterliches Haareraufen vorstellen.) Ich wickelte die protestierende Pippi, zog ihr ihren Schlafi an und putzte ihr zwei der zehn Zähne, danach brüllte sie so, dass ich’s einfach dabei beließ. Besser als nix. Dann steckte ich sie in die Trage und verzog mich mit ihr ins dunkle Schlafzimmer, wo sie nach zwei Minuten Gemecker einschlief. Dann holte ich Glitzerzeig, Überlack und Trockentropfen und verzog mich mit dem Kram und dem schlafenden Kind umgewickelt wieder vor den Fernseher. Ich schaffte nochmal dreißig Minuten Gilmore Girls (meine Güte sind die neuen Folgen langweilig!) bevor Pippi zu brüllen anfing. Aber immerhin sind die Fingernägel jetzt fertig lackiert.

Bling, Bling! 😍
Seither liege ich mit Pippi im Bett und schreibe den Tag auf. Könnte schlimmer sein. Gleich Stricke ich noch ein bisschen bei der letzten halben Stunde Gilmore Girls „Spring“ und dann geht’s früh ins Bett.
*6 96er Platten, 23 75cm^2 Flaschen, 8 175 cm^2 Flaschen. Tendenz leider immer noch steigend. Aber nicht mehr lange, juchuh!