Wir waren heute im Schwimmbad, diesmal in Hamar. (Hamar ist so ein bisschen wie Bielefeld. Von uns aus genauso weit entfernt wie Oslo, das Angebot zum Einkaufen fast genauso gut, vieles ist da eigentlich sogar besser als in Oslo, aber trotzdem fahren wir selten hin. Für den Rest von Norwegen ist Hamar halt der Ort(TM) zwischen Lillehammer und Oslo.) Gestern hatten wir nämlich gefragt, was B., der Freund von Michel, heute so macht und die wollten eben nach Hamar ins Schwimmbad, also fuhren wir mit. Das hat sich auch wirklich gelohnt, das Schwimmbad da ist recht neu, deutlich größer als das in Årnes, auch nicht (oder sehr sehr wenig) gechlort und hat 2 Rutschen. Michel war zwar nicht so ganz frustrationsresistent und eskalierte direkt zu Anfang weil wir seine Schwimmflügel vergessen haben und das nicht-Baby-Spaßbecken 1,20 m tief ist und er gerade so nicht da stehen kann. Es stellte sich aber, nachdem ich irgendwann recht resolut sagte „Gut, dann komm, ich bringe dir jetzt Schwimmen bei!“, heraus, dass er eigentlich erstens sehr wohl ein paar Züge schwimmen kann (aber noch nicht so, dass ich ihn auch nur drei Sekunden aus den Augen lassen würde, vor allem weil er irgendwann immer anfängt, panisch und unwirksam herumzuzappeln und dann erst recht absäuft) und vor allem da eben doch gerade so stehen kann – auf Zehenspitzen und den Kopf ganz in den Nacken guckt das Gesicht oben noch raus. Sieht halt lustig aus, beruhigte ihn aber soweit, dass er dann doch mit B. eine gute Zeit hatte. Ich fror derweil im Babybecken gut durch und warf eine Million mal einen Ring ins 40 cm tiefe Wasser, zu dem Pippi dann auf diversen Styropor-Badedingsen hinpaddelte und ihn – stets darauf bedacht, mit dem Kopf nicht unterzutauchen – wieder hoch holte. Irgendwann reichte es mir aber wirklich damit, da hatte Pippi auch schon zwei mal andere Leute mit dem Ring abgeworfen und ich hatte eigentlich Lust auf Schwimmbadpommes, aber dann wurde ich irgendwie von I. zum Bahnen schwimmen überredet und so schwamm ich 12 Bahnen im 50-Meter-Becken. Meine Form ist da nicht der Hammer, aber ich stelle immer wieder überrascht fest, dass viele Erwachsene halt auch bloß grad so über Wasser bleiben können, wie Kinder, aber deren Stil ist nicht effektiv, sieht furchtbar anstrengend aus und die kommen auch nicht voran. Ich komme hingegen beim Schwimmen tatsächlich in so einen Flow, von dem ja viele beim Laufen berichten und nach den ersten fünf Bahnen hätte ich auch noch deutlich mehr einfach in meinem Tempo weiter schwimmen können*, hätte nicht Herr Rabe plötzlich mit heulender Pippi am Rand gestanden. Die war hingefallen, hatte sich den kleinen Zeh aufgeschlitzt und auf dem nassen Boden für ein bisschen Splatterkulisse gesorgt. Wir bekamen vom Bademeister ein erschreckend schlecht sortiertes Pflasterkästchen zum selbst versorgen in die Hand gedrückt, er selbst verschwand dann das Blut aufwischen, und danach beendeten wir das Baden relativ zügig unter Protestgeheul von allen drei Kindern, aber zugunsten von Pommes und Pølse nach dem Duschen. Doch, das war wirklich schön. Morgen werd ich eventuell an Muskelkater sterben und es weckte lang vergessene Begehrlichkeiten in mir (unter anderem liebäugelte ich direkt mit einigen Sport-Badeanzügen, im schicken Bikini schwimmt es sich nämlich recht bescheiden), das wär ja schon schön so regelmäßig… aber egal. Das war’s allemal wert.
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Kleine Anmerkung, wenn Sie mal in einem norwegischen Schwimmbad sind: hier wird eben total wenig gechlort. Das ist super, zum Beispiel kriege ich hier kaum Kopfschmerzen vom Schwimmen (in Deutschland jedes einzelne Mal) und man kann auch nach 600 Metern Brustschwimmen mit Untertauchen bei jedem Zug ohne Schwimmbrille (!) den Rest des Tages noch was sehen. Es setzt aber ein bisschen Mitwirken voraus. Hier wird nämlich vorher gründlich geduscht, mit Haare waschen und Einseifen und vor allem nackt. In Hamar hängen große Schilder in der Dusche, dass man nackt und mit Seife duschen soll, bevor man sein Badezeug anzieht und für Norweger ist das auch normal, das zu machen. Ich fand es anfangs seltsam, aber inzwischen überzeugt mich das Konzept, eben weil man weniger aggressive Chemie braucht, um den menschlichen Schlonz im Wasser zu töten, wenn alle schon sauber ins Wasser gehen und der Schlonz in der Dusche im Ausguss gelandet ist. Nach dem Schwimmen dusche ich dann noch mal mit ein wenig Duschgel, aus Gewohnheit, viele waschen auch noch mal die Haare mit Spülung oder Kur, das ist ja jeder selbst überlassen.
(Aber dafür gehen ganz viele Norweger*Innen mit Badezeug an in die Sauna. Das finde ich dann wieder unhygienisch.)
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*mir fiel dann wieder ein, dass wir damals, als ich noch im DLRG war, also wirklich vor mehr als 20 Jahren, einmal (?) im Jahr ein 24-Stunden-Schwimmen hatten. Ich bin ein mal über 7 km geschwommen. Da war ich 9 oder 10 ca. Ich hörte einfach nicht auf zu Schwimmen. Bahn um Bahn. Die Urkunde hab ich bestimmt noch irgendwo.