Tag 2716 – Nicht der Rede wert.

Vergessen wir diesen Tag einfach. Würd gern berichten können wie ich gleichzeitig optimal entspannt, Self-Care gemacht und Weihnachten vorbereitet habe, aber das wären gleich drei Lügen auf einmal, und ich kann ja so schlecht lügen.

Morgen ist bestimmt besser. Und etwas ist tatsächlich auch echt super: Michel hat sich spontan überlegt, bei seinem Kumpel zu übernachten. Er ist nach der Schule heute mit zu dem Kumpel gegangen, sie haben Kekse gebacken, und als Herr Rabe mal vorsichtig anfragte, wann wir ihn denn abholen sollen, kam als Antwort „morgen!“. Also hat Herr Rabe nur einen Haufen Zeug zum Kumpel gefahren, Michel braucht zum Übernachten ein klitzkleines bisschen mehr Kram, als Pippi. Also tatsächlich, weil er wegen der Hausstaubmilbenallergie wesentlich besser mit seinem eigenen Bettzeug schläft als mit Gästebettzeug. Ach, schön, dass er das jetzt so kann, einfach so.

Tag 2714 – Überraschend.

Ich war heute beim Zahnarzt. Das war sehr aufregend für mich und wenn sie schon bei der Vorstellung von Zahnarztbesuchen Schweißausbrüche kriegen, warne ich sie lieber vor, aber es muss raus.

Normalerweise habe ich ja nichts an meinen Zähnen. Normalerweise knöpft der Zahnarzt mir für ein bisschen Alibi-Gekratze an minimalem Zahnstein bei der Vorsorge Geld ab und schickt mich dann wieder weg. Letztes Mal aber nicht, letztes Mal machten wir einen neuen Termin aus, um zwei sehr kleine, aber inzwischen weiche, Karieslöcher zu füllen. UIUIUI! Gleich zwei. Für mich überraschend bot der Zahnarzt da schon eine Betäubung an, was ich absurd fand, weil er ja gesagt hatte, wie klein diese Löcher sind und ich auch beim rumstochern nichts gemerkt hatte.

Heute war also dieser Termin und es kamen noch ein paar Überraschungen dazu, für mich Zahnarzt-Noob jedenfalls. 1. wie unangenehm ist denn diese Druckluftdüse bitte? Die Luft ist ja eiskalt! 2. Wie schnell das ging. Oben hat er vielleicht 20 Sekunden gebohrt und dann noch mal 40 Sekunden die sehr tiefen Furchen in dem Backenzahn eingeebnet. Unten dauerte es etwa doppelt so lange. 3. Das tut ja doch weh! Also unten tat es weh. Oben nicht. Aber unten war es so ein Gefühl, wie wenn die in der Sensodyne-Werbung Eis essen, nur halt nicht ein Mal kurz sondern nach den ersten Sekunden den ganzen Rest der Zeit. Gerade als ich beschlossen hatte, dass ich doch gern mal ne Pause hätte, war er fertig.

Dann kamen die Füllungen, nichts spektakuläres, so ein Plastikzeug, das mit einer Mini-UV-Lampe gehärtet wird. Mein Mund hat jetzt von innen mehr UV-Licht abbekommen, als ich im letzten Monat, schätze ich. Noch mal abgeschliffen, drüberpoliert, fühlt sich alles gut an? Ja? Ok, dann war’s das. 4. Nach 15 Minuten war ich fertig. 5. Uiuiui, teuer. Nicht teurer als erwartet, bzw. hatte ich es mir sogar schlimmer vorgestellt, aber hier in Norwegen muss man ja als Erwachsene im Normalfall alle zahnärztliche Versorgung selbst zahlen und dann kosten zwei winzige Füllungen halt 1800 Kronen.

6. Heute Abend merkte ich außen am Zahn unten (die Löcher waren ja nur in den Kauflächen gewesen) eine rauhe Stelle mit der Zunge, worauf ich nicht sein lassen konnte, daran rumzufriemeln und im Endeffekt brauchte es nur ein Mal Kratzen mit dem Fingernagel, da hatte ich ein paar kleine Plastikfüllungssplitterchen in der Hand. Ich glaube, die kamen nur außen vom Zahn, sind also wahrscheinlich da runter gelaufen als das Zeug noch weich war, aber ich rufe doch lieber morgen früh noch mal den Zahnarzt an, ob das so richtig ist. Es tut jedenfalls nichts weh, nichts ist schmerzempfindlich, sieht auch alles tiptop aus, aber es sind meine ersten Füllungen, ich hab doch keine Ahnung.

Das alles war so aufregend, dass ich danach echt platt war, mich nicht konzentrieren konnte und später noch Migräne bekam. (7., aber eigentlich ist das nicht überraschend, ich kenne mich ja inzwischen.)

Tag 2713 – Drei Viertel.

Bäder geputzt, Schweine gegossen, Blumen sauber gemacht, Kamin und Flur gesaugt. Mich bei der ganzen Putzerei noch mal über die Putzhilfe geärgert, weil ich überall runde Ecken, die schon lange rund sind, finde. Eine kleine* Spinne erst obdachlos und dann leblos gemacht, weil bei Spinnen im Schlafzimmer bei mir echt Grenzen weit überschritten sind. Nach draußen setzen hat grad den selben Effekt wie der Hausschuh, nur langsamer.

Als Herr Rabe wieder da war, hat er mit den Kindern den Baum geschmückt, während ich gekocht habe. Michel war erst voll dabei, aber dann kam er in die Küche gerannt und wusch sich mehrmals laut schimpfend die Hände, weil er „Baumsirup“ an den Händen hatte. Schlimm, diese Naturprodukte, harzen einen einfach an. Das Wort Baumsirup hat Michel übrigens selbst erfunden, auf Norwegisch heißt es harpiks und hat weder mit Baum noch mit Sirup irgendwas zu tun. Ich finde Baumsirup kommt in die Kategorie „Pinguinlatschen“** – also Wörter, die Michel sich ausdenkt, weil sie beschreiben, was in seinem Kopf dazu vorgeht. Der Baumsirup veranlasste ihn dann aber zum Baden, immerhin.

Morgen ist Büro und dann Zahnarzt mit Bohren und teuer. Weiß noch nicht, was mich mehr „freut“.

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*sah aus, als hätte sie Potential, ordentlich groß zu werden

**Flossen (zum Schwimmen)

Tag 2712 – Halb.

Herr Rabe ist Geburtstag feiern, ich schaukele den Rest. Das ist ok, erstaunlicherweise bin ich bisher gar nicht in Panik ausgebrochen. Pippi hat sich dann auch sehr spontan überlegt, dass sie von ihrer Freundin gar nicht mehr nach Hause möchte und heute da schläft. Statt Pippi abzuholen, habe ich also nur ihre Zahnbürste, frische Unterwäsche und einen Teddy da hin gebracht. Davor und danach habe ich geräumt und geputzt und jetzt fühle ich mich in Küche und Wohnzimmer wieder wohl und kann morgen direkt mit den Bädern weiter machen (ohne da noch groß aufräumen zu müssen). Ich bin zufrieden mit mir, so insgesamt. Es war sogar noch genug Zeit und Ruhe für lange Vorlesen und eine Runde kuscheln mit Michel und eine Stunde Geige spielen. Hurra.

Tag 2711 – Zäh.

Urlaubsreif ist untertrieben.

Immerhin haben meine Kinder heute früh nicht neben dem Auto auf den Parkplatz gekotzt. Es sind die kleinen Dinge, ne? Abwärtsvergleich ist ja immer gut. Pippi hat die Ohrenschmerzen scheinbar überstanden und schnieft nur noch, ist ansonsten aber fit. Michel hustet gelegentlich, wenn dann aber schlimm, ist ansonsten aber auch fit und, wenn er dann erst mal in der Schule ist, auch überaus gerne da. Heute Nachmittag und Abend klagte er dann aber so wehleidig über ein schmerzendes Auge (ohne erkennbaren Anlass, es ist nicht rot, geschwollen, verklebt oder sonst was), dass ich es ihm kurzerhand zuklebte – hauptsächlich damit er nicht mehr dran reibt. Ein Taschentuch und zu Anfang ein Streifen Tape, was Michel dann flugs auf komplettes Bedecken des Gesichtsquadranten ausdehnte. Whatever, Hauptsache er wimmert nicht mehr theatralisch herum.

Ich bin weiter körperlich fit, scheinbar ist die Fieber-Husten-Seuche an meinem Immunsystem abgeprallt.

Vielleicht hat Michel auch heimlich meine eine Gesichtscreme benutzt. Die lief mir gestern Abend irgendwann in die Augen und brannte wie Sau. Das finde ich nicht cool von der Creme und die kaufe ich dann wohl nicht nach. (Ich kenne das sonst nur von Sonnencreme, aber wer kein Tageslicht sieht, braucht ja bekanntermaßen keine Sonnencreme, ne? War deshalb nur ne Feuchtigkeitscreme, ein großes Pröbchen in Reisegröße, was ich bekommen habe, weil ich gerne mal Geld für teurere Kosmetik und Hautpflege von Paulas Choice, Bare Minerals oder Clinique ausgebe und dann dank Warenkorbwert auch die teureren Pröbchen kriege.)

Jetzt liege ich im Bett und Herr Rabe packt aus Gründen eine Tasche. Morgen muss ich dringend hier aufräumen und auch ein mal grob durchputzen – die Putzhilfe war heute, ebenfalls aus Gründen, nicht da. Und dann muss ich vermutlich mit Pippi den Baum schmücken, bevor die mir aufs Dach steigt.

Noch zwei Arbeitstage bis Urlaub.

Tag 2710 – Besser.

Besser als gestern, aber gestern wirkt noch nach. Gestern dachte ich morgens noch, ich wäre wieder ok, Kopf über Wasser und so, aber dann ging der Tag ja komplett in die Hose. Heute in Frieden vor mich hin gepröddelt, zwar hart prokrastiniert, aber auch was geschafft. Morgens war ich mit Michel bei einer Ärztin, die, ähm, scheinbar nicht so viel mit Kindern wie Michel zu tun hat (und mit Erwachsenen wie mir), weil da nur undeutliche Ansagen kamen, zum Teil nur Körpersprache, und ich merkte zum ersten Mal bewusst, dass ich mich damit schwer tue, wenn jemand „hier lang“ sagt, und dann aber nur grob in irgendeine Richtung wedelt und auch nicht voraus geht. Ok, der Akku ist halt auch leer. Michel war wieder sehr er selbst und ich weiß nicht, was das Ziel dieser Untersuchung war, aber ich glaube, es ist nichts auffälliges dabei rausgekommen (mal abgesehen vielleicht von nicht so toller Feinmotorik, wobei die Ärztin da auch nichts gesagt hat, das ist mir nur aufgefallen).

Des Weiteren frage ich mich, ob Windschutzscheiben unterschiedliche Qualitäten haben können, weil mich seit wir Konacar haben wieder andere Autos massiv blenden. Beim Prius dachte ich, das läge daran, dass alle inzwischen SUVs fahren, die mir quasi direkt ins Gesicht leuchteten, aber man sitzt in Konacar genauso hoch wie in Carona und es ist wirklich ein Unterschied wie (haha) Tag und Nacht. Ich müsste eigentlich zum Auto fahren immer Sonnenbrille tragen. Entweder blendet die Sonne (tagsüber, klar), der Himmel (tagsüber, bewölkt) oder die anderen Autos (nachts). Das ist doch auch irgendwie Käse. Kann man da irgendwas machen, gibt es irgendein Wundermittel, mit dem man die Windschutzscheibe einschmieren kann oder so?

Tag 2708 – Man kann auch…

… zu Hause frieren. Ich wollte echt ins Werk fahren, aber dann führte eine Verkettung unglücklicher Umstände (Kinder.) dazu, dass mir der Zug vor der Nase wegfuhr. Ganz buchstäblich, der Schaffner sah mich noch laufen und ich drückte auch noch auf den Knopf. Tja. Und weil mir dann auch eingefallen war, dass Weihnachtsfeier im Werk war, mit allen 380 Angestellten (naja, denen, die halt Lust und Zeit hatten), und weil es auch minus tausend Grad waren und eine halbe Stunde auf den nächsten Zug warten keine wirkliche Option, fuhr ich einfach wieder nach Hause. Und da war es auch schön und ich hab mit viel Willenskraft auch nicht allzu hart prokrastiniert. (Langsam kommt der Zeitdruck und hilft auch.)

Zu Hause ist es auch kalt. Zumindest im Arbeitszimmer. Das ist alles blöd, ich möchte das nicht.

Abends war ich dann nicht sooooo fit, nicht wirklich krank, aber auch nicht richtig gesund und deshalb tauschte ich Ballett gegen Geige spielen ein. Herr Rabe und die Kinder waren derweil beim Weihnachts-bowlen mit dem Korps, da hätte ich auch mitgekonnt, aber ich hab’s ja nicht übermäßig mit solchen Dingen (siehe oben).

Jetzt Bett. Wird Zeit.

Tag 2707 – Schlottern im Werk.

Das Werk spart jetzt Strom und deshalb ist es da kalt. Da war es vorher schon kalt, jetzt ist es Wollpullover- und Wollsockenkalt. Meine Kollegin sitzt mit Pulswärmern am Schreibtisch, eine andere hat sich zwei Schreibtischleuchten organisiert, um damit punktuelle Wärme zu erzeugen (nein, ich verscheißere Sie nicht). Ich habe schon vor ein paar Wochen so eine Art Teppich zum Anziehen besorgt, trotzdem ist es wirklich keine sonderlich große Freude, da in Meetings oder am Schreibtisch über längere Zeiträume still zu sitzen. Am Ende des Tages waren meine Finger ziemlich blau (ok, ich hab halt auch quasi kein Melanin zur Zeit). Jedenfalls ist Büroarbeit da echt nur so mittel attraktiv, muss ich sagen.

Andererseits war ich heute echt produktiv in den 3 Stunden, in denen keine Meetings waren. Und die großen Bildschirme sind auch ganz nett.

Heute Morgen gab es auch noch Zugchaos und ich saß eine Stunde länger als geplant im Zug, weil im Tunnel vor Oslo eine Hochspannungsleitung gerissen und auf einen Zug gefallen war. Die Leute in besagtem Zug (bzw. sogar zwei Zügen) hatten es jedoch noch deutlich schlimmer, die saßen nämlich vier Stunden mit Notstrom (also kein Licht, keine Heizung, kein Klo) im Zug im Tunnel fest. Wir konnten immerhin im Schneckentempo über die Dörfer statt durch den Tunnel fahren.

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Mein Immunsystem wehrt weiter tapfer Herrn Rabes und Michels Infekt ab, ich bin gesund, dafür habe ich aber die halbe Nacht mit Pippi im Bett geschlafen, weil die schlimme Ohrenschmerzen hatte. Heute gönnten wir ihr dann auch einen Tag mit Nasenspray und Schmerztabletten auf dem Sofa, statt das wehe Ohr draußen 10 Minusgraden auszusetzen. Morgen möchte sie aber sehr gerne zur Schule, weil dann ja St. Lucia ist. Wir werden sehen. Herr Rabe bügelt jedenfalls soeben das Luciakleid.